Neugeborene von Müttern mit Methamphetamin-Abusus Was wissen wir und wie können wir helfen?

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Transkript:

Neugeborene von Müttern mit Methamphetamin-Abusus Was wissen wir und wie können wir helfen? Eva Robel-Tillig Klinik für Neonatologie Sankt Georg Leipzig

Wie viel Neugeborene mit NAS wurden in den vergangenen Jahren in Ihrer neonatologischen Abteilung betreut? 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Uni - Dresden 24 38 Uni - Leipzig 8 14 13 11 26 34 St.Georg Leipzig 6 8 11 15 23 39 Magdeburg 1 4 9 Charite 8 14 13 11 26 27 Cottbus 2-3/Jahr Erfurt 7 9

Patienten 2009-2015 167 Neugeborene 68 Mütter Polamidon- Programm 20 Mütter Heroinabusus 19 Mütter mit Benzodiazepin- Missbrauch 75 Mütter mit Amphetamin oder Methamphetamin- Missbrauch 48 Mütter mit Cannabinoid- Abusus 92 Mütter waren pränatal bekannt

Patienten 2009-2015 45% Nikotinabusus 15% Alkoholabusus 10% Medikamentenabusus anderer Art Seit 2011 zunehmender Anteil Crystal- Abusus

Patienten 82% spontan geboren 20% Adaptationsstörungen 23% SGA Gewicht median Länge median Kopfumfang median 18. Perzentile 22. Perzentile 7. Perzentile

6 Stationärer Verlauf Alle Neugeborenen wurden nach primären Bonding auf die neonatologische Intensivstation übernommen Er erfolgte Monitoring und entsprechende Score- Erfassung Diagnostik durch Serum (quantitativ und qualitativ) Urin (qualitativ) Mekonium (quantitativ und qualitativ) auf Drogen Bei 40% der Kinder stimmten anamnestische Angaben mit rechtsmedizinischer Diagnostik überein

Stationärer Verlauf bei Opiat Abusus Therapie median ab 2. Lebenstag nach Bewertung Finnigan-Score Medikation mit Morphin per os, 5 Kinder Phenobarbital 75% der Mütter wurden auf Nachsorge mit aufgenommen Entlassung zwischen dem 11. und 95. Lebenstag

8 Methamphetamin- Abusus - Seit ca.4 Jahren extremer Anstieg in grenznahen Bundesländern zu Tschechien und Polen - Droge sehr billig in Anschaffung und sparsam im Verbrauch - Missbrauch in allen sozialen Schichten nachweisbar - Lange Zeit symtomarmer Verlauf - Dunkelziffer sehr hoch!

9 Crystal und Neugeborene - Bisher wenig Langzeitstudien zum Auskommen der Kinder - Daten aus Schweden und USA zeigen Abhängigkeit von Dauer und Zweitpunkt des Abusus während der Schwangerschaft - Bis zum 3. Lebensjahr sind motorische Defizite, später psychosoziale Probleme nachgewiesen - Bei Erwachsenen häufig Kardiomyopathien nachweisbar, deshalb echokardiographisches Screening der Neugeborenen

10 Methamphetamin-Score 3 mal täglich Beurteilung von - Vigilanz - Vitalparametern - Trinkverhalten - Vegetativen Parametern Laborbefunde - Leber, Nierenwerte - Stoffwechsel-Screening Sonographie -Gehirn, Niere, Herz -Doppler A. cerebri ant., A.renalis, A.mesenterica sup.

11 Stationärer Verlauf bei Methamphetamin-Abusus Erhebung des Score vom 1. bis 7. Lebenstag Einbeziehung des ASD, Jugendamt, Sozialarbeiter, ggf. Familienhebamme Entlassung nach Helferkonferenz Mitaufnahme der Mutter, wenn während Aufenthalt kein Konsum Durchschnittlich nach 14 Tagen Entlassung

12 Nachsorgestation Komplette Rooming in - Pflege für alle von der Intensivstation verlegten Kinder und Eltern Mitaufnahme der Opiat- abhängigen Mütter wenn kein Bei-Konsum Mitaufnahme der Crystal- abhängigen Mütter wenn während des Aufenthaltes kein Konsum 70 der Mütter mit aufgenommen

Entlassungsmanagement 35% in häusliche Pflege mit Familienhilfe 25% in Mutter/Kind- WG 15% in Akut- bzw, Not-Pflege 20% Pflegefamilie 5% Heimeinweisung 11% der Mütter planen Entgiftung und spätere Therapie

Ambulante Nachsorge 1. Termin ca. 10 Wochen nach Entlassung in neonatologischer Nachsorge Ca. 4 Termine jährlich Betreuung bis 18 Monate über Nachsorge der Klinik Betreuung bis 36 Monate über SPZ

Perzentile Ergebnisse biometrische Daten 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Länge Gewicht KU Geburt 3.Monat 6.Monat 9.Monat 1Jahr Alter

Ergebnisse Bei 60% der Kinder psychologische Auffälligkeiten - Verlustängste - Pavor nocturnus - häufig Schreiattacken - Autoaggression - Wutanfälle - Interaktionsprobleme mit Bezugspersonen

Ergebnisse % 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Motorik,mental,Tonus,sozial normal auffällig pathol.

18 Crystal und Neugeborene- eigene Daten - Stationäre Aufnahme mindestens 2 Wochen - Über 7 Tage Erhebung eines Scores - Häufig auffällige Trinkschwäche und mangelndes Gedeihen auch nach Entlassung - Ambulant gehäuft muskuläre Hypotonie mit Plagiocephalus - Andere Säuglinge sehr fahrig und unstet, bzw. ablehnend bei Sozialkontakten - Entwicklung der Kinder auch in Pflege- oder Adoptivfamilien oft auffällig

19 Anamnese für die Pflegeeltern

Zusätzliche Probleme 25% der Kinder wurden stationär wieder aufgenommen Diagnosen: - Gedeihstörungen - Infektionen - Häusliche Unfälle - Schädel-Hirn-Trauma - 3 Kinder verstarben am plötzlichen Kindstod

Zusammenfassung Eine intensive Nachsorge der Kinder drogenabhängiger Mütter ist unbedingt und zentralisiert erforderlich Klinische Probleme wie Gedeihstörungen, Verletzungen sind häufig Neurologisch stehen schwere psychische Störungen und Interaktionsprobleme im Vordergrund

Ziele Programme zur frühzeitigen am besten vorgeburtlichen Erfassung der Kinder sind wichtig!! Einbeziehung mehrerer Berufsgruppen erforderlich Besonders für neue Drogen (Crystal) sind Scores essentiell zur Beurteilung des Zustands der Kinder Nachuntersuchung über längere Zeiträume um Prognosen für Entwicklung treffen zu können

Ziele Diese Risikogruppe muss erkannt und adäquat betreut werden Eine große Anzahl der Kinder sind bedroht eine gestörte körperliche, geistige und besonders soziale Entwicklung zu nehmen

Flyer für Niedergelassene Gynäkologen