SPECT / CT: Vorteile und Indikationen der Hybridbildgebung

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Transkript:

434 Übersicht SPECT / CT: Vorteile und Indikationen der Hybridbildgebung Hojjat Ahmadzadehfar, Marianne Muckle, Markus Essler, Hans-Jürgen Biersack, Dirk von Mallek SPECT / CT-Kameras vereinen zwei verschiedene Bildgebungsprinzipien: funktionelle Informationen der nuklearmedizinischen SPECT und anatomische Informationen der radiologischen CT. Vorteile sind eine bessere Bildqualität und höhere Sensitivität. Bei welchen Indikationen dies besonders zum Tragen kommt, zeigt dieser Beitrag. Eine bedeutsame Innovation Die Single-Photonen-Emissions-Computertomografie (SPECT) hat eine deutlich höhere Sensitivität als konventionelle Szintigrafien ohne zusätzliche Strahlenbelastung. Seit 2004 ist die apparative Kombination einer SPECT-Kamera mit einem Computertomografen (CT) zunehmend im Einsatz. Diese speziellen Hybridsyteme ermöglichen eine genauere anatomische Darstellung und Zuordnung der räumlichen Verteilung und Speicherung des Radiopharmakons. Durch die Korrekturen der Photonen-Streuung und der Schwächungsartefakte wird die Bildqualität zusätzlich verbessert. Die SPECT / CT verbessert die Sensitivität und Spezifität der nuklearmedizinischen Bildgebung bei verschiedenen klinischen Fragestellungen. Knochentumoren Skelettszintigrafie Die Knochenszintigrafie ist ein etablierter Bestandteil der Diagnostik sowohl bei primären Knochen tumoren, wie Osteosarkomen, als auch bei sekundären Knochentumoren, wie Metastasen eines Mamma- oder Prostatakarzinoms. Ihre hohe Akzeptanz beruht nicht zuletzt auf der breiten Verfügbarkeit. Zudem ist es möglich, das gesamte Skelettsystem innerhalb eines angemessenen Zeitraumes und bei akzeptablen Kosten mit hoher Sensitivität zu untersuchen [10]. In der Regel werden Skelettszintigramme planar durchgeführt. Die SPECT- Bild gebung ermöglicht eine detailgetreuere Visualisierung und eine höhere Empfindlichkeit der Bildgebung [8]. SPECT Die meisten malignen Knochenprozesse zeigen eine reaktiv erhöhte Osteoblastenaktivität und daher eine vermehrte 99m Tc-Diphosphonat- Aufnahme. Pathologische Veränderungen sind in der planaren Projektion aufgrund von Überlagerungen angrenzender Knochen oder Artefakte häufig nicht eindeutig erkennbar. Die SPECT-Bild- gebung erhöht hier zwar die Empfindlichkeit der Untersuchung, dennoch beeinträchtigt oft die fehlende anatomische Orientierung eine präzise Lokalisierung der Befunde [8]. Niedrige Spezifität Die planare Skelettszintigrafie und die SPECT haben eine hohe Sensitivität zwischen 80 95 %. Allerdings führen die Tracer- Akkumulationen in benignen Knochenläsionen, wie degenerativen Gelenkveränderungen und Knochenbrüchen [20], zu einer niedrigeren Spezifität von 62 81 % [1]. So entstehen häufig unklare Befunde, die durch ergänzende Bildgebung (Röntgen, CT, MRT) geklärt werden müssen. Daraus ergibt sich ein zusätzlicher Zeitaufwand, notwendige Therapiemaßnahmen verzögern sich. Es belastet die Patienten erheblich, wenn die genaue Diagnose vorerst ungewiss bleibt. SPECT / CT Mehr als 90 % der in der SPECT als unklar klassifizierten Befunde so eine Studie von Römer et al. [21] ließen sich durch SPECT / CT aufklären. In einer weiteren Studie bei 353 Patienten mit verschiedenen malignen Tumoren [18] wies die planare Ganzkörper-Szintigrafie eine Sensitivität von 93 % und eine Spezifität von 78 % auf. Die SPECT / CT erhöhte die Sensitivität auf 97 % (n. s.) und die Spezifität auf 94 % (p = 0,01). So war ein Downstaging von Metastasen bei 32,1 % der Patienten möglich. Die Qualität der Untersuchung verbesserte sich insbesondere bei malignen Erkrankungen, die auch osteolytische Metastasen verursachen, z. B. dem Mammakarzinom. Dieser Zugewinn an Sensitivität wird durch die CT ermöglicht. Drei Patientinnen dieser Studie hatten unauffällige planare und SPECT-Aufnahmen; osteolytische Metastasen des Mammakarzinoms waren nur in der Low-Dose-CT darstellbar. Ergänzende diagnostische Bildgebungsverfahren aufgrund unklarer szintigrafischer Befunde waren nur bei 2,5 % der Patienten erforderlich. Die SPECT / CT verbesserte die diagnostische Genauigkeit, mit der sich das Ausmaß einer multifokalen Metastasierung bestimmen ließ, bei 34,6 % der Patienten [18] ( Abb. 1).

Übersicht 435 SPECT / CT bietet den entscheidenden Vorteil, szintigrafische Befunde mit den individuellen anatomischen Verhältnissen direkt korrelieren zu können. Das führt zu einer besseren Beurteilung unklarer Knochenläsionen bei Tumorpatienten. Orthopädische Fragestellungen Knochenstoffwechselaktivität präzise darstellen Obwohl die MRT heute der Referenzstandard für gutartige orthopädische Erkrankungen ist, wird die Skelettszintigrafie noch häufig verwendet. Sie ermöglicht einen Überblick über das gesamte Skelettsystem und das mit hoher Sensitivität und zu akzeptablen Kosten. Jedoch ist auch hier die Spezifität vergleichsweise gering. Die SPECT / CT überwindet diese diagnostischen Einschränkungen, da eine präzise anatomische Identifikation pathologischer Knochenstoffwechselaktivitäten möglich ist. Die klinische Bedeutung der SPECT / CT zeigt sich bei zahlreichen Indikationen, z. B. bei rheumatischen Erkrankungen oder bei Prothesenlockerungen. Weichteilbeteiligungen sowie ossäre Prozesse können gezielt beurteilt werden ( Abb. 2) [24]. Wirbelsäulenerkrankungen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule sind häufig eine Indikation für nuklearmedizinische Untersuchungen. Mithilfe der SPECT / CT lassen sich kostoverte - b rale Arthrosen von Facettengelenksbeteiligungen unterscheiden [9]. Kompressionsfrakturen und schwere degenerative Erkrankungen zeichnen sich sowohl in der planaren als auch in der SPECT-Bildgebung durch erhebliche Tracer-Akkumulation in der Wirbelsäule aus. Hier hilft SPECT / CT bei der Abgrenzung. Bei Patienten mit osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen und chronischen Rückenschmer- zen [23] gelingt es Facettengelenksarthrosen von Kompressionsfrakturen zu unterscheiden, d. h. Patienten können identifiziert werden, die von lokalen infiltrativen Therapien profitieren. Bei Patienten mit Spondylodesen kann mittels SPECT / CT präzise zwischen verschiedenen Ursachen von Rückenschmerzen unterschieden werden, z. B. zwischen Pseudarthrose, Materiallockerungen und Sakroiliitis [2]. Auch bei der Beurteilung von Erkrankungen der Extremitäten mit z. B. unspezifischen Schmerzen der Hände oder Handgelenke hat sich die SPECT / CT als spezifischer erwiesen [12]. Weitere orthopädische Indikationen Vorteile bietet die SPECT / CT zudem im Vergleich zu einfachen Röntgenaufnahmen oder der planaren Szintigrafie in der Diagnostik von Kahnbeinläsionen und bei Schmerzen nach Schulterarthroplastik [11]. Die komplexe Anatomie der unteren Extremitäten erschwert häufig eine genaue Diagnose bei unklaren Schmerzen in Fuß- oder Sprunggelenken. Mithilfe der SPECT / CT gelingt eine Differenzierung von älteren und frischen Verletzungen [7]. Auch bei Patienten mit Gelenkversteifungen und unklaren persistierenden Schmerzen hilft die SPECT / CT bei der präzisen Darstellung und Differenzierung pathologischer Befunde. Hier können z. B. Pseudarthrosen (nonunion), unzureichend eingewachsenes Fremdmaterial (malunion) oder eben nur eine lokoregionäre Arthritis als Ursache für die anhaltenden Schmerzen in Frage kommen und mithilfe der SPECT / CT unterschieden werden [7]. Bei gutartigen Knochenerkrankungen verbessert die SPECT / CT die diagnostische Spezifität der Szintigrafie: Auffälligkeiten im Knochenstoffwechsel lassen sich präzise anatomisch lokalisieren ( Abb. 2). Abb. 1 Knochenszintigrafien von zwei Patientinnen mit Mammakarzinom. Die Patientin (A) zeigte im Ganzkörperknochenszintigramm in Höhe des BWK 6 eine fokale unklare Aktivitätsspeicherung (roter Pfeil). In der SPECT / CT (B): eindeutiger Nachweis einer osteoblastischen Knochenmetastase im BWK 6. Die Patientin (C) zeigte eine fokale Speicherung in der LWS (gelber Pfeil). Hier wurden im Gegensatz zur Patientin A degenerative Veränderungen des LWK 3 in der SPECT / CT diagnostiziert (D).

436 Übersicht Nicht-ossäre Tumoren Neuroendokrine Neoplasien Bei dieser heterogenen Gruppe von Tumoren handelt es sich um Epithelneoplasmen mit überwiegend neuroendokriner Differenzierung. In der Regel weisen sie eine erhöhte Expression von Somatostatin-Rezeptoren (SSTR) auf und können durch die spezifische Bindung radioaktiv markierter Liganden wie 111 In-Octreotid oder 99m Tc-HYNIC-TOC nachgewiesen werden. Die SSTR-Szintigrafie dient vorwiegend dazu, primäre Tumoren und Metastasen in der Leber oder dem Mesenterium nachzuweisen. Sie kann aber auch verwendet werden, um das Ansprechen auf eine Somatostatin-Analoga- Therapie zu bewerten. Neuroendokrine Tumoren können durch 111 In- Octreotid gelegentlich genauer diagnostiziert werden als durch MRT oder CT. Die Sensitivität der SSTR-Szintigrafie ist mit 70 90 % hoch, sie hängt aber ab von der Tumorentität, der Lokalisation des Primarius und dem Grad der Differenzierung. Im Allgemeinen besitzt die SSTR-Szintigrafie die höchste Empfindlichkeit bei gastroenteropankreatischen Tumoren (Sensitivität: 80 90 % [14, 19]. Nebennierentumore Für Nebennierentumore, wie Phäochromozytome, ist die SSTR-Bildgebung der 123 I-mIBG-Szintigrafie (Metaiodobenzylgua- nidin) unterlegen, kann aber gegebenenfalls eine erhöhte Sensitivität bei der Erkennung von Metastasen eines Phäochromozytoms haben [22]. Neuroblastome Die 123 I-mIBG-Bildgebung ist der Somatostatin-Rezeptor-Szintigrafie bei der Diagnostik von Neuroblastomen überlegen [22]. In einer Studie von Krausz et al. [15] beeinflusste die SPECT / CT die Befundinterpretation der SSTR-Bildgebung bei 32 % der Patienten und führte zu Änderungen des Therapie in 14 %. Die CT-Schwächungskorrektur erhöhte die Sensitivität um 2,2 %. Ebenso konnte die Kontrastierung und Abgrenzung signifikant verbessert werden, insbesondere bei Lymphknoten, gefolgt von Darm, Pankreas und Leber. Beim Neuroblastom, einer häufigen Tumorerkrankung im Kindesalter, ermöglicht die SPECT / CT eine bessere anatomische Lokalisierung mibg-avider Befunde und reduziert gleichzeitig die Rate falsch positiver und negativer Befunde. Insbesondere die Detektion kleinerer Herde, die meist mittels planarer Bildgebung allein übersehen worden wären, gelingt mit der SPECT / CT. Die Spezifität des mibg zum Nachweis von Tumoren des sympathischen Nervensystems beträgt nahezu 100 %, während die Sensitivität für den Nachweis einer einzelnen Neuroblastom- Läsion um 80 % liegt. Dieser Wert kann durch SPECT / CT auf 98 % erhöht werden [17]. Abb. 2 30-jährige Patientin mit Schmerzen im rechten Knie nach Knieprothese rechts. Bei Verdacht auf eine Prothesenlockerung wurde 4 Jahre später eine Knochenszintigrafie angefordert. In der Frühphase (A; gelber Pfeil) zeigte sich eine fokal vermehrte Perfusion im Bereich des lateralen Tibiaplateaus des rechten Knies. Die planare Aufnahme (B) zeigte eine zunehmende Knochenspeicherung in diesem Bereich. Zur weiteren Abklärung des erhöhten periprothetischen Knochenstoffwechsels wurde zusätzlich eine SPECT / CT durchgeführt. Die SPECT / CT zeigte, dass die Speicherung sich nicht auf die Prothese, sondern auf das Fibulotibialgelenk projizierte (C: SPECT / CT koronal; D: SPECT / CT transversal und E: CT: transversal; gelbe Pfeile). Mit Hilfe der SPECT / CT konnte eine Lockerung ausgeschlossen und eine aktivierte Fibulotibialgelenk-Arthrose diagnostiziert werden.

Übersicht 437 Abb. 3 64-jährige Patientin mit Facialisparese und Protusio bulbi links bei Rezidiv eines Meningeoms (ED 2001), Z. n. Operation und Strahlentherapie, Z. n. Mixed Response unter Therapie mit Sunitinib. Die In- 111 -DTPA-Octreotid SPECT / CT zur Evaluation einer Radiopeptidtherapie wies einen Lungenrundherd (weißer Pfeil) in der linken Lunge nach, welcher einer Lungenmetastase durch das anaplastische Meningeom entsprach. Beim Neuroblastom ist die SPECT / CT mit unterschiedlichen Radionukliden für die Therapieplanung, prätherapeutische Dosimetrie und Therapieerfolgskontrolle bedeutsam [17]. Meningeome Ein großer Anteil primärer ZNS- Tumore sind Meningeome [26]. Eine nuklearmedizinische Diagnostik mittels SPECT obwohl noch nicht routinemäßig verwendet kann ergänzende diagnostische Informationen zur CT und MRT liefern. Die SSTR-SPECT / CT hat eine hohe Sensitivität und einen hohen negativen Vorhersagewert. Präoperativ lässt sich damit nicht-invasiv die Differenzierung des Tumors feststellen sowie zwischen Tumorresiduum, Rezidiv und Narbengewebe nach Radiatio unterscheiden. Auf diese Weise kann festgestellt werden, ob Patienten für eine Radiopeptidtherapie in Frage kommen ( Abb. 3) [26 28]. Lebertumoren Die SPECT allein erreicht eine Sensitivität von 41 % beim Nachweis extrahepatischer Aktivitätsanreicherungen. Eine SPECT / CT erhört diesen Wert auf 100 %. Dadurch können bei Radioembolisation von Lebertumoren mit 90 Y- Mikrosphären posttherapeutische Risiken, wie Magengenulcera, signifikant reduziert werden [3]. Schilddrüsenkarzinom Für das medulläre Schilddrüsenkarzinom sind die diagnostischen Ergebnisse der SSTR-Szintigrafie mit einer Sensitivität von ca. 50 % unzureichend [14]. Dies liegt an einer Entdifferenzierung und mitunter heterogenen SSTR2-Expression der einzelnen Tumorläsionen. Beim differenziertem Schilddrüsenkarzinom wird der Nachweis von Tumorgewebe durch die planare Bildgebung mir Radiojod 131 I durch die fehlende anatomische Orientierung erschwert. Darüber hinaus spielt die diagnostische CT eine untergeordnete Rolle. Verwendet man jodhaltiges Kontrastmittel, erscheinen Lymphknoten mit Metastasen häufig in der CT-Bildgebung als nicht vergrößert (< 10 mm). Die Anwendung der SPECT / CT bietet gegenüber der herkömmlichen planaren Bildgebung diagnostische Vorteile, insbesondere wegen der präzisen anatomischen Lokalisation radiojodspeichernder Foci [5]. Eine zunehmende Anzahl von Studien bestätigt, dass die 131 I-SPECT / CT ein leistungsfähiges diagnostisches Verfahren ist und viele Limitationen der planaren Bildgebung überwindet [5]. Dies ermöglicht insbesondere die genaue Zuordnung und Bewertung als gutartig oder malignitätssuspekt (Schilddrüsenrestgewebe bzw. normale physiologische Speicherung vs. Metastasen in zervikalen Lymphknoten oder Fernmetastasen). 131 I-SPECT / CT reduziert die Anzahl unklarer Befunde, die sich häufig aus den planaren Bildgebungen und ihren Interpretationen ergeben [5]. SPECT / CT erhöht die Sensitivität und Spezifität von Tumorszintigrafien mit verschiedenen Radio-Tracern und ermöglicht zudem eine präzise Therapieplanung und Therapieerfolgskontrolle. Weitere Indikationen Koronare Herzkrankheit Die Myokardperfusionsszintigrafie (MPI) mit SPECT ist ein valides Verfahren in der Diagnostik der koronaren Herzkrankheit (KHK). Sie kann die Ausdehnung des durch Ischämie gefährdeten Herzmuskelgewebes quantifizieren und die Gewebevitalität beurteilen. Das ermöglicht die Selektion von Patienten, bei denen eine Revaskularisierung indiziert ist [13]. Der sehr hohe negative prädiktive Wert einer unauffälligen Myokardszintigrafie von 99 % hat sich über Jahrzehnte in zahlreichen Studien bestätigt: Die Patienten haben eine ausgezeichnete Prognose die kumulative kardiale Ereignisrate (kardiale Todesfälle und nicht-tödliche Myokardinfarkte) liegt unter 1 % pro Jahr [25] PD Dr. Hojjat Ahmadzadehfar, MSc ist Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Bonn Dr. Marianne Muckle ist Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Bonn

438 Übersicht Prof. Dr. Markus Essler ist Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Bonn Prof. Dr. Hans-Jürgen Biersack ist ehemaliger Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Bonn Prof. Dr. Dirk von Mallek ist Honorarprofessor an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Bonn und Wissenschaftlicher Direktor beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abteilung Forschung, Bonn dirk.vonmallek@uni-bonn.de Interessenkonflikt Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. DOI 10.1055/s-0041-101022 Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 434 438 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart New York ISSN 0012-0472 Abb. 4 Ein 62-jähriger Patient mit atypischer Angina pectoris erhielt eine Myokardszintigrafie mit 99m Tc-MIBI-SPECT / CT. Die unkorrigierten Stress- und Rest-Untersuchungen zeigten eine diffus verminderte Speicherung in der Hinterwand. Nach der Schwächungskorrektur mit Hilfe der Low-Dose-CT war die Hinterwand unauffällig. Einer der Nachteile der Myokardszintigrafie ist die Photonenabsorption im Thorax, die sowohl die Spezifität als auch Sensitivität verringern kann. Durch die Verwendung von Niedrigdosis-CT kann die Photonenabsorption korrigiert werden, wodurch sich die Spezifität der SPECT-Myokardszintigrafie auf 80 90 % verbessert ( Abb. 4) [16]. Schilddrüsen und Nebenschilddrüse Bei der Bildgebung mittels 99m Tc-MIBI bietet die SPECT / CT Vorteile im Vergleich zur herkömmlichen planaren Darstellung. Bei Patienten mit primärem Hyperparathyreoidismus kann sie wichtige 3D-Informationen für Chirurgen liefern. Dies kann für die Wahl des chirurgischen Operationsverfahrens entscheidend sein und klären, ob z. B. eine Resektion über einen endoskopischen lateralen OP-Zugang zu posterioren Adenomen oder eine Zervikotomie mittels kleiner zervikaler Inzision indiziert ist [4]. SPECT / CT ermöglicht zudem eine bessere Lokalisierung von ektopem Schilddrüsengewebe. Die genaue anatomische Lokalisation mediastinal gelegener Adenome kann durch die SPECT / CT gelingen: Auch dies beeinflusst die Wahl des operativen Zugangsweges (Me diastinoskopie bzw. anteriore Mediastinotomie vs. Linksthorakotomie) [4]. Intrathorakale (substernale) Strumen entstehen in der Regel sekundär durch die Ausdehnung des zervikalen Strumenanteils nach retrosternal. Die Therapie der Wahl ist die totale oder subtotale Thyreoidektomie und anschließende Levothyroxin-Substitution. Die SPECT / CT verbessert den Bildkontrast und die Quantifizierung von Strumen durch Schwächungskorrektur und Streustrahlkorrektur und ermöglicht eine genaue Lokalisierung im Mediastinum. Damit kann auch die Indikation für eine Radiojodtherapie überprüft werden [4]. Konsequenz für Klinik und Praxis Die SPECT / CT verbessert die diagnostische Genauigkeit der Szintigrafie bei einer Vielzahl von Indikationen. Das liegt zum größten Teil an der besseren anatomischen Lokalisierung der Befunde. Durch die CT-Koregistrierung wird eine höhere Spezifität sowie Sensitivität der szintigrafischen Untersuchung erreicht und die Anzahl unklarer Befunde reduziert. Die Überlegenheit der SPECT / CT gegenüber der planaren Szintigrafie und dem SPECT in der Diagnostik benigner und maligner Erkrankungen ist für viele Indikationen belegt. Literatur 1 Abuzallouf S, Dayes I, Lukka H. Baseline staging of newly diagnosed prostate cancer: a summary of the literature. J Urol 2004; 171: 2122 2127 Vollständiges Literaturverzeichnis unter http://dx.doi.org/10.1055/s-0041-101022

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