MILCHHYGIENE Dr. W. Ginzinger, BAM Rotholz Unterlage für Berufsschule für Milchwirtschaft

Ähnliche Dokumente
Flore-Chemie GmbH Hygieneschulung Mikrobiologie

Wichtige durch Bakterien hervorgerufene Erkrankungen

Inhalt. Liebes Küchenteam!... 4 Was sind Mikroorganismen?...5 Wie wirken Mikroorganismen?...6 Welche Mikroorganismen gibt es?...7

Salmonellen. Campylobacter

Kurzbericht über die im Rahmen der Infektionskrankheiten-Surveillance nach IfSG in Hamburg registrierten Krankheiten

Flore-Chemie GmbH Hygieneschulung Kreuzkontaminationen

Herzlich willkommen zur Hygieneschulung für Küchenmitarbeiter gem. VO (EG) Nr. 852/2004, LMHV, DIN und IfSG. Seite 1

Wichtige Mikroorganismen im Lebensmittelbereich

DEPARTEMENT GESUNDHEIT UND SOZIALES Amt für Verbraucherschutz

Multiresistente Erreger (MRE) Informationen für Patienten und Besucher. Düsseldorf. MRE-Ne zwerk. MRE-Broschüre.indd

Prophylaxe und Therapie der Reisediarrhoe H. Pichler

Österreichische Arbeitsgruppe Insekten: Ziele, Leitlinien und bisherige Ergebnisse

Mikrobiologische Risiken bei Lebensmitteln nicht tierischer Herkunft sowie bestehende rechtliche Vorgaben

Milch Qualität wird auf dem Bauernhof gemacht PD Dr. Hartmut Grimm

INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 9 BAU UND FUNKTION DER MILCHDRÜSE 10

Hygiene in Trinkwasser-Installationen

Trinkwasser und Lebensmittelhygiene Heike von Baum Med. Mikrobiologie und Hygiene

Milchgewinnung Hazards und Interventionsmassnahmen

Feste feiern aber sicher Lebensmittelhygiene bei Vereins- und Straßenfesten

Informationen zu MRSA für ambulant betreute Patienten

Ratgeber für Patienten und Angehörige

Mikrobiologie von Speiseeis: Rechtliche Grundlagen, Untersuchungen, Ergebnisse

Informationen für Patienten und Angehörige

Erfahrungen mit dem neuen Lebensmittel-Hygienerecht

HELIOS Kliniken. Hygiene bei HELIOS. Information für Patienten, Besucher und Angehörige

2.1. Gefahrenanalyse Lebensmittelsicherheit

Hygiene im Alltag. Massnahmen bei Patienten mit cystischer Fibrose (CF)

MRSA Informationen für Patienten und Angehörige

Händedesinfektion. Information für Patienten, Angehörige und Besucher

Infektionsschutzgesetz Belehrung nach 42 u. 43 IfSG

1.2 Hazard Analysis and Critical Control Point (HACCP)-Konzept BgVV

Informationen über Multiresistente Erreger

Infektionen vorbeugen: Hygiene schützt

Erfahrungen mit dem neuen Lebensmittel-Hygienerecht

Einschleppung von Infektionskrankheiten

Pathogene Mikroorganismen im Trinkwasser

Lebensmittel-Mikrobiologie

Mikrobiologische Richt- und Warnwerte ENTWÜRFE Stand September 2013

Patienteninformation zur MRSA-Infektion

Überblick. Stoffwechselkrankheiten. Infektionskrankheiten. Sonstige Krankeiten

Risiken bei pflanzlichen Lebensmitteln

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Institut für Medizinische Mikrobiologie Immunologie und Parasitologie

Verordnung über die hygienischen und mikrobiologischen Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, Räume, Einrichtungen und Personal

Wann wird MRSA gefährlich?

Multiresistente Erreger in Alten- und Pflegeheimen - aktueller Stand der Dinge -

Patienteninformation. Was Sie bei der Einnahme von Antibiotika beachten sollten. Die mit dem Regenbogen

Schutz vor Infektionen mit entero-hämorrhagischen E.coli (EHEC)

Steckbriefe der wichtigsten Krankheiten, die durch Lebensmittel übertragen werden

Mikrobiologische Untersuchung von Rohmilch und Trinkmilch

Im Sinne der Sorgfaltspflicht, Eigenverantwortlichkeit und Produkthaftung sind Betriebe und auch Flugbegleiter verpflichtet, hygienisch zu arbeiten.

Anforderungen an Desinfektionsmittel in besonderen Situationen 21.Juni 2016

Milch Qualität aus Nordrhein-Westfalen

Flore-Chemie GmbH Hygieneschulung Hygienische Anforderungen an die Herstellung und Verarbeitung des jeweiligen Lebensmittels

Antibiotika- Ratgeber. Information für Patienten, Angehörige und Besucher

Zu 1861/AB XXII. GP. Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

5. Diskussion Rohmilch. Diskussion

Hygiene in Bäckereien aus mikrobiologischer Sicht

Mukor und Aspergillose

Mikrobiologische Richt- und Warnwerte - ENTWÜRFE

1. Einführung [1, 2, 3, 4, 11]

Informationen über Infektionen mit dem Norovirus

STS-Verzeichnis Akkreditierungsnummer: STS 0268

SCHWANGERSCHAFT - INFEKTIONEN DURCH NAHRUNGSMITTEL

Vorgaben des Infektionschutzgesetzes

Inhaltsverzeichnis. Einleitung. 1 Die Grundlagen der Toxikologie. 2 Toxische Schwermetalle

Hofeigene Milchverarbeitung Planungsschritte Teil 2

Hygienische Aspekte bei der Verpflegung in Ganztagsschulen

SCHWANGERSCHAFT - INFEKTIONEN DURCH NAHRUNGSMITTEL

Bakterien, Pilze und Viren AB 1: Lückentext, Diskussionspapier, Lesetext etc.

Schutz vor Keimen während Ihrer Therapie: Umkehrisolation. Patienteninformation

Patienteninformation. Hygiene im Krankenhaus

CENTROGUARD. Antimikrobielle Wirksamkeit

Flore-Chemie GmbH Hygieneschulung Infektionsschutzgesetz

Tübinger Forum November 2011

Vermeidung von Lebensmittelinfektionen

Biofilme und ihre Bedeutung (nicht nur) für die Lebensmittelsicherheit

Enteritis infectiosa Stand April 2009

Risikobetrachtung bei Schwimmbädern mit biologischer Aufbereitung

DEPARTEMENT GESUNDHEIT UND SOZIALES

ESBL ESBL. Dies bedeutet eine Resistenz gegenüber Antibiotika! Übersicht. Übersicht. Was genau? Besiedlung / Infektion. Ursachen. Infektion.

Mastitisbekämpfung Mehr als die Auswahl der richtigen Therapie

Name und Anschrift des Vereins. Vorstand: Nachweis für die Behörde

Universitätsklinikum Düsseldorf. Informationen für Patienten mit multiresistenten Bakterien sowie für deren Angehörige und Besucher

GZ: BMG 11001/0394 II/A/9/2010 Wien, am 3

Radioaktivität in Lebensmitteln nach einem nuklearen Unfall

Sicherer Umgang mit multiresistenten Keimen. Informationen für Patienten und Angehörige

Lebensmittelsicherheit: Anspruch und Wirklichkeit

Landkreis Harz Der Landrat

Infektiöse Durchfallerkrankungen

Lebensmittel Mikrobiologie QMS 2016

Vergleich: Jahresstatistik 2015 über die amtliche Futtermittelüberwachung/ QS Futtermittelmonitoring

-Hygiene. Lebensmittel. -Kontrolle -Aufsicht

B a k t e r i e n & V i r e n M a t e r i a l 1

Salmonella Bedeutung als Zoonose- Erreger in der Lebensmittel-Kette

PRESSEINFORMATION. Weniger Salmonellen bei Mastputen und in Putenfleisch. BVL veröffentlicht Bericht zum Zoonosen-Monitoring 2012

Transkript:

MILCHHYGIENE Dr. W. Ginzinger, BAM Rotholz Unterlage für Berufsschule für Milchwirtschaft Aufgabe der Milchhygiene : Vermeidung jeder Gesundheitsschädigung des Verbrauchers durch Milch und Milchprodukte MÖGLICHE GESUNDHEITSSCHÄDIGUNGEN: CHEMIKALIEN MIKROORGANISMEN FREMDKÖRPER Zusatzstoffe Rückstände Schimmelpilze Bakterien Viren Umweltchemikalien Infektion Toxinbildung CHEMIKALIEN / FREMDSTOFFE IN MILCHPRODUKTEN: 1. Zusatzstoffe : sind in verschiedenen Verordnungen geregelt; es sind nur gesundheitlich unbedenkliche erlaubt 2. Rückstände: = Rückstände nach der Behandlung der Milchkuh oder der Milchgeräte. - Antibiotika und andere Medikamente bei der Behandlung von Krankheiten der Milchkuh Eine Behandlung der Milchkuh darf nur durch den Tierarzt erfolgen; dieser muß die Wartezeit dem Landwirt nachweislich mitteilen. Herkunft - Euterbehandlung, Behandlung anderer Krankheiten, antibiotikahältigen Salben, Verschleppung der Milch von behandelten Kühen ; daher nach dem Melken behandelter Kühe die Milchgeräte spülen! Wichtig: Kennzeichnung behandelter Tiere - Pestizide: Schädlingsbekämpfungsmittel zur Bekämpfung am Tier: z.b. gegen Dasselfliege, Zecken usw. Keine chlorhältigen Mittel verwenden! Vorsicht bei Mitteln für Haustiere! Empfohlen werden Pyrethrum-Mittel - Reinigungs- und Desinfektionsmittel: geringe Rückstände sind bei Zitzentauchen und bei Unterlassen des Nachspülens der Milchgeräte möglich.

Der Rückstandsgehalt der österreichischen Milch wird laufend überwacht. Überschreitungen der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstmengen treten nur in sehr seltenen Einzelfällen auf. 3. Umweltchemikalien: Die Umweltchemikalien können auf verschiedene Art in die Milch gelangen. 2 UMWELTCHEMIKALIEN Boden Luft Futter Milchkuh MILCH Bei der Beurteilung der Gefährlichkeit der Umweltchemikalien ist zwischen fettlöslichen und wasserlöslichen Umweltchemikalien zu unterscheiden. 3.1 Wasserlösliche Umweltchemikalien :

3 UMWELT BODEN LUFT FUTTER MILCHKUH MILCH KOT / HARN Nur ein geringer Teil der aufgenommenen Menge geht in die Milch über. SCHWERMETALLE: Blei (Pb), Cadmium (Cd), Quecksilber (Hg) sind wasserlöslich! Bei einer gesunden Milchkuh wird nur ein ganz geringer Teil (bis 3 %) mit der Milch ausgeschieden. Richtwerte in mg/kg: Milch Leber Werte in Milch Blei 0.03 0.8 0.01-0.001 Cadmium 0.0025 0.5 0.0008-0.0002 Quecksilber 0.01 0.1 unter 0.001 Herkunft der Schwermetalle: Pb: Benzin; Cd: Hüttenwerken, Kunststoffverbrennung; Hg: Thermometer Auch in stark belasteten Gebieten liegt der Gehalt der Milch an Blei und Cadmium weit unter den Richtwerten. RADIOAKTIVE SUBSTANZEN: = RADIONUKLIDE: verstrahlen Radioktivität wasserlöslich, entscheidend ist die Zerfallgeschwindigkeit und Verteilung im Körper. Künstliche Radionuklide in Milchprodukten: Radionuklid Halbwertszeit Höchstwert bei Milchprodukten Bq/kg Jod 131 8 Tage 500 Cäsium 137 30 Jahre 1000 Strontium 90 28 Jahre 125 Data/group/direktio/ww/unterr/hygienf.doc

4 3.2 Fettlösliche Umweltchemikalien: Umwelt Boden Luft Futter Milchkuh Milch Die fettlöslichen Umweltchemikalien werden im Fettgewebe der Milchkuh und damit in der Milch angereichert. ORGANOCHLORVERBINDUNGEN : sind schwer abbaubar und fettlöslich PESTIZIDE: Schädlingsbekämpfungsmittel im weitesten Sinne Insektizide: gegen Insekten Fungizide: gegen Pilze Herbizide: gegen Unkraut Die meisten sind fettlöslich, werden daher in der Milch angereichert. Grenzwerte sind in der Höchstmengenverordnung 1995 festgehalten. Die Grenzwerte werden nur sehr selten überschritten. Weitere fettlösliche Umweltchemikalien: PCB: polychlorierte Biphenyle Herkunft: alte Siloanstriche, Altöle, importierte Bindegarne, Mineralöle, Holzanstriche; werden im Fettgewebe gespeichert, bei hohen Werten müssen die Kühe geschlachtet werden. DIOXINE: entstehen bei der Verbrennung von chlorhältigen Produkten z.b. Kunststoffen; werden in der Milch angereichert. 4. SCHIMMELPILZE: verschimmelt = verdorben einige Schimmelpilze bilden Gifte (Mykotoxine)

Herkunft der Mykotoxine: * aus dem Futter: z.b. Aflatoxin ( Aspergillus flavus ) nur einig Prozent der aufgenommenen Menge gehen in die Milch über; Gefahr vorallem bei Zukaufsfuttermittel aus subtropischen Raum z.b. Erdnußschrot * bei Verschimmelung des Produktes gebildet Schimmelkulturen für Schimmelkäse bilden keine erbgutschädigenden bzw. krebserregenden Mykotoxine. 5 BAKTERIELLE TOXINBILDNER Zur Toxinbildung sind Keimzahlen von über 10 6 / g Lebensmittel notwendig. Toxine werden in den meisten Fällen im Lebensmittel gebildet! 1. Staphylococcus aureus: Herkunft: Mensch - auf den Schleimhäuten des Nasen- und Rachenraumes, auf den Haaren, im Darm, in eiternden Wunden; Erreger von Entzündungen (eitrige Wunden) Milchkuh: - Mastitis; Mastitiserreger - ca. 10 % bilden Enterotoxin Enterotoxin: hitzestabil - wird durch Kochen nicht zerstört; verursacht Erbrechen und Durchfälle, eventuell Kreislaufschwäche gefährdete Produkte: Weich- und Schnittkäse aus Rohmilch Käse aus past. Milch bei Auftreten von Säuerungsstörungen 2. Bacillus cereus: Herkunft: Erde, Staub, Futter, Stroh, Kuhkot ; übersteht Pasteurisierung (Sporen) Bedeutung als Schadkeim bei Dauermilchprodukten (z.b. H-Milch) und Trinkmilch - verursacht "Süßgerinnung" Enterotoxinbildner: Toxin verursacht Erbrechen oder Durchfall gefährdete Produkte: Vanillesauce, Pudding, Milchreis, usw. 1. Aus der Rohmilch: * Mycobacterium tuberculosis: Tuberkulose * Brucellen: Brucellose / Bang BAKTERIELLE KRANKHEITSERREGER * Salmonellen: Typhus, Enteritis ( Brechdurchfall ) * pathogene Escherichia coli: Enteritis * Listerien: Listeria monocytogenes; grippeähnliche Erkrankung, Fehlgeburt, Tod., Data/group/direktio/ww/unterr/hygienf.doc

6 * Campylobacter: Enteritis * pathogene Streptokokken: Mastitis / Angina werden durch Pasteurisierung abgetötet 2. Nach Pasteurisierung: Rekontamination von Mensch, Umgebung oder Gerät - Salmonellen: (Bazillenausscheidergesetz, Stuhluntersuchung) - Tuberkuloseerreger: Mykobakterien (Lungenröntgen) - Erreger bei Brechdurchfällen: E. coli, Campylobacter - Listerien: aus Anlagen Milchprodukte aus pasteurisierter Milch sind hygienisch sehr sicher! Sehr selten sind Krankheitsfälle durch Milchprodukte; Ausnahme sind Rohmilch, Rohmilchweichkäse und Listerien bei Weichkäse

7 z.b. Maul- und Klauenseuchenviren. VIREN ALS KRANKHEITSERREGER: Die Übertragung von Viren durch die Milch ist möglich. Die Viren können sich aber in der Milch nicht vermehren. Durch die Pasteurisierung werden die Viren abgetötet. PERSONALHYGIENE KRITISCHE STELLE WARUM HYGIENEMASSNAHMEN Haare Filterwirkung, keimreich Kopfbedeckung Mund/Nase Ausschleuderung von Wasser- richtiges Nieströpfchen mit Keimen und Hustenverhalten Hände durch Berühren keimreich Waschen/Desinfizieren Intimbereich Stuhl keimreich, Pathogene Toilettenausstattung Hände waschen BAZILLENAUSSCHEIDERGESETZ Jährlich eine Stuhlprobe auf Salmonellen, alle zwei Jahre; Lungenröntgen (Tuberkulose) TOILETTENAUSSTATTUNG: * Nicht direkt mit Produktionsraum verbunden * Selbstöffnende oder Schwingtüren beim Vorraum * Handwaschgelegenheit mit warmem Wasser mit berührungslosen Armaturen und desinfizierender Seifenlösung und Einmalhandtüchern, Spiegel * Sauberkeit der Toiletten, tägliche Reinigung WEITERE MASSNAHMEN DER PERSONALHYGIENE: * Meldung bei länger anhaltendem Durchfall, eitrigen Wunden und sonstigen Entzündungen des Nasen-Rachen-Raumes * Strikte Trennung von Straßen- und Arbeitskleidung * Vermeidung von Produktkontakt oder Händedesinfektion bzw. Verwendung von Handschuhen * Desinfektionsbecken bzw. -matten an den Eingängen zum Fabrikationsbereich und zu den Toiletten Data/group/direktio/ww/unterr/hygienf.doc

* Keine betriebsfremden Personen im Produktionsbereich 8