Bundesweites Selbsthilfe-Forum Schilddrüsenkrebs - www.sd-krebs.de Tempelherrenstr.4 10961 Berlin gefördert durch die Beitrag: Patienten-Fragen an die Leitlinien-Konferenz http://www.sd-krebs.de/phpbb2/printtopic.php?p=48853 Verfasst am: 15. Aug 2007, 19:31 (Update 23.07.2008) Hallo, vom 1. bis 3. November 2007 fand in Potsdam eine Konferenz zur Überarbeitung der deutschen Leitlinien Schilddrüsenkarzinom statt. Von den Leitern der Konferenz Prof. Reiners (Würzburg) und Prof. Dralle (Halle) wurde ich als Vorstand unseres Vereins - Bundesweites Selbsthilfeforum Schilddrüsenkrebs - zur Konferenz für einen Vortrag eingeladen, um die Sicht von uns Patienten einzubringen. Unser Verein hat auf der Online-Mitgliederversammlung im Juni 2007 bereits ein paar Stellungnahmen aus Patientensicht beschlossen, die ich in einem Vortrag in Potsdam 2007 erläutert habe: Transparenz in der Entscheidungsfindung Leitlinien (Empfehlungen der Fachgesellschaften) werden in der Regel im Konsensverfahren beschlossen, was zur Folge hat, dass bei Kontroversen für Außenstehende nicht ersichtlich ist, welche Gründe für und gegen eine Empfehlung gesprochen haben. Wir Patienten wünschen uns daher, dass gegensätzliche Meinungen in den Leitlinien öffentlich gemacht werden, indem die abweichenden Meinungen namentlich begründet werden. Individuelle Abwägung von Risiken ermöglichen Medizinische Studien führen sehr selten zu eindeutigen Schlussfolgerungen (nur dann werden diese zur Grundlage von Richtlinien). In den meisten Fällen fließen die Ergebnisse lediglich in Leitlinien ein, die Empfehlungen z.b. für eine bestimmte Therapie geben. Leitlinien sollten dies berücksichtigen, indem sie - auf Studien mit entsprechenden Evidenzgraden verweisen und - das Für und Wider einer Therapie/Diagnostik öffentlich machen. Mit diesen Informationen lassen sich individuelle Risiken besser Fallbezogen abwägen. Die Risikoabwägung sollte immer im Arzt-Patienten- Gespräch und gemeinsam von beiden erfolgen. Schilddrüsenunterfunktion, nur dann wenn medizinisch angezeigt Eine Schilddrüsenunterfunktion bei der Therapie und Nachsorge des
2 28.07.2008 Schilddrüsenkrebs ist ein schwerer körperlicher Eingriff, der nur dann erfolgen sollte, wenn er medizinisch notwendig ist. Interdisziplinäre lokale Fachkonferenzen Wir Patienten wünschen uns eine verstärkte Kommunikation zwischen den einzelnen Fachdisziplinen (Chirurgen, Nuklearmediziner, Endokrinologen, Hausärzte, Onkologen...) und uns Patienten (in Selbsthilfe-Gruppen) auf lokaler bzw. regionaler Ebene. Dies kann z.b. geschehen durch interdisziplinäre lokale Fachkonferenzen unter der Leitung der Nuklearmedizin. Durch bessere Kommunikationsstrukturen lässt sich die Qualität einer bestimmten Therapie besser gewährleisten und eventuelle Defizite in der Qualität sind leichter sichtbar zu machen und zu kommunizieren. Auf der Online-Mitgliederversammlung im Juni 2008 haben wir in Ergänzung dazu beschlossen: Wir Schilddrüsenkrebspatienten wünschen uns Leitlinien, die auf die Weckung von "Sicherheitsbedürfnissen" beim Patienten ohne wissenschaftliche Grundlage verzichten. Hausärzte sind mit den Beschwerden und Problemen von uns Schilddrüsenkrebspatienten vielfach überfordert. Es ist daher wichtig, dass in den Leitlinien Beschwerden und Probleme von Schilddrüsenkrebspatienten benannt werden, und dass ausgeführt wird, was an symptomatischen Behandlungen möglich bzw. was zu unterlassen ist, um eine Therapie nicht zu gefährden. Hier nun folgend eine Liste von Fragen (Punkten), die sich uns Patienten bzw. unseren betreuenden Hausärzten stellen bei der Wahl, welche Therapie und Diagnostik wir machen wollen/sollen. Die neuen Leitlinien sollen uns bei der Entscheidungsfindung helfen. Fragen, die sich Patienten und betreuende Hausärzte stellen: (die Liste wird laufend ergänzend) Fragen zum Verfahren der Leitlinien-Erstellung: 1. Wie lässt sich die Leitlinie möglichst immer auf dem neusten Wissensstand halten? Abstimmungsverfahren: 2. Wie lassen sich Differenzen in den Empfehlungen sichtbar machen (Problem Konsens und Gruppendynamik)? Allgemein: 3. Massenscreening per Ultraschall sinnvoll?
3 28.07.2008 Vor der OP: 4. Anamnese: Krebs-Vorerkrankungen (Zweitkrebs-Studie; Endometriose) 5. Wann muss eine Schilddrüse, insbesondere ein kalter Knoten, operiert werden? 6. Ultraschall, Farb-Doppler? 7. Gibt es überhaupt eine "ernsthafte" Indikation (außer Ästhetik) für "Schlüsselloch"-Operationen? 8. Was ist besser: Teil- oder Total-Entfernung bei unklarer Indikation? 9. Sollte immer eine Feinnadelpunktion vor einer SD-OP durchgeführt werden zwecks besserer OP-Planung? 10. Welche Kriterien gibt es für die Auswahl der Klinik, wenn eine Schilddrüsenoperation durchgeführt werden muss? Häufigkeit von SD-OPs (konkrete Zahlen?), Häufigkeit von schwierigen SD- OPs, Häufigkeit von temporären und dauerhaften Nebenwirkungen (Rekurrenzparese, Hypoparathyreoidismus). Neuromonitoring, Schnellschnitt, Interdisziplinarität, Qualitätskontrolle,... Nach der OP: 11. Behandlung des Hypoparathyreoidismus. Hinweis, dass Calcium nicht zusammen mit Schilddrüsenhormonen eingenommen werden sollen. Empfehlungen der Sektion Calcium-regulierende Hormone und Knochenstoffwechsel (CRHUKS) der DGE; Notfallausweis von InSeNSU.de 12. Schweres-Heben, Sauna: Wann meiden und wie lange? 13. Lymphödeme / Lymphdrainage 14. Sport allgemein 15. Behandlung Rekurrenzparese - Auswirkung der Unterfunktion auf Rekurrenzparese 16. Narbenpflege 17. Horner-Syndrom 18. Blutdruckschwankungen durch Verletzung des Baroreflex durch Operation und Bestrahlung im Halsbereich. 19. Calcitonin-Bestimmung, wann angezeigt und wie lange? (mehrere Fälle, die erst nach OP als medullärer SD-Krebs erkannt wurden) Vor der Ablation mit RJT: 20. Darstellung der Auswirkungen der Schilddrüsenunterfunktion (Hirnfunktionen, Herz-Kreislauf, Nierenfunktion,...) 21. Sport / körperliche Anstrengung in der Unterfunktion? 22. Jod-arme Ernährung? Wie lange? Was soll gemieden werden? Meeresfisch, Algen-Produkte, Jodsalz, Meeressalz, jodhaltige Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel (Multivitaminpräparate), Milchprodukte, Fleisch, Fisch allgemein,... 23. Untersuchung von Jod im Urin? Wann oder immer? 24. Mikrokarzinom, wann RJT? 25. Miniwithdrawal - Ja oder Nein? 26. Wann ist eine "Testkapsel" notwendig? Dosimetrie? 27. Höhe der Dosis von RJT (mit / ohne rhtsh)? 28. Höhe der Dosis bei größerem Restgewebe (1. Ablation)?
4 28.07.2008 29. Wann ist eine 2. RJT notwendig? Vorgehen (erst RJD und evtl. anschließende RJT; in Unterfunktion oder mit rhtsh) 30. Nahrungsaufnahme, Trinken vor und nach der Einnahme der Kapsel? 31. verhindern cyanogene Nahrungsmittel die Jod-Aufnahme? (besondere Warnung vor Aprikosenkernen, die als alternative Krebstherapie stark beworben werden) Nach der RJT: 32. Strahlenschutz? Wann und wie lange soll Abstand zu anderen Personen gehalten werden (Schwangere, Kinder)? 33. Vorbeugung/Behandlung verstopfter Speicheldrüsen 34. Wie lange soll nach einer RJT/RJD eine Schwangerschaft vermieden werden? (Mann / Frau) 35. Wann ist eine RJD angezeigt? 36. Höhe der Dosis von RJD? 37. Warnung vor "Entgiftungs-"/"Entschlackungs"-Tees bei eingeschränkter Nierenfunktion Nachsorge: 38. Wie lange und in welchen Zeitabständen Nachsorge? (TG-Wert-Bestimmung) Warum nach 5 Jahren jährlicher Intervall? (Früh-Erkennung von Rezidiven von Vorteil?) 39. Wann und wie oft stimulierter TG-Wert? Wann Blutabnahme nach rhtsh- Gabe? 40. TSH-Suppression: Wann und wie lange? Very-low risk Patienten? 41. Substitution in der Schwangerschaft. 42. Zusätzliches Jod in der Schwangerschaft? 43. TSH und Johanniskraut? 44. Lassen sich Studien zur Schilddrüsenhormon-Substitution auf die spezifische Situation von SD-Krebs-Patienten (TSH-Suppression) übertragen? (Es gibt SD-Krebspatienten, die sich mit einer geringen zusätzlichen Dosis T3 besser fühlen.) 45. Reine T3-Substitution über mehrere Monate, sinnvoll? 46. Medikamente? (T4-Präparate, T3-Präparate, Kombi-Präparate, Schweinehormone) Richtige Einnahme? Mit welcher Flüssigkeit, Zeitabstand? (Abends?) Wechselwirkung mit anderen Medikamenten? Pille? 47. Welche Blutwerte (ft4, ft3, TSH)? Wann soll bestimmt werden? Wie oft? Wann und wie lange dürfen Referenzwerte überschritten werden? Medikamenten-Einnahme am Tag der Blutabnahme? 48. Wann und wie lange müssen TAK und Ca bestimmt werden? 49. Fatigue-Syndrom 50. Gewichtszunahme in der Überfunktion - Ernährung 51. L-Carnitin zur Minderung von Überfunktions-Symptomen 52. Selen? Schilddrüsenstoffwechsel? Hashimoto, Krebsvorsorge? 53. Lithium? 54. Welche anderen Vorsorge-Untersuchungen sind bedingt durch SD-Krebs bzw. TSH-Unterdrückung besonders sinnvoll: Osteoporose; Bluthochdruck, Krebsfrüherkennung: Brustkrebs, Darmkrebs,...?
5 28.07.2008 55. Anschlussheilbehandlung (AHB) und Schwerbehindertenausweis? Wann, warum oder überhaupt sinnvoll? 56. Bleibende Angst als Nebenwirkung (siehe Görges 2008) Therapien nicht-jod-speichernder SD-Krebs 57. PET mit rhtsh 58. Stellenwert von Chemotherapie und klinischen Studien (vgl. ATA) 59. DOTATOC? 60. perkutane Bestrahlung? 61. Tomotherapie? wenig-differenzierter SD-Krebs/Probleme 62. Dauerhaft mäßig erhöhter TG-Wert? 63. Falsch positive und falsch negative TG-Werte? 64. Wann ist eine PET indiziert? Ab welchem TG-Wert sinnvoll? Besser gleich PET-CT, statt nur PET bzw. CT? 65. MIBI-Szintigraphie? 66. Redifferenzierung? 67. Zentren? medullärer SD-Krebs 68. Calcitonin-Bestimmung, wann, wie lange, wie oft? 69. Wann Operation beim erblichen medullären SD-Krebs? 70. Zentren? anaplastisches Schilddrüsenkarzinom 71. Zentren? Viele Grüße Harald (Update 23.07.2008)