Bundesministerium des Innern Bundesministerium der Justiz

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Transkript:

Bundesministerium des Innern Bundesministerium der Justiz Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen I. Der Chef des Bundespräsidialamtes hat mit Schreiben vom 23. November 2009 den Chef des Bundeskanzleramtes um eine Stellungnahme der Bundesregierung u.a. zur Gesetzgebungskompetenz und anderen verfassungsrechtlichen Fragen, die das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen aufwerfe, gebeten. II. Die Bundesregierung ist in der 16. Legislaturperiode bei der Gegenzeichnung des vom Deutschen Bundestag am 18. Juni 2008 beschlossenen Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BT-Drs. 16/12850 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, BT-Drs. 16/ 13411; BR-Drs. 604/09) von folgenden Erwägungen ausgegangen: 1. Gesetzgebungskompetenz des Bundes a) Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das als Artikel 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen erlassenen Gesetzes zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen (Zugangserschwerungsgesetz- ZugErschwG) ergab sich nach Auffassung der damaligen Bundesregierung aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) i.v.m. Artikel 72 Abs. 2 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts decke diese Kompetenznorm alle Regelungen ab, die das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelten. Sie umfasse Normen und Gesetze mit wirtschaftsregulierenden oder wirtschaftslenkenden Inhalten (BVerfGE 68, 319, 330). Die den Zugangsvermittlern auferlegte Pflicht, den Zugang zu kinderpornographischen Angeboten durch entsprechende technische Vorkehrungen zu erschweren, sei als eine solche wirtschaftslenkende Maßnahme zu qualifizieren, da sie die Diensteanbieter in der Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit reglementiere. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestimme sich die Frage, welche Kompetenzgrundlage für eine bundesgesetzliche Regelung einschlägig sei, nach dem konkreten Inhalt des Gesetzes. Für die kompetenzrechtliche Zuordnung komme es in erster Linie auf den funktionalen Zusammenhang, den Hauptzweck der Regelung und die Materie an, in die

- 2- das Gesetz eingreife. Entscheidend sei nicht der Anknüpfungspunkt, sondern der Gegenstand des Gesetzes (vgl. BVerfGE 58, 137, 145; 68, 319, 327f.). Gegenstand des Gesetzes seien keine präventivpolizeilichen oder repressiven Maßnahmen gegenüber den Diensteanbietern, die sich selbst nicht als wissentliche und willentliche Verbreiter kinderpornographischen Materials strafbar machten, sondern Reglementierungen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Hinblick auf den Transport bestimmten Materials. Auf die im Grundansatz mit der hier für den elektronischen Datenverkehr getroffenen Regelung vergleichbare Bestimmung in 1 Abs. 3 Post-Universaldienstleistungsverordnung vom 15. Dezember 1999 (BGB. I S. 2418), zuletzt geändert durch Artikel 3 Abs. 26 des Gesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970), wonach bestimmte Sendungen von der Beförderung ausgeschlossen sind, deren Inhalt, äußere Gestaltung oder Beförderung gegen strafrechtliche Bestimmungen verstößt oder deren Außenseite rassendiskriminierendes Gedankengut enthält, konnte nach Auffassung der Bundesregierung in der 16. Wahlperiode insoweit Bezug genommen werden. Nach der in der Begründung des Gesetzentwurfes dargelegten Auffassung der Bundesregierung in der zurückliegenden Wahlperiode konnte hinsichtlich der für die Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebung nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG nachzuweisenden Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung (Artikel 72 Abs. 2 GG) (BT-Drs. 16/13125) darauf hingewiesen werden, dass durch ggfs. unterschiedliche Regelungen in den Ländern die betroffenen Unternehmen in ihrem wirtschaftlichen Handeln beeinträchtigt würden. Mit einer bundeseinheitlichen Regelung werde eine sonst drohende Ungleichbehandlung der betroffenen Diensteanbieter vermieden. Besonders die Sperrung ausländischer Webseiten sei nicht an Ländergrenzen gebunden und könne aus technischen Gründen auch nicht an sie gebunden werden. b) Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG Soweit das Bundeskriminalamt mit der Wahrnehmung der Aufgabe zur Führung einer sog. Sperrliste nach 1 ZugErschwG betraut ist, ergab sich nach Meinung der Bundesregierung in der 16. Legislaturperiode die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Artikel 73 Abs. 1 Nr. 10 GG. Der Hinweis auf diese Kompetenznorm in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drs. 16/13125) erfolgte zur Verdeutlichung ihrer Auffassung, dass das Bundeskriminalamt die für die Erstellung der Sperrliste benötigten Informationen aus seiner originären Zuständigkeit als Zentralstelle für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen sowie für die internationale Verbrechensbekämpfung schöpfe. Die Zusammenstellung der für die Löschung und ggf. Sperrung benötigten Informationen ist von der damaligen Bundesregierung insofern nur als Nebenprodukt von im Bundeskriminalamt bereits vorhandenen Erkenntnissen, die in erster

- 3- Linie zur Strafverfolgung bzw. zur Weitergabe an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden gewonnen worden sind, betrachtet worden. c) Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG Nach Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 GG könne der Bund Zentralstellen u.a. für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen sowie die Kriminalpolizei einrichten. Darüber hinaus könne der Bundesgesetzgeber nach Artikel 87 Abs. 3 Satz 1 GG für Angelegenheiten, für die ihm die Gesetzgebung zustehe, selbständige Bundesoberbehörden errichten, die eine bestimmte Aufgabe zentral für das gesamte Bundesgebiet und ohne Inanspruchnahme von Landesbehörden ausführen könnten. Diese verfassungsrechtliche Befugnis umfasse auch die Zuweisung neuer Aufgaben auf bereits bestehende zentrale Verwaltungseinrichtungen des Bundes. Die Übertragung der Befugnis zur Führung der Sperrliste auf das BKA sei nach Auffassung der Bundesregierung in der 16. Wahlperiode unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfolgt, nach der grundsätzlich auch den in Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 GG genannten Zentralstellen derartige Aufgaben übertragen werden könnten (vgl. BVerfGE 97, 198, 217; 110, 33, 51). d) Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG Die als Artikel 2 des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen geregelte Änderung des Telekommunikationsgesetzes stützt sich nach Auffassung der Bundesregierung in der 16. Legislaturperiode auf die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes gemäß Artikel 73 Abs. 1 Nr. 7 GG. 2. Ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren Nach Auffassung der Bundesregierung in der 16. Wahlperiode ist das Gesetz auch formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Ob die von MdB a.d. Jörg Tauss (Piratenpartei) vorgebrachten und in dem anhängigen Organstreitverfahren geltend gemachten Einwendungen durchgreifen, ist letztlich vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. In diesem Verfahren dürfte auch die bei der Zweiten und Dritten Lesung des Gesetzentwurfs erfolgte Kritik, dass ein neuer, gänzlich anderer Entwurf als bei der Ersten Lesung behandelt werde und es daher an der erforderlichen Ersten Lesung gefehlt habe, erörtert werden. Bei der Gegenzeichnung des Gesetzentwurfs ist die Bundesregierung in der 16. Wahlperiode von folgenden Erwägungen ausgegangen:

- 4- Zwar sei der Gesetzentwurf nach der Ersten Lesung im Rahmen der Ausschussberatungen dahingehend verändert worden, dass die ursprünglich als Artikel 1 vorgesehene Änderung des Telemediengesetzes aufgegeben und durch das ZugErschwG als neues Stammgesetz ersetzt worden sei, doch diese Änderungen entsprächen inhaltlich weitgehend dem ursprünglichen Gesetzentwurf und bewirkten keinen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens. Insbesondere habe sich der federführende Ausschuss kein ihm nicht zustehendes Gesetzesinitiativrecht angemaßt. Dem Bundestag komme bei der Umsetzung von Gesetzesvorlagen ein großer Gestaltungsspielraum und eine umfassende Bearbeitungskompetenz zu. Eine intensive Überprüfung, Beratung und Abwägung des Gesetzentwurfes umfasse zugleich das Recht, diesen zu bearbeiten und umzugestalten. Dem Bundestag obliege die Verantwortung, den Entwurf dahingehend weiterzuentwickeln, dass sein gesetzgeberischer Zweck und zugleich die notwendige parlamentarische Mehrheit erreicht werden könne. Das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen stehe gemäß 62 Abs. 1 Satz 2 GO-BT in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD vorgelegten Gesetzentwurf (BT- Drs. 16/12850). Die vom Ausschuss für Wirtschaft und Technologie vorgeschlagenen Novellierungen setzten ausschließlich das sachliche Begehren des Entwurfs um. Es sei nach Meinung der Bundesregierung in der 16. Wahlperiode insoweit unerheblich, dass der Ausschuss in Artikel 1 des Gesetzes den Erlass eines neuen Stammgesetzes empfohlen habe. Diese Neufassung enthalte keine sachfremden Ergänzungen oder Änderungen, sondern modifiziere lediglich die im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen. Mit dem neuen Standort der Normen solle sichergestellt werden, dass künftig keine Erweiterung von Zugangserschwerungen auf andere Inhalte erfolgen werde. Dies entspreche den während des Gesetzgebungsverfahrens vielfach geäußerten Bedenken (BT-Drs. 16/13411, S. 13 f.). In diesem Zusammenhang sei auch auf die im Verhältnis zu den im Gesetzgebungsverfahren beratenden Ausschüsse des Bundestages weniger weit reichenden Befugnisse des Vermittlungsausschusses hinzuweisen. Der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses könne unstreitig auch darin bestehen, einen einheitlichen Gesetzesbeschluss in zwei (oder mehrere) Gesetze aufzuteilen oder solche zusammenzuführen (Dästner, Die Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses (1995), 10 Rn. 22). Anders als nach einem Vermittlungsverfahren, bei dem die Abgeordneten den Einigungsvorschlag lediglich annehmen oder ablehnen, aber keine Sachanträge mehr stellen könnten ( 10 Abs. 2 Geschäftsordnung-Vermittlungsausschuss), könnten sie in den Ausschussberatungen noch auf eine Modifizierung des Gesetzentwurfes hinwirken. Ih-

- 5- nen stünden zu diesem Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens somit noch verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um ihre Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG zu wahren. Es sei daher folgerichtig, auch den parlamentarischen Ausschüssen die Befugnis zur Zusammenführung und Aufteilung von Gesetzentwürfen zuzugestehen. Diese Option werde von ihrer Gestaltungsfreiheit erfasst und entspreche im Übrigen auch der Staatspraxis. Selbst wenn ein Geschäftsordnungsverstoß beim Gesetzgebungsverfahren festgestellt würde, führte dies nicht zur Nichtigkeit des so beschlossenen Gesetzes (BVerfGE 29, 221, 234). Die Behandlung eines Gesetzentwurfs in drei Lesungen sei nur nach der Geschäftsordnung, nicht aber verfassungsrechtlich geboten (vgl. BVerfGE 29, 221, 234). III. Die gegenwärtige Bundesregierung beabsichtigt eine Gesetzesinitiative zur Löschung kinderpornographischer Inhalte im Internet. Bis zum Inkrafttreten dieser Regelung wird sich die Bundesregierung auf der Grundlage des Zugangserschwerungsgesetzes ausschließlich und intensiv für die Löschung derartiger Seiten einsetzen, Zugangssperren aber nicht vornehmen. Die damit gemachten Erfahrungen werden in die Gesetzesinitiative einfließen.