Healthcare is (y)our concern Powernapping als gesundheitsfördernde Maßnahme in der Gesundheits- und Krankenpflegeschule Powernapping, wie das Mittagsschläfchen genannt wird, ist ein effektiver Kurzzeitschlaf. Dieser erhält in einer Zeit, in der sich die allgemeinen Arbeitsbedingungen rasch weiterentwickeln und verändern, einen neuen Aufschwung und Stellenwert. Seit Jahrhunderten ist das Praktizieren eines Mittagsschlafes bekannt. Leonardo da Vinci, Johann Wolfgang von Goethe, Albert Einstein, sie alle hielten tagsüber ein kurzes Nickerchen. Mit der Industrialisierung ist diese Form der Mittagskultur aus unserem Alltag verschwunden. Die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz für den Mittagsschlaf gibt es nur für die Älteren, Kranken und Kinder. Anders ist die Einstellung der asiatischen Kulturen zu diesem Thema. In China ist der Mittagsschlaf, der sogenannte Xeu-Xi, für die arbeitende Bevölkerung ein Grundrecht und in der Verfassung verankert, denn: Wer arbeitet, hat ein Recht auf Xeu - Xi (Zulley 2003 et al, S. 130). In Japan, einem hochtechnisierten Land, gibt es die Tradition des Kurzschlafes in öffentlichen Institutionen und am Arbeitsplatz nach wie vor und findet in der Gesellschaft volle Anerkennung. Firmen stellen ihren Angestellten verdunkelte Relax-Centers für die Erholungspause zur Verfügung. Auch in Nordamerika gehört der Powernap zunehmend zur offiziellen Unternehmenskultur, vermehrt gibt es diese Bestrebungen auch in Europa (vgl. ebd. S. 130ff). In der österreichischen Arbeitswelt schlafen berufstätige Erwachsene zu Mittag aufgrund der fehlenden Rahmenbedingungen gar nicht bis sehr selten. Vermutlich fehlt dem Powernapping in Österreich nach wie vor die nötige gesellschaftliche Akzeptanz im Berufsalltag. Um Verständnis dafür zu schaffen, ist Aufklärungsarbeit über die Zusammenhänge der Chronobiologie und die Ziele von Powernapping wichtig. Wie ist Powernapping im wissenschaftlichen Kontext zu sehen? Die Chronobiologie ist die Grundlagenwissenschaft für Powernapping. Die Chronobiologie ist ein Teilgebiet der Biologie, das sich mit der Erforschung von zeitlichen Gesetzmäßigkeiten befasst. Der biologische Rhythmus eines Menschen, auch circadiane Rhythmik genannt, wird täglich durch Reize der Umwelt beeinflusst und kann dadurch auch gestört werden, wie z. B. durch Licht, Zeitzonenverschiebung und Schichtarbeit (vgl. Roenneberg et al 2006, S. 12ff). 1
Wie wach und leistungsfähig sich der Mensch tatsächlich fühlt, hängt von vier sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren ab: Von der Person selbst, von der Aufgabe, von der Umgebung und von der Tageszeit. Schlafforscher und Chronobiologen haben bereits vor Jahren aufgezeigt, dass der Leistungsabfall am frühen Nachmittag zwischen 12:00 und 14:00 Uhr dem natürlichen biologischen Rhythmus entspricht und nicht zwingend eine Folge von Erschöpfung sein muss. Nach dem Regensburger Schlafforscher und Chronobiologen Zulley sind verstärkte Müdigkeit, die Verringerung der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit tageszeitlich abhängig und völlig normal (vgl. Zulley 2004, S. 15ff). Aufgrund des instabileren Blutdrucks um die Mittagszeit sinkt die körperliche Leistungsfähigkeit. Auf der psychischen Ebene zeigt sich dieses biologische Tief, indem um diese Zeit mehr Fehler gemacht werden und die Reaktion langsamer ist. Der Mensch ist mittags physisch und psychisch weniger leistungsfähig, die Körpertemperatur niedriger und bei äußeren Bedingungen, die nicht ausgesprochen anregend sind, schläft er schnell ein (Zulley et al 2003, S. 137). Das Schlafbedürfnis kann zwar bewusst oder unbewusst ignoriert werden, dennoch kann es je nach Motivation und Umweltbedingungen übergangen werden. Faktum ist, dass die biologischen Gegebenheiten eine zweite bevorzugte Schlafphase, nämlich die zu Mittag, voraussetzen. Viele physiologische und psychologische Variablen haben einen ähnlichen Verlauf wie in der Nacht (vgl. Zulley et al 2006, S. 1f). Was bewirkt Powernapping? Eine japanische Arbeitsplatzstudie in einer Fabrik ergab, dass die wahrgenommene Wachsamkeit am Nachmittag nach dem Powernap bedeutend höher war als ohne Nickerchen (vgl. Takahashi et al 2004, S. 1004ff). Forscher wie Taub in Virginia oder Hecht an der Berliner Humboldt-Universität stellten unabhängig voneinander fest, dass die Probanden nach einem Nickerchen bei ihrer Arbeit schneller reagierten, konzentrierter und aufmerksamer arbeiteten, sowie besser gelaunt waren als Kollegen ohne Mittagsschlaf. Auch der entgangene Schlaf der letzten Nacht kann mit Hilfe eines Nickerchens nachgeholt werden, denn ein Nap versorgt den Menschen mit mehr Energie als ein um die gleiche Dauer verlängerter Nachtschlaf. Zahlreiche Untersuchungen ergeben folgende Schlussfolgerungen: Es kommt zu einer verbesserten Leistungsfähigkeit, 2
es fördert die körperliche Entspannung, es kommt zu einer gesteigerten Konzentrationsfähigkeit und verbesserten Informationsverarbeitung, es fördert die Gedächtnisleistung, es kommt zu einer rascheren Reaktionsfähigkeit, es bewirkt eine Reduzierung der Müdigkeit und dadurch eine verminderte Fehlerrate, es verbessert die Laune (vgl. Takahashi et al 2004, S. 1004ff, Zulley et al 2004, S. 124ff). Wie funktioniert Powernapping? Vereinfacht gesagt, hinlegen oder bequem hinsetzen, die Augen schließen und dem Körper 15 20 Minuten Ruhe gönnen. Anfangs ist es sinnvoll, sich einen Wecker zu stellen, bis man sich auf den eigenen Rhythmus verlassen kann. Wichtig ist, dass die 15-20 Minuten eingehalten werden, da der Effekt des Powernaps sonst gegenteilig wirkt und erst recht Müdigkeit eintreten kann, da man sonst in die Tiefschlafphase gelangt. Als eine Art biologischen Wecker kann vor einem Powernap Kaffee eingesetzt werden, wer auf diesen nicht verzichten möchte. Koffein wirkt erst nach zwanzig bis dreißig Minuten und somit wird die Aufwachzeit verkürzt und die wieder gewonnene Frische und Leistungsfähigkeit ist sofort spürbar. Wie jemand ruhen möchte, ist individuell sehr unterschiedlich. Ob in einem Relaxsessel, in einer Hängematte, auf einem bequemen Stuhl oder ob nur auf einer Matte geruht wird, ist in diesem Fall nicht entscheidend. Manchen gelingt das Einschlafen mit entspannender Musik besser, andere wollen es ganz ruhig haben. Wichtig ist, sich seiner eigenen Bedürfnisse bewusst zu sein, damit das Nickerchen auch erfolgreich durchgeführt werden kann, denn 15-20 Minuten zu schlafen, ist erlernbar (vgl. Zulley et al 2004, S. 131ff). Wie erfolgt die praktische Umsetzung? Im September 2007 startete der Jahrgang 2007/10 im ersten Ausbildungsjahr im Rahmen des schulautonomen Bereiches das Projekt Healthcare is (y)our concern Powernapping als gesundheitsfördernde Maßnahme in der Gesundheits- und Krankenpflegeschule. Der Jahrgang hatte parallel dazu den Unterrichtsgegenstand Gesundheitserziehung- Gesundheitsförderung. Zusätzlich gab es Unterricht zum 3
Thema Burnout-Prävention. Diesem Thema wird beim Wiener Krankenanstaltenverbund ein wichtiger Stellenwert beigemessen und lässt sich sehr gut in das Konzept Burnout-Management integrieren. Somit wurde dieser Unterricht nicht nur theoretisch abgehandelt und ist nicht ausschließlich Diplomprüfungsgegenstand, sondern es erfolgte gelebte Gesundheitsförderung. Ein wichtiges Ausbildungsziel an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule ist, dass Schülerinnen und Schüler lernen, Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen, denn der Grundstein für die eigene Gesundheitspflege muss bereits in der Ausbildung gelegt werden. Die Projektgruppe gestaltete den Ruheraum nach ihren Vorstellungen. Sie installierten diesen mit fünf Liegen, der allen Schülerinnen und Schülern während den Pausenzeiten zur Verfügung steht. Der Raum liegt sehr ruhig und schließt an einen Garten an. Schülerinnen und Schüler beschreiben, dass sie im Ruheraum das Gefühl haben auf Urlaub zu sein. Dieses praktische Beispiel zeigt, dass diese Form der Gesundheitspflege auch integrativer Bestandteil in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen werden könnte. Wir sollten diesbezüglich Pionierarbeit im Gesundheitswesen leisten, damit Powernapping am Arbeitsplatz gesellschaftlich anerkannt und befürwortet wird. Der Regensburger Schlafmediziner Hajak hält den kurzen Mittagsschlaf für eine der wesentlichsten Zukunftsstrategien im Berufsleben (vgl. Wozniak 2002). Es bleibt daher zu hoffen, dass die Aussage einer Schülerin: Ich geh mal kurz nappen, berufliche Realität wird. Literatur Buchmayer, Rosemarie (2006): Powernapping. Ist die Anwendung von Powernapping bei Lehrerinnen und Lehrern in der Gesundheits- und Krankenpflegeschule während der Dienstzeit eine gesundheitsfördernde Maßnahme? Abschlussarbeit Weiterbildung Gesundheitsvorsorge- Gesundheitsförderung, Wiener Krankenanstaltenverbund. Roenneberg, Till / Merrow, Martha (2006): Das Leben im Zeitraum Tag, Zentrum für Chronobiologie, Institut f. Med. Psychologie, München, Online im Internet unter URL: www.imp-muenchen.de, [Stand: 28.06.2006]. Takahashi M. / Nakata A. / Haratani T/ Ogawa Y. / Arito H. (2004): Post-lunch map as a worksite intervention to promote alertness on the job, National Institute of Industrial Health, Nagao, Tama-ku, Kawasaki, Japan. 4
Wozniak, Astrid (2002): Siesta im Büro. Das strategische Nickerchen, Online im Internet unter URL: http://www.access.de/german/index.asp?news_id=957&pos=n, [Stand: 04.07.2006] Zulley, Jürgen / Knab, Barbara (2003): Unsere innere Uhr. Natürliche Rhythmen nutzen und der Non-Stop-Belastung entgehen, Herder, Freiburg im Breisgau. Zulley, Jürgen / Knab, Barbara (2004): Wach und fit. Mehr Energie, Leistungsfähigkeit und Ausgeglichenheit, Herder, Freiburg im Breisgau. Zulley, Jürgen (2006): Der Mittagsschlaf, Online im Internet unter URL:, http://www.medbo.de/532.0.html [04.06.2006]. Autorin Rosemarie Buchmayer DGKS, akad. Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege am Sozialmedizinischen Zentrum Ost Donauspital des Wiener Krankenanstaltenverbundes 5