Klinische Expertise sprengt Grenzen- Innovative Modelle und neue Rollen: Beispiel verbesserte Versorgung chronisch Kranker PD Dr.med. Claudia Steurer-Stey Institut für Hausarztmedizin, Universität Zürich
Chronische Krankheiten 60% aller Erkrankungen 70% der über 65- Jährigen 80% Beratungen in Hausarztpraxis 70% der Kosten
HAMSTER CARE Qualität der Versorgung: Kluft zwischen IST und SOLL Across the globe doctors are miserable because they feel like hamsters on a treadmill. They must run faster just to stand still The result is a reduction in the quality of care and an increase in burnout among doctors. [Morrison and Smith, BMJ 2000;321:1541
Unkoordiniertes, fragmentiertes System Cardiologist Orthopedist Patient Endocrinologist Gastroenterologist Dermatologist
A New Health System for the 21st Century Veränderung der Rahmenbedingungen Anforderungen an Gesundheitspolitik Fokus System Qualitätsreport des Institutes of Medicine (IOM) Quality report: 5
Chronic Care Model (CCM) Beschreibt Patientenbehandlung mit speziell vorbereiteten Versorgungsteams in einer produktiven Interaktion mit informierten, am Behandlungsprozess aktiv involvierten Patienten Sechs Elemente um dies zu erreichen
Das Chronic Care Modell Gemeinwesen Ressourcen Rahmenbedingungen Gesundheitssystem Stärkung des Selbstmanagement Gestaltung der Leistungserbringung Entscheidungsunterstützung Klinische Informationssysteme befähigter aktiver Patient Interaktionen Optimierte Ergebnisse Vorbereitetes pro-aktives Versorgungs-/ Praxisteam Adaptation Steurer-Stey C. nach Wagner E. et al. 1998, www.hausarztmedizin.uzh.ch
Wirksamkeit CCM? Metaanalyse 112 RCT (31 Diabetes, 27 Asthma, 21 Herzinsuffizienz, 33 Depression) Verbessert Versorgungsprozesse Verbessert klinische Endpunkte Positive Effekte aus Patientensicht Tsai A.C. et al. (Metaanalyse, 112 Studien), Am J Manag Care 2005; 11:478-488 Rosemann T. et al., J Eval Clin Pract 2007; 13: 806-813 Steurer-Stey C. Care Management 2009; 4:19-22
Wisdom of Teams eine Anzahl von Personen sich ergänzenden Fähigkeiten ein gemeinsamen Ziel fühlen sich gemeinsam verantwortlich für das Erreichen des Ziels 9
Unterstützung des Selbstmanagement Die Fähigkeit einer Person die Symptome die Behandlung die körperlichen und sozialen Folgen und die Veränderungen der Lebensweise aufgrund einer chronischen Erkrankung zu bewerkstelligen. Barlow et al, Patient Educ Couns 2002;48:177
Rolle der health professionals Stärkere Integration der Patienten als Partner Förderung von Kompetenzen / richtiges Verhalten Gesundheit erhalten Beobachten, interpretieren und managen von Symptomen/Problemen der Erkrankung Einfluss der Erkrankung auf Funktionieren im Alltag, Emotionen und Beziehungen managen zu lernen Compliance/Adherence
Unterschätztes Potential- Patienten Rolle Unterstützung des Selbstmanagement The Expert Patient Weniger Langzeitkomplikationen Weniger Notfälle und Hospitalisationen Erhöhte Lebensqualität Weniger Kosten Bodenheimer T, JAMA 2002;288:1909-1914
Theoretische Grundlagen Social Cognitive Theory (Bandura A.) Wahrnehmen und Zuversicht in eigene Fähigkeiten (self-efficacy) Erwartung, dass gezeigtes Verhalten ein wünschenswertes Ergebnis nach sich zieht (outcome efficacy)
befähigter aktiver Patient nutzbringende Interaktionen Pro-aktives Versorgungs -team
COPD Team mit klarer Rollenverteilung
Zentrale Rolle Patient
COPD-Patientenschulung Besser leben mit COPD beinhaltet 6 Gruppenmodule plus 2-3 individuelle Coachings, 1 2 3 4 5 COPD Medikamente & Aktionsplan 1 Atemtechnik Energiesparen Training Anatomie und Physiologie Wissen, Zuversicht Umgebungsfaktoren, Rauchstopp Gruppe, 60min Arzt/Pneumologe Medikamente Arzt/Pneumologe Aktionsplan, Exazerbationsprävention und -management Inhalationstechnik Atemtechnik, PEP-Atmung Hustentechniken Sekretmobilisation Gruppe, 60min Energiesparende Techniken Tages- und Wochenplanungen Gruppe, 60min Körperliches Training Gruppe, 60min Physiotherapeut (PRT 2 ) Physiotherapeut (PRT 2 ) Physiotherapeut (PRT 2 ) Ziel Motivation/ Zuversicht Mitarbeit und Adherence verbessern Fähigkeit zum verantwortlichen adäquaten Umgang mit der Erkrankung Das Richtige rechtzeitig tun Exazerbations management 6 Zusammen fassung Vertiefen und konkretes Umsetzen des Gelernten mit Rollenspielen Gruppe, 60min Physiotherapeut (PRT 2 ) (Arzt) Nutzbringendes Verhalten, Fertigkeiten Quelle: Therapeutische Patientenschulung und Selbstmanagement: Ein Leitfaden für das Projekt Leben mit einer Langzeiterkrankung LEILA der städtischen Gesundheitsdienste der Stadt Zürich (2010), C. Steurer-Stey
Aktionsplan Aktionsplan 19
Neue Rollen ANP, MPA.. Proaktiver follow up/ case management 20
Proaktiv statt reaktiv Erfassen des aktuellen Gesundheitszustandes Erheben der Selbstmanagement-Fähigkeiten Erfassen von Problemen mit Therapie, Verschlechterungen Prüfen, ob der Patient die richtigen Massnahmen ergriffen hat oder ergreifen würde im Falle einer Verschlechterung Motivation und Reminderfunktion Feedback an Arzt
Innovative Grundversorgung Patient centered medical home (PCM)
Integrierte Versorgung Horizontale Integration Überwindet professionelle Grenzen und setzt auf multi-professionelle Teams Vertikale Integration Besserer Informationsfluss und Koordination Kollaboration zwischen Hausarzt, Spezialist und Spital
Care delivery value chain «Dedicated teams: maximum value in care delivery Tight coordination of care over the fully care cycle Sharing of patient information» Porter and Teisberg, Redefining Health Care 2006
Effekte Weniger Hospitalisationen Weniger Notfallkonsultationen Weniger Kosten Bessere Lebensqualität Bourbeau J. et al, Arch Intern Med 2003;163:585-591 Adams S. Arch Intern Med 2007;167:551-561 Chavannes N. Prim Care Resp J 2009; Steurer-Stey C. Care management 2010
Casas et al Eur Respir J 2006;28:123-130 Integrierte Versorgung mit Selbstmanagement reduziert Rehospitalisationen wegen COPD Austrittsassessment und BetreuungsPlanung Selbstmanagementschulung Interaktion spez. casemanager und Hausarztteam Informationstransfer zwischen allen Beteiligten (IT platform inkl. webbased call centre) In all cases, chronic obstructive pulmonary disease patients in integrated care ( ) showed a higher rate of admission-free time than usual care (- - -). HR 0.55 (95% CI 0.34 0.87), p = 0.01.
Ressourcen Gesundheitskosten CH 11.4% OECD Durchschnitt 9.6% Hohe Spitaldichte und lange Verweildauer 7.5 d vs 5.9 Kein Arzt- sondern Hausarztmangel 3.8 Ärzte /1000 im Vgl. zu 3/1000 OECD 0.6/1000 Hausärzte (OECD 0.73) «Switzerland will need to focus more on primary care, including training more GPs and primary care nurses» Stafford N. BMJ 2011;343 Switzerland needs more GPs if tackle growing burden of chronic disease OECD reviews of health sytems
Wo werden Menschen medizinisch versorgt? 1000 Menschen 800 haben Symptome 327 erwägen med. Versorgung 217 niedergelassener Arzt 113 Hausarzt 65 Komplementärbzw. Alternativmedizin 21 Klinikambulanz 14 home health care 13 Notfallambulanz 8 Klinik Green LA et al. (2001) N Eng J Med 344: 2021-5 <1 Universitätsklinik 28
Hausarztorientierung und Kosten
Innovative Modelle: Das patientenzentrierte medizinische Zuhause www.improvingchroniccare.org www.hausarztmedizin.uzh.ch
Chronic Care Institut für Hausarztmedizin Neue Rollen, neue Kompetenzen/Expertise
Key messages Effektive Betreuung chronisch Kranker basiert auf multiprofessionalen Versorgungsteams Erfolgreiche Teams haben spezifisch geschultes nicht ärztliches Fachpersonal mit klinischem- und Verhaltens- know how Sicherstellen der Elemente der Betreuung für die Ärzte nicht die Zeit oder auch nicht die Ausbildung haben Vermeiden einer Konkurrenzsituation und Schaffen von Anreizen für interinstitutionelle und multiprofessionelle Kooperation
Betreuung chronisch Kranker sprengt Grenzen! Chance für eine Versorgunsreform /Umstrukturierung im System Rückbesinnung auf die Bedürfnisse der Patienten und Qualität der Betreuung Unterstützung einer koordinierten, integrierten Versorgung durch Teamansatz und innovative Modelle
Die Zukunft ist chronisch! DANKE!