Es gilt das gesprochene Wort!

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Transkript:

Es gilt das gesprochene Wort! Rede von Bettina Cleavenger Leiterin des Referates Leistungsrecht und Einrichtungen der Rehabilitation der Rentenversicherung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Perspektiven der Medizinischen Rehabilitation aus Sicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales anlässlich BDPK - Bundeskongress 4. Juni 2014, Berlin Redezeit: 30 Minuten

Inhalt: Einleitung Bundesteilhabegesetz / Reform SGB IX Präventionsgesetz Präventionskonzept der Rentenversicherung Rehabilitation psychisch Kranker Demografiestrategie der Bundesregierung Qualität der medizinischen Rehabilitation Kinder- und Jugendlichenrehabilitation Rentenpaket - Reha-Budget Wirtschaftlichkeit der Leistungen der medizinischen Rehabilitation Schluss

- 1 - Sehr geehrter Herr Schneider, sehr geehrte Damen und Herren, Einleitung Perspektiven der Medizinischen Rehabilitation aus Sicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (kurz BMAS) ist das Thema meines Vortrags. Dieses klingt einfach und scheint auf das BMAS begrenzt zu sein. Tatsächlich aber ist das Thema sehr komplex mit vielen Facetten und Akteuren. Das möchte ich im Folgenden gerne darstellen und freue mich, dass Sie mir durch Ihre Einladung die Gelegenheit gegeben haben, dieses vor einem Fachpublikum zu tun. Denn die stationären und ambulanten Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation, die Sie leiten oder vertreten, erbringen die Leistungen der medizinischen Rehabilitation und sind damit ganz zentrale Akteure. Dazu gehören natürlich auch die Verbände, die diese Einrichtungen vertreten. Sie haben es mit Ihren Einrichtungen in der Hand und damit auch die Verantwortung, mit den Leistungen der medizinischen Rehabilitation die Gesundheit der Betroffenen zu verbessern und ihnen die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit oder vielleicht sogar eine Rückkehr zu ermöglichen, falls sie bereits in der Erwerbsunfähigkeit waren. Das ist in Zeiten des demografischen Wandels und des drohenden und teilweise schon bestehenden Fachkräftemangels eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe. Um diese Leistungen in der erforderlichen Qualität erbringen zu können, müssen Sie die notwendigen Rahmenbedingungen haben. Diese zu schaffen ist die Aufgabe der Politik, des Gesetzgebers und speziell des BMAS. in den zurückliegenden Jahrzehnten haben wir in unserem Land ein gut funktionierendes und modernes Rehabilitationssystem mit Leistungen auf hohem Qualitätsniveau aufgebaut. Aber nichts ist so gut, dass es nicht noch verbessert werden kann. Die Weiterentwicklung der Reha-Leistungen ist ein stetiger Prozess an dem viele Akteure beteiligt sind. Was sind die Pläne des BMAS? - 2 -

- 2 - Bundesteilhabegesetz / Reform SGB IX Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass ein Bundesleistungsgesetz für Menschen mit Behinderung (Bundesteilhabegesetz) erarbeitet wird. Ziel der geplanten Reform ist, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern und das deutsche Recht im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention weiterzuentwickeln. Zentral betroffen davon ist die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, die von den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe geleistet wird. Auftrag und Leitgedanke aus dem Koalitionsvertrag ist, ein modernes Teilhaberecht zu entwickeln. Das bedeutet u.a., Leistungen noch mehr am persönlichen Bedarf zu orientieren, andererseits neue Ausgabendynamiken zu vermeiden und die Kommunen finanziell zu entlasten. Verbessert werden sollen die Steuerung der Leistungen der Eingliederungshilfe, die Leistungen der vorgelagerten Systeme und die Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger. In dieses komplexe Reformvorhaben eingebettet ist - und das ist für Sie von besonderem Interesse - die Weiterentwicklung des SGB IX. Sie haben jetzt eine Vorstellung, warum ich gleich zu Beginn auf die Komplexität des Themas hingewiesen habe. viele Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention hat das SGB IX bereits im Jahr 2001 aufgegriffen. Es hat - das Benachteiligungsverbot in die Sozialpolitik übertragen, - das Reha-Recht verbessert und vereinheitlicht, - Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Rehabilitanden gestärkt, - zeitliche Vorgaben für die Entscheidungen verkürzt, - Leistungen koordiniert. Nach 13 Jahren SGB IX können wir festhalten, dass der Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik grundsätzlich gelungen ist und die dafür notwendigen Strukturen und Instrumente geschaffen worden sind. Wichtig ist, dass die angestrebte Verkürzung der Verfahrensdauer gelungen ist. Der Weg ist jedoch noch nicht zu Ende. - 3 -

- 3 - Nicht nur die Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation, auch der Weg zur inklusiven Gesellschaft insgesamt - wie sie die UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht - ist ein andauernder Prozess. Wichtig ist, dass auf diesem Weg für alle Beteiligten - Betroffene, Reha-Träger, Leistungserbringer, Verbände - eine verbindliche Orientierung am SGB IX erfolgt. Präventionsgesetz lassen Sie mich kurz einige Worte zum Thema Prävention sagen. Denn diese soll ja im Idealfall verhindern, dass überhaupt ein Reha-Bedarf bei den Versicherten entsteht. Die bisherigen Anläufe für ein Präventionsgesetz hatten - wie Sie wissen - bislang keinen Erfolg. Im Koalitionsvertrag 2013 ist nunmehr vereinbart worden, noch im Jahr 2014 ein Präventionsgesetz auf den Weg zu bringen. Es soll insbesondere die Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten wie Kita, Schule, Betrieb und Pflegeheim stärken und alle Sozialversicherungsträger einbeziehen. Das BMAS legt ein besonderes Augenmerk auf die betriebliche Prävention und die bessere Verzahnung von Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung. Präventionskonzept der Rentenversicherung Wie wichtig es ist, frühzeitig zu erkennen, wann die Beschäftigten einen Hilfebedarf haben, hat die Rentenversicherung schon länger erkannt. Das BMAS begrüßt es sehr, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund ein für alle Rentenversicherungsträger verbindliches Rahmenkonzept zur Prävention vorgelegt hat. Es bietet Versicherten, die durch belastende Umstände bei der Arbeit oder in ihrem sozialen Umfeld einem höheren gesundheitlichen Risiko unterliegen, spezifische Präventionsleistungen zur Förderung ihrer Gesundheitskompetenz und Beschäftigungsfähigkeit an. In die Präventionsleistungen der Rentenversicherung, auf die ich hier nur hinweise, sind auch die stationären und ambulanten Reha-Einrichtungen einbezogen. Damit bietet sich ihnen ein weiteres Betätigungsfeld, das nach meiner Einschätzung an Bedeutung zunehmen wird. - 4 -

- 4 - Rehabilitation psychisch Kranker lassen Sie mich kurz auf die Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen eingehen, das Schwerpunktthema der nachfolgenden Vorträge: Der Anteil der Erwerbstätigen, die aufgrund seelischer Leiden frühzeitig in Rente gehen, ist in den letzten 20 Jahren stark gestiegen: Von 15,4 % im Jahr 1993 auf 42 % im Jahr 2012. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile die Hauptursache für Frühverrentungen. Die Betroffenen sind im Durchschnitt erst 48 Jahre alt. Die Anzahl der Arbeitstage, die aufgrund psychischer Erkrankungen ausgefallen sind, hat sich im letzten Jahrzehnt nahezu verdoppelt: 2001 lag sie bei 33,6 Mio. und 2012 bereits bei 59,5 Mio. 1 Herr Prof. Richter wird nach mir die Ergebnisse der Studie der Bundespsychotherapeutenkammer vorstellen. Für diese Arbeit und die wertvollen Erkenntnisse möchte ich den an der Studie Beteiligten danken. Erfreulich ist auch, dass die Rentenversicherung intensiv an diesem Thema arbeitet und gute Ergebnisse erzielt, wie ihr Positionspapier zur Bedeutung psychischer Erkrankungen in der Rehabilitation und bei Erwerbsminderung zeigt. Dazu werden wir von Frau Gross mehr hören. Was kann das BMAS tun, um die Situation zu verbessern? Trotz der im internationalen Vergleich relativ gut ausgebauten psychotherapeutischen Versorgung werden viele erkrankte Menschen auch heute noch zu selten, zu spät und zu wenig leitliniengerecht behandelt. Das macht die Rehabilitation schwieriger und teurer. Am 1. Januar 2012 ist das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft getreten. Das BMAS wird die Entwicklung genau analysieren, um zu sehen, ob es zu einer besseren und vor allem schnelleren akutmedizinischen Versorgung von psychisch erkrankten Menschen gekommen ist. 1 Quelle für alle Zahlen: Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2012 - Unfallverhütungsbericht Arbeit, BMAS und BAuA, 2014-5 -

- 5 - Demografiestrategie der Bundesregierung das BMAS greift das Thema psychische Gesundheit u.a. auch im Rahmen der Demografiestrategie der Bundesregierung auf. Gerade Menschen mit psychischen Erkrankungen leiden häufig unter einem sehr langwierigen Krankheitsverlauf. Die Folge ist, dass sie dann bei verschiedenen Trägern Leistungen beantragen müssen. Mal ist es die Krankenkasse, mal die Rentenversicherung, mal die Bundesagentur für Arbeit usw. Das BMAS will im Rahmen der Demografiestrategie der Bundesregierung dazu beitragen, die Versorgungsketten zu optimieren und Früherkennung, Heilbehandlung sowie Wiedereingliederung besser zu verzahnen. Ziel ist, ein trägerübergreifendes Fallmanagement zu etablieren, um Erkrankte zeitnah beruflich einzugliedern. Die Beratung für kleine und mittlere Unternehmen soll verbessert und gebündelt werden. Die Probleme sind schon lange bekannt. Die gegenwärtige Diskussion um den demografischen Wandel, um die Fachkräftesicherung, die wachsende Zahl psychisch Erkrankter und nicht zuletzt um die steigenden Kosten der bisherigen Praxis haben die Bereitschaft aller Beteiligten erhöht, zu echten Fortschritten zu kommen. Das erhöht die Chancen, tatsächlich zu einem guten Ergebnis zu kommen. Qualität der medizinischen Rehabilitation Die Qualität ist ein wichtiger Aspekt bei der Weiterentwicklung der Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Daher hat der BDPK dieses Jahr zu Recht die Versorgungsqualität im Blick. Sie muss natürlich auch in den Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation gewährleistet sein. Das BMAS begrüßt sehr, dass der Spitzenverband der Krankenversicherung und die Rentenversicherung Ende letzten Jahres die Vereinbarung über die weitere Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung der medizinischen Rehabilitation abgeschlossen haben. Die Kooperation hat die Weiterentwicklung und Durchführung von Qualitätssicherungsprogrammen zum Ziel. Diese sollen einen Vergleich der Reha-Einrichtungen ermöglichen und so einen qualitätsorientierten Wettbewerb anstoßen. - 6 -

- 6 - Besonders hervorzuheben ist, dass die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung vereinbart haben, trotz der bestehenden verschiedenen Ansätze und Verfahren der externen Qualitätssicherung die praktizierten Qualitätssicherungsverfahren gegenseitig anzuerkennen. Jede Einrichtung nimmt in der Regel also nur an einem Qualitätssicherungsprogramm - nämlich dem des Hauptbelegers - teil. Das führt dort hoffentlich zu weniger Verwaltungsaufwand und mehr Zeit für die Reha-Leistungen. Kinder- und Jugendlichenrehabilitation ein weiteres Thema, das mir am Herzen liegt, ist die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen. Die Antrags- sowie die Belegungszahlen in diesem Bereich sind - wie Ihnen sicherlich bekannt ist - in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Etliche stationäre Kinderreha-Kliniken mussten wegen der niedrigen Belegungszahlen schon schließen. Der Rückgang der Antrags- und Belegungszahlen wäre Anlass zur Freude, wenn dies bedeutete, dass es weniger kranke Kinder und Jugendliche in Deutschland gibt. Leider ist das aber nicht der Fall. Im Gegenteil: Untersuchungen wie die KiGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts (2006) kommen zu dem Ergebnis, dass die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen nicht besser, sondern eher schlechter wird. Besonders chronische Krankheiten treten häufiger als früher auf. Krankheitsbilder haben sich verändert. Besonders erwähnen möchte ich: Asthma bronchiale, psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen Adipositas. Wir brauchen also gute Reha-Angebote, damit alle Kinder- und Jugendlichen eine echte Zukunftsperspektive haben und einen Beruf ergreifen können. Im Hinblick auf die abnehmenden Belegungszahlen müssen wir uns aber fragen: Wie erreichen wir die betroffenen Kinder und Jugendlichen? Was hindert die Eltern und ihre Kinder daran, diese Leistungen in Anspruch zu nehmen? Es darf keine Reibungsverluste - 7 -

- 7 - wegen der parallelen gleichrangigen Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenkassen und Rentenversicherung geben. Das BMAS wird daher prüfen, wie man diese Leistungen zielgenauer beiden Reha-Trägern zuordnen kann. Das werden wir nach der Sommerpause angehen, denn dann sind die großen Vorhaben wie das Rentenpaket und der Mindestlohn abgeschlossen und es werden Kapazitäten für neue Vorhaben frei. Rentenpaket - Reha-Budget von dem Rentenpaket und dem Mindestlohn sind die Reha-Einrichtungen betroffen. Die Rentenversicherung muss über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um die notwendigen Leistungen zur Teilhabe an ihre Versicherten erbringen und die Reha- Einrichtungen dafür angemessen bezahlen zu können. Das wird im Rahmen des Rentenpakets sichergestellt. Das parlamentarische Verfahren im Bundestag ist abgeschlossen. Am 13. Juni 2014 wird es im Bundesrat verhandelt und kann dann zum 1. Juli 2014 in Kraft treten. Das neue Rentenpaket enthält vier Komponenten, die Ihnen hinlänglich bekannt sein dürften: die abschlagsfreie Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren, die Mütterrente, die gerechtere Erwerbsminderungsrente und die Erhöhung des Reha-Budgets. Zudem wurde vereinbart, den Übergang vom Berufsleben in die Rente künftig flexibler zu gestalten. Unumstritten waren während der gesamten Rentendebatte die geplanten Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten und beim Reha-Budget. Den Trägern der Deutschen Rentenversicherung steht ein begrenzter (gedeckelter) Geldbetrag zur Verfügung (sog. Reha-Budget), um Menschen durch Leistungen der medizinischen und beruflichen Rehabilitation vor der Erwerbsunfähigkeit zu bewahren. Das Budget wird jährlich fortgeschrieben. Im Jahr 2013 betrug es rund 5,8 Milliarden Euro. Warum wird das Reha-Budget erhöht? - 8 -

- 8 - Die Erhöhung des Reha-Budges ist notwendig, weil die Generation der Babyboomer längst das Alter von 45 Jahren erreicht hat, ab dem Reha-Leistungen häufiger notwendig werden. Deshalb musste die Rentenversicherung in den letzten Jahren das Budget immer stärker ausschöpfen; im Jahr 2012 hat sie den Reha-Deckel sogar um 12 Mio. Euro überschritten. Um sicherzustellen, dass die Träger der Deutschen Rentenversicherung auch in Zukunft die notwendigen Leistungen zur Rehabilitation an ihre Versicherten erbringen können, ist eine Anpassung des Budgets an die demografische Entwicklung erforderlich. Wie wurde das Reha-Budget bisher berechnet? Bisher war seine jährliche Anpassung ausschließlich an die entsprechende voraussichtliche Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer gekoppelt. Künftig wird zusätzlich der größer werdende Anteil an älteren Menschen berücksichtigt. In welcher Größenordnung wird das Reha-Budget erhöht? Beginnend im Jahr 2014 wird das Reha-Budget zusätzlich um rund 100 Mio. Euro erhöht und steigt um gut 200 Mio. Euro zusätzlich im Jahr 2017 an. Anschließend wird die zusätzliche Erhöhung wieder abgebaut, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gegangen sind. zusätzlicher Mehrbedarf Teilweise wird bezweifelt, ob diese Steigerung ausreicht. Auch der Gesetzgeber schließt einen zusätzlichen Mehrbedarf grundsätzlich nicht aus, wie Sie der Gesetzesbegründung entnehmen können. Jedoch ist dieser derzeit nicht zu beziffern. Um aber Beitragsmittel der Rentenversicherung dafür bereitzustellen, brauchen wir konkrete Zahlen. Diese stehen uns derzeit nur für den demografisch bedingten Mehrbedarf zur Verfügung. Warum ist die Begrenzung (Deckelung) des Reha-Budgets überhaupt erforderlich? Wir brauchen eine Begrenzung der Ausgaben, um der Rentenversicherung Anreize für verantwortungsvolles und wirtschaftliches Handeln zugeben. Schließlich liegt es in unser aller Interesse, dass der gesetzlich festgelegte Beitragssatz nicht steigt. Ich möchte in diesem Zusammenhang nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass die gesetzlichen Ansprüche der Versicherten durch die Budgetierung nicht begrenzt werden. - 9 -

- 9 - Die Träger der Deutschen Rentenversicherung müssen die gesetzlichen Ansprüche ihrer Versicherten auch dann erfüllen, wenn das Reha-Budget nicht ausreicht und der Reha- Deckel durch die Bewilligung der Leistungen überschritten würde. In diesem Fall müssten wir die Situation neu bewerten. Aber da es jetzt mehr Geld gibt, wird diese Situation nicht eintreten. Besonders erfreulich ist, dass die Regelung über die Erhöhung des Reha-Budgets als einzige Regelung rückwirkend zum 1. Januar 2014 in Kraft tritt, so dass der volle Erhöhungsbetrag von ca. 100 Mio. Euro in 2014 zur Verfügung steht. die Träger der Deutschen Rentenversicherung haben keine leichte Aufgabe und müssen den ihnen vom Gesetzgeber auferlegten Spagat meistern, ihren Versicherten im Bedarfsfall möglichst umfassende Leistungen zur Teilhabe zukommen zu lassen und gleichzeitig wirtschaftlich und sparsam mit den begrenzten finanziellen Mitteln umzugehen. Das tun sie sehr verantwortungsvoll und dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle danken. Wirtschaftlichkeit der Leistungen der medizinischen Rehabilitation Ich komme jetzt zu meinem letzten Thema: Die Wirtschaftlichkeit der Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Die Frage ist, was unter dem Begriff der Wirtschaftlichkeit zu verstehen ist. Das Thema beschäftigt auch den Bundesrechnungshof und den Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages intensiv. Insbesondere die eigenen Reha-Kliniken der Träger der Deutschen Rentenversicherung stehen im Fokus. Wirtschaftlichkeit bedeutet nach Auffassung des BMAS nicht, dass die Vergütungen der Reha-Einrichtungen wegen des harten Wettbewerbs infolge des großen Marktangebots nur eine Richtung kennen - und zwar die nach unten. Die für einen Erfolg der Reha- Leistungen notwendige Qualität können Reha-Einrichtungen nur erbringen, wenn sie eine angemessene Vergütung von den Reha-Trägern erhalten. Auch nur dann können sie ihr Personal angemessen bezahlen. - 10 -

- 10 - Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Höhe der Vergütungen müssen die Einrichtungen mit den Reha-Trägern vertraglich vereinbaren. Das BMAS hat darauf keinen Einfluss. Das ist Aufgabe der Selbstverwaltung. Der Bundesrechnungshof prüft nicht nur trägereigene Reha-Kliniken der Rentenversicherung auf ihre Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Beschaffung von stationären Leistungen der medizinischen Rehabilitation durch die Rentenversicherung. Infolge dessen wurde das BMAS vom Rechnungsprüfungsausschuss beauftragt, bei den Trägern der Rentenversicherung eine transparente Dokumentation bei der Beschaffung dieser Leistungen sicherzustellen. Über das Ergebnis mussten wir dem Ausschuss bis zum 30. April 2014 berichten. Der Bericht des BMAS wird am 27. Juni 2014 im Ausschuss behandelt. Im Ergebnis konnten wir noch nicht alle aufgekommenen Fragen abschließend bewerten. Das sind z.b. Fragen zur Transparenz des Verfahrens der Angebotsprüfung und des Zuweisungsverfahrens durch die Träger der Deutschen Rentenversicherung, aber auch des von der Rentenversicherung praktizierten Federführungsprinzips beim Abschluss von Verträgen mit Reha-Einrichtungen. Zunächst wollen wir die Diskussion des Berichts im Rechnungsprüfungsausschuss abwarten, inwieweit im Einzelnen noch weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Die offenen Fragen wollen wir dann mit der Rentenversicherung und den Leistungsanbietern, bzw. Leistungserbringern, also auch mit Ihnen, in nächster Zeit erörtern. Damit, meine Damen und Herren, bin ich am Ende meines Vortrages angekommen und bedanke mich für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit.