Lösungsvorschläge und Materialien für die Fälle 7 bis 10 A. Vorüberlegungen Zu Fall 7 --> Was kommt in Betracht? --> Mord/ Totschlag --> KV (u.a. auch 227 StGB) --> Übersicht zu den Vorsatzformen beachten! B. Kurzgutachten I. T könnte sich eines Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht haben, indem er dem O mit einem Messer in den Bauch stach. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand (s. Fall 8) aa. Tod eines anderen Menschen (+) bb. Handlung (+) cc. Kausalität (+) dd. Objektive Zurechnung (+) b. Subjektiver Tatbestand (P!) Weiter müsste der T vorsätzlich im Hinblick auf die Tötung des O gehandelt haben. Generell versteht man unter Vorsatz den Willen zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller objektiven Tatumstände. Dabei gibt es drei, allgemein anerkannte, Vorsatzformen. Mit dolus directus 1. Grades (Absicht) handelt der Täter, wenn der Erfolg sein Ziel oder Zwischenziel ist. Es war keinesfalls das Ziel des T den O zu töten, er hielt es nur für möglich, dass dieser an den Folgen des Stiches verstirbt. T handelt mithin nicht mit dolus directus 1. Grades. Mit dolus directus 2. Grades (direkter Vorsatz) handelt der Täter, wenn er weiß, dass der Erfolg eintreten wird. T hielt den Erfolgseintritt, laut SV, nur für möglich. Somit handelte er auch nicht mit dolus directus 2. Grades. Fraglich ist somit, ob er zumindest mit dolus eventualis (bedingtem Vorsatz) gehandelt hat. Wann ein solcher vorliegt, ist in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit, umstritten. Nach einer Ansicht handelt der Täter bereits mit bedingtem Vorsatz, wenn er den Erfolgseintritt für möglich hält und trotzdem weiter handelt. Vorliegend hielt der T den Erfolgseintritt, in Form des Todes des O, laut SV, für möglich. Daher würden die Vertreter dieser Ansicht den dolus eventualis annehmen. 1
Die Vertreter einer zweiten Ansicht fordern demgegenüber, dass der Täter den Erfolgseintritt für wahrscheinlich halten muss. Dabei wird man unter wahrscheinlich wohl mehr als nur möglich aber weniger als höchst wahrscheinlich zu verstehen haben. Dass der T den Tod des O für wahrscheinlich hielt, ist dem SV nicht zu entnehmen. Mithin würde nach dieser Ansicht kein bedingter Vorsatz vorliegen, sondern bewusste Fahrlässigkeit. Nach einer dritten Ansicht handelt der Täter mit Eventualvorsatz, wenn er den Eintritt des Erfolgs für möglich hält und die Folge seines Tuns positiv gutheißt oder gleichgültig hinnimmt. Kein Vorsatz soll vorliegen, wenn er auf das Ausbleiben des Erfolges hofft. Laut SV hofft der T auf das Ausbleiben des Erfolges, so dass nach dieser Ansicht kein Vorsatz vorliegen würde. Nach einer weiteren, vorwiegend in der Rechtsprechung vertretenen, Ansicht handelt der Täter mit bedingtem Vorsatz, wenn er den Erfolgseintritt für möglich hält und diesen billigend in Kauf nimmt. Bewusste Fahrlässigkeit soll vorliegen, wenn der Täter den Erfolg innerlich ablehnt und auf dessen Ausbleiben hofft. Problematisch erscheint, ob man auf Grund des Hoffens des T nach dieser Ansicht wirklich den Vorsatz verneinen kann. Alleine der Umstand, dass nach Ansicht des BGH eine höhere Hemmschwelle zur Tötung eines Menschen besteht als zur Begehung einer anderen Straftat, gebietet es schon in diesem Fall genauer zu prüfen. Im Rahmen dieser Prüfung ist dann zu beachten, dass der BGH das Billigen nicht im wörtlichen sondern im Rechtssinne versteht. Ein Täter kann einen Erfolg auch billigen, der ihm höchst unerwünscht ist. Es kommt darauf an, ob man bei dem jeweiligen Vorgehen des Täters auf einen guten Ausgang vertrauen durfte. Wer einem Menschen ein Messer, mit einer 30 cm langen Klinge, in den Bauch stößt, muss einfach davon ausgehen, dass er diesen tödlich treffen könnte. Mithin hat der T, trotz der erhöhten Hemmschwelle, vorsätzlich gehandelt. Die Ansichten führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Somit ist der Streit zu entscheiden. Gegen die zweite Ansicht spricht, dass das Wort wahrscheinlich so unbestimmt ist, dass man zu keinem klaren Ergebnis gelangt. Darüber hinaus lässt sich diese Anforderung dem Gesetzestext nicht entnehmen. Die zweite Ansicht ist somit abzulehnen. Gegen die dritte Ansicht spricht, dass diese einen breiten Spielraum für Schutzbehauptungen in der Verhandlung eröffnet und für die praktische Fallbewältigung daher ungeeignet ist. Daher ist auch die dritte Ansicht abzulehnen. Mithin handelte der T vorsätzlich. T hat den Tatbestand verwirklicht. 2. Rechtswidrigkeit (+) 3. Schuld (+) 4. Ergebnis T hat sich eines Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht, indem er dem O mit einem Messer in den Bauch stach. (Für die Annahme eines Mordmerkmals fehlen zusätzliche Hinweise im SV. Vor allem sollte man nicht vorschnell eine grausame Tötung annehmen.) 2
II. T könnte sich einer gefährlichen KV nach 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2, 5 StGB strafbar gemacht haben, indem er dem O mit einem Messer in den Bauch stach. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. Körperliche Misshandlung/ Gesundheitsschädigung (+) bb. Handlung (+) cc. Kausalität (+) dd. Objektive Zurechnung (+) ee. qualifizierende Umstände?? aaa. 224 I Nr. 2 StGB (+) bbb. 224 I Nr. 5 StGB (+) b. Subjektiver Tatbestand (+) 2. RW / Schuld (+) 3. Ergebnis (+) III. Ergebnis und Konkurrenzen T hat sich eines Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht. Die zugleich verwirklichten KV- Delikte treten dahinter zurück. (Achten Sie bitte darauf, dass es bei 223I, 224 usw. StGB nicht mehr auf einen Strafantrag ankommt. Der Strafantrag ist mit keinem Wort zu erwähnen!) C. Schlussbemerkungen Verneint man den Tötungsvorsatz, so muss man im Ergebnis wohl eine Strafbarkeit aus 227 I StGB (Körperverletzung mit Todesfolge) annehmen. Dieser geht auf Konkurrenzebene der fahrlässigen Tötung vor. Nach diesem Fall kann man damit festhalten: 1. Bei der Prüfung des dolus eventualis ist so ziemlich alles umstritten und von Wertungen geprägt. Man kann von Ihnen also nur erwarten, dass Sie die unterschiedlichen Meinungen anführen, subsumieren und durch Wertungen ein vertretbares Ergebnis finden. 2. Bei Tötungsdelikten sollte bei einer Prüfung des dolus eventualis immer das Wort Hemmschwelle im Zusammenhang mit der Rechtsprechung fallen. (Bei Tötungsdelikten durch Unterlassen weicht die Rsp. hiervon allerdings wieder ab.) 3. Wer den Vorsatz hat jemanden zu töten, hat auch immer den Vorsatz ihn zu verletzen. Keinen Streit darüber führen.(anders kann dies dann wieder im Hinblick auf die schwere Folge im Sinne des 226 StGB sein) 3
4. Hinter einem vollendeten, vorsätzlichen Tötungsdelikt tritt das Körperverletzungsdelikt zurück. Hinter einem versuchten Tötungsdelikt tritt regelmäßig das versuchte Körperverletzungsdelikt zurück.! Achtung! Liegt nur ein versuchtes Tötungsdelikt vor und eine vollendete, vorsätzliche KV, sieht es anders aus. Idealkonkurrenz zur Klarstellung. 5. Die fahrlässige Tötung ( 222 StGB) tritt hinter einer KV mit Todesfolge ( 227 I StGB) zurück. Diese wird jedoch durch Mord und Totschlag verdrängt. A. Vorüberlegungen Zu Fall 8 --> Im vorliegenden Fall gibt es eine Abweichung zwischen dem eigentlich geplanten Tatgeschehen und dem wirklichen Ablauf. --> Bitte beachten Sie zu diesem und den nächsten Fällen auch die Übersichten, die ich ins Netz gestellt habe. B. Gutachten Der A könnte sich des vollendeten Totschlags an C schuldig gemacht haben, indem er ihn erschoss, 212 I StGB. I. Tatbestand Dann müsste er zunächst den Tatbestand verwirklicht haben, welcher in einen objektiven und einen subjektiven Teil aufgliederbar ist. 1. Objektiver Tatbestand Fraglich ist, ob der A den objektiven Tatbestand des Totschlags verwirklicht hat. a. Tod eines anderen Menschen Dies würde zunächst den Tod eines vom Täter verschiedenen Menschen voraussetzen. C war ein anderer Mensch und am Ende des Geschehens tot. Mithin ist der tatbestandsgemäße Erfolg eingetreten. b. Handlung Fraglich ist weiter, ob der A auch gehandelt hat. Unter einer Handlung versteht man jede vom Willen getragene Körperbewegung. Der A hat laut des vorliegenden Sachverhaltes willentlich den Abzug der Waffe betätigt. Mithin liegt eine Handlung des A vor. c. Kausalität Darüber hinaus müsste die Handlung des A auch kausal gewesen sein für den Eintritt des tatbestandsgemäßen Erfolges. Kausal im Sinne der Äquivalenztheorie ist jede Handlung die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Hätte der A nicht den Abzug des Gewehrs betätigt, wäre die Kugel nicht in Bewegung ge- 4
setzt worden und hätte nicht den C tödlich getroffen. Die Handlung des A war kausal für den Erfolgseintritt in seiner konkreten Gestalt. d. Objektive Zurechnung Schließlich müsste dem A der Erfolg auch objektiv zurechenbar sein. Dies wäre er, wenn der A mit seiner Handlung eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hätte, welche sich in dem konkreten, zum Erfolgseintritt führenden, Geschehen realisiert hätte. Dies liegt vor. (Teilweise werden atypische Kausalverläufe von einigen Stimmen in der Literatur bereits im Rahmen der Objektiven Zurechnung diskutiert. Dies gilt soweit ersichtlich jedoch nicht für den error in persona und eine aberratio ictus.) Mithin hat der A den objektiven Tatbestand verwirklicht. 2. Subjektiver Tatbestand Fraglich ist, ob der A auch den subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Dies würde voraussetzen, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Unter Vorsatz versteht man den Willen zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller objektiver Tatumstände. Vorliegend wusste der A, dass er auf einen Menschen schießt und der Tod eines Menschen war sogar sein Ziel. A handelte somit vorsätzlich im Hinblick auf die Tötung eines Menschen. Fraglich ist jedoch, wie es sich auswirkt, dass der A eigentlich den B erschießen wollte, dann jedoch diesen mit dem C verwechselt und diesen erschoss. Diese Frage erscheint problematisch. Trifft der Täter nicht dasjenige Ziel, welches er eigentlich treffen wollte, so kann sich dies einerseits als error in persona und andererseits als aberratio ictus darstellen. Unter dem Begriff des aberratio ictus fast man Fälle zusammen, bei denen der Täter noch das, nach seinem Tatplan, richtige Ziel anvisiert und die Handlung in Richtung auf dieses Ziel in Bewegung setzt, diese Kausalkette dann jedoch z.b. durch äußere Einflüsse abirrt. Dem error in persona unterfallen hingegen solche Konstellationen, bei denen dem Täter bereits im Vorfeld der Handlung der Fehler unterläuft. Er trifft zwar das von ihm anvisierte Ziel, dieses ist jedoch nicht identisch mit dem planmäßigen Ziel. Mit anderen Worten liegt beim Täter ein Wahrnehmungsmangel vor. Fraglich ist nunmehr welche dieser Konstellationen vorliegend gegeben ist. Laut Sachverhalt verwechselt der A den B bereits im Vorfeld der Handlung mit C. Er legt also bereits auf den C an und trifft diesen auch. Der eigentliche Irrtum liegt also bereits im Vorfeld der Handlung. Dies entspricht einer Situation des error in persona. Welche Folgen sich hieraus für den Täter ergeben, hängt davon ab, ob das planmäßige Ziel und das nunmehr getroffene Ziel rechtlich gleichwertig sind oder nicht. Wenn dem so wäre, ist der Irrtum nach g.h.m. unbeachtlich, anderenfalls würde die g.h.m. im Hinblick auf das getroffene Subjekt eine Fahrlässigkeitstat und bezüglich des planmäßigen Ziels ein versuchtes Delikt prüfen. Vorliegend wollte der A eigentlich den B, einen Menschen, töten und traf einen anderen Menschen, C. Mithin sind geplantes und getroffenes Opfer rechtlich gleichwertig. Somit ist diese Abweichung unbeachtlich. A handelte vorsätzlich. Er hat somit auch den subjektiven Tatbestand verwirklicht. Der Tat- 5
bestand liegt vor. II. Rechtswidrigkeit Es sind keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich. Mithin handelte der A rechtswidrig. III. Schuld Es sind auch keine Entschuldigungsgründe ersichtlich. Somit handelte der A auch schuldhaft. IV. Minder schwerer Fall / Besonders schwerer Fall Darüber hinaus sind dem Sachverhalt auch keine Umstände zu entnehmen, die die Annahme eines besonders schweren oder minder schweren Falles rechtfertigen würden. V. Ergebnis Der A hat sich des vollendeten Totschlags an C schuldig gemacht, indem er ihn erschoss, 212 I StGB. C. Anmerkungen Ich wurde in einem VK gefragt, ob man nicht auch einen versuchten Totschlag an B prüfen müsste. Antwort: Eigentlich schon. In den einschlägigen Fallbearbeitungen findet man diese Prüfung aber überwiegend nicht. Deshalb habe ich sie hier auch nicht angeführt. Nach meiner persönlichen Überzeugung kann man den versuchten Totschlag auch nicht annehmen. Der Täter wollte nur einen Menschen töten. Würden man ihm nunmehr einerseits eine vorsätzliche Tötung an C zurechnen und darüber hinaus eine versuchte vorsätzliche Tötung an B, so würden Sie seinen tatsächlichen Vorsatz deutlich überschreiten. Dass die Idee nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist, werden Sie im nächsten Semester bei der Frage der Auswirkung des error in persona des Täters auf den Anstifter sehen. Hierbei werden zum Teil Lösungen vertreten, die nur dann Sinn machen, wenn man auch von einem versuchten Totschlag an B ausgeht und diesen auf Konkurrenzebene beim Haupttäter zurücktreten lässt. Ich würde diese Ansicht aber auch dort aus dem angeführten Grund ablehnen. A. Kurzgutachten Zu Fall 9 I. Der A könnte könnte sich des Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht haben, indem er den C erschoss. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand (+) b. Subjektiver Tatbestand (P!) Fraglich ist, ob der A auch den subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Dies würde voraussetzen, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Unter Vorsatz versteht man den Willen zur Ver- 6
wirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände. Vorliegend wusste der A, dass er auf einen Menschen schießt und der Tod eines Menschen war sogar sein Ziel. A handelte somit grundsätzlich vorsätzlich im Hinblick auf die Tötung eines Menschen. Fraglich ist jedoch, wie es sich auswirkt, dass der A eigentlich den B erschießen wollte, dann jedoch durch den Wind die Kugel von der Bahn abkam und den C traf. Ausführungen zur Abgrenzung... siehe Fall 8... Der A visierte noch das planmäßige Opfer an und setzte auch die schädigende Kausalkette in dessen Richtung in Bewegung. Durch äußere Umstände wurde diese Kausalkette anschließend auf den C umgeleitet. Somit liegt ein Fall des aberratio ictus vor. Fraglich ist allerdings, wie sich ein aberratio ictus auswirkt. Auch dies hängt zunächst von der Frage ab, ob das planmäßige und das getroffene Ziel rechtlich gleichwertig sind. Sind sie dies nicht prüft man nach allg. Ansicht bezüglich des getroffenen Subjekts eine Fahrlässigkeitstat, bezüglich des planmäßigen Ziels schließt sich eine Versuchsprüfung an. Es läge eine beachtliche Abweichung vor. Falls die rechtliche Gleichwertigkeit gegeben ist, wird diese Frage unterschiedlich beurteilt. Nach einer Ansicht liegt eine unbeachtliche Abweichung vor. Die Vertreter dieser Ansicht würden also den Vorsatz bezüglich eines vollendeten Totschlags an C bejahen. Die Vertreter einer zweiten Ansicht halten diese Abweichung hingegen für beachtlich und würden ein versuchtes Delikt bzgl. des anvisierten Ziels und eine Fahrlässigkeitstat bzgl. des getroffenen Subjekts prüfen. Vorliegend wollte der A einen Mensch töten und hat dies auch getan. Mithin liegt die rechtliche Gleichwertigkeit vor. Da die Ansichten (s.o.) in diesem Fall zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist der Streit zu entscheiden. Die Vertreter der ersten Ansicht führen als Argument an, dass die Subjekte gleichwertig waren und die Situation der des error in persona ähnelt, bei welcher man allgemein davon ausgeht, dass bei rechtlicher Gleichwertigkeit eine unbeachtliche Abweichung vorliegt. Die Vertreter der zweiten Ansicht weisen u.a. auf die grundlegend andere Konstellation hin. Bedenkt man die oben angeführten Ansatzpunkte und bezieht man mit ein, dass in dieser Konstellation sich der Vorsatz des A bereits auf B konkretisiert hat, so ist der 2. Ansicht zu folgen. Es liegt eine beachtliche Abweichung vor. Der subjektive Tatbestand liegt nicht vor. 2. Ergebnis Der A hat sich nicht des Totschlags, gemäß 212 I StGB, strafbar gemacht, indem er den C erschoss. II. A könnte sich eines versuchten Totschlags nach 212 I, 22, 23 I, 12 I StGB strafbar gemacht haben, indem er den C erschoss. (Die Prüfung eines versuchten Totschlags würde Sie zur Zeit noch überfordern. Daher lassen wir die Prüfung hier weg und stellen nur fest, dass man eine solche hier vornehmen könnte. Ein solches Vorgehen würde zwar der oben aufgezeigten h.m. widersprechen, nach einer fahrlässigen Tötung des C wird aber nicht gefragt. Im Ergebnis hat er sich auch nicht eines versuchten Totschlags an C strafbar gemacht. Würden Sie hier einen versuchten 7
III. Ergebnis Totschlag an C und damit eine Vorsatztat bejahen und zusätzlich auch eine versuchte Tötung des B annehmen, so würden Sie dem A einen zusätzlichen Tötungsvorsatz unterschieben. A wollte nur einen Menschen töten.) Der A hat sich nicht eines Totschlags an C strafbar gemacht. B. Anmerkung Im Normalfall hätte sich nunmehr unter einem neuen OS die Prüfung einer fahrlässigen Tötung an C angeschlossen. Diese unterbleibt vorliegend aus zwei Gründen. Zunächst wurde nach dieser nicht gefragt. Zweitens haben Sie diese noch nicht behandelt :-). Bei diesen Situationen muss man im Auge behalten, dass man das versuchte Delikt natürlich nur prüfen kann, wenn dieses strafbar ist. Nämliches gilt für die Strafbarkeit aus dem Fahrlässigkeitsdelikt. Sie hätten im Fall natürlich auch der 1. Ansicht folgen können. Bei dieser handelt es sich allerdings soweit ersichtlich um die Mindermeinung. Um eine solche zu vertreten, sollten Sie sich bei der Begründung daher Mühe geben. Wenn Sie dieser gefolgt wären, hätten Sie den Totschlag bejahen können. A. Vorüberlegungen Zu Fall 10 --> Es kommen KV Delikte und Tötungsdelikte in Betracht. --> P!: Bei welcher Handlung setzt man an? Handelte T vorsätzlich? Ich halte es für vertretbar nur auf das Würgen abzustellen oder auf beide Handlungen. Ich stelle auf beide Handlungen ab und differenziere dann in der Prüfung. Ein ähnliches Beispiel finden Sie bei: Beulke, Klausurenkurs im Strafrecht I, 4. Auflage, Rdn. 111 ff.. Dieser stellt nur auf die erste Handlung ab. B. Kurzgutachten I. T könnte sich eines Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht haben, indem er den O würgte und in die Jauchegrube warf. 1. Tatbestand a. Objektiver Tatbestand aa. Tod eines anderen Menschen (+) bb. Handlung (+) 8
cc. Kausalität (+) dd. Objektive Zurechnung (P!) --> Der Geschehensablauf lag nicht völlig außerhalb der Lebenserfahrung = nach h.a. (+) (Zu den Mindermeinungen siehe Beulke. = a.a. mit guter Begründung vertretbar) b. Subjektiver Tatbestand (P!) Fraglich ist, ob der T auch vorsätzlich gehandelt hat. Unter Vorsatz versteht man den Willen zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller objektiven Tatumstände. T wollte den O töten und handelte damit grundsätzlich vorsätzlich im Hinblick auf die Tötung des O. Er wollte ihn aber bereits erwürgen und nur noch in der Jauchegrube entsorgen. Da er somit bei der Handlung, des in die Grube werfens, davon ausging keinen lebenden Menschen vor sich zu haben, hatte er auch keinen Vorsatz im Hinblick auf die Tötung eines anderen Menschen mehr (Simultanitätsprinzip - 16 I S. 1 StGB - ). Zur Lösung dieser Problematik werden 3 Ansätze vertreten. Nach der Lehre vom dolus generalis reicht es, wenn ein einheitliches Tötungsgeschehen vorliegt, aus, wenn beim ersten Handlungsakt ein Tötungsvorsatz vorlag. Dieser soll sich dann auf das gesamte Tatgeschehen erstrecken. Demnach hätte der T, als er den O in die Grube warf, vorsätzlich gehandelt. Nach einer zweiten Ansicht kann man bei einer solchen Konstellation nicht aus einem vollendeten, vorsätzlichen Tötungsdelikt bestrafen. Vielmehr läge ein versuchter Totschlag in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung vor. Eine dritte Ansicht (h.m. + Rsp.) knüpft an die erste Handlung an und geht von einer Abweichung im Kausalverlauf aus. Ist diese unbeachtlich, würden die Vertreter dieser Ansicht aus vollendetem Totschlag bestrafen. Unbeachtlich wäre sie, wenn sich der Ablauf innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung bewegt und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt. Wenn man eine Person würgt um diese zu töten, so liegt es innerhalb der allg. Lebenserfahrung, dass diese auch schlicht das Bewusstsein verlieren könnte. Das der Täter das Opfer dann in einer falschen Annahme in die Jauchegrube wirft und dieses erst darin erstickt, kann nur als unwesentliche Abweichung gewertet werden. Auch rechtfertigt dieser Umstand keine andere Bewertung der Tat. Mithin würden die Vertreter dieser Ansicht aus vollendetem Totschlag bestrafen. Die Ansichten führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, mithin ist der Streit zu entscheiden. Gegen die erste Ansicht spricht bereits der Wortlaut des 16 I S. 1 StGB, wonach der Vorsatz bei der Vornahme der Handlung vorgelegen haben muss. Durch die Lehre vom dolus generalis wird vielmehr ein vorheriger Vorsatz künstlich erweitert. Daher ist diese Ansicht abzulehnen. Die zweite Ansicht reißt hingegen ein an sich ein einheitliches Tatgeschehen auseinander und ist damit auch abzulehnen. Der dritten Ansicht ist somit zu folgen. Der subjektive Tatbestand liegt vor. 2. RW / Schuld (+) 3. Ergebnis (+) II. T könnte sich einer KV gemäß 223 I StGB strafbar gemacht haben, indem er den O würgte und in die Grube warf. (- (+) - Sie prüfen dies in der Klausur bitte ausführlich durch.) 9
III. Ergebnis und Konkurrenzen T hat sich eines Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht. Die zugleich verwirklichten KV- Delikte treten dahinter zurück. C. Anmerkungen Sie hätten natürlich auch der zweiten Ansicht folgen können, welche meiner persönlichen Ansicht nach auch überzeugender ist. Dann hätten Sie die Prüfung im subjektiven Tatbestand abgebrochen und neu mit einem versuchten Totschlag und einer fahrlässigen Tötung angesetzt. (Ich habe mich hier an der h.m. orientiert, da Sie weder eine Versuchsprüfung noch den Aufbau eines Fahrlässigkeitsdelikts bisher behandelt haben.) Wenn Sie dieser Meinung folgen, müssen Sie aber bei den Konkurrenzen aufpassen. Es spricht dann nämlich viel dafür, dass in diesem Fall die vorsätzliche, vollendete KV ( würgen ) nicht zurück tritt. Die Lehre vom dolus generalis wird heute wohl nicht mehr vertreten. Sie führen diese bitte im Streit an und lehnen diese auch dort ab. 10