Diakonie auf dem Weg zur Interkulturellen Öffnung Silva Demirci Berlin, Juni 2010
Migration weltweit 190 Millionen Menschen weltweit leben nach Schätzungen internationaler Organisationen als Migranten dauerhaft oder befristet in einem Staat, der nicht ihre ursprüngliche Heimat ist. Das weltweite Wanderungsgeschehen ist äußerst vielfältig, Umfang und Entwicklung lassen sich nur grob schätzen. Ein Grund dafür ist die schlechte Datenlage. Weltweite Migrationstrends sind daher mit Vorsicht zu genießen und gleichen eher den Angaben aus einem türkischen Mokkasatz. Selbst in den Industriestaaten, die über ein gut ausgebautes Statistikwesen verfügen, ist die Qualität der migrationsbezogenen Daten unzureichend. Seite 2
Definition des Mikrozensus 2005 von Menschen mit Migrationshintergrund Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesregierung Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil Seite 3
Deutschland ein Einwanderungsland Zahlen und Fakten Demographische Entwicklung: 2005: 18,6 % der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Bei den unter 5jährigen liegt in 6 Städten der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund über 60%: Nürnberg (67,0%), Frankfurt am Main (64,6%), Düsseldorf (63,9%), Stuttgart (63,6%), Wuppertal (62,0%) und Augsburg (60,2%). 2010: Ca. 40% der Unter-Vierzigjährigen werden einen Migrationshintergrund haben. DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 4
Interkulturelle Öffnung (IKÖ) IKÖ ist ein kontinuierlicher Organisationsentwicklungsprozess, der Veränderungen auf allen Ebenen möglich macht. Es ist ein Prozess der Umsteuerung in der Innen- und Außenstruktur einer Einrichtung Dieser Prozess hilft die vielfältigen Ressourcen aller Mitarbeitenden zu nutzen (Personalpolitik) und die Qualität der sozialen Arbeit an den sich ständig wandelnden gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Bildunterschrift DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 5
IKÖ Interkulturelle Öffnung kann zusammenfassend verstanden werden als ein bewusst gestalteter Prozess, der (selbst-)reflexive Lern- und Veränderungsprozesse von und zwischen unterschiedlichen Menschen, Lebensweisen und Organisationsformen ermöglicht, wodurch Zugangsbarrieren und Abgrenzungsmechanismen in den zu öffnenden Organisationen abgebaut werden und Anerkennung ermöglicht wird. [1] [1] Schröer, H., Interkulturelle Orientierung und Öffnung: ein neues Paradigma für die soziale Arbeit 2007, S. 9f DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 6
Interkulturelle Kompetenz Die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeitenden einer Einrichtung ist ein Bestandteil der interkulturellen Öffnung dieser Einrichtung. Sie beschreibt eine persönliche Kompetenz von Menschen. Hierbei geht es einerseits um bestimmte Fähigkeiten und Wissen, andererseits um eine innere Haltung. Interkulturelle Kompetenz ist ein integraler Bestandteil von professioneller Handlungskompetenz. Der Erwerb von interkultureller Kompetenz ist ein lebenslanger Prozess. Seite 7
Kultur Kultur ist nicht nur im Sinne von ethnischer oder nationaler Herkunft zu verstehen. Vielmehr besteht jede Gesellschaft aus zahlreichen, sich ständig verändernden Teilkulturen. Diese werden bestimmt vom sozialen Milieu, der regionalen Herkunft, dem Geschlecht, der Generation, dem Glauben, der sexuellen Orientierung... Jeder Mensch ist somit Träger unterschiedlicher Kulturen. Quelle: Seminar des Anne-Frank-Zentrums Berlin Seite 8
IKÖ in Deutschland Bereits Anfang der 90 er Jahre hat die Bundesregierung Empfehlungen zur Interkulturellen Öffnung von Diensten und Einrichtungen veröffentlicht. Im Nationalen Integrationsplan der Bundesregierung von 2007 wurde das Thema Interkulturelle Öffnung behandelt und als Selbstverpflichtung der teilnehmenden Organisationen und Verbände aufgenommen. DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 9
IKÖ in der Diakonie Die Diakonie baut auf eine lange Tradition diakonischer Integrationsarbeit und kann sich auf langjährige Erfahrungen mit dem Prozess der interkulturellen Öffnung beziehen. (Siehe Handreichung Interkulturelle Öffnung in den Arbeitsfeldern der Diakonie, Diakonie Texte 13.2008) DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 10
IKÖ Projekte der Diakonischen Werke Bundesweit wurden und werden verschiedene Projekte zur IKÖ von verschiedenen Landesverbänden der Diakonischen Werke initiiert durchgeführt. und Um die Prozesse der Interkulturellen Öffnung zu vertiefen, zu analysieren und durch einen Erfahrungsaustausch Synergieeffekte zu erzielen, wurde Ende 2008 ein Kooperationsprojekt mit dem Titel Mitten im Leben - Wege der Interkulturellen Öffnung der Diakonie zwischen dem Diakonisches Werk der Evangelischen Kirchen Deutschland e.v. (DW EKD) und drei Landesverbänden des Diakonischen Werkes (Baden, Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz und Hamburg) ins Leben gerufen. Ziel des Kooperationsprojektes ist neben dem Erfahrungsaustausch die weitere Initiierung Interkultureller Öffnungsprozesse in Einrichtungen und Diensten und die damit verbundene Verbesserung des Zuganges für Menschen mit einem Migrationshintergrund. DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 11
Voraussetzungen für IKÖ interkulturelle Öffnung muss von der Leitungsebene gewollt und von der Praxisebene getragen werden. IKÖ braucht externe Begleitung und Unterstützung auf Träger-/ Verbandsebene Es gibt kein Patentrezept: Konkrete Gestaltungsoptionen sind jeweils neu in den spezifischen betrieblichen Kontexten und Rahmenbedingungen zu erarbeiten und kontinuierlich zu überprüfen und weiterzuentwickeln. DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 12
IKÖ am Beispiel einer stationären Pflegeeinrichtung Während einer ca. einjährigen Begleitung bildete sich eine einrichtungsinterne Arbeitsgruppe, die nach der Ist- Zustandsanalyse folgende Veränderungen in Gang brachte: - Leitbilddiskussion - Konzept zur Interkulturellen Öffnung (wofür sie den Integrationspreis 2006 vom Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen in Berlin erhielten)[1] [1] Pressemitteilung vom 15.11.2006 DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 13
Beispiele von Veränderungen Interkulturell ausgerichtete Fortbildungen für Mitarbeiter, die neben des Wissenszuwachses auch entlastende Wirkungen haben Organisierte hausinterne Übersetzung, wodurch sich mehrsprachige Mitarbeiter aufgewertet fühlten und die Kommunikation erleichtert wurde Soweit möglich Veränderungen des Wohn- bzw. Heim- und Betreuungsambientes Anschaffung einer Satellitenschüssel zum Empfang unterschiedlicher Fernsehsender Veränderung des Einzugsformulars, was zu einer besseren Bedürfnisorientierung für alle Bewohner führte Kooperation mit einer Moscheegemeinde mit Gewinnung von Ehrenamtlichen und gegenseitigem Besuch bei Festen, was u.a. zur Wissenserweiterung beitrug Kooperation mit einer interkulturellen Begegnungsstätte einschließlich Gewinnung von Ehrenamtlichen verschiedener Herkunft sowie Verbesserung der Gemeinwesenarbeit und des Case Management Netzwerk zur Nutzung für Werbung, was die Gewinnung von älteren Migranten als Klientel mit sich brachte (2005 bereits 18 Migranten als Bewohner) DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 14
Beispiele von Stolpersteinen Ausruhen auf dem bisher Erreichten Einseitige Transparenz des Öffnungsprozesses (entweder nur nach außen oder nur nach innen) Starke Mitarbeiterfluktuation > Schlechtes Arbeitsklima DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 15
Chancen durch IKÖ Qualitätsentwicklung eigener Leistungen Zukunftsfähigkeit der Einrichtungen und Dienste am Markt (Neue Kunden und neues Leistungsangebot) Nutzung und Stärkung von (unbekannten) Ressourcen und Potentialen Anerkennung der religiösen und kulturellen Vielfalt DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 16
Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Thank you very much for your attention. Obrigada para sua atencao. Beni dinlediğiniz için teşekür ederim. DWEKD FIBA - Silva Demirci Seite 17