Tenor. FG München, Gerichtsbescheid v K 3653/12. Titel: (Besteuerungsrückfall wegen weißer Einkünfte)

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Transkript:

FG München, Gerichtsbescheid v. 29.10.2014 8 K 3653/12 Titel: (Besteuerungsrückfall wegen weißer Einkünfte) Normenketten: 50d Abs 9 S 1 Nr 2 EStG 2009 EStG VZ 2008 EStG VZ 2009 Art 12 Abs 3 DBA IRL 1962 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009 Art 22 Abs 2 S 1 Buchst a DBuchst a S 1 DBA IRL 1962 Orientierungsätze: 1. Das Besteuerungsrecht für die abkommensrechtlich gem. Art. XII Abs. 3 i.v.m. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 DBA-Irland freizustellenden Einkünfte eines für eine irländische Fluggesellschaft tätigen angestellten Piloten fällt nicht wegen nur teilweiser Besteuerung in Irland gemäß 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den Veranlagungszeiträumen 2008 und 2009 geltenden Fassung an Deutschland zurück. 2. Der vom FG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 29. April 2014 (3 K 3227/13, Az. des Revisionsverfahrens beim BFH: I R 41/14) geäußerten Ansicht, wonach die Regelung des 50d Abs. 9 Abs. 1 Nr. 2 EStG -anders als die Regelung des 50d Abs. 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG- nicht an ein DBA, sondern an die ausländischen Steuerrechtsregeln über die dortige beschränkte Steuerpflicht anknüpfe, folgt der Senat nicht. 3. Revision eingelegt (Az. des BFH: I R 69/14). Schlagworte: Ausland, Besteuerungsrückfall, Doppelbesteuerung, Fluggesellschaft, Flugzeug, Irland, Pilot, Rückfall, Rückfallklausel, Teilbesteuerung, Treaty-override, Weiße Einkünfte Fundstellen: BeckRS 2015, 94438 EFG 2015, 652 LSK 2015, 240398 Tenor 1. Der Bescheid für 2008 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 20. Juli 2010, geändert durch Bescheid vom 06. September 2010, und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 05. November 2012, werden geändert. 2. Der Bescheid für 2009 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 12. April 2011 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 2012 werden geändert. 3. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Festsetzungen für 2008 und 2009 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Gerichtsbescheides neu bekanntzugeben. 4. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

5. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten. 6. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig. 7. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Einkünfte des Klägers aus dessen Tätigkeit als Pilot für eine irische Fluggesellschaft der deutschen Besteuerung unterliegen. 2 Die Kläger werden in den Streitjahren als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie hatten in dieser Zeit ihren gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland. 3 Der Kläger ist Pilot. Er war in den Streitjahren bei der (.) mit Sitz in ( )/Irland angestellt. Die sog. Heimatflughäfen des Klägers lagen im Streitjahr 2008 in Italien (vom 01. Januar bis 27. April 2008 in ) und in Spanien (vom 28. April bis 04. November 2008 in ). Ab 05. November 2008 war er in ( )/Spanien stationiert. Dort übernahm er ab 05. November 2008 zusätzlich die Funktion eines sog. Base Captain, die administrative nicht unmittelbar mit der Flugtätigkeit zusammenhängende Aufgaben am Boden umfasst. An den Heimatflughäfen unterhielt der Kläger jeweils eine Mietwohnung. 4 Im Jahr 2008 erhielt der Kläger von seiner Arbeitgeberin eine Vergütung von insgesamt ( ). Davon entfielen auf seine Tätigkeit als Chefpilot ( ) und auf seine Tätigkeit als Base Captain ein Betrag von ( ). Im Jahr 2009 verdiente er insgesamt ( ) ; ( ) davon entfielen auf die Tätigkeit als Chefpilot, ( ) auf die Tätigkeit als Base Captain. Von diesen Vergütungen behielt die Arbeitgeberin des Klägers jeweils die nach irischem Recht zu erhebenden Steuern ein und führte diese an die zuständige irische Finanzbehörde ab. Auf Antrag wurden dem Kläger diejenigen Beträge erstattet, die auf Arbeitsleistungen entfielen, die außerhalb Irlands erbracht worden waren. Dementsprechend wurden im Jahr 2008 ( ) und im Jahr 2009 ( ) in Irland besteuert. 5 Der Beklagte (das Finanzamt FA) unterwarf den nicht in Irland besteuerten Teil des Arbeitslohns von ( ) (2008) bzw. ( ) (2009) der deutschen Besteuerung und setzte die Einkommensteuer 2008 mit Bescheid vom 20. Juli 2010 mit ( ) und die Einkommensteuer 2009 mit Bescheid vom 12. April 2011 mit ( ) fest. Hiergegen legten die Kläger jeweils Einspruch ein. Dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2008 half das FA teilweise ab, indem es weitere Werbungskosten berücksichtigte und die Einkommensteuer auf ( ) herabsetzte (Bescheid vom 06. September 2010). Die Freistellung der Einkünfte des Klägers von der deutschen Einkommensteuer lehnte das FA weiterhin ab. 6 Auf Antrag der Kläger ruhten die Einspruchsverfahren bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Revisionsverfahren I R 27/11. Nachdem über die Revision am 11. Januar 2012 durch Urteil entschieden worden war, wurden die Einspruchsverfahren fortgesetzt. Mit Einspruchsentscheidungen vom 29. Oktober 2012 (Streitjahr 2009) und vom 05. November 2012 (Streitjahr 2008) wies das FA die Einsprüche jeweils als unbegründet zurück. 7 Hiergegen richtet sich die Klage vom 30. November 2012, die im Wesentlichen wie folgt begründet wird: 8

Die Besteuerung der Einkünfte aus der Tätigkeit als Pilot in Deutschland verstoße gegen das Abkommen vom 17. Oktober 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA-Irland 1962). Das Besteuerungsrecht stehe der Republik Irland zu. Deutschland habe diese Einkünfte von der Besteuerung freizustellen und dürfe sie lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des FA ergebe sich aus 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) kein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland. 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG komme nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 19. Dezember 2013 I B 109/13, BFH/NV 2014, 623) dann nicht zur Anwendung, wenn die Republik Irland das ihr nach dem DBA zustehende Besteuerungsrecht wie im Streitfall nur für einen Teil der Einkünfte wahrnehme. Die Kläger beantragen, - bei der Veranlagung für das Jahr 2008 von den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit einen Betrag von ( ) ( ) in die Bemessungsgrundlage der Steuer sowie einen Betrag von ( ) ( ) nur bei der Berechnung des Steuersatzes einzubeziehen (Progressionsvorbehalt, 32b EStG) und die Einkommensteuer 2008 unter Änderung des Bescheides vom 20. Juli 2010, geändert durch Bescheid vom 06. September 2010, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. November 2012 entsprechend herabzusetzen; - bei der Veranlagung für das Jahr 2009 von den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit einen Betrag von ( ) ( ) in die Bemessungsgrundlage der Steuer sowie einen Betrag von ( ) ( ) nur bei der Berechnung des Steuersatzes einzubeziehen (Progressionsvorbehalt, 32b EStG) und die Einkommensteuer 2009 unter Änderung des Bescheides vom 12. April 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 2012 entsprechend herabzusetzen; - hilfsweise: die Revision zuzulassen; - die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte beantragt - unter Hinweis auf die beim BFH anhängigen Verfahren I R 86/13 und I R 41/14, das Klageverfahren auszusetzen; - hilfsweise: die Klage abzuweisen. 11 Die Kläger haben dem Aussetzungsantrag widersprochen und auch einer Verfahrensruhe nicht zugestimmt (vgl. Schriftsatz vom 30. Juli 2014). 12 Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die vorgelegten Unterlagen und Akten verwiesen. Entscheidungsgründe 13

II. 1. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Die vom FA beantragte Aussetzung des Klageverfahrens kommt nicht in Betracht. 14 Nach 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht die Aussetzung eines bei ihm anhängigen Verfahrens anordnen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. 15 Darüber hinaus kommt nach der Rechtsprechung des BFH eine Aussetzung des Klageverfahrens entsprechend 74 FGO in Betracht, wenn vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist, zahlreiche Parallelverfahren vorliegen und keiner der Verfahrensbeteiligten ein besonderes berechtigtes Interesse an einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung trotz des beim BVerfG anhängigen Verfahrens hat. Ein Klageverfahren darf jedoch nicht allein deshalb nach 74 FGO ausgesetzt werden, weil bei dem BFH ein anderer Rechtsstreit anhängig ist, der eine vergleichbare Rechtsfrage betrifft oder als Musterverfahren geführt wird. In einem solchen Fall können vielmehr beim FG schwebende Parallelverfahren nur gemäß 251 der Zivilprozessordnung i. V. m. 155 FGO zum Ruhen gebracht werden, wozu es jedoch u. a. der im vorliegenden Fall fehlenden Zustimmung des Klägers bedarf (vgl. BFH-Beschluss vom 24. September 2012 VI B 79/12, BFH/NV 2013, 70 mwn.). 16 Danach liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nicht vor. Das beim BVerfG anhängige Normenkontrollverfahren 2 BvL 21/14 zur Verfassungsmäßigkeit des 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.f. des JStG 2007 ist für das Klageverfahren nicht vorgreiflich. Denn im Streitfall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Vorschrift schon nicht erfüllt (siehe dazu unten 2. c.). Allein der Hinweis des FA auf weitere vor dem BFH bereits anhängige Verfahren (insbesondere I R 41/14), die die gleiche streitige Rechtsfrage betreffen, reicht für eine Aussetzung nach 74 FGO nicht aus. 17 Die ablehnende Aussetzungsentscheidung konnte der Senat im Gerichtsbescheid treffen (BFH-Beschluss vom 25. November 2003 II B 68/02, BFH/NV 2004, 462). 18 2. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Festsetzungen sind antragsgemäß zu ändern. 19 a. Der Kläger hatte in den Streitjahren seinen Wohnsitz in Deutschland. Er unterfällt deswegen gemäß 1 Abs. 1 EStG mit seinem Welteinkommen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Dieser Pflicht ist grundsätzlich auch der Teil des Arbeitslohns ( 19 EStG) unterworfen, den er als Pilot der irischen Fluggesellschaft in den Streitjahren vereinnahmt hat. 20 b. Der Arbeitslohn, der auf die Tätigkeit des Klägers als Pilot entfällt, ist allerdings nach Art. XII Abs. 3 i.v.m. Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 DBA-Irland 1962 von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer auszunehmen, weil es sich hierbei um Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands handelt, die in Übereinstimmung mit dem Abkommen in Irland besteuert werden können. 21 Dienstleistungen, die eine natürliche Person ganz oder überwiegend an Bord von Luftfahrzeugen erbringt, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person betreibt, gelten gemäß Art. XXII Abs. 3 DBA-Irland 1962 als in diesem Vertragsstaat erbracht. Die Vergütungen für solche Dienstleistungen können nach Art. XII Abs. 3 DBA-Irland 1962 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen

Geschäftsleitung des Unternehmens befindet, im Streitfall also in Irland. Deutschland verbleibt nach Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 2 DBA-Irland 1962 lediglich die Möglichkeit, die Einkünfte gemäß 32b EStG dem sog. Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. 22 c. Das Besteuerungsrecht fällt nicht gemäß 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung an Deutschland zurück. 23 Nach 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung wird die Freistellung der Einkünfte ungeachtet des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht gewährt, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht aufgrund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist. 24 Mit dieser Formulierung will das Gesetz erreichen, dass das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfällt, falls der andere Vertragsstaat als Quellenstaat von dem ihm abkommensrechtlich zugestandenen Besteuerungsrecht an bestimmten Einkünften im Rahmen seiner beschränkten Steuerpflicht rechtlich keinen Gebrauch macht. Eine derartige Situation ist im Streitfall nicht gegeben. Denn die Arbeitslöhne des Klägers wurden (wenn auch nur zu einem geringen Teil) in Irland besteuert. Die Besteuerung erfolgte dort im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht, und die Löhne wurden auch (nur) infolge der fehlenden Ansässigkeit des Klägers in Irland lediglich zu einem Teil erfasst, nämlich demjenigen Teil, der eine territoriale Zuordnung der erbrachten Arbeit zum irischen Staatsgebiet ermöglichte. Der abkommensüberschreibende Besteuerungsrückfall für die betreffenden Einkünfte wird nach 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung tatbestandlich aber nur dann ausgelöst wird, "wenn" die betreffenden Einkünfte aus den Gründen der fehlenden Ansässigkeit im anderen Vertragsstaat nicht steuerpflichtig sind. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift greift die Rückfallklausel nicht, wenn sich die Besteuerung im anderen Vertragsstaat auf einen Teil der Einkünfte beschränkt (BFH- Beschluss vom 19. Dezember 2013 I B 109/13, BFHE 244, 40). Hätte der Gesetzgeber einen Rückfall des Besteuerungsrechts für einen Teil der Einkünfte gewollt, hätte er dies durch die Verwendung des Begriffes soweit klar und eindeutig regeln können. 25 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung betrifft seinem Wortlaut nach die Einkünfte, die nach dem Eingangshalbsatz in 50d Abs. 9 Satz 1 EStG nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind. Das aber sind die Einkünfte, für die das Abkommen dem anderen Vertragsstaat das Besteuerungsrecht gewährt, und diese Einkünfte qualifizieren sich regelmäßig aus den jeweiligen abkommensrechtlichen Einkunftsarten (Art. 6 bis Art. 21 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development). Im Streitfall sind das nach Maßgabe von Art. XII Abs. 3 (i.v.m. Art. XXII Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1) DBA-Irland 1962 die an den Kläger für dessen Dienstleistungen an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr als Arbeitslohn geleisteten Vergütungen, welche infolge der abkommensrechtlich vereinbarten Zuordnung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer auszunehmen sind, und zwar insgesamt und nicht nur teilweise (vgl. z.b. -zum DBA-Kanada- Senatsurteil vom 27. August 1997 I R 127/95, BFHE 184, 326, BStBl II 1998, 58). 26 Der vom FG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 29. April 2014 (3 K 3227/13, EFG 2014, 1278; Rev. eingelegt Az. des BFH: I R 41/14) geäußerten Ansicht, wonach die Regelung des 50d Abs. 9 Abs. 1 Nr. 2 EStG anders als die Regelung des 50d Abs. 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht an ein DBA, sondern an die ausländischen Steuerrechtsregeln über die dortige beschränkte Steuerpflicht anknüpfe, folgt der Senat nicht.

27 Da der Tatbestand des 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nach Auffassung des Senats im Streitfall nicht erfüllt ist, kommt es auf das Verhältnis dieser Vorschrift zu 50d Abs. 8 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nicht mehr an. Ebenso wenig stellt sich die Frage, ob 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. 28 3. Der Klage ist antragsgemäß stattzugeben. Die Neuberechnung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags wird dem Beklagten aufgeben, da die Ermittlung einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert ( 100 Abs. 2 Satz 2 FGO). 29 4. Die Kostenentscheidung beruht auf 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.v.m. 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die Kläger konnten es auf Grund der Schwierigkeit der Streitsache für notwendig halten, schon im Vorverfahren einen fachkundigen Berater mit der Interessenvertretung zu beauftragen ( 139 Abs. 3 Satz 3 FGO). 30 5. Die Revision wird nach 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen. Der Senat weicht von der zur gleichen Rechtsfrage ergangenen Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg vom 29. April 2014 (3 K 3227/13, EFG 2014, 1278; Rev. eingelegt Az. des BFH: I R 41/14) ab. 31 6. Weil der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten alle wesentlichen Argumente bereits schriftsätzlich ausgetauscht haben, ist anzunehmen, dass sich in einer mündlichen Verhandlung keine neuen Gesichtspunkte mehr ergeben werden. Es erscheint deshalb als sachgerecht, über die streitigen Rechtsfragen durch Gerichtsbescheid zu entscheiden ( 90 a FGO).