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Transkript:

Landeshauptstadt München Vorher-Nachher-Untersuchung Duale Führung mit Schutzstreifen und Radwegen ohne Benutzungspflicht in der Elsenheimerstraße Kurzbericht

Landeshauptstadt München Vorher-Nachher-Untersuchung Duale Führung mit Schutzstreifen und Radwegen ohne Benutzungspflicht in der Elsenheimerstraße Kurzbericht Auftraggeber: Auftragnehmer: Bearbeitung: Landeshauptstadt München Kreisverwaltungsreferat (KVR) Planungsgemeinschaft Verkehr PGV-Alrutz GbR Adelheidstraße 9b D - 30171 Hannover Telefon 0511 220601-80 Telefax 0511 220601-990 E-Mail pgv@pgv-hannover.de www.pgv-hannover.de Dipl.-Ing. Detlev Gündel Dipl.-Geogr. Stefanie Busek B.Sc. Nils Vullriede Hannover, im April 2016

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße Inhalt 1 Grundlagen... 1 2 Ergebnisse der Evaluation... 5 2.1 Unfallgeschehen... 5 2.2 Radverkehrsstärken, Fahrtrichtungen und Flächennutzung... 6 2.3 Geschwindigkeitsmessungen Kfz-Verkehr... 7 2.4 Befragungen von Verkehrsteilnehmenden... 7 2.5 Videobeobachtung... 8 2.6 Ruhender Kfz-Verkehr und Lieferverkehr... 9 3 Folgerungen und Empfehlungen... 10 3.1 Folgerungen aus den Ergebnissen... 10 3.2 Empfehlungen... 12 3.3 Weiterer Untersuchungs- bzw. Forschungsbedarf... 14

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 1 1 Grundlagen Die Elsenheimerstraße, im Osten von Laim, verbindet auf einer Länge von 650 m die Lautensackstraße mit der Westendstraße. Mit einer Verkehrsbelastung von 14.000 Kfz/Tag und einer Schwerverkehrsbelastung von 700 Fahrzeugen/Tag handelt es sich bei der Elsenheimerstraße um eine Hauptverkehrsstraße mit Verbindungsfunktion, u. a. zwischen Nymphenburg und Sendling sowie Pasing und Ludwigsvorstadt. In der Elsenheimerstraße befinden sich 6 Bushaltestellen, die von der Buslinie 62 vom Rotkreuzplatz zum Ostbahnhof mit bis zu neun Busse pro Richtung pro Stunde angefahren werden. Laut Radlstadtplan 2013 liegt die Elsenheimerstraße nicht im ausgeschilderten Radlnetz, hat aber gleichwohl zeitweise ein hohes Radverkehrsaufkommen wie auch ein zeitweise hohes Fußgängeraufkommen infolge von anliegenden Dienstleistern und Geschäften sowie abschnittsweise dichter Wohnbebauung. Anfang Mai 2015 wurde die zuvor geltende Benutzungspflicht der beidseitigen Einrichtungsradwege aufgehoben. Wegen der hohen Kfz-Belastung sind für den Radverkehr zusätzlich zu den baulich weiter vorhandenen Radwegen beidseitige Schutzstreifen auf der Fahrbahn eingerichtet worden. Insofern besteht hier eine sog. duale Führung des Radverkehrs: Radfahrer können sich frei entscheiden, ob sie den Radweg oder den Schutzstreifen benutzen. Aufgrund der besonderen örtlichen Gegebenheiten (u. a. viele Grundstücksein- und -ausfahrten, zu Stoßzeiten hohes Fuß- und Radverkehrsaufkommen) und weil es eine derartige Verkehrsführung in München noch nicht gibt, ist diese Maßnahme in einer Untersuchung auf ihre Wirkungen untersucht worden. In anderen Städten sind duale Führungsformen insbesondere nach der Aufhebung der Benutzungspflicht von Radwegen inzwischen häufig zu finden (meist mit damit zulässiger Benutzung der Fahrbahn, ohne weitere Maßnahmen), jedoch in ihrer Wirkung noch kaum systematisch untersucht worden (vgl. ALRUTZ et al. 2009). Die Kombination aus Schutzstreifen und baulichen Radwegen ist bisher selten. In den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) wird die Kombination Schutzstreifen und vorhandener Radweg ohne Benutzungspflicht ausdrücklich als mögliche Führungsform für den Belastungsbereich II benannt, der durch Kfz- Belastung und Geschwindigkeitsniveau gekennzeichnet ist (Bild 1-1 und Bild 1-2). In der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06 1 ) wird die Kombination Gehweg, Radverkehr frei mit Schutzstreifen bei Kfz-Verkehrsstärken von 800 1.800 Kfz/h empfohlen, was auf die Elsenheimerstraße zutrifft. 1 Sind bei Verkehrsstärken von 800 Kfz/h bis 1.800 Kfz/h Schutzstreifen vorgesehen, wird der Gehweg zusätzlich für Radfahrer frei gegeben (RASt 06, S. 35)

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 2 Bild 1-1: Einordnung der Elsenheimerstraße in die Belastungsbereiche zur Vorauswahl von Radverkehrsführungen bei zweistreifigen Stadtstraßen (die Übergänge zwischen den Belastungsbereichen sind keine harten Trennlinien) (Quelle: ERA 2010, S. 19, Bild 7, ergänzt) Bild 1-2: Zuordnung der Führungsformen zu den Belastungsbereichen bei Stadtstraßen, hervorgehoben der Belastungsbereich und die Maßnahmenkombination in der Elsenheimerstraße (ERA 2010, S. 18, Tabelle 8, ergänzt)

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 3 Wegen der noch geringen Erfahrungen mit dieser Kombination stand für die Untersuchung die Frage im Vordergrund, ob unter den gegebenen Umständen und unter welchen Voraussetzungen diese duale Radverkehrsführung sinnvoll und verkehrssicher ist. Die Evaluation beinhaltet eine Vorher- und eine Nachher- Untersuchung. Die Entschilderung der Benutzungspflicht und die Markierung der Schutzstreifen ist Anfang Mai 2015 umgesetzt worden. Im April 2015 sind die Erhebungen zur Vorher-Untersuchung erfolgt, im September 2015 die zum Nachher-Zustand. Ende Mai 2015 ist außerdem das Park- und Lieferverhalten kurz nach der Markierung der Schutzstreifen erhoben worden. Das Bild 1-3 zeigt die Querschnitte im Bestand vorher und nachher auf Höhe der Haltestelle Lautensackstraße. Das Bild 1-4 auf Höhe der Mittelinsel. Bild 1-3: Elsenheimerstraße Querschnitt A-A Höhe Haltestelle Lautensackstraße Ostseite, Blickrichtung Norden

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 4 Bild 1-4: Elsenheimerstraße Querschnitt B-B Höhe Mittelinsel Hausnr. 45, Blickrichtung Norden Die folgenden Untersuchungen wurden durchgeführt: Unfallgeschehen (Vorher/Nachher), Radverkehrsstärken, Fahrtrichtungen und Flächennutzung (Vorher/Nachher), Geschwindigkeitsmessungen Kfz-Verkehr (Vorher/Nachher), Befragungen von Verkehrsteilnehmenden (Nachher), Videobeobachtung (Vorher/Nachher), Erhebung zum ruhenden Kfz-Verkehr und Lieferverkehr (Vorher/Nachher), Im Kapitel 2 werden die Ergebnisse der Untersuchungen vorgestellt. Die Methodiken und Vorgehensweisen für die Untersuchungen können dem Bericht entnommen werden.

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 5 2 Ergebnisse der Evaluation 2.1 Unfallgeschehen Für den Streckenabschnitt kann festgehalten werden, dass es sich mit den benutzungspflichtigen Radwegen um einen Bereich mit überdurchschnittlich hoher Unfalldichte und Unfallrate handelt. Vor allem an den Grundstücksein- und - ausfahrten im östlichen Seitenraum besteht aufgrund schlechter Sichtbeziehungen hohes Gefahrenpotenzial zwischen Pkw- und Radverkehr, was verstärkt wird durch die besonderen Gefahren durch links fahrende Radfahrer, die im konkreten Fall beide Schwerverletzten im Vorher-Zustand stellen (Tab. 2-1). Im Vorher-Zeitraum ereigneten sich sieben Unfälle mit links fahrenden Radfahrern, elf mit rechts fahrenden (drei unbekannt). Im Nachher-Zeitraum ereigneten sich zwei Unfälle mit links fahrenden und zwei mit rechts fahrenden Radfahrern. Der Anteil linksfahrender Radfahrer ist zwar im Verhältnis zu anderen Straßen unterdurchschnittlich, ihr Beitrag zum Unfallgeschehen aber auffällig hoch und auch mit schweren Unfallfolgen. Ob eine Verbesserung der Verkehrssicherheit infolge der Markierung von Schutzstreifen bewirkt wurde, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht geklärt werden. Der Zeitraum für die Nachher-Erhebungen ist noch zu kurz, um aussagekräftig zu sein. In den ersten fünf Monaten ist noch kein Unfall im eindeutigen Zusammenhang mit den Schutzstreifen passiert. Vorher Nachher Zeitraum Januar 2012 April 2015 Mai 2015 September 2015 Dauer (Monate) 40 5 Anzahl Radverkehrsunfälle (inkl. Anschlussknoten) 21 4 Anzahl Unfälle pro Monat 0,5 0,8 im Streckenverlauf 12 3 getötete Personen 0 0 Schwerverletzte 2 1 Leichtverletzte 17 1 Unfallgegner Kfz (Anteil) 80 % 75 % Unfalldichte (RVU/a*km) 6,2 11,1 Tab. 2-1: Unfalldaten der Elsenheimerstraße im Vorher-Nachher-Vergleich Unfälle mit Radfahrerbeteiligung treten an den beiden signalisierten Knotenpunkten (die nur geringfügig von der untersuchten Maßnahme betroffen sind) auf, ansonsten vor allem an Grundstückszufahrten im Streckenverlauf. Es handelt sich dabei überwiegend um typische Radwegunfälle mit abbiegenden und einbiegenden/ kreuzenden Pkws (vorher wie nachher). Die Unfalldichte vorher mit 6 U/km*a wie auch die Unfallrate von 13,4 U/km*a entspricht einem unfallauffälligen Bereich, auch im bundesweiten Vergleich mit Straßen mit Radwegen mit Benutzungspflicht. Die Unfalldichte nachher liegt noch höher, ist

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 6 aber auch hier ausschließlich auf Radwegunfälle zurückzuführen (wobei der sehr kurze Nachher-Zeitraum und damit erhebliche statistische Auswirkungen kleiner Zahlen zu berücksichtigen ist). Es ereignete sich kein Unfall vorher wie nachher, der typisch ist für den Radverkehr auf der Fahrbahn oder auf markierter Radverkehrsführung. Die Schutzstreifen sind bisher unfallfrei. 2.2 Radverkehrsstärken, Fahrtrichtungen und Flächennutzung Bei der Querschnittszählung des Radverkehr wurde ein unterdurchschnittlich hoher Anteil linksfahrender Radfahrer auf dem Radweg vorher und nachher (vorher 9 %, nachher 13 %) festgestellt (Durchschnitt bundesweit bei baulichen Radwegen: 20 %, ALRUTZ et al. 2009). Im Vorher-Zustand haben nur sehr wenige Radfahrer (damals unerlaubt) die Fahrbahn genutzt. Fünf Monate nach der Markierung der Schutzstreifen benutzen immerhin 20 % der Radfahrer den Schutzstreifen. Erwartungsgemäß überwiegen dabei Erwachsene, etwas überdurchschnittlich sind Männer vertreten. Im Vergleich zu den sehr geringen Anteilen von Fahrbahnnutzern bei den Regelungen als Gehweg, Radverkehr frei oder bei Radwegen ohne Benutzungspflicht ohne ergänzenden Schutzstreifen in anderen Untersuchungen ist dieser hohe Anteil als Erfolg zu bewerten und spricht für eine vergleichsweise hohe Akzeptanz des Schutzstreifens (Bild 2-1 und Bild 2-2). Bild 2-1: Radverkehrsstärke nach Flächennutzung im Vorher-Nachher-Vergleich Bild 2-2: Radverkehrsstärke unterschiedlicher Führungsformen im Vergleich

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 7 2.3 Geschwindigkeitsmessungen Kfz-Verkehr Das Geschwindigkeitsniveau in der Elsenheimerstraße liegt, entsprechend des breiten Fahrbahnquerschnitts, hoch. Es verringert sich nur geringfügig infolge der markierten Schutzstreifen. Die mittlere Geschwindigkeit reduzierte sich um drei km/h. Die Abnahme der V 85 2 liegt in den normalen Schwankungsbereichen. Insgesamt liegen die Geschwindigkeiten mit einer V 85 von 58 km/h für innerstädtische Verhältnisse auch mit Schutzstreifen auf einem hohen Niveau Tab. 2-2). Kfz-Verkehrsstärke und Geschwindigkeiten Anz. Fzg./Tag davon SV V max V 85 V m Vorher 15.089 2.235 125 58,5 47,0 Nachher 20.429 3.333 120 56,8 44,0 Tab. 2-2: Kfz-Verkehrsstärken und Geschwindigkeiten im Vorher/Nachher-Vergleich (zum Schwerverkehr vgl. oben) (Fzg.=Fahrzeug, SV=Schwerverkehr) 2.4 Befragungen von Verkehrsteilnehmenden Auf der Elsenheimerstraße sind bei allen Verkehrsarten zumeist regelmäßige Nutzer unterwegs (täglich bzw. 2-3mal die Woche). Der Gesamteindruck der neuen Regelung fällt überwiegend positiv aus. Die Sicherheit wird sehr unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Bei Radfahrern und Fußgängern zeigt sich insgesamt eine positivere Bewertung als bei den Autofahrern. Die neue Regelung ist überwiegend bekannt und wird auch von vielen richtig verstanden. Die Mehrheit der Radfahrer nutzt weiterhin bewusst den Radweg, obwohl sie wissen, dass sie auch auf den Schutzstreifen fahren könnten. Hauptgrund sind das subjektive Sicherheitsgefühl und die Gewohnheit (Bild 2-3). Das subjektive Sicherheitsgefühl, dass Radwege sicherer sein als die Nutzung der Schutzstreifen entspricht allerdings nicht dem objektiven Befund, dass sämtliche Unfälle im Zusammenhang mit der Seitenraumnutzung stehen, was dem bei der Videobeobachtung festgestellten Konfliktgefühl entspricht. 2 V 85 : beschreibt die Geschwindigkeit, die von 85% der unbehindert fahrenden Pkw auf nasser Fahrbahn nicht überschritten wird

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 8 Bild 2-3: Beurteilung durch Radfahrer auf dem Radweg Die Selbsteinschätzung der Autofahrer, dass sie nach Markierung der Schutzstreifen langsamer fahren, stimmt nicht mit den tatsächlichen Messergebnissen überein. Autofahrer und Fußgänger geben teilweise ein positiv verändertes Verkehrsverhalten an, sowohl von sich als auch von anderen Verkehrsteilnehmern. Radfahrer nennen hohes Konfliktpotential mit anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere mit Fußgängern. 2.5 Videobeobachtung Im Längs- und Querverkehr vermindert sich der Anteil von Behinderungen und kritischen Situationen gegenüber dem Vorher-Zustand (Bild 2-4), wobei diese positive Entwicklung vorrangig darauf zurückzuführen ist, dass der Radweg an der HIT-Ausfahrt (aus nicht bekannten Gründen) nachher deutlich seltener blockiert wird. Radfahrer auf dem Schutzstreifen sind von Behinderungen betroffen, weil Lieferfahrzeuge den Schutzstreifen wiederholt und langanhaltend zustellen. Auch eine kritische Situation für einen Radfahrer, der an einem auf dem Schutzstreifen stehenden Lieferfahrzeug vorbeifährt und gleichzeitig mit zu engem Abstand überholt wird, steht damit im Zusammenhang.

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 9 Bild 2-4: Übersicht der Interaktionen im Längs- und Querverkehr vorher und nachher, * eine Schutzstreifen, **Null auf dem Schutzstreifen Es gibt die typischen und bekannten Probleme bei engem Radweg neben engem Gehweg und mittlerer Absetzung von der Fahrbahn, insbesondere an stark genutzten Ein- und Ausfahrten. Im Querverkehr wurden im Nachher-Zustand weniger Behinderungen an der HIT-Ausfahrt beobachtet. Nur 60 % der wartepflichtigen Kfz halten am STOP-Schild an. Beim Einbiegen kommt es zu Sichtbehinderungen durch längsparkende Fahrzeuge und lange Wartezeiten. In der Folge wird der Schutzstreifen sehr häufig als Aufstellfläche mitgenutzt. Behinderungen von Radfahrern auf dem Radweg gab es auch an der HIT-Einfahrt durch zügig abbiegende Kfz. Die stationären Videobeobachtungen ergaben keine auffälligen Interaktionen zwischen Radfahrern auf dem Schutzstreifen und Kfz, außer bei Blockaden des Schutzstreifens durch Lieferverkehr. Der Schutzstreifen hat eine sehr hohe Akzeptanz durch Kfz im Längsverkehr: er wird nie befahren. Insgesamt wurden weniger Behinderungen im Längsverkehr beobachtet. Die Behinderungen im Nachher-Zustand werden überwiegend durch unerlaubt haltenden Lieferverkehr auf dem Schutzstreifen verursacht. 2.6 Ruhender Kfz-Verkehr und Lieferverkehr Aus dem Entfall von 13 Parkständen resultiert eine hohe Auslastung, mit kurzfristig mehr falsch parkenden Fahrzeugen. Einige Zeit nach der Markierung der Schutzstreifen, im September, ergab sich, was den ruhenden Verkehr angeht, eine offensichtliche Gewöhnung an die neue Situation. Dies spiegelt sich auch in

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 10 der, trotz geringen Parkplatzangebotes, ähnlich hohen Falschparkerzahl wider. Lediglich im Bereich der Ostseite ist die Zahl der parkenden Fahrzeuge gestiegen. Es gibt vor wie nach der Markierung der Schutzstreifen falsch parkende Lieferverkehre mit teilweise langer Standzeit. Am Fahrbahnrand stehende Lieferfahrzeuge sind im Bereich der Bürokomplexe zwischen der Einfahrt und Ausfahrt zum HIT-Markt (Ostseite) bei allen Erhebungen (vorher, kurz und fünf Monate nach der Markierung) regelmäßig vorhanden. Es gibt eine sehr geringe Akzeptanz des Schutzstreifens (v. a. auf der Ostseite). Das Blockieren des Schutzstreifens führt zu Behinderungen des Radverkehrs und im Einzelfall auch zu Gefährdungen. In den anderen Abschnitten bleibt der Schutzstreifen hingegen weitgehend ungestört befahrbar, wie der Bereich der Westseite. Hier werden (vor allem morgens und mittags) eher Zufahrten oder der Gehweg beparkt, der Schutzstreifen ist hier also kaum betroffen. Behinderungen des Radverkehrs auf dem Schutzstreifen ergeben sich nicht nur durch vereinzelte legal haltende und häufige länger parkende Kfz. Die Radfahrenden werden auch durch zahlreiche Einbieger, die bis auf den Schutzstreifen stehen, behindert. Die Blockade der Schutzstreifen ist im Nachher- Zustand um ein Mehrfaches häufiger als die Blockade des Radweges durch Einbieger. Grund dafür sind die schlechten Sichtbeziehungen in Folge beparkter legaler Parkplätze direkt neben der Ausfahrt (unzureichende Sichtdreiecke). Andererseits ist die Möglichkeit für Radfahrer zum Ausweichen auf dem Schutzstreifen in der Regel einfacher möglich als auf dem Radweg, wo auch der Gehweg zeitweise stark ausgelastet ist. Das Ausweichen von Radfahrern vom blockierten Schutzstreifen auf die benachbarte Fahrbahn kann aber im Einzelfall auch mit Gefährdungen durch nachfolgende Kfz verbunden sein, was bei einem Unfall auch zu schweren Unfallfolgen führen kann. Ausweichmanöver auf dem Radweg können anderseits zu Unfällen mit Fußgängern oder anderen Radfahrern führen. 3 Folgerungen und Empfehlungen 3.1 Folgerungen aus den Ergebnissen Diese Untersuchung bestätigt die ungünstige Verkehrssicherheit von straßenbegleitenden Radwegen, die die Anforderungen gemäß der ERA 2010 nicht ausreichend einhalten. In erster Konsequenz ist abzuleiten, dass Radwege mit erhöhter Unfalldichte oder Unfallrate, wie die bestehenden in der Elsenheimerstraße, gezielt auf ihre Sicherheitsdefizite untersucht werden sollten und diese zeitnah abgestellt werden müssen. Die Prüfung der Anforderungen in Hinblick auf die Radwegebenutzungspflicht und die ggf. daraus folgende Entschilderung und Aufhebung der Benutzungspflicht kann hier nur ein erster Teilschritt zu mehr Verkehrssicherheit sein. Zumindest die zügig und sicher

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 11 fahrenden Radfahrer setzen sich nicht mehr den Gefährdungen aus, indem die Fahrbahn (oder hier die Schutzstreifen) genutzt werden. Zur Ausgangsfrage der Untersuchung, ob eine duale Führung von Radwegen ohne Benutzungspflicht und Schutzstreifen auf der Fahrbahn Probleme, insbesondere bei der Verkehrssicherheit, nach sich zieht, sind keine Ergebnisse zu verzeichnen, die dies bestätigen könnten. Die Schutzstreifen sind bisher unfallfrei. Mit den neu markierten Schutzstreifen hat sich der Anteil von Schutzstreifennutzern auf 20 % erhöht. Das ist weitaus höher als an anderen Straßen, wo nur die Benutzungspflicht aufgehoben worden ist (dort selten über 5 % Fahrbahnnutzer). Die Markierung der Schutzstreifen, insbesondere mit der in München gewählten Variante an den Nachbarknotenpunkten, einer doppelten Furt zum Radweg und zum Schutzstreifen, verdeutlicht den Nutzern vor Ort, dass hier eine Wahlmöglichkeit besteht, was bei einer reinen Entschilderung des Radweges nicht der Fall ist. Die duale Führung selbst ist nach den Ergebnissen der Untersuchung nicht als problematisch zu erkennen. Es ergaben sich nur einige selten auftretende Verhaltensweisen, die damit in Zusammenhang stehen könnten, wie z. B. das Fahren vom Radweg auf die Fahrbahn über den Bordstein hinweg (ein Unfall mit einem Schwerverletztem) oder das vereinzelte Ausweichen vom Schutzstreifen auf den Radweg, z. B. bei haltendem Bus an der Bushaltestelle. Gegebenenfalls könnte auch zügiges Rechtsabbiegen über Schutzstreifen und Radweg hinweg mit einer Gefährdung des Radverkehrs auf dem Radweg als Folge der dualen Führung gesehen werden. Wenn keine Radfahrer auf dem Schutzstreifen sind, kann wegen der großen Abbiegeradien zügig abgebogen werden. Dabei kann der Radweg übersehen werden. Da die bauliche Geometrie sich nicht verändert hat, ist es allerdings wahrscheinlicher, dass zügiges Rechtsabbiegen auch zuvor bereits ein Problem gewesen ist (wozu keine Erkenntnisse vorliegen). Duale Führungsformen können grundsätzlich den unterschiedlichen Bedürfnissen der Radfahrer gerecht werden. Die Voraussetzung ist dabei, dass sowohl die nicht benutzungspflichtige Führung im Seitenraum als auch die fahrbahnorientierte Führung sicher befahren werden können. Dazu gehören grundsätzlich auf beiden Führungen gute Sichtbedingungen unter den Konfliktpartnern. Dies setzt höhere Anforderungen an den Entwurf, als wenn bei nur einer Radverkehrsführung die Sichtbedingungen einzuhalten sind. Für das Freihalten der Sichtfelder auf beide Radverkehrsführungen müssen u.u. stärkere Eingriffe in den ruhenden Verkehr (Unterbinden oder Neuordnung) vorgenommen werden. Im vorliegenden Fall gilt dies besonders auch beim Schutzstreifen, der beim Einbiegen sehr häufig von zu weit vorfahrenden Kfz blockiert wurde. Für eine Übertragbarkeit der dualen Führung auf andere Straßen ist festzuhalten, dass die Trennung der Radfahrer nach Geschwindigkeiten und Sicherheitsempfinden überwiegend funktioniert. Schnellere und vermutlich selbstbewusstere Radfahrer nutzen den Schutzstreifen. Die Aufhebung der Benutzungspflicht bietet damit eine Chance, die Anforderungen unterschiedlicher

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 12 Nutzergruppen besser zu berücksichtigen und Konflikte zwischen langsameren und schnelleren Radfahrern zu vermeiden. Gerade die sicherheitsempfindlichen Radfahrer bleiben aber damit den potenziellen Gefahren bestehender Radwege ausgeliefert, wenn deren Mängel nicht beseitigt werden. Lieferverkehr führt zu nennenswerten Behinderungen der Radfahrer auf dem Schutzstreifen. Bei der vergleichsweise breiten Fahrbahn und dem gegebenen Kfz- Aufkommen der Elsenheimerstraße führt dies allerdings nur selten zu größeren Sicherheitsproblemen. Grundsätzlich ist aber das notwendige Ausweichen der Radfahrer in den ggf. schnell fließenden Kfz-Verkehr ein wesentliches Defizit von Schutzstreifen, das sich auch in Unfällen niederschlagen kann. In Hinblick auf eine Übertragbarkeit des Lösungsansatzes ist es deshalb erforderlich, vor einer Neuanlage von Schutzstreifen eine Erfassung der Häufigkeit und Dauer von Lieferverkehren vorzunehmen und sorgfältig zu prüfen, ob ein Liefern von der Fahrbahn aus durch alternative Angebote zu vermeiden oder ggf. deutlich zu verringern ist. Sollte Liefern in nennenswertem Umfang für nicht vermeidbar gehalten werden, kann es günstiger sein, auf die Schutzstreifenmarkierung zu verzichten und z. B. einen Verkehrsversuch mit sogenannten Piktogrammspuren vorzunehmen. 3.2 Empfehlungen 1. Regelungen treffen zur Reduzierung der Behinderungen durch teilweise lange stehende Lieferfahrzeuge, v.a. vor dem HIT-Markt: Ausweisen einer Lieferzone anstelle der bestehenden Längsparkstände mit entsprechenden Kontrollen. 2. Alternativ zu 1.: Verdrängen des Lieferverkehrs vor dem HIT-Markt in die Ladezonen auf dem Grundstück. Dies erfordert entsprechende Überwachung. 3. Wenn die Lieferproblematik am HIT-Markt gelöst werden kann, wird empfohlen, den nordöstlichen Radweg aufzugeben (zumindest im Abschnitt zwischen Westendstraße und westlich der HIT-Einfahrt). In den anderen Abschnitten und auf der anderen Straßenseite ist die Aufgabe des Radwegs weniger dringlich. 4. Um das häufige Blockieren des Geh- und Radweges und des Schutzstreifens an der HIT-Ausfahrt durch einbiegende Kfz zu unterbinden, sind die Sichtbedingungen im Detail zu prüfen. Die erforderlichen Sichtdreiecke nach RASt 06 sind sicherzustellen. Dazu müssen im konkreten Fall mindestens zwei Parkstände aufgehoben werden (z. B. Aufstellen von Fahrradbügeln). Da hier der Bereich mit häufig falschparkenden Lieferfahrzeugen anschließt, sind die Auswirkungen von Empfehlung 1 und 2 zu berücksichtigen. Eine vergleichbare Problematik liegt an den Grundstückszufahrten Nummer 15 und 21 vor, wo ebenfalls zu prüfen ist, ob sichtbehinderndes Parken verhindert

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 13 werden muss. An anderen Grundstückszufahrten kann ähnliches passieren, vermutlich aber bei deutlich geringeren Einbiegerzahlen und entsprechend geringeren Behinderungen/ Gefährdungen. An der HIT-Ausfahrt (wie auch an den Zufahrten Nr. 18 und Nr. 39) ist ein Aufstellen zweier wartepflichtiger Kfz nebeneinander möglich. Auch dadurch entstehen Sichtbehinderungen auf bevorrechtigte Kfz oder Radfahrer sowie auf und für querende Fußgänger. Diese Gestaltung soll nach Regelwerken 3 an untergeordneten Knotenpunktzufahrten vermieden werden. Entsprechend sollte diese Gestaltung auch an einer stark belasteten Grundstücksausfahrt nicht angewendet werden. Nach dem Grundsatz der Priorität Sicherheit vor Flüssigkeit nach VwV-StVO 4 ist hier ggf. eine längere Wartezeit der Kfz in Kauf zu nehmen, zu Gunsten der Sicherheit von Fuß- und Radverkehr. Ggf. ist eine Signalisierung erforderlich. Anlegen weiterer Querungsstellen für den Fuß- und Radverkehr, um den linksfahrenden Radverkehr zu reduzieren und die Querung für Fußgänger sicherer und komfortabler zu gestalten (z. B. in Höhe Ausgang des HIT- Markts oder nordwestlich der HIT-Ausfahrt). 7. Am Knotenpunkt Lautensackstraße sollten die Radverkehrsbeziehungen bei Schutzstreifen- bzw. Fahrbahnnutzung in Richtung Schäufeleinstraße gestärkt werden. Das kann geschehen durch Schutzstreifen im Geradeaus-Links- Fahrstreifen zu Lasten der Breiten des Gegenfahrstreifens, ggf. ergänzt mit einem aufgeweiteten Radaufstellstreifen zur Erleichterung des links Abbiegens (Bild 3-1). 3 Einmündungen oder Kreuzungen mit vorfahrtregelnden Verkehrszeichen sind in der Regel geeignet, wenn in der untergeordneten Straße einstreifige Zufahrten vorgesehen werden, die ein Nebeneinanderaufstellen der Wartenden verhindern. (RASt 06, S. 63; Hervorhebung PGV) 4 Die Flüssigkeit des Verkehrs ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor. [ ] (VwV-StVO zu 39 bis 43 Allgemeines über Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen Ziffer I., Nummer 2. (Randnummer 5)

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 14 Bild 3-1: Elsenheimerstraße Vorschlag zur Änderung der Markierung in der Knotenzufahrt Elsenheimerstraße zur Lautensackstraße, Blickrichtung Norden, Für entsprechende Anwendungsfälle in anderen Straßen wird empfohlen, die duale Führung für einen Zwischenzeitraum anzubieten, um Radfahrer an die Schutzstreifen auf der Fahrbahn zu gewöhnen. Die vollständige Entfernung von Radwegen sollte gut in der Öffentlichkeit vorbereitet sein, z. B. mit Informationen zur tatsächlichen Unfalllage auf den als sicher empfundenen Radwegen. 3.3 Weiterer Untersuchungs- bzw. Forschungsbedarf In der Elsenheimerstraße sollten zu späteren Zeitpunkten Zählungen zum Radverkehrsverhalten im vergleichbaren Design vorgenommen werden (empfohlen: Mai 2016, nach etwa 1 Jahr entsprechender Markierung, erneut September 2016 Langfristvergleich). Die Hypothese, dass mit zunehmender Dauer ein höherer Anteil Radverkehr auf den Schutzstreifen verkehrt, ist zu prüfen. Weiter ist zu prüfen, wie sich das Radverkehrsaufkommen in der Elsenheimerstraße im Vergleich zur allgemeinen Entwicklung in München darstellt, ob also Zuwächse entsprechend dem Trend, darüber oder darunter erfolgen. Ebenso sollte ein ganzes Jahr nach der Markierung das Unfallgeschehen für den Nachher-Zustand untersucht werden. Zu dualen Führungen mit Fahrrad-Piktogrammen auf der Fahrbahn oder entsprechenden Beschilderungen, aber ohne Schutzstreifen, sind entsprechende Untersuchungen nicht bekannt. Es wird angeregt, Zählungen zur Verkehrsflächennutzung an Straßen mit den folgenden dualen Führungen vorzunehmen:

PGV-Alrutz LH München Vorher-Nachher-Untersuchung Elsenheimerstraße 15 Radweg ohne Benutzungspflicht, a) mit Fahrrad-Piktogramm auf der Fahrbahn, b) mit entsprechender Beschilderung ( Radfahren auf der Fahrbahn erlaubt ), c) mit Kombination Fahrradpiktogramm und entsprechender Beschilderung d) wie c), ergänzt um eine doppelte Radverkehrsfurt, die in den Mischverkehr übergeht. Diese Erhebungen können, soweit entsprechende Planungen in einem überschaubaren Zeitraum umgesetzt werden sollen, ggf. auch im Vorher-Nachher- Vergleich vorgenommen werden. In allen Fällen ist ein Abgleich der soziokulturellen Zusammensetzung der Radfahrer, insbesondere derer auf der Fahrbahn im Vergleich zur Zusammensetzung insgesamt, vorzunehmen. Zu prüfen ist die Hypothese, dass der Anteil der Fahrbahnnutzer ansteigt, je deutlicher auf die duale Führung hingewiesen wird. Für die Finanzierung einer solchen ggf. über die Stadtgrenzen von München hinausgehenden Untersuchung können z. B. Fördermittel für nicht-investive Maßnahmen des Nationalen Radverkehrsplans beantragt werden. Als Projektträger kommt neben der Landeshauptstadt München auch die AGFK Bayern in Frage, ggf. im Verbund mit anderen AGFKs im Bundesgebiet, so dass eine größere Zahl unterschiedlicher Anwendungsfälle betrachtet werden kann. Literatur auf die verwiesen wird: ALRUTZ et al. 2009 ERA 2010 RAST 06