Das Operationelle Programm (OP) für den ESF auf Basis der "Berliner Gesamtstrategie für mehr Wachstum und Beschäftigung" wurde am 31. Juli 2007 von der Europäischen Kommission genehmigt. Darin wird die Entwicklungsstrategie mit einer kohärenten Anzahl von Schwerpunkten dargelegt, zu deren Durchführung auf den Europäischen Sozialfonds zurückgegriffen werden soll. Das OP bildet somit die Grundlage für die Umsetzung der ESF-Mittel in Berlin. Das ESF-Programm Berlin zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft zu verbessern und zur Erhöhung der Erwerbsquote beizutragen. Das Ziel soll durch die Verbesserung der allgemeinen und beruflichen Bildung, durch die Förderung der betrieblichen Weiterbildung sowie von Existenzgründern erreicht werden. Hierzu dienen auch Maßnahmen, die zur Beschäftigung langzeitarbeitsloser Personen beitragen und die den Zugang von Problemgruppen zum Arbeitsmarkt verbessern. Durch Unterstützung des sozialen Engagements und die Heranführung besonders benachteiligter Gruppen an den Arbeitsmarkt soll auch die soziale Integration auf bezirklicher Ebene unterstützt werden. Die Förderung der Chancengleichheit, die Verbesserung der Lebenssituation von Migranten und Migrantinnen sowie eine verbesserte Umweltsituation sind übergreifende Ziele des Programms. Sozioökonomische Situation und Beschäftigungslage in Berlin Berlin hat als deutsche Hauptstadt mit 3,4 Mio. Einwohnern die höchste Bevölkerungsdichte aller deutschen Bundesländer. Während der zu erwartende Bevölkerungsrückgang im Verlaufe der Förderperiode noch keine dramatischen Ausmaße annimmt, wird die Alterung der Bevölkerung bzw. der Beschäftigten schon heute zum Problem. Aufgrund der historisch bedingt schwachen industriellen Basis der Berliner Wirtschaft, dem hohen Dienstleistungsanteil und der geringen Exportquote fallen die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts im gesamtdeutschen Vergleich eher gering aus. Die strukturelle Wachstumsschwäche Berlins zeigt sich auch in der unterdurchschnittlichen Erwerbsquote. Seit Beginn der 90er Jahre ist sowohl die Anzahl der Erwerbstätigen als auch die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kontinuierlich zurückgegangen. Die Erwerbstätigenquote lag 2005 bei nur 58,6%, entsprechend hoch ist die Quote der Arbeitslosen. Insbesondere ist es die hohe Quote der Langzeitarbeitslosen, die sich zudem auf bestimmte Berliner Bezirke konzentriert. Das Bildungsniveau der Berliner Bevölkerung insgesamt und das Qualifikationsniveau der Erwerbstätigen in Berlin ist relativ hoch. Die geringe betriebliche Weiterbildungsquote lässt sich mit dem sehr hohen Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen begründen. Zudem gelingt der Transfer innovativen Wissens vom gut ausgestatteten Hochschulbereich in die Wirtschaft nur ansatzweise. Der unzureichenden betrieblichen Nachfrage nach Ausbildung und Beschäftigung steht ein hohes Potenzial an Weiterbildungsbereitschaft der Bevölkerung gegenüber. Dem entspricht auch ein hohes Potenzial an wissenschaftlich gut abgebildeten Hochschulabsolventen, die sich allerdings in Berlin mit den Problemen einer angemessenen Beschäftigung konfrontiert sehen. Aufgrund des starken Ungleichgewichts von Angebot und Nachfrage auf dem Berliner Arbeitsmarkt entstehen soziale Problemlagen, die sich in besonders problematischen Stadtteilen verdichten. Die soziale Integration besonderer Problemgruppen (Behinderte, Drogenabhängige, alte Menschen mit Armutsrisiko) wird dadurch erheblich erschwert. Seite 1 von 1
Trotz der anhaltenden Wachstumsschwäche der Berliner Wirtschaft bieten sich Chancen für einen künftigen Wachstumsprozess. Insbesondere die Berliner Kompetenzfelder - Biotechnologie, Medizintechnik (bzw. die Gesundheitswirtschaft insgesamt), die Informations- und Kommunikationstechnologie, Verkehr, Technik und Logistik sowie Optik - bergen Wachstums- und Beschäftigungspotenziale. Im Rahmen der Berliner Gesamtstrategie bieten diese Kompetenzfelder Ansatzpunkte für langfristige strategische Orientierung des ESF (und des EFRE). Die immer noch zu geringen Beschäftigungsmöglichkeiten erfordern Interventionen durch die Strukturfonds, insbesondere durch den ESF. Die Interventionen zielen nicht nur darauf, die Beschäftigungsbasis zu erhöhen, sondern sollen auch dazu beitragen, die Erwerbsquote an die europäischen Zielvorgaben heranzuführen. Prioritätsachsen (früher: Schwerpunkte) des Programms Gesamtvolumen des Programms: 336 Mio. EUR (14 Mio. EUR außerhalb der Prioritätsachsen als Technische Hilfe) Gesamtvolumen in der Förderperiode 2000 2006 im Rahmen der Ziele 1, 2 und 3: 530 Mio. EUR. Die Strategie Berlins legt einen eindeutigen Schwerpunkt auf die Entwicklung der Humanressourcen. Insbesondere Aus- und Weiterbildung sowie der Transfer von Wissen in die Berliner Wirtschaft haben für Berlin langfristige Wachstumsfunktionen, da ein hohes Bildungs- und Qualifikationsniveau der Bevölkerung grundlegende Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum ist. Mit dem Konzept der lebenszyklusorientierten Beschäftigungspolitik liegt ein Ansatz einer auf die Entwicklung von Humankompetenzen zugeschnittenen Programmpolitik vor. Angesichts des hohen Anteils an Langzeitarbeitslosigkeit und infolge des relativen Armutsproblems (Kumulation sozialer Problemlagen) in Berlin spielt die soziale Integration sowie die Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt eine bedeutende Rolle. Soziale Integration hat einerseits eine indirekte, unterstützende Bedeutung für das wirtschaftliche Wachstum, andererseits liegen in der produktiven Funktion der sozialen Integration selbst bedeutsame Wachstumspotenziale. Mit der Steigerung der Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer wird in erster Linie das Ziel verfolgt, die geringe betriebliche Weiterbildungsquote zu erhöhen und die Unternehmen durch innovative Funktionen der Weiterbildung bei ihrem Bemühen um Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen. Gleichzeitig soll die Existenzfähigkeit von Gründungen durch Coaching entwickelt und stabilisiert werden. Prioritätsachse 1: Steigerung der Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Beschäftigten und Unternehmen Mittelanteil dieser Prioritätsachse: 11,4 %, entsprechend 38 Mio. EUR Im Rahmen dieses Prioritätsziels werden Beschäftigte und Unternehmen durch betriebliche Weiterbildung und Coaching gefördert. Weiterhin werden durch Qualifizierungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen Existenzgründer gefördert. Spezifische Ziele sind: Seite 2 von 2
Die Verbesserung der Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Beschäftigten durch eine Erhöhung der betrieblichen Weiterbildungsquote. Es sollen kleine und mittelständische Unternehmen in ihren Weiterbildungsaktivitäten unterstützt werden. Ergebnis ist ein erfolgreicher Abschluss der Weiterbildung, eine individuelle Kompetenzsteigerung am Arbeitsplatz sowie durch Qualifizierung gesicherte Arbeitsplätze. In diesem Zusammenhang sollen auch Gründungslabors eingerichtet werden, mit dem Ziel, dass gründungsfähige Ideen und Konzepte in diesem Rahmen zur Marktreife entwickelt werden können. Auch über den Hochschulbereich sollen entsprechende Förderinstrumente zur Verbesserung von Existenzgründungen eingesetzt werden. Schließlich sollen für Existenzgründerinnen Beratungsmaßnahmen und Existenzgründungskurse durchgeführt werden. Ein Beschäftigungsfeld für zukünftige Existenzgründer ist die Beratung im Rahmen von "Umwelt- und Qualitätsmanagement". Stabilisierung junger Unternehmen durch zielorientiertes Coaching: Einerseits sollen bestehende Unternehmen und Arbeitsplätze gestärkt werden, andererseits soll ein positiver Beitrag zu Verbesserung des Gründungspotenzials ermöglicht werden. Die Überlebensrate der Unternehmen soll durch das Coaching deutlich verbessert werden. Prioritätsachse 2: Förderung des Humankapitals Mittelanteil dieser Prioritätsachse: 44,3 %, entsprechend 149 Mio. EUR Es werden die Bildungsstrukturen durch die Förderung von Aus- und Weiterbildung sowie durch innovative und internationale Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung unterstützt. Darüber hinaus sollen Beratungsstrukturen (Weiterbildungsdatenbank, Lernläden) helfen, die Transparenz im Weiterbildungsmarkt und die eigene Entscheidungsfindung zu verbessern. Weiterhin werden die Wissenspotenziale von Hochschulen genutzt, um die betrieblichen Handlungsstrukturen zu verbessern. Spezifische Ziele sind: Die Verbesserung des Zugangs von Frauen zum Arbeitsmarkt, u.a. auch durch einen Wiedereinstieg nach der Familienphase bzw. eine berufliche Neuorientierung. Neben dem erfolgreichen Abschluss der Maßnahme, soll ein positiver Beitrag zur weiteren Berufswegplanung und zu Weiterbildungsentscheidungen geleistet werden. Die Erhöhung der beruflichen Kompetenzen von Erwachsenen durch die erfolgreiche Erprobung neuer Formen des lebensbegleitenden sowie des berufsbezogenen Lernens. Beabsichtigt ist ein positiver Beitrag zu der eigenen Entscheidungsfindung durch eine Erhöhung der Transparenz auf dem Weiterbildungsmarkt. Die Verbesserung des Ausbildungsplatzangebots durch zusätzliche Ausbildungsplätze. Durch den erfolgreichen Abschluss der Maßnahme soll den Jugendlichen eine bessere Vermittlung in den 1. Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Die Förderinstrumente sollen einen positiven Beitrag zur Steigerung der beruflichen Kompetenzen leisten, der nach Möglichkeit auf andere Regionen bzw. Branchen übertragen werden soll. Die Verbesserung der beruflichen Orientierung und der Vorbereitung von Jugendlichen auf zukünftige Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnisse. Im Ergebnis werden zusätzliche Seite 3 von 3
Ausbildungsplätze geschaffen. Ziel ist die Vermittlung der Jugendlichen in den ersten oder aber in den zweiten Arbeitsmarkt bzw. in eine weitere Qualifizierung. Die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulangehörigen-/absolventen durch Anpassungsqualifizierungen. Ergebnis des erfolgreichen Abschlusses der Maßnahme soll der Erhalt des Arbeitsplatzes, der Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt bei arbeitslosen Akademiker/innen sowie eine nachhaltige Kompetenz-/Innovationssteigerung sein. Zudem soll durch eine Verbesserung des Wissenstransfers zwischen den Berliner Wissenschaftseinrichtungen und den Betrieben, das in den Berliner Wissenschaftseinrichtungen entwickelte Umwelt-Know-how für betriebliche Problemlösungen einsetzbar gemacht werden. Prioritätsachse 3: Verbesserung des Zugangs zu Beschäftigung / soziale Integration von Benachteiligten Mittelanteil dieser Prioritätsachse: 40,3 %, entsprechend 135 Mio. EUR Verbesserung des Zugangs zu Beschäftigung sowie soziale Eingliederung von benachteiligten Personen. Spezifische Ziele sind: Die Erhöhung der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen. Beabsichtigt ist die Steigerung der Integrationsfähigkeit in das Erwerbsleben durch eine Verbesserung der beruflichen Qualifikation. Hierzu sollen zu den Bundesmaßnahmen ergänzende Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt werden. Im Sinne einer lebenszyklusorientierten Beschäftigungs- /Bildungspolitik soll die Förderung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors verbunden werden mit bedarfsbezogenen Bildungs- und Beratungsleistungen für die Teilnehmer/innen mit dem Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt während oder im Anschluss an die Förderung. Insbesondere Vermittlungsleistungen sollen die Nachhaltigkeit der Förderung gewährleisten. Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit und der Qualifikation von Behinderten soll durch die Sicherstellung einer guten Bildung, Ausbildung und Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden. Dazu werden in erster Linie innovative Konzepte zur beruflichen Qualifizierung eingesetzt. Darüber hinaus ist die Qualifizierung von Fachkräften, die zur besseren Integration von Menschen mit Behinderungen in Arbeit und Beschäftigung beitragen, Gegenstand der Maßnahme. Die Verbesserung der Teilhabe am Arbeitsleben bei Drogenabhängigen soll durch die Bekämpfung von Diskriminierungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt und die soziale Integration suchtmittelabhängiger Menschen gewährleistet werden. Mit der Verbesserung der Beratungsinfrastrukturen im Bereich der sozialen Dienste sollen der gleichberechtigte Zugang und eine umfassenden Nutzung von Beratungs-, Förderungsund Dienstleistungen aus dem Sozialbereich für alle Bürgerinnen und Bürger sichergestellt und selbstständige Alltags- und Versorgungsaktivitäten im Wohnumfeld sowie die Teilhabe am öffentlichen Leben für ältere Menschen ermöglicht werden. Seite 4 von 4
Die Verbesserung der Beschäftigungschancen von Inhaftierten/ Haftentlassenen soll in erster Linie durch die Vermittlung von Basis- und Schlüsselkompetenzen sowie berufspraktischer Fähigkeiten erfolgen. Die Verbesserung der Berufsvorbereitung von Migranten/innen. Offene Beratungs-angebote und strukturbezogene Aktivitäten sollen Migrant/innen Übergang zwischen Schule und Beruf erleichtern. Die Stärkung der Selbsthilfepotenziale durch lokale Kleinstinitiativen. In lokalen Mikroprojekten soll die Zusammenarbeit in selbst organisierten Gruppen, lokalen Initiativen und Netzwerken gestärkt werden. Gleichzeitig soll die soziale und berufliche Integration benachteiligter Personengruppen verbessert werden. Die Maßnahmen sollen darüber hinaus zur Identifizierung und Erprobung neuer bzw. weiterentwickelter Ansätze zur Verbesserung von Vermittlung, Beschäftigungsfähigkeit und Integration in Beschäftigung insbesondere von jungen Erwachsenen, Nichtleistungsempfängern und Älteren führen. Querschnittsziele Nachhaltigkeit Chancengleichheit von Frauen und Männern Menschen mit Migrationshintergrund Seite 5 von 5