Postkeynesianische. Makroökonomie. Nils Fröhlich. Überblick. IS-Gleichgewicht. Multiplikator 1 Multiplikator 2. Literatur. Nils Fröhlich.

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Transkript:

Gliederung 1 Technische Universität Chemnitz Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Professur VWL II Mikroökonomie 2 3 Ursprünglich: Keynes s Circus (Joan Robinson, E. Austin G. Robinson, Richard F. Kahn, Pierro Sraffa, James E. Meade) Heute: Oberbegriff für eine Reihe unterschiedlicher Positionen Gemeinsamkeit: Ablehnung des Mainstreams (Neoklassik, Neukeynesianismus) Verneinung der neoklassischen Sichtweise von Ökonomie (Befriedigung unendlicher Bedürfnisse mit Hilfe knapper Ressourcen) Statt dessen: Kapitalismus... dynamisch profitgesteuert Warenproduktion mittels Waren (Pierro Sraffa) Privateigentum an den Produktionsmitteln Ablehnung des Say schen Gesetzes Gleichgewicht ist kompatibel mit beliebigem Beschäftigungsniveau Marktmechanismen führen nicht automatisch zu Vollbeschäftigung Effektive Nachfrage bestimmt Kapazitätsauslastung

Ablehnung der Neoklassischen Synthese ( IS-LM-Modell) Joan Robinson: Bastard-Keynesianismus Betonung unsicherer Erwartungen (Gegensatz: Rationale Erwartungen) Endogene Geldmenge Investitionen bestimmen Ersparnisse (nicht umgekehrt!) Konsequenz: Ökonomisches System ist inhärent instabil Anlehnung an Badhuri Investitionsgüter I (Sektor I) und Konsumgüter C (Sektor II) Löhne (W ) und Profite (R) Sektor 2 erzeugt Mehrprodukt/Surplus (Su II ) Es wird nur aus Profiten gespart (S = S p ) Unausgelastete Produktionskapazitäten Su II = C W II (1) Su II = W I + C p (2) Dies führt uns zu folgender Gleichgewichtsbedingung W I = Su II C p = N II (3) Abbildung: Makroökonomisches Gleichgewicht In Worten Die Lohnsumme des Sektors I muss gleich dem Netto-Surplus N II des Sektors II sein.

W I < N II unfreiwilliger Lageraufbau A W I > N II unfreiwilliger Lagerabbau A } Kein GG (ex ante) (4) W I N II ±A (5) Wir addieren auf beiden Seiten von (7) R I : R = R I + R II = Su II + R I = W I + R }{{} I +C p (8) Investitionen Umformulieren liefert N II W I ± A (ex post) (6) R = I + C p (-Gleichung) (9) Wenn A = 0 (Gleichgewicht) folgt R II = Su II = W I + C p (7) -Gleichung Gleichung (9) zeigt, dass allein die Ausgabenentscheidungen der Unternehmer die Höhe ihrer Profite bestimmen. (8) umstellen nach I liefert I = R C p = S () (10) (10) ist eine ex-ante-beziehung ( echtes Gleichgewicht). Ex post gilt: W I + R I ± A }{{} R I + N II = R I + Su II C p }{{} realisierte Investitionen realisierte Ersparnisse (11) Michal, 1899-1970, polnischer Ökonom Autodidakt Nahm Teile der Keynschen Theorie in polnischer Sprache vorweg Musste wegen Geldmangel sein Ingenieurstudium beenden Kam über eine Tätigkeit als Wirtschaftsjournalist zur ökonomischen Theorie

Identität Y = C + I (12) Während des Zweiten Weltkriegs: Oxford Institute of Statistics, Associate of Keynes s Circus Nach 1945 Tätigkeit für die Vereinten Nationen (World Economic Report) 1955 Rückkehr nach Polen (McCarthy-Affäre), dort Dozent an der Warschauer Hochschule für Planung und Statistik One of the unsung heroes of macroeconomics Hieraus folgt Wir spezifizieren Y = C + S (13) S I (ex post) (14) C w + C p + S w + S p C w + C p + I (15) C p + S p C p + I S w }{{} R Es folgt R C p + I S w (16) R = C p + I S w (-Gleichung) (17) Frühere Fassung: Kein S w (16) ist eine logische Identität Kausalität? Jetzt inklusive S w Unternehmer können nicht unmittelbar über die Höhe ihrer Profite entscheiden (Residualgröße) Von links nach rechts lesen Frühere -Gleichung -Gleichung Workers spend what they get, capitalists get what they spend. (Nicholas Kaldor)

Grundlegendes Problem: Reicht die effektive Nachfrage aus, den Surplus Su II gewinnbringend abzusetzen? Konsequenz: Nachfragebeschränkte Ökonomie (Gegensatz: Angebotsbeschränkte Ökonomie Neoklassik) Unterkonsumtion (postkeynesianische Theorie) vs. Überakkumulation (marxistische Theorie) Wohin mit dem nicht konsumierbaren Surplus? Geografische Expansion des Systems (Globalisierung!) Militär-Keynesianismus (Autonome) Investitionen steigen dauerhaft an Existierendes Gleichgewicht wird gestört Ursprüngliches Gleichgewicht Der Nettosurplus N II muss sich an die gestiegene Lohnsumme W I anpassen (vgl. Abbildung 2) Neues GG: W I = (Su II C p ) = N II (18) Expansion ist ein Vielfaches des ursprünglichen Anstiegs Analytische Begründung? Abbildung: Multiplikatorprozess (Mengenanpassung)

Y = C + I = C a + cy +I (19) }{{} C Gleichgewichtiges Volkseinkommen (Y ) Y = C a + I 1 c (20) Multiplikator Dauerhafte Erhöhung der autonomen Nachfrage, z. B. der Investitionen I, erhöhen das Volkseinkommen Y um ( 1 1 c ) I. Achtung 1 Multiplikatorprozess kann auch in umgekehrter Richtung verlaufen. Multiplikator dy di = 1 1 c (21) Achtung 2 Multiplikatorprozess verläuft über unendlich viele Perioden. Erste Periode: Zweite Periode Dritte Periode n-te Periode: dy 1 = di (22) dy 2 = c dy 1 = c di (23) dy 3 = c dy 2 = c c di = c 2 di (24) dy n = c dy n 1 = c n 1 di (25) Alle Perioden zusammen dy = di + c di + c 2 di +... + c n 1 di (26) (26) mit c multiplizieren und von (26) wieder abziehen dy c dy = di c n di (27) Wegen 0 < c < 1 gilt: n c n = 0 dy (1 c) = di (28) dy = 1 di 1 c (29)

Bisher: Unausgelastete Kapazitäten Mengenanpassung Jetzt: Sektor II produziert an der Kapazitätsgrenze Was passiert, wenn I sich erhöht? Anzahl der beschäftigten Arbeiter: L I und L II Physischer Output pro Arbeiter: x I und x II const. Nominaler Lohnsatz konstant Preisniveau der beiden Sektoren: P I und P II Abbildung: Multiplikatorprozess (Preisanpassung) Grafische Analyse des Status Quo GN = L II (30) GJ = x II P II (Nominale Arbeitsproduktivität) (31) AC = x I P I (32) GH GJ = W Y HJ GJ = P Y (Lohnquote Sektor II) (33) (Profitquote Sektor II) (34) Grafische Analyse der neuen Situation GH GU < GH GJ Lohnquote Sektor II (35) HU GU > HJ GJ Profitquote Sektor II (36) GNMH = const. Arbeiterkonsum II (real) (37) HMWV > HMLI Unternehmerkonsum (nominal) (38) VWKJ > ILKJ Arbeiterkonsum I (nominal) (39) VWTU = QFER Neues GG (40)

Bhaduri, Amit: Makroökoomie: die Dynamik der Warenproduktion. Marburg 1998. King, John E.: A history of post Keynesian economics since 1936. Cheltenham 2003. Priewe, Jan: Fünf Keynesianismen Zur Kritik des Bastardkeynesianismus, in: Heseler, H./Huffschmid, J./Reuter, N./Troost, A. (Hrsg.): Gegen die Markt-Orthodoxie, S. 33-47. Hamburg 2000.