Bezug: Demokratische Lernziele Thema: Interkultureller Pädagogik

Ähnliche Dokumente
Bildung und Bildungssystem. Prof. Dr. Hartmut Ditton Lehrstuhl Allgemeine Pädagogik, Erziehungsund Sozialisationsforschung

Vorlesung. Gliederung. Pädagogik GK 13/LK 13 (Busse) Frida-Levy-Gesamtschule. Dr. Grit im Brahm Ruhr-Universität Bochum

Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier/ TDS Daun

Univ.-Prof. Dr. Georg Wydra. Vorlesung Allgemeine Sportdidaktik Modul Didaktik/Methodik. Baustein 2: Didaktische Entscheidungen

Physik in der Schule? Eine Bildungsdebatte Alexander Strahl, TU Braunschweig, IFdN, Abt. Physik und Physikdidaktik

Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier/ TDS Daun

Staatliches Schulamt für den Hochtaunuskreis und den Wetteraukreis Schul(form)wahl nach Klasse 4

Staatliches Schulamt für den Hochtaunuskreis und den Wetteraukreis Schul(form)wahl nach Klasse 4 (HTK)

Staatliches Schulamt für den Hochtaunuskreis und den Wetteraukreis Schul(form)wahl nach Klasse 4 (WTK)

Werte, Normen und Ziele in Erziehung und Bildung

Religionsunterricht wozu?

Weiterentwicklung der Lehramtsstudiengänge in Baden-Württemberg

Pestalozzi-Gymnasium Unna im Januar Schulinternes Curriculum Praktische Philosophie für die Jahrgangsstufen 9 und 10 bzw.

Schullaufbahnempfehlung 2015/2016 Lernerfolge sind der Schlüssel für eine gelingende Lebensplanung

Informationen über das Bildungsangebot im Werra-Meißner-Kreis

Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik

Inhaltsverzeichnis.Einleitung:... 1 Entstehung des Begriffes Bildungschancen:... 1 Vergleich der Bildungssysteme der BRD und DDR...

Wie können Schüler politisch urteilen?

Fortbildung und Beratung auf dem Weg zur inklusiven Schule. Qualifizierung von Inklusionsberaterinnen und Inklusionsberatern

Informationen über das Bildungsangebot im Landkreis Hersfeld Rotenburg

Den richtigen Weg wählen

HBPetermann: Wie plane ich guten Unterricht richtig?

Grundlagen der Sportpädagogik

Staatliches Schulamt für den Hochtaunuskreis und den Wetteraukreis Schul(form)wahl nach Klasse 4 (HTK)

Wohin nach der Grundschule? - Kriterien für die beste Schulwahl

Staatliches Schulamt für den Hochtaunuskreis und den Wetteraukreis Schul(form)wahl nach Klasse 4 (HTK)

Schulen in staatlicher und

FACHTAG CHEMIE. Herzlich willkommen!

Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland

Kindergarten Eltern Grundschule. Informationsveranstaltung für die Eltern Vierjähriger der Stadt Herzogenrath Gymnasium Herzogenrath

Schulcurriculum G8 - Oberstufe Fach: Erziehungswissenschaft Stand 2/2013

Zu "Ein Brief über Toleranz" von John Locke

Geschichte der politischen Bildung III. Themenübersicht. Politische Bildung in der BRD I: von der re-education bis zu den 1960er-Jahren

Wenn ich etwas nicht kann, wie will ich Entsprechendes wollen?

Anstaltslehrplan im Fach Werte und Normen

Kritische Theorie und Pädagogik der Gegenwart

DEUTSCHER BILDUNGSRAT Empfehlungen der Bildungskommission. Strükturplan für das Bildungswesen. Ernst Klett Verlag Stuttgart

DEUTSCHER BILDUNGSRAT Empfehlungen der Bildungskommission. Strukturplan für das Bildungswesen. Ernst Klett Verlag Stuttgart

Perspektiven des koedukativen Sportunterrichts in der Retroperspektive

Projekt zur Qualitätssicherung: Leitbilder Grundlage der Qualitätssicherungskultur. Präsentiert von: Juliane Pache Inga Külpmann Kurt Stiller

Was ist Waldorfpädagogik

Globalisierung und Bildung. Grenzen und Möglichkeiten

Der Europäische Wettbewerb. Torsten Johanßon Landeskoordinator für den Europäischen Wettbewerb in Schleswig-Holstein

Rahmenvereinbarung. über die Ausbildung und Prüfung. für übergreifende Lehrämter der Primarstufe

VL Geschichtsunterricht in Bayern Sitzung 2: Geschichte des Geschichtsunterrichts

Informationsabend Teil 1. Gekürzte Version zum Elternabend Übergänge nach Klasse

Herzlich Willkommen zur Informationsveranstaltung: Berufliches Gymnasium für Erziehungswissenschaften

Übergang in die Sekundarstufe I

Zur Geschichte der Sportpädagogik 1

Hessisches Kultusministerium. Mein Kind kommt in die 5. Klasse Informationen zum Übergang in die weiterführende Schule

Schulen und Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland

Blick über den Zaun' - Unser Leitbild einer guten Schule

Hessisches Kultusministerium. Mein Kind kommt in die 5. Klasse Informationen zum Übergang in die weiterführende Schule

L E H R P L A N P H I L O S O P H I E

Rahmenvereinbarung über die Ausbildung und Prüfung für ein Lehramt der Sekundarstufe I (Lehramtstyp 3)

INFORMATIONSABEND WEITERFÜHRENDE SCHULE. Herzlich willkommen!!! Ablauf Vortrag Zwischenfragen möglich und erwünscht Aussprache, Fragen, Diskussion

Rezension zum Aufsatz von Wolfgang Klafki: "Studien zur Bildungstheorie und Didaktik"

DIE SCHULE FÜR ALLE!

Vorwort PISA - Aufregung über Schieflagen 13

1. Philosophische Dimension religiöser Bildung Hermeneutische Dimension religiöser Bildung... 31

Staatliches Schulamt für den Hochtaunuskreis und den Wetteraukreis Schul(form)wahl nach Klasse 4 (HTK)

Staatliches Schulamt für den Hochtaunuskreis und den Wetteraukreis Schul(form)wahl nach Klasse 4 (HTK)

Zusatzangebot zu PHOENIX. Der etwas andere Weg zur Pädagogik. Herausgegeben von Edwin Stiller und Heinz Dorlöchter. Verfasst von Edwin Stiller

MARX: PHILOSOPHISCHE INSPIRATIONEN

Eine Schule stellt sich vor

Schulinternes Curriculum für das Fach Praktische Philosophie (Sekundarstufe I)

Sachunterricht - Ziele und Inhalte

KATHOLISCHE KINDERTAGESSTÄTTE ST. ALBERT LONDONER RING LUDWIGSHAFEN

Schulinterner Lehrplan für das Fach Philosophie in der Einführungsphase der Gesamtschule Aachen-Brand

Freie Bürgerschule Wedding (FBW)

Schulinternes Curriculum für das Fach Praktische Philosophie

Moralische Erziehung in der Schule. 1. Wie definiert sich moralisches Handeln, Sitte und Sittlichkeit?

Ethik trifft auf Wirklichkeit

Leitbild AHS Linz Schulverein der Kreuzschwestern

Politische Bildung in beiden deutschen Staaten

Bedeutung von Abschlussvermerken auf Schulzeugnissen. in Nordrhein-Westfalen.

Prof. Dr. Peter Drewek Dean der Professional School of Education der Ruhr-Universität Bochum

von Bildung und Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland und in der Deutschen Demokratischen Republik

Herzlich Willkommen! Ablauf

Inhaltsverzeichnis. Abbildungsverzeichnis... XI. Tabellenverzeichnis... XIII. 1 Einleitung... 14

Schwerpunkt 2: Grundformen pädagogischen Handelns

Kurt Franke (Hrsg.) Demokratie Lernen in Berlin

Thema: Was heißt es zu philosophieren? Welterklärungen in Mythos, Wissenschaft und Philosophie

Im Kirchenkreis Münden gibt es folgende Kindertagesstätten:

Max Seckler Aufklärung und Offenbarung

Leitbild HLW Linz Schulverein der Kreuzschwestern

Informationsabend für die Eltern der Viertklässler 2017/2018.

Medienfitt?! 1. Medien sind

Schulinternes Curriculum Philosophie Gymnasium Schloss Holte-Stukenbrock

Evangelische Religionspädagogik, Religion

Die Wissenschaft von der Erziehung

Selbstüberprüfung: Europa und die Welt im 19. Jahrhundert. 184

Seelsorgeeinheit Karlsruhe-Hardt. Leitbild. der katholischen Kindertagesstätten und Kindergärten

Theorie und Geschichte der Reformpädagogik

Die inklusive Schule in Südtirol / Italien Gemeinsames Lernen unter Anerkennung der Verschiedenheit

Vortrag Die Entwicklung des einheitlich sozialistischen Bildungssystems der DDR von

Lernförderndes Klima in den Klassen. Individuelle Entwicklung der Schülerinnen und Schüler wird gefördert

Einleitung: Gegen die Rigidität der Organisation schulischen Lernens 13

Leitbild Volksschule und Neue Mittelschule Linz Schulverein der Kreuzschwestern

Herausforderung Bildung Kulturelle Vielfalt in der Schule

Transkript:

Bewertungskriterium demokratischer Staatsbürger Bezug: Demokratische Lernziele Thema: Interkultureller Pädagogik Wollen Können Wissen Frei mit anderen Freien zusammenleben wollen (Dahrendorf) Deshalb den Gedanken an die eine Wahrheit verabschieden (Lessing) und so jedem seine eigene Wahrheit zugestehen (Religionsfreiheit) Deswegen immer wieder durch rationale Diskussion den aktuell richtigeren gemeinsamen Weg neu verhandeln und mit Mehrheit bestimmen (Popper/Kant) Dazu die Position des Anderen als Bereicherung empfinden und respektieren (Mead) Und insgesamt die Freiheit des Anderen als Grenze der eigenen Freiheit akzeptieren (Kant) Verfahren und Methoden beherrschen (Ates: transkulturelle Werte), die die stete Suche nach dem gemeinsam Gültigen zum Erfolg führen könne, so gegenseitigen Respekt fördern und erlebbar machen, dass diese demokratische Lebensart lebenswerter ist. (Ates: Streitkultur) Methoden, Verfahren, Kompetenzen und Organisationsstrukturen kennen, die den rational/vernünftigen Diskurs um den gemeinsam besseren Weg erfolgreich gestalten Wissen, dass Wissenschaft nicht Wahrheitsfinder, sondern nur Problemlöser sein kann 1

Notwendige Fokussierung Zentraler Fokus staatliche Erziehungspraxis vielfach auch Mainstream für Familie Arbeitswelt Kirche und Vereine dreigliedriges Schulwesen länderübergreifend betrachtet einzelne Schulformen wie Haupt, Real-, (Gesamtschule) und Gymnasium Drei geschichtliche Schnittpunkte in der alten Bundesrepublik (1949-1989) Zeit der pädagogischen Restauration (1949 bis 1965) Zeit der Bildungsexpansion und der Reformen (1965 und 1980) Zeit der Konsolidierung und Neuordnung der Erziehungswirklichkeit (1980 und 1989) 2

Zeit pädagogischer Restauration (1949 1965) Alliierte: Re-education 1 nach erfolgter Entnazifizierung Merkmale des geforderten neuen Bildungswesens Stufen- oder Einheitsschule, nach heutiger Diktion: flächendeckende Gesamtschule egalitäre Erziehung mit Chancengleichheit kooperatives Lehrer-Schüler-Verhältnis Erziehung zur Selbstständigkeit im Denken und Handeln Vermittlung demokratischer Grundwerte Einführung des Unterrichtsfaches Politische Bildung (USA: Social Studies) BRD: Nur widerwilliges Akzeptieren der Umerziehung 1 Widerspruch im Blick auf die Ursachen des Faschismus: eher Abfall von Gott und falsche Gesinnung und nicht Folge der alten autoritärer Strukturen in Familie, Schule und Wirtschaft Gewollte Ausrichtung der Bildung: Bollwerk bilden gegen die Unkultur der Yankees und die Barbarei der Russen 3

Unfähigkeit zur Aufarbeitung zwischen 49 und 65 Militärische Katastrophe wurde nicht als Folge einer selbstverschuldeten moralischen Katastrophe gesehen Rechtfertigungstheorien und Schlussstrich-Mentalität grassierten Walter Gagel: vordringliches Interesse war Wiederaufbau Abkehr vom NS-Denken, aber nicht von Weimar und seiner autoritären Bildung Dreigliedriges Schulwesen in BRD gegen die Einheitsschule in der DDR Obrigkeitsstaatliches Denken geriet nicht aus den Köpfen Begründung für dreigliedriges Schulwesen Erblichkeit der Begabungen und der Begabungsverteilung nach praktischer, technischer und höherer/wissenschaftlicher Begabung Nicht im Visier: Demokratisierung u. Chancengleichheit, schon gar nicht für alle 4

Restaurative Bildungsziele zwischen 49 und 65 Erziehungsziele 1949-1965 das in der Geschichte sichtbar gewordene Große und Gültige, das Gesicherte, Bewährte und Objektive zugänglich machen bewahrende Kräfte der Tradition wirksam werden lassen und so stark werden gegenüber den Ungewissheiten der (Nachkriegs-)Zeit Fazit: Viel altes Wissen und wenig neues Können und Wollen (F1) Wolfgang Klafki: Gegenwartsbezug: kaum wahrnehmbar Gültigkeit: eher Ausgang von unveränderlich gültigen Werten Bibel, klassische Bildung -> Faust-Problem Offene Zukunft: nicht im Visier, nur Orientierung an alten Lösungen Fazit: Kein Neuanfang demokratische Lernziele (F1) in weiter Ferne 5

Zeit der Bildungsexpansion und der Reformen (65-80) Sputnik-Schock 1957 Deutsche Bildungskatastrophe (Georg Picht 1964) Bildungssituation nicht Folge der Volksbegabung, sondern Folge der Diskriminierung im dreigliedrigen Schulsystem 5% Arbeiterkinder besuchen eine weiterführende Schule, 6% machen Abitur 80% der Mädchen besuchen die Schule nur bis zum 14. Lebensjahr (Hausfrauenperspektive) Deutscher Bildungsrat (1965) Begabungsreserven heben, Abiturientenzahlen steigern, Schulsystem durchlässiger machen Chancengleichheit bieten Dahrendorf: Bildung ist Bürgerrecht Erfolge 10. Hauptschuljahr, Möglichkeit zum Q an Haupt- und Realschule Kurssystem in der gymnasialen Oberstufe (1972) Gründung von Fachoberschulen und anschließenden Fachhochschulen Gründung von Berufskollegs und Fachschulen 6

Zeit der Bildungsexpansion und der Reformen (65-80) Erziehungsziele laut Kultusministerkonferenz (KMK ) 1973 * selbstständige und kritische Urteilsfähigkeit * rationales Denken * eigenverantwortliche Handlungsfähigkeit * Kreativität * Demokratisches Bewusstsein + Handlungsfähigkeit * Toleranz und gegenseitiger Respekt * interkultureller und interreligiöser Respekt * politische Verantwortung Gegen die emanzipatorische Erziehung konservative Bewegung Mut zu Erziehung nicht Mündigkeit, sondern Autorität des Lehrers nicht Glücksstreben, sondern Streben, das Rechte zu tun stets Fleiß, Disziplin und Ordnung und nicht Kritikfähigkeit und Wahrnehmung eigener Interessen Anerkennung von Ungleichheit als Folge ungleicher Nutzung von Möglichkeiten keine Wissenschaftsfähigkeit für alle Gegenteil wäre Erziehung zum Mut z.b. Ernst Tugendhat + Zur Mündigkeit und nicht zur Anpassung + Zum Bürger und nicht zum Untertanen + Zu Selbstständigkeit in Denken und Urteilen + Zu Offenheit für Zukunft und Veränderung + Zur Kritikfähigkeit sowie zu Ordnung, Fleiß und Disziplin nur im demokratischen Rahmen + Zur Fähigkeit zu eigener Interessenwahrnehmung sowie zur Selbstentfaltung/Selbstverwirklichung 7

Konsolidierung und Neuordnung (1980 1989) Klafki: Kritisch konstruktive Didaktik ( 1 1985, 5 1996 und 6 2007) Fähigkeit zur Selbstbestimmung zwischenmenschlich, beruflich, ethisch bzw. religiös Mitbestimmungsfähigkeit und Solidaritätsfähigkeit Bildung in allen Grunddimensionen menschlicher Interessen und Fähigkeiten lustvoller und verantwortlicher Umgang mit dem eigenen Leib Ausbildung aller kognitiven Möglichkeiten Ausbildung aller handwerklich-technischen und hauswirtschaftlichen Möglichkeiten Ausbildung der zwischenmenschlichen Möglichkeiten Sozialität des Menschen Ausbildung der ästhetischen Wahrnehmungs-, Gestaltungs- und Urteilsfähigkeit Ausbildung der ethisch und politischen Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit Kriterien für die Organisation des Bildungswesens selbsttätige Erarbeitung und personale Verantwortung Bildung für alle Chancengleichheit Aneignung der die Menschen gemeinsam angehenden Problemstellungen, sowie sie aus der Geschichte entstanden sind, heute bedeutend sind und in die Zukunft weisen 8