Basel, Rating und Reporting Welche Auswirkungen haben die neuen Eigenkapitalrichtlinien auf die Finanzierung von Filmtheaterunternehmen? Der Investitionsboom für Neubauten in der Kinobranche neigt sich dem Ende zu. Ob er je zustande gekommen wäre, wenn bestimmte Entwicklungen in der Kreditwirtschaft schon einige Jahre früher abgelaufen wären, ist fraglich. Kleine und mittlere Unternehmen erleben unabhängig von ihrer Branchenzugehörigkeit bereits heute eine erheblich restriktivere Vorgehensweise der Banken bei der Vergabe von Krediten. Dieser Prozess wird sich in Zukunft wohl noch verstärken. Unter dem Stichwort Basel II finden sich in jüngster Zeit zahllose Publikationen, die wie häufig bei den Mittelstand betreffenden Veränderungen oft genug das notwendige Augenmaß vermissen lassen. So schwanken die Expertenmeinungen zwischen Panikmache und Abwiegelung. Beides erscheint fehl am Platze. Auch künftig besteht für die Kinobranche ein nennenswerter Kapitalbedarf für Erweiterungsund Ersatzinvestitionen. Es ist deshalb erforderlich, sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen. Wir wollen zunächst darstellen, was sich konkret verändert, um anschließend zu beschreiben, wie angemessene Reaktionen der Unternehmer/innen aussehen können. Daneben gibt es einen generellen Kommunikationsbedarf. Für die Kinobranche stellt das Versagen großer Medienunternehmen wie EM.TV, Kinowelt, CinemaxX, UFA, Advanced und Kirch eine schwere Hypothek dar, die ein gravierend schlechtes Branchenrating seitens der Banken beinhaltet. Auf einer Scala von 1-6 befindet sich die Filmtheaterbranche derzeit bei 5 und steht damit kurz vor Erreichen eines generellen K.O.-Kriteriums. Es wäre sinnvoll, wenn eine über die Verbände gesteuerte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wirksamer als bisher darauf hinweist, dass es gerade in der Kinobranche auch noch einen gesunden Mittelstand gibt. Was ist Basel II? Mittlerweile dürfte jedes mittelständische Unternehmen den Begriff Basel II bereits einmal gehört haben. Reagiert haben allerdings die wenigsten, denn a) sollen diese Regelungen erst im Jahr 2006 in Kraft treten und b) geht man immer erst dann zum Arzt, wenn es schmerzt. Diese Haltung ist allerdings allein deshalb problematisch, weil die Banken bereits heute den Hintergrund der Regelung antizipieren und anwenden und sei es nur, risikoreiche, bonitätsschwache und margenmagere Kunden loszuwerden. Im Kern handelt es sich bei Basel II um die risikogerechte Eigenkapitalanforderungen der Banken für Kredite. Mußte bislang (Basel I) jeder Kredit pauschal mit 8% Eigenkapital der Bank unterlegt
werden, so sollen künftig ökonomische (Ausfall-)-Risiken des Einzelfalls bei dieser Quotierung berücksichtigt werden. Die Quersubventionierung innerhalb des gesamten Kredit-Portfolios führte einerseits dazu, dass erstklassige Kunden eher mit zuviel, und Problemkunden eher mit zuwenig Eigenkapital unterlegt werden mussten. Insofern wird die Aussage über die künftige Fähigkeit des Kreditnehmers (Unternehmen) zur vollständigen und termingerechten Tilgung und Verzinsung der Darlehen von enormer Bedeutung sein. Nicht oder schlecht geratete Kunden werden automatisch zu Risiko-Patienten, die entweder keinen Kredit oder nur einen sehr teuren bekommen, da die Eigenkapitalhinterlegung der Bank bis zu 50% höher als bislang ausfällt. Und da Eigenkapital auch bei Banken ein knappes Gut ist, drohen gerade die KMU durch das Kandidatenraster der Banken zu fallen. Inwieweit sich diese Risikozuschläge auf die Konditionen sprich des Zinssatzes auswirken, ist bislang noch nicht abzusehen, allerdings werden auch die Banken ihre Kredite wie Risikokapital verzinst wissen wollen. Das heißt, daß sich der Zinssatz einerseits aus der Marge zwischen eingekauftem und verliehenem Kapital (i.d.r. 1 2%) und andererseits aus der Verzinsung des Eigenkapitals (bis zu 15%) zusammensetzt. Und wenn aufgrund einer schlechten Bonität das Eigenkapital eine höhere Quote aufweisen muß, steigt auch der Zinssatz. In Kasten: Folgen von Basel II für den Kreditnehmer o Kredite mit großem Risiko werden teurer o Langfristige Kredite (mehr als 4 Jahre) werden teurer o Intensivierung der Bonitätsprüfung o Detaillierte Beurteilung des Kreditausfalls Was bedeutet das Rating? Die deutschen Kreditinstitute sind zur Prüfung der Vermögensverhältnisse ihrer Kreditnehmer verpflichtet. Das sogenannte Rating prüft u.a. die Bonität ihrer Kunden, um daraus folgend die Kreditkosten und Risiken zu klassifizieren. Aus Sicht der Gläubiger handelt es sich demnach um eine Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit der jeweiligen Forderungen. In ein Rating fließen sowohl quantitative als auch qualitative Faktoren wie die Qualität des Managements mit ein. Im Unterschied zur traditionellen Kreditwürdigkeitsprüfung werden diese qualitativen Faktoren stärker gewichtet, außerdem weist die Bewertung beim Rating einen stärkeren Zukunftsbezug auf.
Entspricht Boni- Standard- heutige künftige Eigen- Kredit- Schul- täts- unter- Unter- kapitalunterlegung Verän- summe Rating note gewicht legung legung in Euro eff. in% derung 1.000.000 AAA bis AA- 1+ bis 1-20% 8% 80.000 16.000 1,6% -80% 1.000.000 A+ bis A- 2+ bis 2-50% 8% 80.000 40.000 4,0% -50% 1.000.000 BBB+ bis B- 3+ bis 3 100% 8% 80.000 80.000 8,0% 0% 1.000.000 B- bis D 3- bis 6 150% 8% 80.000 120.000 12,0% 50% Das Grundprinzip des Ratings ist einfach. In Art einer Schulnote wird die Bonität des Kreditnehmers ausgedrückt. Von sehr guten Einstufungen "AAA" (der Schuldner wird seinen Zahlungsverpflichtungen auch langfristig stets vollständig nachkommen) bis zum sehr schlechten "D" (bereits eingetretene Zahlungsstörung) bildet die Klassifizierung die Kreditwürdigkeit ab. An diese Einschätzung werden die Kreditinstitute die generelle Vergabe bzw. die Konditionen für den Kreditnehmer koppeln. Ebenso einfach wie drastisch sind die Konsequenzen. Je schlechter das Rating, um so höher der Kreditzins, der bis zu 1 Prozentpunkt wachsen oder sinken kann. Ein Zinssatz von 6% wird bei einem schlechten Rating auf 6,6% wachsen, bei einem Spitzenrating (AAA) kann er sogar auf unter 5,1% wachsen, weil die geforderte Eigenkapitalverzinsung der Bank entsprechend niedrig ausfällt. Die Verknüpfung von Rating-Ergebnis und Konditionengestaltung macht es für jedes Unternehmen unverzichtbar, sich mit seinem Rating zu befassen. Im Gegensatz zu anderen Staaten, die bereits über eine gut entwickelte Ratingagentur-Szene verfügen, werden in Deutschland (zunächst) die bankinternen "Ratings" von breiter Bedeutung sein. Die Systeme stecken derzeit bei vielen Instituten noch in den Kinderschuhen, werden aber zügig innerhalb der nächsten beiden Jahren aufgebaut und angewendet werden. Insofern ist es ein Irrglauben anzunehmen, erst mit der Einführung von BASEL II zum 1.1. 2006 würden die Dinge ins Rollen kommen. Tatsache ist, dass bereits heute der Zug fährt und schneller als manch einem lieb an Fahrt aufnehmen wird. In einen Extra Kasten: Wesentliche Merkmale des Ratings: Rechtsform des Unternehmens (Haftungsrisiken, Kapitalmarktzugang, etc.) Eigentumsverhältnisse und Struktur Branchenumfeld und Konjunkturabhängigkeit Management (Fähigkeiten und Ziele) Wettbewerbslage des Unternehmens einschliesslich Öffentlichkeitsbild Forschung und Entwicklung bzw. Zugang zu neuen Technologien und Produkten Investitionstätigkeit Ertragslage und Ertragskrafterhaltung
Qualität Buchführung, Rechnungswesen, Reporting Cash-flow, vergangene und erwartete Finanzerfolge Risiken eines Kapitalentzugs Existenz und Qualität eines internen Kontrollsystems Bewertung des Vorhabens (Standortanalyse, Lage, Micro- und Macrostandortfaktoren, Objektqualitäten und Vertragsgestaltung der Immobilie Die Analyse dieser Rating-Faktoren wird oftmals noch durch ein, dem klassischen Kreditgespräch vergleichbaren Managementgespräch ergänzt. Hier soll dann die Geschäftsführung des Unternehmens Stellung zu aufgeworfenen Fragen nehmen. Konsequenzen für die Unternehmen: Besser und transparenter werden! Selbstverständlich werden die oben angeführten Kriterien nicht gleichgewichtig betrachtet werden. Die harten Fakten wie Ertragskraft, Finanzierungsstruktur, das Branchen- bzw. Marktumfeld und die Haftungsübernahme werden eine ungleich höhere Rolle spielen, als weiche Faktoren wie unternehmerische Kompetenz und die Bewertung von Management- Systemen. Die Konsequenz ist schwierig und banal zugleich: der Mittelstand wird erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um z.b. seine in Deutschland traditionell und im internationalen Vergleich (zu) niedrige Eigenkapitalausstattung zu verbessern. Das heißt zuallererst einmal: erzielte Gewinne müssen zu einem höheren Anteil als bislang im Unternehmen verbleiben, oder es bedarf nach Maßgabe der Möglichkeiten einer Zufuhr von Eigenkapital von Außen, etwa aus dem Privatbereich. Grundsätzlich so glauben wir ist diese Tendenz zu begrüßen, denn es wird die Unternehmen mittelfristig krisenfester machen als bisher. Politisch wäre zu fordern, auch für den Mittelstand endlich zu einer spürbaren Entlastung von Ertragssteuern zu kommen. Auch der Staat müsste genügsamer werden, und damit den Prozess unterstützen. Vielfach werden die Möglichkeiten an den harten Fakten etwas zu verändern bei allem guten Willen aber kurzfristig begrenzt sein. Deshalb sollten die Filmtheaterunternehmen zur Wahrung ihrer Chancen den in ihrem Einflussbereich stehenden weichen Faktoren besondere Beachtung schenken. Die Stichworte hierzu sind: Information, Transparenz, Vertrauen und Geschwindigkeit. So werden Bilanzen in Zukunft deutlich zeitnäher vorgelegt werden müssen als bisher. Aufgrund ihrer dualen Zielsetzung Dokumentation von Stärke einerseits, Minimierung der Steuerbelastung andererseits -, sind Bilanzen generell als Informationsgrundlage für die Kreditbeziehung mit erheblichen Fragezeichen versehen. Deshalb ist es sinnvoll, ergänzende Informationssysteme aufzubauen. Stichwort hierzu ist das unterjährige Reporting.
Transparente Basisdaten bilden eine wichtige Grundlage für den eigenen Auftritt. Vernünftig, d.h. klar strukturiert aufgebaute betriebswirtschaftliche Auswertungen haben darüber hinaus den nicht geringen Vorteil, dass der Unternehmer das Unternehmen kontinuierlich präziser steuern kann. So sind einige Filmtheaterunternehmen nach einer aufwendigen Neubauinvestition weniger aufgrund nicht erreichter Umsatzziele in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, als vielmehr durch massive Fehlentwicklungen im Kostenbereich. Die mangelnde Transparenz der von der Finanzbuchhaltung unstrukturiert hervorgebrachten Daten ist darüber hinaus häufig Ursache dafür, dass diese Fehlentwicklungen nicht richtig erkannt werden bzw. falsche Schlussfolgerungen nahe legen. Wesentlich für ein Controlling und ein Reporting sind die Kosten-Kennziffern: Filmmiete, Personalkosten (operatives Geschäft) im Verhältnis zum Karten- und Concessionsumsatz oder pro Besucher, Wareneinsatzquote, sämtliche Raumnebenkosten (incl. Reinigung und Wartung) im Verhältnis zur Fläche oder den Sitzplätzen, Marketingaufwand pro Besucher oder im Verhältnis zum Kartenumsatz, allgemeine Verwaltungskosten im Verhältnis zum Gesamtumsatz. Im Bereich der Erlöse sind naturgemäß die drei Kernerlösbereich zu beobachten, wobei vor allem die Entwicklung im Werbebereich besondere Beachtung verdient. Ein klagloses Akzeptieren der Belieferung wird bei zunehmend kleiner werdenden, frei disponiblen Werbekontingenten zwangsläufig zu Rückgängen führen. Um die Stellung des eigenen Unternehmens transparent zu machen, bilden Kennziffern, die einem Benchmarking (Orientierung an Branchenbestmarken) nahe kommen, eine wichtige Basis. Besucherzahlen und deren Entwicklung können anhand der FFA-Daten mit den eigenen Daten in Beziehung gesetzt werden. Alle weiteren, vor allem betriebswirtschaftlichen Erfolgskennziffern könnten durch das Heranziehen externer Vergleichsdaten anderer Kinobetriebe deutlich besser dokumentiert werden, und sind auch einer Bewertung durch den Bankpartner dadurch leichter zugänglich. Hier haben die großen Kinoketten, die über eine Vielzahl von Betrieben verfügen, Vorteile. Kleineren Unternehmen bieten sogenannte Benchmarking-Gruppen, die einen systematischen Betriebsvergleich vornehmen, eine gute Alternative. So gibt es derzeit drei von der rmc begleitete Gruppen, in der rd. 25 Unternehmen mit zusammen ca. 35 vornehmlich neugebauten Spielstätten (ca. 300 LW) einen regelmäßigen und einheitlichen Datenaustausch und vergleich vornehmen. Auf Basis eines synchronisierten Kontenrahmens und einer vertrauensvollen Kooperation stellen sich rasch Lerneffekte ein und die Betätigungsfelder der Kosten- und Erlösoptimierung sind schnell ausgemacht. Sich an diesen Prozessen zu beteiligen, dokumentiert durchaus unternehmerischen Weitblick.
Conclusio Die neuen Eigenkapitalrichtlinien für Banken werden dazu beitragen, dass Kredite für die Kinobranche noch schwerer zu bekommen sind als bislang. Dazu trägt neben dem schlechten Branchenrating vor allem die Tatsache bei, dass für den Filmtheaterbetrieb als typisch mittelständisches Unternehmen das Rating bislang eine andere Rolle gespielt hat. Die Zeit und die Kraft und nicht zuletzt die Kosten, die für die Erlangung eines Kredites aufzuwenden sind, werden künftig zunehmen. Um dennoch auch hier wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es zwingend notwendig, schon heute durch systematisches Reporting und Dokumentation der betrieblichen Vorgänge auch im Vergleich zu anderen Unternehmen der Branche Transparenz und Akzeptanz zu schaffen. Dadurch können Schwierigkeiten, überhaupt einen Kredit zu bekommen, abgebaut und die Konditionen günstiger werden. Hier können auch die verschiedenen Förderprogramme des HDF und der FFA zur betriebswirtschaftlichen Beratung herangezogen werden. Kim Ludolf Koch und Thomas Pintzke