Thema: Lehre vom persönlichen Schadenseinschlag

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Transkript:

BGH, Beschluss vom 16. August 1961, BGHSt 16, 321 Melkmaschine Sachverhalt: Anton arbeitet als Vertreter für Melkmaschinen. Als Entgelt erhält er eine Provision für erfolgreiche Vertragsabschlüsse. In mehreren Fällen spiegelt er den Kunden vor, er könne ihnen die Melkmaschinen im Rahmen einer Sonderaktion weit unter dem normalen Preis überlassen. Tatsächlich entspricht der Preis aber dem gewöhnlichen Listenpreis. Zudem setzt er die Landwirte zeitlich unter Druck, indem er eine sofortige Entscheidung verlangt, da sonst die Sache weg wäre. Auf diese Weise gelingt es ihm, eine gewisse Anzahl von Bauern über die vermeintlich günstige Gelegenheit zu täuschen und zur Bestellung einer Melkmaschine zu veranlassen, die sie sonst nicht gekauft hätten. So geschieht es auch in den folgenden Fällen, für die er später von seiner Auftraggeberfirma, der Vertreiberin der Melkmaschinen M-GmbH, jeweils die vereinbarte Provision erhält: a) Bauer Bernhard kauft eine Melkanlage, obwohl er auf Grund der Errichtung eines neuen Stalls ohnehin in finanziellen Schwierigkeiten ist. Für die Bezahlung der Maschine muss er einen hoch verzinsten Kredit aufnehmen. Diese Tatsachen sind Anton sämtlich bekannt. b) Die Bäuerin Franziska hat ebenfalls gebaut und erklärt gegenüber Anton, dass sie kein Geld mehr besitze. Im Übrigen benötige sie wenn überhaupt eine Melkmaschine für mindestens 10 Kühe. Dennoch überredet sie Anton zum Kauf einer Melkmaschine, welche nur für 2-3 Kühe ausreichend ist unter der irreführenden Aussage, die Anlage reiche auch für 10 Kühe. c) Schließlich verkauft er auch an Harald eine Melkmaschine, obgleich dieser was Anton weiß so hoch verschuldet ist, dass es ihm infolge der Verpflichtung aus dem Kaufvertrag nicht mehr möglich ist, seine sonstige Verbindlichkeiten zu erfüllen bzw. er über keine ausreichende Mittel zu einer angemessenen Lebensführung verfügt. Strafbarkeit des Anton? Thema: Lehre vom persönlichen Schadenseinschlag

Lösungsübersicht: A. Strafbarkeit wegen eines eigennützigen Betrugs gegenüber und zum Nachteil der Kunden, 263 I StGB I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Täuschung (+)... Listenpreis statt Sonderpreis... im Fall b) zudem: Leistungskraft der Maschine b) Irrtum (+) c) Vermögensverfügung (+) d) Problem: Vermögensschaden Vermögensschaden trotz wirtschaftlich ausgeglichener Leistung? Grundsatz: Betrug schützt das Vermögen, nicht die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit Ausnahme: Lehre vom individuellen Schadenseinschlag aa) Wenn Getäuschter die Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck o- der in anderer zumutbarer Weise nutzen kann (hier: Fall b) bb) Wenn Getäuschter zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt wird (hier: Fall a) cc) Wenn Getäuschter infolge der Verpflichtung nicht mehr über die Mittel verfügt, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten oder sonst für eine den persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschafts- oder Lebensführung unerlässlich sind (hier: Fall c) 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale (+) b) Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen (+) c) Problem: Stoffgleichheit Der erstrebte Vermögensvorteil muss das genaue Spiegelbild des eingetretenen Vermögensschadens sein. Hier: ( ) II. Ergebnis: 263 I StGB ( ) B. Strafbarkeit wegen eines fremdnützigen Betrugs gegenüber und zum Nachteil der Kunden, zum Vorteil der M-GmbH, 263 I StGB I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand (+) 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz (+) b) Drittbereicherungsabsicht (+) c) Stoffgleichheit (+) d) Rechtswidrigkeit der Bereicherung und Vorsatz (+) II./III. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)

Lösungsvorschlag: A. Strafbarkeit Antons wegen eines eigennützigen Betrugs gegenüber und zum Nachteil der Kunden gemäß 263 I StGB Indem Anton seinen Kunden Bernhard, Franziska und Harald Melkmaschinen verkaufte, könnte er sich wegen eines eigennützigen Betrugs in drei Fällen gegenüber und zum Nachteil der drei Kunden gemäß 263 I StGB strafbar gemacht haben. I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand Zunächst muss Anton den objektiven Tatbestand verwirklicht haben. a) Täuschung Anton müsste Bernhard, Franziska und Harald über Tatsachen getäuscht haben. Er hat den Kunden vorgespiegelt, die Maschinen würden zu einem Sonderpreis abgegeben, obgleich stattdessen der Listenpreis zu zahlen war. Überdies hat Anton im Falle der Franziska auch noch vorgespiegelt, die Melkmaschine reiche für 10 Kühe aus, obwohl sie in Wirklichkeit nur für etwa 2-3 Kühe ausreichte. Damit täuschte Anton seine Kunden über Tatsachen. b) Irrtum Die Kunden müssten infolge der Täuschung einem Irrtum unterlegen sein. Sie gingen infolge Antons Aussagen von einem Sonderpreis aus. Franziska dachte darüber hinaus, die Maschine reiche für 10 Kühe. Demnach unterlagen alle Kunden einem Irrtum. c) Vermögensverfügung Die Getäuschten müssten aufgrund des Irrtums eine Vermögensverfügung vorgenommen haben. Eine solche ist hier im Zahlen des Kaufpreises an die M-GmbH, Antons Auftraggeber, zu sehen. Diese beruhte auch

auf einem Irrtum, da die Kunden, hätte Anton sie nicht getäuscht, keine Maschinen gekauft und daher auch keinen Kaufpreis entrichtet hätten. Zumindest hätten sie (im Fall a und c) mit dem Kauf gewartet, bis sich ihre Vermögensverhältnisses wieder gebessert haben. d) Vermögensschaden Ferner müssten die Vermögensverfügungen von Bernhard, Franziska und Harald unmittelbar zu einem Vermögensschaden geführt haben. Bei gegenseitigen Verträgen sind zur Ermittlung eines Schadens Leistung und Gegenleistung zu vergleichen. Erwirbt das Opfer infolge einer Täuschung eine Sache, die ihren Preis wert ist, scheidet ein Betrug regelmäßig aus, da 263 StGB grundsätzlich das Vermögen und nicht die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit schützt. Auch hier könnte man in allen drei Fällen davon ausgehen, dass kein Vermögensschaden vorliegt, da die Melkmaschinen objektiv ihr Geld wert waren. In diesem Zusammenhang ist jedoch die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag zu beachten, da der vorgenannte Grundsatz dann zu unhaltbaren Ergebnissen führt, wenn der Täter seinem Opfer täuschungsbedingt eine Leistung verschafft, die zwar ihr Geld wert, die jedoch für das Opfer völlig unbrauchbar ist. Dabei ist ein Vermögensschaden aufgrund des individuellen Schadenseinschlages in drei Fallkonstellationen zu bejahen: Ein Vermögensschaden ist einmal dann anzunehmen, wenn der Getäuschte die Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise nutzen kann. So liegt es hier bei Franziska (Fall b). Zwar hat die Maschine einen angemessenen Preis. Franziska kann sie aber nicht in der Weise benutzen, wie es für sie notwendig ist und sie es auch im Verkaufsgespräch betont hat, da die Maschine statt der versprochenen 10 Kühe nur für 2-3 Kühe ausreicht. Demnach ist im Fall b ein Vermögensschaden zu bejahen. Des Weiteren soll ein Vermögensschaden vorliegen, wenn der Getäuschte zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung zu vermögensschädi-

genden Maßnahmen genötigt wird. Diese Fallgruppe findet vorliegend auf Bernhards Situation (Fall a) Anwendung, der ein hochverzinstes Darlehen zur Finanzierung der Melkmaschine aufnehmen musste. Somit hat auch Bernhard durch den Abschluss des Vertrages und das Zahlen des Kaufpreises einen Vermögensschaden erlitten. Als letzte Fallgruppe des individuellen Schadenseinschlages ist anerkannt, dass ein Vermögensschaden dann zu bejahen ist, wenn der Getäuschte infolge der Verpflichtung nicht mehr über die Mittel verfügt, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten oder sonst für eine den persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschafts- oder Lebensführung unerlässlich sind. Diese Konstellation ist vorliegend bei Harald (Fall c) gegeben, der so hoch verschuldet ist, dass es ihm infolge der Verpflichtung aus dem Kaufvertrag nicht mehr möglich ist, seine sonstigen Verbindlichkeiten zu erfüllen bzw. er über keine ausreichenden Mittel zu einer angemessenen Lebensführung verfügt. Mithin ist auch in Haralds Fall ein Vermögensschaden zu bejahen. Alles in allem ist damit festzuhalten, dass trotz der eigentlichen Gleichwertigkeit zwischen dem Kaufpreis und dem Wert der Melkmaschinen in allen drei Fällen ein Vermögensschaden nach der Lehre des individuellen Schadenseinschlages vorliegt. Damit ist der objektive Tatbestand des Betrugs erfüllt. 2. Subjektiver Tatbestand Darüber hinaus muss Anton den subjektiven Tatbestand verwirklicht haben. a) Tatbestandsvorsatz Anton handelte hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale vorsätzlich.

b) Absicht stoffgleicher Eigenbereicherung Examinatorium im Strafrecht II: BT Zudem muss Anton im Rahmen des eigennützigen Betrugs jedoch auch in der Absicht gehandelt haben, sich selbst einen stoffgleichen Vermögensvorteil zu verschaffen. Anton schloss die Verträge mit den Kunden deswegen ab, um selbst an die von seinem Auftraggeber zu bezahlende Provision zu kommen. Mithin kam es ihm darauf an, sich selbst einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen. Doch müsste der von Anton angestrebte Vorteil stoffgleich zum Vermögensschaden, d.h. das genaue Spiegelbild des eingetretenen Vermögensschadens sein. Denn der Betrug ist nicht nur ein Selbstschädigungsdelikt, sondern ebenso ein Vermögensverschiebungsdelikt. Das, was dem einen genommen wird, muss dem anderen gegeben werden. Stoffgleichheit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn Vermögensschädigung und Vermögensvorteil auf derselben Verfügung beruhen. Hier liegt der Fall nun so, dass der von den Bauern gezahlte Kaufpreis nicht der von Anton angestrebte Vorteil ist. Dieser möchte vielmehr eine isolierte Zahlung in Form einer Provision erlangen. Damit sind Schaden und erstrebter Vermögensvorteil nicht stoffgleich und Anton fehlt es an der Absicht stoffgleicher Eigenbereicherung. II. Ergebnis Anton hat sich mithin nicht wegen eines eigennützigen Betrugs in drei Fällen gegenüber und zum Nachteil der drei Kunden gemäß 263 I StGB strafbar gemacht. B. Strafbarkeit Antons wegen eines fremdnützigen Betrugs gegenüber und zum Nachteil der Kunden, zum Vorteil der M-GmbH gemäß 263 I StGB Anton könnte sich aber, indem er den besagten drei Kunden Melkmaschinen verkaufte, eines fremdnützigen Betrugs in drei Fällen gegenüber und zum Nachteil der drei Kunden, zum Vorteil der M-GmbH gemäß 263 I StGB strafbar gemacht haben.

I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand Wie unter A. bereits geprüft, hat Anton auch hier den objektiven Tatbestand verwirklicht. 2. Subjektiver Tatbestand a) Tatbestandsvorsatz Anton handelte wiederum vorsätzlich. b) Absicht stoffgleicher Drittbereicherung Darüber hinaus könnte Anton hier aber mit der Absicht einer stoffgleichen Drittbereicherung gehandelt haben. Vorliegend kam es Anton nicht nur darauf an, selbst an die Provision zu gelangen. Vielmehr beabsichtigte er als notwendiges Zwischenziel, die M-GmbH in Höhe der gezahlten Kaufpreise zu bereichern, da ihm nur so seine Provision ausgezahlt würde. Mithin hatte Anton die Absicht, der M-GmbH einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Insoweit ist in diesem Fall auch eine Stoffgleichheit gegeben. Die M- GmbH sollte in Form des Kaufpreises genau die Kehrseite des bei den Bauern eingetretenen Vermögensschadens erlangen. Der Schaden der Bauern entspricht dem Gewinn der M-GmbH. Diesen strebt Anton als notwendiges Zwischenziel an. c) Rechtswidrigkeit der Bereicherung und Vorsatz diesbezüglich Der angestrebte Vermögensvorteil ist rechtswidrig, was Anton bewusst war. Mithin ist auch der subjektive Tatbestand erfüllt. II. / III. Rechtswidrigkeit und Schuld Anton handelte rechtswidrig und schuldhaft.

IV. Ergebnis Anton hat sich damit wegen eines fremdnützigen Betrugs in drei Fällen gegenüber und zu Lasten der Kunden gemäß 263 I StGB strafbar gemacht.