Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin. Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen

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Transkript:

LAGetSi-Info Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen Seit dem 1. April 1999 ist die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV) in Kraft. Die Biostoffverordnung steht in der Reihe mit einer Folge von Vorschriften für den Arbeitsschutz, die auf der Basis des Arbeitsschutzgesetzes erlassen wurden. Das sind neben der Biostoffverordnung die Persönliche Schutzausrüstung- Benutzungsverordnung, die Betriebssicherheitsverordnung, die Bildschirmarbeitsverordnung, die Lastenhandhabungsverordnung, die Arbeitsstättenverordnung und die Gefahrstoffverordnung. Bei dem Tempo der technischen Neuerungen und Veränderungen in der Arbeitswelt geben diese Rechtsvorschriften den Verantwortlichen in den Betrieben und Verwaltungen die Möglichkeit, gemeinsam mit den Beschäftigten auf der Basis der Gefährdungsbeurteilungen entsprechend den betrieblichen Gegebenheiten die Gesundheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen zu gestalten. Dieses Vorgehen ist auch von großer Bedeutung bei der Umsetzung der Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Unter biologischen Arbeitsstoffen ( 2) werden verstanden: Mikroorganismen, einschließlich gentechnisch veränderter Mikroorganismen, Zellkulturen und humanpathogene Endoparasiten, die beim Menschen Infektionen, sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können sowie bestimmte Stoffe, die beim Menschen eine Infektion oder eine übertragbare Krankheit verursachen können, zum Beispiel ein mit transmissibler, spongiformer Enzephalopathie assoziiertes Agens. Mikroorganismen sind alle zellulären oder nichtzellulären mikrobiologischen Einheiten, die zur Vermehrung oder zur Weitergabe von genetischem Material fähig sind. Zellkulturen sind in-vitro-vermehrungen von aus vielzelligen Organismen isolierten Zellen. Die Biostoffverordnung unterscheidet zwischen gezielter und nicht gezielter Tätigkeit. Gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn 1. biologische Arbeitsstoffe mindestens der Spezies nach bekannt sind, 2. die Tätigkeiten auf einen oder mehrere biologische Arbeitsstoffe unmittelbar ausgerichtet sind und 3. die Exposition der Beschäftigten im Normalbetrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar ist. Liegt auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht vor, dann handelt es sich immer um nicht gezielte Tätigkeiten. Beispielsweise ist die gesundheitliche Pflege von Menschen immer eine nicht gezielte Tätigkeit. Werden aber Mikroorganismen um Beispiel zu diagnostischen Zwecken vermehrt, dann handelt es sich um eine gezielte Tätigkeit. Zu den Tätigkeiten im Sinne der Verordnung zählt der berufliche Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen, biologischen Produkten, Gegenständen und Materialien, wenn bei diesen Tätigkeiten biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können und dabei Beschäftigte mit den biologischen Arbeitsstoffen direkt in Kontakt kommen können. Hierbei muss immer deutlich der Bezug zur beruflichen Tätigkeit bestehen. Der Omnibusfahrer, der auch erkältete Fahrgäste transportiert, verrichtet eine solche Tätigkeit nicht. Er stellt seine berufliche Aufgabe auf das Führen des Omnibusses ab und ist bestrebt, den Fahrplan pünktlich einzuhalten. Auch der Kontakt zu einer erkrankten Kollegin am benachbarten Arbeitsplatz steht nicht im erforderlichen Bezug zur beruflichen Tätigkeit. Impressum: Herausgeber: Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin - LAGetSi - Turmstraße 21, 10559 Berlin, Tel. (030) 902 545-400 www.lagetsi.berlin.de E-Mail: medizinischerarbeitsschutz@lagetsi.berlin.de LAGetSi Referat III C Sicherheit und Gesundheit für Berlin bei der Arbeit und danach Stand 10/2016

- 2 - Ganz anders stellen sich die Aufgaben einer Kinderbetreuerin dar. Sie muss bei der Pflege von Säuglingen viele Handlungen vornehmen, bei deren Ausführung sie Umgang mit Menschen hat, es können biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden, zum Beispiel Körperausscheidungen, und sie hat bei ihrer Arbeit direkten Kontakt zu den biologischen Arbeitsstoffen, zum Beispiel das Wickeln der Kinder. Ähnliche Tätigkeiten können wir auch erwarten bei der Beratung und insbesondere bei der Pflege anderer Personengruppen. Es obliegt dem Arbeitgeber, gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit, die von diesen Tätigkeiten ausgehende Gefährdung zu beurteilen ( 4 bis 7 - Gefährdungsbeurteilung bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten) und im Ergebnis das Risiko für die Gesundheit einzustufen sowie die Sicherheitsmaßnahmen festzulegen. In Vorbereitung der Gefährdungsbeurteilung hat er eine Reihe wichtiger Informationen zu beschaffen. Um eine möglichst sichere und genaue Beurteilung vornehmen zu können, betreffen sie im wesentlichen die Identität der Stoffe am Arbeitsplatz, die Einstufung des lnfektionspotentials, die sensibilisierende und die toxische Wirkung, den Betriebsablauf, die Art und die Dauer der Tätigkeit, die Übertragungswege, die Expositionen und Belastungen der Beschäftigten und die Erfahrungen aus anderen Arbeitsstätten. Nun kann entsprechend der Wahrscheinlichkeit und des Ausmaßes der Infektionsgefahr für die Beschäftigten eine Bewertung der Tätigkeit in Schutzstufen vorgenommen werden. Dies erfolgt auf der Grundlage der Einstufung der Mikroorganismen in Risikogruppen (TRBA 450, 460, 462, 464, 466), wobei die sensibilisierenden und die toxischen Wirkungen zu beachten sind. Sie sind aber nicht für die Beurteilung von Bedeutung. Risikogruppen für biologische Arbeitsstoffe ( 3): Risikogruppe 1: Risikogruppe 2: Risikogruppe 3: Risikogruppe 4: Biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen. Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich. Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich. Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich. Ein Risiko liegt immer dann vor, wenn beim Arbeiten mit vermehrungsfähigen pathogenen oder potentiell pathogenen Mikroorganismen oder mit Untersuchungsgut eine Übertragung von Krankheiten auf den Menschen möglich ist oder nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Bei gezielten Tätigkeiten sind die Sicherheitsmaßnahmen an die Risikogruppe gebunden - Risikogruppe gleich Schutzstufe.

- 3 - Da bei nicht gezielten Tätigkeiten eine alleine an diesen Kriterien ausgerichtete Wertung den praktischen Anforderungen nicht gerecht wird, muss das Risiko in Auswertung aller bei der Erarbeitung der Gefährdungsbeurteilung gewonnenen Erkenntnisse im Vergleich mit einer gezielten Tätigkeit bestimmt und für die Auswahl der Maßnahmen eine Schutzstufe festgelegt werden. Es gibt Tätigkeiten, die keiner Schutzstufe zugeordnet werden müssen ( 6), beispielsweise in der Abwasser- und Abfallwirtschaft, gleichwohl sind geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Bei allen Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sind immer die Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 einzuhalten. Die weiteren Maßnahmen sind auf der Basis der Gefährdungsbeurteilung aus den Anhängen II und III (Sicherheitsmaßnahmen), dem Anhang IV (arbeitsmedizinische Vorsorge) zur Biostoffverordnung sowie den technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) bei nicht gezielten Tätigkeiten auszuwählen und bei gezielten Tätigkeiten zwingend umzusetzen. Die TRBA geben den Stand der sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen Anforderungen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen wieder. Sie werden vom Ausschuß für biologische Arbeitsstoffe erarbeitet ( 19). Die TRBA 500 beschreibt die Mindestanforderungen an die allgemeinen Hygienemaßnahmen. Sie werden auf betrieblicher Ebene im Hygieneplan dargestellt. Der Hygieneplan geht von dem Prinzip aus: zu reinigen, zu desinfizieren und zu behandeln ist und zu erledigen und zu kontrollieren hat. was - wann - womit - wie wer Für die in einer Betriebsanweisung ( 14 - in Schutzstufe 1 nur bei gleichzeitiger sensibilisierender oder toxischer Wirkung der Arbeitsstoffe) darzustellenden Maßnahmen und die Unterrichtung der Beschäftigten zu den Sicherheitsmaßnahmen, Verhaltensregeln sowie Anweisung über das Verhalten bei Unfällen und Betriebsstörungen und zur Ersten Hilfe sind insbesondere die Übertragungs- und Aufnahmewege von biologischen Arbeitsstoffen beim Menschen zu beachten: 1. über den Mund, zum Beispiel: Essen, Trinken, Rauchen ohne vorherige Reinigung der Hände, am Arbeitsplatz kontaminierte Nahrungs- und Genußmittel, 2. über die Atemwege, zum Beispiel: Bioaerosole (kleinste Tröpfchen, Nebel und Stäube, eine erhöhte Staubentwicklung bedeutet in der Regel eine erhöhte Keimzahl), 3. über die Haut oder Schleimhäute, zum Beispiel: Eindringen bei Verletzungen, aufgeweichte Haut (Feuchtarbeiten), Spritzer in die Augen. Die Maßnahmen richten sich auf die 1. Einrichtung von Arbeitsstätten, zum Beispiel: leicht zu reinigende Oberflächen, Vermeidung/Reduktion von Aerosolen, Stäuben und Nebel, 2. Organisatorische Maßnahmen, zum Beispiel: Mittel zum hygienischen Reinigen und Trocknen der Hände, Abfälle mit biologischen Arbeitsstoffen in geeigneten Behältnissen sammeln, Mittel zur Wundversorgung bereitstellen, 3. Persönliche Schutzausrüstung, zum Beispiel: Hautschutz, Partikelschutzfiltermasken.

- 4 - Die Arbeitsmedizinische Vorsorge nach 12 BioStoffV ist verpflichtend erforderlich, sofern Tätigkeiten ausgeführt werden, die im Anhang Teil 2 Absatz 1 der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung (ArbMedVV) benannt sind, zum Beispiel (nicht abschließende Auflistung): wenn die Beschäftigten gezielte Tätigkeiten mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4 beziehungsweise mit den in Absatz 1 Nummer 1 gelisteten Organismen ausüben, oder bei nicht gezielten Tätigkeiten in Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen mit regelmäßig direkten Kontakt zu Erkrankten, oder krankheitsverdächtigen Personen, beispielsweise hinsichtlich Keuchhusten-Bakterien oder Hepatitis-A-Viren, oder Tätigkeiten ausüben, bei denen es regelmäßig und in größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen oder Körpergewebe kommen kann, insbesondere bei Verletzungsgefahr beziehungsweise Aerosolbildung, hinsichtlich Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Viren enthalten können (in erster Linie Blut), oder bei Tätigkeiten mit regelmäßigem Kontakt zu Stuhl (Hepatits-A-Viren), oder in Einrichtungen zur vorschulischen Kinderbetreuung (Keuchhusten, Masern, Mumps, Röteln, Windpocken). Darüber hinaus hat der Arbeitgeber den Beschäftigten arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten bei anderen Tätigkeiten in der Schutzstufe 3 sowie in der Schutzstufe 2, wenn eine Infektionsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Anzubieten ist eine arbeitsmedizinische Vorsoge auch dann, wenn Beschäftigte sich eine Erkrankung zugezogen haben, die auf die Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sein kann und im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung. Das Angebot gilt für alle Beschäftigte des gleichen Tätigkeitsbereichs, es sei denn, die Erkrankung geht auf eine personenbezogene Schädigung zurück und eine Übertragung auf andere Beschäftigte ist auszuschließen. Ebenfalls muss Vorsorge angeboten werden, sofern als Folge einer Exposition eine schwere Erkrankung droht und Maßnahmen der postexpositionellen Prophylaxe möglich sind. Über die Vorschriften des Anhangs hinaus hat der Arbeitgeber den Beschäftigten arbeitsmedizinische Vorsorge auf ihren Wunsch hin zu ermöglichen, es sei denn, gemäß der Beurteilung der Arbeitsbedingungen ( Gefährdungsbeurteilung ) ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen. Mit der Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge, einschließlich der Beurteilung der Gesundheitsgefährdung, der Aufklärung und der Beratung der Beschäftigten dürfen nur Fachärzte für Arbeitsmedizin oder Betriebsmediziner (in der Regel die Betriebsärzte) beauftragt werden. Vor Durchführung der Vorsorge muss er oder sie sich die notwendigen Kenntnisse über die Arbeitsplatzverhältnisse verschaffen. Der Arbeitgeber hat dem Arzt oder der Ärztin auf Verlangen die für die Vorsorge bedeutsamen Informationen über die Arbeitsplatzverhältnisse zu geben und ihm eine Besichtigung des Arbeitsplatzes zu ermöglichen. Es besteht kein Untersuchungszwang, das heißt, dass körperliche oder klinische Untersuchungen nur nach Prüfung auf deren Erfordernis nach pflichtgemäßen ärztlichen Ermessen angeboten werden dürfen. Die zu untersuchende Person muss dann nach Aufklärung über Sinn und Risiken informiert einwilligen. Die Ergebnisse sowie die Befunde werden vom Arzt schriftlich festgehalten und ausgewertet. Der Arzt berät die untersuchte Person arbeitsmedizinisch, stellt ihr die Ergebnisse auf Wunsch zur Verfügung und stellt ihr, wie auch dem Arbeitgeber, eine Vorsorgebescheinigung aus, dass, wann und aus welchem Anlass eine arbeitsmedizinische Vorsorge stattgefunden hat und wann diese gegebenenfalls zu wiederholen ist. Der Arbeitgeber ist in Kenntnis zu setzen, wenn im Ergebnis der Auswertung Anhalt besteht, dass das Schutzregime beziehungsweise die getroffenen Arbeitsschutzmaßnahmen nicht ausreichen.

- 5 - Wenn aus medizinischen Gründen, die ausschließlich in der beratenen und gegebenenfalls untersuchten Person liegen, gesundheitliche Bedenken gegen den Einsatz bestehen, bedarf eine Mitteilung an den Arbeitgeber darüber unabdingbar der ausdrücklichen Einwilligung. Neu ist auch, dass allen Beschäftigten, die bei ihrer Arbeit einem Infektionsrisiko über dem der Allgemeinbevölkerung ausgesetzt sind, auch wenn sie keine Tätigkeiten nach Biostoffverordnung ausüben, vom Arbeitgeber im Rahmen der Vorsoge eine Impfung anzubieten ist, sofern ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht. Der impfende Arzt hat die Beschäftigten über den Nutzen sowie über mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen der Impfung aufzuklären. Ein Arbeitgeber muss vor erstmaliger Aufnahme einer Tätigkeit der Schutzstufe 3 oder 4 in Laboratorien oder ähnlichen beim LAGetSi gemäß 15 die Erlaubnis dazu beantragen. Das Gleiche gilt für Tätigkeit der Schutzstufe 4 im Gesundheitsdienst. Gezielte Tätigkeiten in Laboratorien oder ähnlichen mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 oder Tätigkeiten der Risikogruppe 3, die keiner Erlaubnis nach 15 bedürfen, sind spätestens 30 Tage vor ihrer Aufnahme anzuzeigen ( 16). Die Anzeigepflicht besteht auch für Änderungen einer erlaubten Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 und 4 nach 15. Haben Sie Fragen zur Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen, wenden Sie sich an Ihren Betriebsarzt oder an das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi), Referat III C, Turmstraße 21, 10559 Berlin, Tel. (030) 902 545-400, Fax: (030) 9028-8031. Rechtsvorschriften [1] Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (ArbSchG) vom 7. August 1996 BGBl. I Seite 1246, zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 19. Oktober 2013 (BGBl. I Seite 3936) [2] Verordnung zur Umsetzung von EG-Richtlinien über den Schutz der Beschäftigten gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (BioStoffV) in der Neufassung vom 15. Juli 2013 (BGBl. I Seite 2514) [3] Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbmedVV) in der Fassung vom 31. Oktober 2013 (BGBl. I Seite 3882) [4] TRBA 100 Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien, Ausgabe Oktober 2013, GMBl 2014, Nr. 51/52 vom 17. Oktober 2013, Änderung vom 30. Juni 2014, GMBl. Nummer 38) [5] TRBA 130 Arbeitsschutzmaßnahmen in akuten biologischen Gefahrenlagen Ausgabe: Juni 2012, Zuletzt geändert: GMBl Nummer 13/14 vom 5. März 2013, Seite 294 [6] TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege ( Ausgabe: März 2014, GMBl. 2014 Nummer 10/11 vom 27. März 2014, Seite 206, 1. Änderung: GMBl. Nummer 25 vom 22. Mai 2014, Seite 535, 2. Änderung: GMBl. Nummer 29 vom 21. Juli 2015, Seite 577) [7] TRBA 450 Ausgabe Juni 2000 mit der Änderung und Ergänzung: BArbBl. 04/2002 und 10/2002, Änderung und Ergänzung: BArbBl. 11-2004 [8] TRBA 460 Einstufung von Pilzen in Risikogruppen Bundesarbeitsblatt 10/02, Seite 78-84 [9] TRBA 462 Einstufung von Viren in Risikogruppen Ausgabe: April 2012 GMBl. Nummer 15-20 vom 25. April 2012, Seite 299-372, 1. Änderung: GMBl. Nummer 29 vom 21. Juli 2015, Seite 577 [10] TRBA 464 Einstufung von Parasiten in Risikogruppen Ausgabe: Juli 2013 GMBl. Nummer 31 vom 19. Juli 2013, Seite 594-619 [11] TRBA 466 Einstufung von Bakterien (Bacteria) und Archaebakterien (Archaea) in Risikogruppen, Ausgabe Dezember 2010, zuletzt ergänzt GMBl. Nummer 15-20 vom 25. April 2012, Seite 380 [12] TRBA 468 Zellkulturen, Ausgabe April 2012 GMBl. Nummer 15-20 vom 25. April 2012, Seite 250-299 1. Änderung: GMBl. Nummer 29 vom 21. Juli 2015, Seite 578 [13] TRBA 500 Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ( Ausgabe Dezember 2010 zuletzt ergänzt GMBl. Nummer 15-20 vom 25. April 2012, Seite 380) [14] BG-Grundsatz 42 - Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung [15] BGI 504-42 - Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung (Auswahlkriterien)