Lehrer als Beobachter schulischer Leistung

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Schülerbeobachtung ist Voraussetzung für die Verbesserung sowie Objektivierung der Schülerbeurteilung. (Weigelt & Weigelt 1996, S. 9). Um eine präzise und aussagekräftige Beurteilung vornehmen zu können, bedarf es einer systematischen Unterrichtsbeobachtung, welche den Lehrer als pädagogischen Diagnostiker fordert. Um dies an dieser Stelle bereits anzumerken: Es ist die Aufgabe einer Lehrkraft, im Unterricht zu diagnostizieren, nicht etwa ein Wahlrecht! Dafür stehen der Lehrkraft diverse Möglichkeiten zur Verfügung, um sich einen detailierten Überblick zum Unterrichtsgeschehen zu verschaffen. Eine Vielzahl dieser Möglichkeiten lässt sich anhand von technischen Rahmenbedingungen realisieren. So ist beispielsweise die Tonaufzeichnung als eine Variante zu bezeichnen, um den Lernprozess der Schüler nachzuvollziehen (vgl. Altrichter & Posch 2007, S. 141). Dabei werden akustische Signale mit Hilfe eines Speichermediums wie einem Diktiergerät festgehalten und stehen der Lehrkraft somit im Anschluss an den Unterricht für eine genauere Analyse zu Verfügung. Dadurch kann beispielsweise das Verhalten innerhalb von Sozialformen wie der Gruppenoder Partnerarbeit der Lernprozess aufgezeichnet und letztendlich analysiert werden. Der Lehrer kann somit Aufschluss darüber erlangen, welche Strategien zur Problemlösung diskutiert und wie sich auf ein Ergebnis geeinigt wurde. Dabei ist das Verhalten des Einzelnen akustisch zu deuten. (vgl. Altrichter & Posch 2007, S. 141 f.) Visuell dagegen bleibt das Arbeitsverhalten undurchsichtig, was durch eine Videoaufzeichnung geändert werden kann. Durch das Installieren einer Kamera werden Aktionen der Schüler sichtbar. Der Lehrer besitzt durch die visuelle Ausgestaltung der Beobachtungen eine Hilfestellung, auf deren Basis er begründete didaktische Entscheidungen treffen kann. Zum Beispiel eignen sich Videosequenzen, um Schülern ihr Verhalten und ihre Außenwirkung innerhalb von Präsentationen aufzuzeigen und somit zu sensibilisieren. (vgl. Altrichter & Posch 2007, S. 149 f.) Eine weitere Möglichkeit zur Unterrichtsbeobachtung von Schülern an Berufsbildenden Schulen durch technische Hilfsinstrumente ergibt sich durch Fotografien. Der Lehrer kann während Erarbeitsungsphasen durch Digitalkameras festhalten, wie gearbeitet wurde. Im Gegensatz zu den bereits genannten Varianten ergeben sich jedoch keine akustischen Details, auf die zurückgegriffen werden kann. (vgl. Altrichter & Posch 2007, S. 146) All diese Möglichkeiten sind jedoch ausschließlich durch technische Unterstützung durchführbar, wodurch die Alltäglichkeit von Beobachtungen behindert werden kann. Daher soll im Folgenden lediglich die Möglichkeit zur systematischen Beobachtung des Unterrichtsgeschehens durch schriftliche Notizen diskutiert werden, da diese jederzeit im Unterricht einsetzbar sind.

Haben Lehrer die Relevanz von Beobachtungen der Schüler im Unterricht auch für sich erkannt, so bleibt die Frage zu klären, welche Eigenschaften explizit beobachtet werden sollen? Weigelt & Weigelt (vgl. 1996, S. 57 ff.) beantworten diese Frage, indem sie fünf Hauptbereiche aufzeigen, die speziell beobachtet werden können: Arbeitsverhalten, Selbstständigkeit, Interessen, Fähigkeiten/Fertigkeiten, soziales Verhalten. 1 Hierbei ist nach Winter (vgl. 2004, S. 224) grundsätzlich zu beachten, dass innerhalb der Beobachtungen der Fokus nicht ausschließlich auf das Verhalten der Schüler gerichtet wird, sondern dass die erbrachten Leistungen registriert werden sollten. Das Arbeitsverhalten ist unter anderem davon geprägt, inwieweit sich ein Schüler auf seine Aufgaben konzentrieren kann. Der Aspekt der Konzentrationsfähigkeit ist somit von entscheidender Bedeutung für den Schulerfolg und bedarf daher einer genaueren Analyse seitens der Lehrkraft. Zu beobachten sind in diesem Kontext der Einfluss des Nachbarn auf die Konzentration, das Spielen mit Handys oder ähnlichem. Zudem spielt die vom Lehrer gestellte Aufgabenstellung durchaus eine entscheidende Rolle, da die Arbeitsaufträge so gewählt werden sollten, dass sie einerseits den Schüler nicht überfordern, andererseits darf jedoch auch keine Unterforderung stattfinden (vgl. Weigelt & Weigelt 1996, S. 60). Mit dem Wissen einer heterogenen Lerngruppe an Berufsbildenden Schulen müssen die Aufgaben eine innere Differenzierung zulassen, ergo leistungsstarke Schüler fordern und gleichzeitig leistungsschwächere fördern. Ist dies nicht der Fall, so kann es passieren, dass die Ergebnisse ihrer Arbeit selten dem Vermögen entsprechen. (Weigelt & Weigelt 1996, S. 61). Beobachtungsmerkmale für die Konzentrationsfähigkeit könnten darauf ausgelegt sein, ob ein Schüler in der Lage ist, sich über längere Zeit mit einer Problemstellung zu befassen, ob er Gesprächsinhalten folgen kann oder ob er eventuell im Unterricht durch mediale Einflüsse wie MP3-Player abgelenkt wird (vgl. Weigelt & Weigelt 1996, S. 95). Ein weiterer Aspekt im Bereich des Arbeitsverhaltens bezieht sich auf die Arbeitsplanung. Schüler an der Berufsbildenden Schule müssen in der Lage sein, ihre Arbeitsschritte zu planen und diese anschließend durchzuführen. Dafür benötigen sie jedoch eine detailierte Anweisung seitens der Lehrkraft, um den Prozess der Arbeitsplanung erlernen zu können. Den Schülern sollte stets bewusst sein, zu welchem Ziel sie einzelne Arbeitsschritte erledigen und damit verbunden den Nutzen erkennen. (vgl. Weigelt & Weigelt 1996, S. 65) Ist die Planung der Arbeitsschritte zur Problemlösung abgeschlossen, bietet sich für den Lehrer die Möglichkeit, 1 Um die formalen Vorgaben dieser Hausarbeit einhalten zu können, wird eine Selektion der fünf Hauptbereiche vorgenommen. Im Folgenden werden speziell die Anforderungen einer veränderten Lernkultur näher beschrieben. Darunter ist das Arbeitsverhalten, die Selbstständigkeit sowie das soziale Verhalten zu verstehen.