Schlafbezogene Atmungsstörungen in einem Kollektiv von Patienten, die zur Angina-Pectoris-Aklärung zugewiesen wurdenpathophysiologische

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Transkript:

Aus der Medizinischen Klinik des Bethesda-Krankenhaus Wuppertal GmbH. Akademisches Lehrkrankenhaus der Ruhr Universität Bochum Chefarzt: Prof. Dr. med. B. Sanner Schlafbezogene Atmungsstörungen in einem Kollektiv von Patienten, die zur Angina-Pectoris-Aklärung zugewiesen wurdenpathophysiologische Zusammenhänge und Assoziation mit linksventrikulärer Dysfunktion Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr Universität Bochum vorgelegt von Thomas Weiβ Aus Mellrichstadt 2002

Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr 1.Referent: Prof. Dr. med. B. Sanner 2.Referent: Prof. Dr. med. A. Mügge Tag der mündlichen Prüfung: 08.05.2003

meinen Eltern

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Abkürzungsverzeichnis 4 1 Einleitung 6 1.1 Einteilung und Epidemiologie schlafbezogener Atmungsstörungen 6 1.1.1 Die obstruktive Schlafapnoe 7 1.1.2 Zentrales Schlafapnoe-Syndrom und Cheyne-Stokes-Atmung 8 1.2 Schlafbezogene Atmungsstörungen und assoziierte kardiovaskuläre 9 Erkrankungen 1.2.1 Pulmonal-arterielle Hypertonie 9 1.2.2 Arterielle Hypertonie 9 1.2.3 Herzinsuffizienz 10 1.2.4 Koronare Herzkrankheit 10 1.3 Ziel dieser Studie 10 2 Methodik 12 2.1 Herzkatheteruntersuchung und Erhebung der Risikofaktoren 12 1

2.2 Schlafstudie 13 3 Statistische Analyse 16 4 Ergebnisse 17 4.1 Kardiovaskuläre Risikofaktoren und linksventrikuläre Ejektionsfraktion 17 in der KHK-positiven im Vergleich zur KHK-negativen Gruppe 4.2 Ergebnisse der polygraphischen und polysomnographischen Studie 22 4.2.1 Daten der polygraphischen und polysomnographischen Studie für das 22 Gesamtkollektiv 4.2.2 Vergleich der polygraphischen Daten für die Gruppe mit und ohne KHK 26 4.2.3 Analyse der Patientengruppe mit Cheyne-Stokes-Atmung 30 4.3 Bivariate Korrelationsanalyse 31 4.3.1 Gesamtkollektiv 31 4.3.2 Gruppe ohne KHK 32 4.3.3 Gruppe mit KHK 32 4.4 Lineare Multivarianzanalyse mit dem RDI als abhängigen Faktor 32 4.5 Logistische Multivarianzanalyse mit KHK als abhängiger Variable 33 2

4.6 Methodenkritik 35 5 Diskussion 37 5.1 Beziehungen zwischen koronarer Herzkrankheit und schlafbezogenen 37 Atmungsstörungen 5.1.1 Bedeutung der Koinzidenz von koronarer Herzkrankheit und obstruktiver 37 Schlafapnoe 5.1.2 Möglicher kausaler Zusammenhang zwischen der obstruktiven Schlafapnoe 39 und der koronaren Herzkrankheit 5.2 Zusammenhänge zwischen Cheyne-Stokes-Atmung und 42 linksventrikulärer Ejektionsfraktion 5.2.1 Pathophysiologische Zusammenhänge zwischen Cheyne-Stokes-Atmung 42 und Herzinsuffizienz 5.2.2 Auswirkungen der Cheyne-Stokes-Atmung auf eine bestehende Herzinsuffizienz 44 und Therapiemöglichkeiten 5.3 Zusammenfassung 46 Literaturverzeichnis 48 Lebenslauf 58 3

Abkürzungsverzeichnis AHI Apnoe-Hypopnoe-Index BMI Body-Mass-Index CPAP continuous positive airway pressure EEG Elektroenzephalogramm EF Ejektionsfraktion des linken Ventrikels EKG Elektrokardiogramm EMG Elektromyogramm EOG Elektroocculogramm /h pro Stunde HDL high density lipoprotein KHK koronare Herzkrankheit LDL low density lipoprotein min. SaO 2 minimale Sauerstoffsättigung mittl. SaO 2 mittlere Sauerstoffsättigung 4

OSA obstruktive Schlafapnoe RDI Respiratory-Disturbance-Index SBAS schlafbezogene Atmungsstörung 5

1 Einleitung 1.1 Einteilung und Epidemiologie schlafbezogener Atmungsstörungen Schlafbezogene Atmungsstörungen lassen sich in Störungen mit und ohne Obstruktion der oberen Atemwege einteilen (Tabelle1). Für diese Studie bedeutend sind die obstruktive und zentrale Schlafapnoe, speziell die Cheyne-Stokes Atmung. Nur diese beiden Formen werden an dieser Stelle genauer behandelt. Tabelle 1: Einteilung schlafbezogener Atmungsstörungen SBAS mit Obstruktion der oberen Atemwege 1.) Obstruktives Schnarchen 2.) Obstruktive Apnoe SBAS ohne Obstruktion der oberen Atemwege 1.) Hypoventilation a) primär alveolär b) sekundär alveolär 2.) zentrale Apnoe 6

1.1.1 Die obstruktive Schlafapnoe Es handelt sich um die häufigste schlafbezogene Atmungsstörung, bei der es während des Schlafes zu wiederholten Obstruktionen im oberen Pharynxbereich kommt. Die höchste Prävalenz findet man bei übergewichtigen Personen männlichen Geschlechts in der Altersgruppe um das fünfzigste Lebensjahr. Eine systematische polysomnographische Studie einer repräsentativen Bevölkerungsgruppe fehlt bislang. Die überzeugendste existierende Studie bezüglich der Prävalenz untersucht 602 Personen (1) und findet einen Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) 5/h bei 9% der Frauen und 24% der Männer, einen AHI 15/h bei 4%, beziehungsweise 9%. Zu beachten ist hierbei, daß es sich um eine aktive Bevölkerungsgruppe handelt (Beamte im U.S.-Bundesstaat Wisconsin im Alter von 30-60 Jahren), und daß kardiopulmonale Vorerkrankungen als Ausschlusskriterium galten. Es handelt sich also wahrscheinlich um eine Minimal-Prävalenz in dieser Altersgruppe. Hervorzuheben ist, daß Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) wahrscheinlich eine verminderte kumulative Überlebensrate aufweisen. So konnten He et al. (2) in einer retrospektiven Studie an 385 Patienten eine signifikant erhöhte Mortalität bei einer Gruppe von nicht effizient behandelten OSA-Patienten im Vergleich zu einer Gruppe tracheotomisierter oder mit CPAP behandelter Patienten nachweisen. In einer anderen Studie (3) konnte gezeigt werden, daß die erhöhte Mortalität vor allem auf Todesfälle kardiovaskulärer Ursache zurückzuführen ist. Es ist also wichtig, ein besonderes Augenmerk auf kardiovaskuläre Begleiterkrankungen zu richten, und Zusammenhänge zu schlafbezogenen Atmungsstörungen, die in manchen Fällen eventuell kausaler Art sind, zu erforschen. 7

1.1.2 Zentrales Schlafapnoe-Syndrom und Cheyne-Stokes Atmung Das zentrale Schlafapnoe-Syndrom ist durch wiederholtes Sistieren der Zwerchfellatmung bei fehlendem Atemantrieb gekennzeichnet. Es handelt sich um eine heterogene, bis heute schlecht definierte Krankheitsgruppe. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich speziell mit einer Unterform, der Cheyne-Stokes Atmung. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß manche Autoren die Cheyne-Stokes Atmung als eigene Krankheitsgruppe, unabhängig vom zentralen Schlafapnoe-Syndrom betrachten (4). Das von Cheyne (5) und Stokes (6) zuerst beschriebene Krankheitsbild ist durch eine periodisch an- und abschwellende Atmung mit intermittierenden zentralen Apnoen und Hypopnoen gekennzeichnet. Genauere epidemiologische Studien existieren bis heute nicht. Am häufigsten ist diese Störung bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz anzutreffen, wo ihre Prävalenz bei etwa 40% liegt (7,8). Ansonsten findet man die Cheyne-Stokes Atmung bei Patienten mit zentral-neurologischen Störungen, frühgeborenen Säuglingen, sowie bei gesunden Personen, wenn sie sich in großer Höhe aufhalten (9). Patienten mit Herzinsuffizienz und Cheyne-Stokes Atmung scheinen gegenüber Patienten mit Herzinsuffizienz ohne Cheyne-Stokes Atmung eine erhöhte Mortalität aufzuweisen (8,10). Auf die pathophysiologischen Zusammenhänge, speziell auf die Sympathikus-Aktivierung durch wiederholte Hypoxämien und Weckreaktionen, wird an späterer Stelle genauer eingegangen. 8

1.2 Schlafbezogene Atmungstörungen und assoziierte kadiovaskuläre Erkrankungen An dieser Stelle wird eine Auswahl von mit schlafbezogenen Atmungsstörungen assoziierten kardiovaskulären Krankheiten kurz dargestellt, ohne auf die zugrundeliegende Pathophysiologie einzugehen. Es ist anzumerken, daß ein kausaler Zusammenhang zur arteriellen Hypertonie und zur pulmonal-arteriellen Hypertonie als gesichert gilt. 1.2.1 Pulmonal-arterielle Hypertonie Die Existenz einer pulmonal-arteriellen Hypertonie konnte bei 20% der Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe gezeigt werden (11). Zu ihrer Entwicklung scheint die Existenz einer permanenten Hypoxämie im Wachzustand notwendig zu sein. Eine klinisch definierte Rechtsherz-Insuffizienz konnte bei 12% einer Gruppe von 50 Patienten nachgewiesen werden (12). 1.2.2 Arterielle Hypertonie Etwa 50% der Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe haben gleichzeitig eine arterielle Hypertonie (13). Umgekehrt haben etwa 30% der Hypertoniker gleichzeitig eine OSA (14,15). Eine wirksame Behandlung des Schlafapnoe Syndroms verbessert auch die Blutdruckwerte der Patienten (16). 9

1.2.3 Herzinsuffizienz Bei einer echokardiographischen Studie waren das Septum und die Hinterwand von OSA- Patienten im Vergleich zu einer gleichaltrigen Kontrollgruppe verdickt (17). Dieser Unterschied war auch dann noch signifikant, als man Patienten mit gleichem BMI untersuchte und nur nicht-hypertone Patienten mit OSA verglich. Die in einer anderen Studie nachgewiesene Verbesserung der linksventrikulären Funktion nach CPAP-Behandlung (18) deutet darauf hin, daß die OSA ein kausaler Faktor bei der Entwicklung einer Herzinsuffizienz sein könnte. 1.2.4 Koronare Herzerkrankung Verschiedene Studien (19,20) weisen auf eine erhöhte Prävalenz einer OSA bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung hin. Demnach ist mit einem Apnoe-Hypopnoe-Index 10/h bei 30-40% der Patienten mit KHK zu rechnen. Nach einer Studie von Hung et al. ist die OSA als ein unabhängiger Risikoindikator für einen Herzinfarkt zu betrachten (21). Zudem scheint der Respiratory Disturbance Index (RDI) ein unabhängiger Prädiktor für die Mortalität bei KHK-Patienten zu sein (22). 1.3 Ziel dieser Studie Wie bereits erwähnt, haben Patienten mit schlafbezogenen Atmungsstörungen eine reduzierte kumulative Überlebensrate, wahrscheinlich wegen einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität. Wenn man dies berücksichtigt, so ist der Zusammenhang zwischen einer koronaren Herzerkrankung und der obstruktiven Schlafapnoe von besonderer Bedeutung. 10

Zum einen stellt eine Kombination dieser beiden Krankheiten ein potentielles Risiko dar: Die wiederholten Obstruktionen der oberen Atemwege führen zu Hypoxämien. Assoziierte intrathorakale Druckschwankungen bewirken eine Erhöhung der Nachlast des linken Ventrikels (23). Aus Weckreaktion und Hypoxämie resultiert eine Sympathikusaktivierung mit Blutdruckanstieg (23). Alles in allem kommt es zu einer Imbalance zwischen Sauerstoffangebot und bedarf des Herzens, was bei der von vorneherein prekären Situation eines Koronarpatienten zu Ischämien und Bradyarrhythmien führen kann (24). Andererseits wird von einigen Autoren vermutet, daß die repetetiven Hypoxämien und die erhöhte sympathische Aktivität direkt zur Arteriosklerose und somit zur Progression der koronaren Herzerkrankung beitragen (25). Um diese möglichen Zusammenhänge genauer zu beleuchten, untersuchten wir in unserer Studie die Prävalenz von schlafbezogenen Atmungsstörungen bei Patienten, die unserer Klinik zur Angina-Pectoris-Diagnostik zugewiesen wurden und verglichen unter den zufällig ausgewählten Patienten die Gruppe mit koronarangiographisch nachgewiesener KHK mit der Gruppe, bei der bei gleicher Diagnostik keine KHK festgestellt werden konnte (Kohortenstudie). Ziel war es, neben der Erfassung der Prävalenz und der Analyse der beeinflussenden Parameter, Aufschlüsse über die Stellung von schlafbezogenen Atmungsstörungen als möglichen unabhängigen Risikofaktor für eine koronare Herzkrankheit zu bekommen. 11

2 Methodik 2.1 Herzkatheteruntersuchung und Erhebung der Risikofaktoren Aus dem Patientenkollektiv, das unserer Klinik zur Linksherz-Katheteruntersuchung im Rahmen einer Angina-Pectoris Abklärung zugewiesen wurde, wurden 70 konsekutive Patienten aufgenommen. Alle Patienten gaben ihr schriftliches Einverständnis vor Einschluß in die Studie. Bei allen Patienten wurde eine Koronarangiographie mit einem Zugang über die Arteria femoralis oder -brachialis, mittels einer 5-French Kanüle durchgeführt. Ein nicht-ionisches Kontrastmittel wurde von Hand injiziert. Die linke Koronararterie wurde in sieben, die rechte in drei Projektionen dargestellt. Der Stenosegrad wurde nach der Untersuchung quantifiziert. Dabei erfolgte eine visuelle Abschätzung wobei der Durchmesser des stenosierten Segmentes zum Durchmesser des angrenzenden, normalen Segmentes in Verhältnis gesetzt wurde. Die Verminderung des Durchmessers in Prozent ausgedrückt ergab dabei den Stenosegrad. Der Stenosegrad wurde unabhängig von zwei verschiedenen Kardiologen bestimmt. Ein Wert über fünfzig Prozent wurde dabei als signifikante Stenose gewertet. Die koronare Herzerkrankung wurde nach dem üblichen Schema in eine Ein-, Zwei- oder Drei-Gefäßerkrankung eingeteilt, wobei nur Stenosen der rechten Koronararterie, des Ramus circumflexus, sowie des Ramus interventricularis anterior bewertet wurden. Eine Stenose des linken Hauptstammes wurde als Zweigefäßerkrankung gewertet. Die Ejektionsfraktion des linken Ventrikels wurde während der Katheteruntersuchung über eine selektive Ventrikulographie bestimmt. Die angiographische Studie wurde auf Videoband und Film aufgezeichnet. Um die kardiovaskulären Risikofaktoren zu bestimmen, wurde eine ausführliche Anamnese einschließlich Familienanamnese hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse erhoben. Zudem wurde jeder Patient körperlich untersucht. 12

Die auf diese Weise dokumentierten Risikofaktoren beinhalten Übergewicht, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperuricämie und Zigarettenrauchen. Zusätzlich wurde bei allen Patienten der Cholesterinspiegel bestimmt. Hypercholesterinämie wurde definiert als Gesamtcholesterinwerte über 5,1 mmol/l, LDL- Cholesterin über 4,65 mmol/l, oder HDL-Cholesterin unter 0,9 mmol/l. 2.2 Schlafstudie In der zweiten Nacht nach der Katheteruntersuchung wurde die Schlafstudie mittels eines Nichtlabormonitorsystems durchgeführt. Zwei Patienten lehnten die Teilnahme an der Studie ab, die anderen 68 waren einverstanden, an der Aufzeichnung teilzunehmen. Das mittlere Alter der 68 Patienten (53 Männer, 15 Frauen) betrug 63,4 ± 10 Jahre, der mittlere BMI 28,8 ± 4,1kg/m². 27 Patienten (39,7%) hatten einen bekannten oder neu diagnostizierten arteriellen Hypertonus. 14 Patienten nahmen regelmäßig Antihypertensiva ein, 10 der Patienten mit Diabetes mellitus wurden mit Sulfonyl-Harnstoffen oder Insulin behandelt. Alkoholkonsum und die Einnahme von Sedativa waren am Tag und in der Nacht vor der Schlafstudie verboten. Die Schlafstudie wurde mit einem validierten Sechskanal-Nichtlabormonitorsystem (Eden Trace, Edentec Monitoring System, Eden Prairie, MN, USA) (26) durchgeführt. Dabei wurden kontinuierlich und qualitativ der Atemgasfluß über einen Thermistor (nasal/oral) gemessen, sowie die Atemanstrengung nicht-invasiv über Dehnungsstreifen, die Sauerstoffsättigung des Blutes (Pulsoxymetrie), die Herzfrequenz, Schnarchgeräusche über ein tracheal positioniertes Mikrophon, sowie die Schlafposition aufgezeichnet. Alle Signale wurden polygraphisch mit Hilfe einer Computer-Software aufgezeichnet und analysiert. 13

Die Gesamtschlafzeit wurde mit Hilfe des Schlaftagebuches des Patienten und visueller Analyse der Aufzeichnungen (vertikale Position, Bewegung und Artefakte deuten auf einen Wachzustand hin) abgeschätzt. Die respiratorischen Ereignisse wurden nur während dieser abgeschätzten Schlafzeit von zwei Autoren erhoben. Als repiratorisches Ereignis wurden die Apnoe als komplettes Sistieren des Atemgasflusses für mindestens 10 Sekunden, sowie Hypopnoen als Reduzierung des Atemgasflusses, die mit einem Abfall der Sauerstoffsättigung um mindestens 4% einhergeht, gewertet. Die durchschnittliche Anzahl der Ereignisse pro Stunde Meßzeit (Respiratory-Disturbance- Index, RDI) wurde ausgerechnet. Die Ereignisse wurden als obstuktive Apnoe eingestuft, wenn sie mit Thoraxbewegungen einhergingen, und als zentral, wenn keine Atembewegung feststellbar war. Cheyne-Stokes-Atmung wurde als periodisch an- und abschwellender Atemgasfluß mit intermittierenden zentralen Apnoen definiert. Die Patienten, bei denen mit dem Nicht-Labor-Monitoring-System ein RDI 10/h gefunden wurde, wurden zusätzlich polysomnographisch im Schlaflabor untersucht. Dabei wurde die Polysomnographie (Somnostar 4100, Sensor Medics Co., Yorba Linda, CA, USA) nach den allgemein anerkannten Methoden durchgeführt (27). Über Oberflächenelektroden wurden kontinuierlich EEG, EOG, EMG und EKG aufgezeichnet, über nicht-invasive Sensoren (Thermistor) der Atemgasfluß, mit einem Mikrophon die Schnarchgeräusche, durch Induktionsplethysmographie die thorakale und abdominale Atemanstrengung, sowie die Sauerstoffsättigung des Blutes über einen Pulsoxymeter gemessen. Jeder Patient konnte frei wählen, wann er zu Bett gehen und wieder aufstehen wollte. Die Installation der Kabel erlaubte einen normalen Positionswechsel während des Schlafes. Die Polysomnographie wurde nach dem definitiven Erwachen beendet. Die Aufzeichnungen wurden manuell in 30-Sekunden-Abschnitten ausgewertet. Die Schlafstadien wurden nach der Methode von Rechtschaffen und Kales (28) zugeordnet. Die respiratorischen Ereignisse wurden entsprechend der beim Nichtlabormonitoringsystem beschriebenen Methode in Apnoe und Hypopnoe, 14

beziehungsweise als zentrales oder obstruktives Ereignis eingeteilt. Berücksichtigt wurden nur Ereignisse während der Schlafzeit. Der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI), definiert als Anzahl der respiratorischen Ereignisse pro Stunde Schlaf, wurde errechnet. 15

3 Statistische Analyse Alle Ergebnisse werden als Mittelwert mit einer Standardabweichung angegeben. Alle angegebenen p-werte sind zweiseitig. Die Grenze für statistische Signifikanz wird bei einem p-wert von 0,05 festgelegt (Werte unter 0,05 zeigen eine statistische Signifikanz an). Die Statistische Analyse wurde mit einem Programm für Windows-Software durchgeführt (Statistical Package for the Social Sciences, SPSS, Chicago, IL, USA). Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen wurden mit der 4-Feldertafel unter Anwendung des Fisher-Exact-Tests analysiert. Korrelationen wurden mit linearer Regressionsanalyse untersucht. Um den unabhängigen Zusammenhang zwischen linksventrikulärer Funktion und dem Schweregrad der schlafbezogenen Atmungsstörungen in Anwesenheit weiterer Risikofaktoren zu bestimmen, wurde eine lineare Multivarianzanalyse mit dem RDI als abhängiger Variable durchgeführt. Das statistische Modell mit multiplen Variablen wurde schrittweise aufgebaut in der Absicht, nur Faktoren, die signifikant (p<0,05) mit dem RDI korreliert sind, für das definitive Regressionsmodell auszuwählen. Die möglichen Risikofaktoren Alter, BMI, Geschlecht, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Hyperuricämie, Hypercholestrinämie, Zigarettenrauchen und koronare Herzerkrankung konnten am Regressionsmodell teilnehmen. Zusätzlich wurde eine logistische Multivarianzanalyse mit koronarer Herzerkrankung als abhängiger Variable und Alter, BMI, Parameter der Schwere der schlafbezogenen Atemstörung, Diabetes mellitus, Geschlecht, arterielle Hypertonie, Hyperuricämie, Hypercholesterinämie und Rauchen als unabhängige Variablen, durchgeführt. Absicht war, Aufschlüsse über die Stellung der OSA als möglichen Risikofaktor einer KHK zu bekommen. 16

4 Ergebnisse 4.1 Kardiovaskuläre Risikofaktoren und linksventrikuläre Ejektionsfraktion in der KHK-positiven Gruppe im Vergleich zur KHK-negativen Gruppe Im Gesamtkollektiv von 68 Patienten hatten 49 (43 Männer, 6 Frauen) eine durch die Herzkatheteruntersuchung nachgewiesene koronare Herzerkrankung, 19 Patienten (10 Männer, 9 Frauen) litten nachgewiesen nicht an KHK. Die Ergebnisse der Auswertung der anamnestisch, klinisch und laborchemisch erhobenen Risikofaktoren, sowie die gemessene Ejektionsfraktion des linken Ventrikels für die beiden Gruppen, sowie deren Vergleich sind nachfolgenden Tabellen zu entnehmen: Gruppe ohne KHK (n=19): Tabelle 2: Alter, Body-Mass-Index (BMI) und linksventrikuläre Ejektionsfraktion in der Gruppe ohne KHK (n=19) Paramater Anzahl Mittelwert Standardabweichung BMI (kg/m²) 19 30,7 3,9 Alter (Jahre) 19 64,8 7,5 Ejektionsfraktion (linksventrikulär) 17 0,7 0,2 17

Tabelle 3: Risikofaktoren in der Gruppe ohne KHK (n=19) Rskf. + : Anzahl der Patienten, die den Risikofaktor aufweisen Familie + : positive Familienanamnese für KHK Risikofaktor Patientenzahl Rskf. + Prozentzahl Diabetes 19 3 15,8 Familie + 19 1 5,3 männlich 19 10 52,6 Hypercholesterinämie 19 8 42,1 Hyperuricämie 19 2 10,5 Hypertonie 19 12 63,2 Gruppe mit KHK (n=49): Tabelle 4: Body-Mass-Index (BMI), Alter und linksventrikuläre Ejektionsfraktion in der Gruppe mit KHK (n=49) Paramater Anzahl Mittelwert Standardabweichung BMI (kg/m²) 49 28,0 0,6 Alter (Jahre) 49 62,9 10,8 Ejektionsfraktion (linksventrikulär) 47 0,7 0,1 18

Tabelle 5: Risikofaktoren in der Gruppe mit KHK (n=49) Rskf. + : Anzahl der Patienten, die den Risikofaktor aufweisen Familie + : positive Familienanamnese für KHK Risikofaktor Patientenzahl Rskf. + Prozentzahl Diabetes 49 14 28,6 Familie + 49 7 14,3 männlich 49 43 87,8 Hypercholesterinämie 49 39 79,6 Hyperuricämie 49 4 8,2 Hypertonie 49 34 69,4 Im Vergleich der Gruppe mit und ohne KHK ergaben sich im U-Test keine statistisch signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Alters und der Ejektionsfraktion. Im Fisher-Exact-Test war die Prävalenz in den beiden Gruppen für Diabetes mellitus, Familienanamnese, Hyperuricämie und Hypertonie nicht statistisch signifikant unterschiedlich. Statistische Signifikanz erreichte jedoch im U-Test folgender Wert: - Die Gruppe ohne KHK hatte einen signifikant höheren BMI (30,7±3,9 vs. 28,0±4,0 kg/m², p<0,05). Im Fisher-Exact-Test war die Prävalenz folgender Risikofaktoren in den beiden Gruppen statistisch signifikant unterschiedlich: - In der Gruppe mit KHK war die Prävalenz einer Hypercholesterinämie signifikant höher (79,6% vs. 42,1%, p<0,01). - In der Gruppe mit KHK war der Anteil an Männern signifikant größer (87,8% vs. 52,6%, p<0,01). 19

100% Abbildung1 KHK+ KHK- 90% 80% 70% Patienten 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Hypertonie Diabetes männlich Hypercholesterinämie Abbildung 1: Vergleich der Risikofaktoren in der Gruppe mit (KHK+) und ohne KHK (KHK-). Statistisch signifikante Unterschiede der Prävalenz ergaben sich im Fisher-Exact-Test für Hypercholesterinämie und männliches Geschlecht. 20

Abbildung 2 KHK+ KHK- 70 60 50 Mittelwert 40 30 20 10 0 Alter (Jahre) BMI (kg/m²) Abbildung 2: Vergleich von mittlerem Alter und BMI in der Gruppe mit und ohne KHK. Im U-Test war der Unterschied bezüglich BMI statistisch signifikant. KHK+: KHK-positive Gruppe, KHK-: KHK-negative Gruppe 21

4.2 Ergebnisse der polygraphischen und polysomnographischen Studie 4.2.1 Daten der polygraphischen und polysomnographischen Studie für das Gesamtkollektiv In der Untersuchung mit dem Sechskanal-Nichtlabormonitorsystem hatten 35 von den 68 Patienten des Gesamtkollektivs eine schlafbezogene Atmungsstörung definiert durch einen RDI 5/h und 21 einen RDI 10/h. Die genauen Ergebnisse sind in folgender Tabelle dargestellt. Gesamtkollektiv (68Patienten): Tabelle 6: Respiratory-Disturbance-Index (RDI) im Gesamtkollektiv (n=68) Anzahl Prozentzahl RDI<5/h 33 48,5% RDI 5/h 35 51,5% 5/h RDI<10/h 14 20,6% RDI 10/h 21 30,9% 22

RDI<5/h 5/h RDI<10/h 33 RDI 10/h 14 21 Abbildung 3: Aufteilung des Gesamtkollektivs (n=68) bezüglich RDI 23

Die genauen polygraphischen Daten bezogen auf das Gesamtkollektiv sind folgender Tabelle zu entnehmen. polygraphische Daten des Gesamtkollektives: Tabelle 7: polygraphische Daten des Gesamtkollektives (n=68) (t<90% : Prozentsatz der Schlafzeit mit einer Sauerstoffsättigung <90 min. SaO 2 : minimale Sauerstoffsättigung; mittl. SaO 2 : mittlere Sauerstoffsättigung ) Mittelwert Standardabweichung RDI ( /h) 9,8 18,3 t<90% (%) 8,1 18,8 min. SaO 2 (%) 85,2 6,2 mittl. SaO 2 (%) 94,1 2,9 24

Bei 16 der 21 Patienten mit einem RDI 10/h wurde zusätzlich eine komplette Polysomnographie durchgführt. Die Ergebnisse, sowie im Vergleich dazu die Daten der vorangegangenen polygraphischen Studie der gleichen 16 Patienten sind in folgender Tabelle als Mittelwert ± einer Standardabweichung wiedergegeben. Tabelle 8: Daten der 16 Patienten, die polysomnographisch untersucht wurden (t<90% : Prozentsatz der Schlafzeit mit einer Sauerstoffsättigung <90% min. SaO 2 : minimale Sauerstoffsättigung; mittl. SaO 2 : mittlere Sauerstoffsättigung ) polysomnographische Studie polygraphische Studie Gesamtschlafzeit (Minuten) 384,8±71,6 Wachzustand (%) 11,1±13,9 Schlaf-Stadium 1 (%) 9,2± 7,9 Stadium 2 (%) 63,3±11,3 Stadium 3 (%) 5,6± 4,1 Stadium 4 (%) 1,7± 3,4 REM-Schlaf (%) 12,3± 4,9 AHI, bzw. RDI ( /h ) 24,9±12,6 23,6±11,6 t<90% (%) 16,1±26,7 14,3±20,7 mittl. SaO 2 (%) 93,2± 3,1 93,6± 3,2 min. SaO 2 (%) 83,3± 5,8 81,0± 7,3 Im U-Test ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen der polygraphischen- und der polysomnographischen Studie. 25

In der polysomnographischen Studie wurde bei 10 der 16 Patienten ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom diagnostiziert, bei den verbleibenden 6 Patienten eine Cheyne- Stokes Atmung. Diese Ergebnisse waren mit den in der polygraphischen Studie diagnostizierten Atemmustern deckungsgleich. 4.2.2 Vergleich der polygraphischen Daten für die Gruppe mit und ohne KHK a) Prävalenz von schlafbezogenen Atmungsstörungen in den einzelnen Gruppen Gruppe mit KHK (49 Patienten): Tabelle 9: Prävalenz einer SBAS in der Gruppe mit KHK (n=49) Anzahl Prozentzahl RDI<5/h 24 49,0 RDI 5/h 25 51,0 5/h RDI<10/h 12 24,5 RDI 10/h 13 26,5 26

24 RDI<5/h 5/h RDI<10/h 12 RDI 10/h 13 Abbildung 4: Aufteilung der Gruppe mit KHK (n=49) bezüglich RDI Gruppe ohne KHK (19 Patienten) Tabelle 10: Prävalenz einer SBAS in der Gruppe ohne KHK (n=19) Anzahl Prozentzahl RDI<5/h 9 47,4% RDI 5/h 10 52,6% 5 RDI<10 2 10,5% RDI 10/h 8 42,1% 27

RDI<5/h 9 5/h RDI<10/h RDI 10/h 2 8 Abbildung 5: Aufteilung der Gruppe ohne KHK (n=19) bezüglich RDI Im Fisher-Exact-Test ergab sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der Prävalenz einer schlafbezogenen Atmungsstörung zwischen den Gruppen mit und ohne KHK. 28

b) Vergleich der polygraphischen Parameter In folgender Tabelle werden die polygraphischen Daten für die beiden Gruppen gegenübergestellt. Die Daten sind als Mittelwert ± eine Standardabweichung angegeben: Tabelle 11: polygraphische Daten der Gruppe mit (n=49) und ohne KHK (n=19) (t<90% : Prozentsatz der Schlafzeit mit einer Sauerstoffsättigung <90% min. SaO 2 : minimale Sauerstoffsättigung; mittl. SaO 2 : mittlere Sauerstoffsättigung ) KHK-positiv KHK-negativ RDI ( /h ) 9,0±10,6 11,8±13,4 t<90% (%) 7,4±15,6 9,1±24,0 min. SaO 2 (%) 94,5± 2,1 93,3± 4,3 mittl. SaO 2 (%) 86,3± 4,7 82,3± 8,6 Bezüglich sämtlicher Parameter ergab sich im U-Test kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. 29

4.2.3 Analyse der Patientengruppe mit Cheyne-Stokes-Atmung Wie bereits erwähnt, wurde bei insgesamt 7 Patienten eine Cheyne-Stokes Atmung in der polygraphischen Studie diagnostiziert (6 polysomnographisch bestätigt). Diese teilten sich wie folgt auf: - 7 Patienten mit einem RDI 5/h hatten ein Cheyne-Stokes-Atemmuster. Bei einem Kollektiv von 35 Patienten mit einem RDI 5/h entspricht dies einem Anteil von 20%. - 6 Patienten mit einem RDI 10/h hatten ein Cheyne-Stokes-Atemmuster. Bei einem Kollektiv von 21 Patienten mit einem RDI 10/h entspricht dies einem Anteil von 28,6%. Bei den 6 Patienten mit Cheyne-Stokes-Atmung und einem RDI 10/h wurde eine Polysomnographie durchgeführt, wobei bei allen 6 Patienten die Diagnose bestätigt werden konnte. Vergleicht man im Kollektiv der Patienten mit einer schlafbezogenen Atmungsstörung (SBAS) die Untergruppen mit und ohne KHK bezüglich Cheyne-Stokes-Atmung, so ergibt sich folgendes Ergebnis: Tabelle 12: Anzahl und Anteil der Cheyne-Stokes Atmung an SBAS in der KHKpositiven und KHK-negativen Gruppe KHK-positiv und SBAS (n=25) KHK-negativ und SBAS (n=10) Cheyne-Stokes, Anzahl 3 4 Cheyne-Stokes, Prozent (Anteil an SBAS in der jeweiligen Gruppe) 12% 40% 30

Die Analyse der Mittelwerte der Ejektionsfraktion im U-Test ergab einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen der Gruppe mit und ohne Cheyne-Stokes-Atmung: Der Mittelwert lag bei den Patienten mit Cheyne-Stokes-Atmung bei 0,46 mit einer Standardabweichung von 0,21 gegenüber 0,69±0,13 in der Gruppe ohne Cheyne-Stokes- Atmung (p<0,05). 4.3 Bivariate Korrelationsanalyse Um Zusammenhänge zwischen den einzelnen Parametern zu erforschen, wurde für folgende Variablen eine bivariate Korrelationsanalyse durchgeführt: RDI, Alter, BMI, linksventrikuläre Ejektionsfraktion (EF), mittlere Sauerstoffsättigung, minimale Sauerstoffsättigung und der Prozentsatz der Schlafzeit, die mit einer Sauerstoffsättigung<90% (t<90%) verbracht wurde. Für die Gesamtgruppe und die Untergruppen mit und ohne KHK ergaben sich dabei folgende Ergebnisse: 4.3.1 Gesamtkollektiv In der bivariaten Korrelationsanalyse ergab sich für das Gesamtkollektiv ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen: - RDI und EF (n=68, r= -0,38, p=0,002) - BMI und min. SaO 2 (n=68, r= -0,27, p=0,029) 31

4.3.2 Gruppe ohne KHK In der Gruppe ohne KHK ergab sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen: - RDI und EF (n=19, r= -0,52, p=0,032) - RDI und min. SaO 2 (n=19, r= -0,48, p=0,038) - EF und t<90% (n=16, r= -0,56, p=0,024) 4.3.3 Gruppe mit KHK Hier ergab sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen: - RDI und Alter (n=49, r= 0,35, p=0,014) - RDI und min. Sa0 2 (n=49, r= -0,49, p=0,001) 4.4 Lineare Multivarianzanalyse mit dem RDI als abhängigen Faktor Um genauer zu untersuchen, welche Faktoren im Zusammenhang mit schlafbezogenen Atmungsstörungen stehen, wurde eine lineare Multivarianzanalyse mit dem RDI als abhängiger Variable durchgeführt. Als unabhängige Variablen wurden in diese Analyse eingeschlossen: 32

Alter, BMI, linksventrikuläre Ejektionsfraktion (EF), Diabetes mellitus, Geschlecht, arterielle Hypertonie, Hyperuricämie, Hypercholesterinämie, Rauchen, sowie das Vorhandensein einer KHK. Es ergab sich dabei eine unabhängige, signifikante Assoziation zwischen dem RDI und der EF (r= -0,36, p=0,002). In der Analyse konnte kein anderer signifikanter Zusammenhang festgestellt werden. Für die Untergruppen in bezug auf das Vorhandensein einer KHK ergab sich in der partiellen Korrelationsanalyse für die Gruppe ohne KHK die gleiche signifikante Assoziation zwischen dem RDI und der EF (r= -0,4, p=0,002). Dieser Zusammenhang blieb auch nach Adjustieren für Alter, BMI, Geschlecht, Diabetes, Hypercholesterinämie, Hyperuricämie und arterielle Hypertonie bestehen. Der Zusammenhang zwischen dem RDI und der EF fand sich nicht in der Untergruppe mit KHK. 4.5 Logistische Multivarianzanalyse mit KHK als abhängiger Variable Um die Stellung der schlafbezogenen Atmungsstörung als möglichen unabhängigen Risikoindikator für eine KHK zu untersuchen, wurde eine logistische Multivarianzanalyse mit der KHK als abhängiger Variable durchgeführt. Als unabhängige Variablen wurden in die Analyse aufgenommen: Alter, BMI, RDI, min. SaO 2, mittl. SaO 2, t<90%, Diabetes mellitus, Geschlecht, Rauchen, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie und Hyperuricämie. Die logistische Multivarianzanalyse fand einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer KHK und folgenden Parametern: - männliches Geschlecht (r=0,18, p=0,03) - Rauchen (r=0,21, p=0,02) 33

- Diabetes mellitus (r=0,18, p=0,03) - Hypercholesterinämie (r=0,17, p=0,04) Die Parameter der Schwere einer schlafbezogenen Atmungsstörung waren dagegen nicht mit dem Vorhandensein einer KHK assoziiert. 34

4.6 Methodenkritik Die Ergebnisse unserer Studie unterstützen nicht die These eines kausalen Zusammenhanges zwischen OSA und KHK. In der logistischen Multivarianzanalyse mit der KHK als abhängigen Faktor waren das Vorhandensein, sowie die Parameter der Schwere einer OSA kein Risikoindikator für eine KHK. Kritisch ist hierbei die sehr hohe Prävalenz einer SBAS in der Gruppe ohne KHK zu beurteilen: 42,1% der Patienten in diesem Kollektiv hatten einen RDI 10/h gegenüber 26,5% mit einem RDI 10/h in der Gruppe mit KHK. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, daß bei 4 der 19 Patienten ohne KHK ein Cheyne-Stokes Atemmuster diagnostiziert wurde ( 21%!). Hierbei ist zu beachten, daß es sich bei der Gruppe ohne KHK um ein selektiertes Patientenkollektiv handelt: Patienten, die unserer Klinik zur Herzkatheteruntersuchung im Rahmen einer Angina- Pectoris Symptomatik zugewiesen wurden. Es ist wahrscheinlich, daß Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion und daraus resultierender Cheyne-Stokes Atmung eine überschneidende Symptomatik, wie etwa Belastungsintoleranz aufwiesen, und deshalb mit der letztlich falschen Verdachtsdiagnose Angina-Pectoris eingewiesen wurden. Das würde den hohen Anteil von SBAS und Cheyne-Stokes Atmung in der Kontrollgruppe erklären. Dadurch läßt unsere Studie aber letztendlich keinen Schluß auf die Frage eines kausalen Zusammenhanges zwischen OSA und KHK zu. Die These, daß eine Herzinsuffizienz eine Cheyne-Stokes Atmung verursacht, wird durch die Ergebnisse unserer Studie unterstützt. Daß umgekehrt eine OSA zu KHK-Entwicklung beiträgt, wird nicht bestätigt, aber auch keinesfalls widerlegt. Im nachhinein ist ersichtlich, daß es sinnvoller gewesen wäre, eine «gesunde» Kontrollgruppe zu bilden, nämlich mit bezüglich Angina-Pectoris asymptomatischen Personen, die ähnliche kardiovaskuläre Risikofaktoren aufweisen. 35

Zum Ausschluß einer KHK hätte dann zum Beispiel ein unauffälliges Belastungs-EKG dienen können. Eine Herzkatheteruntersuchung bei asymptomatischen Patienten wäre sicher ethisch nicht vertretbar gewesen. In der Studienplanung legten wir im nachhinein vielleicht zu großen Wert auf den möglichst sicheren Ausschluß einer KHK in der Kontrollgruppe durch eine Koronarangiographie. 36

5 Diskussion 5.1 Beziehungen zwischen koronarer Herzkrankheit und schlafbezogenen Atmungsstörungen 5.1.1 Bedeutung der Koinzidenz von koronarer Herzkrankheit und obstruktiver Schlafapnoe 49,3% der Patienten mit KHK hatten in unserer Studie einen RDI 5/h, 26,5% einen RDI 10/h. Die Prävalenz einer SBAS unter KHK-Patienten lag somit in der Tendenz niedriger als in vergleichbaren Studien (19,20): in letztgenannten hatten 30-40% der KHK- Patienten einen RDI 10/h. Wie bereits angedeutet, stellt die Koinzidenz von KHK und SBAS ein besonderes Risiko für den Patienten in bezug auf das Ungleichgewicht von Sauerstoffangebot und -bedarf des Herzens dar. Hierbei spielen apnoeinduzierte Hypoxämien, intrathorakale Druckschwankungen sowie repetitive Weckreaktionen mit Sympathikusaktivierung eine Rolle: Daß Hypoxämien bei KHK-Patienten Angina-Pectoris und ST-Strecken-Senkungen auslösen können, ist seit den Versuchen von Rothschild und Kissin bekannt, bei denen KHK-Patienten ein hypoxisches Gasgemisch einatmeten (29,30). Ein ähnlicher Versuch aus dem Jahre 1941 kam zu dem Ergebnis, daß zur ST Strecken- Senkung eine SaO 2 zwischen 60 und 85% für einen Zeitraum von 20 Minuten nötig ist (31). Bei Patienten mit OSA werden zwar ähnliche Sauerstoffentsättigungen registriert, die Apnoephasen sind allerdings kürzer: sie dauern 10 Sekunden bis maximal 3 Minuten. Da die Apnoen aber repetitiv auftreten, und zwischen zwei Episoden oft nur wenige Atemzyklen existieren, registriert man oft während langer Phasen Hypoxämien (32). 37

Zu diesem limitierten Sauerstoffangebot gesellt sich speziell bei der OSA auch noch eine besondere Belastung des Herzens: Bei normaler Atmung erreicht der intrathorakale Druck gegenüber dem atmosphärischen Druck negative Werte zwischen 5 und 10 cm H 2 O. Während einer obstruktiven Apnoe mit Atembewegungen gegen die kollabierten oberen Atemwege sinken diese Werte auf teilweise unter 60 cm H 2 O (32), mit entsprechenden Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem: Den genannten negativen intrathorakalen Druckwerten wird eine auslösende Rolle für die in den Apnoephasen vermehrte rechtsventrikuläre Füllung zugeschrieben. Das dadurch gesteigerte rechtsventrikuläre Volumen führt über Rechts-Links-Shift des Septums zu einer linksventrikulären Füllungbehinderung (33,34). Durch den negativen intrathorakalen Druck während einer obstruktiven Apnoe erhöht sich auch der transmurale Druck des linken Ventrikels, und somit die Nachlast und die zu leistende Arbeit (35). Am Ende der Apnoe kommt es schließlich durch Hypoxämie und Weckreaktion zu einer Sympathikusaktivierung mit Tachykardie, peripherer Vasokonstriktion und Blutdruckanstieg (36,37). In dieser Phase ist das Herz aufgrund des akuten Ungleichgewichts zwischen Sauerstoffangebot und bedarf besonders ischämiegefährdet. Daß es sich dabei nicht um rein hypothetische Überlegungen handelt, belegen mehrere Studien, bei denen bei Patienten, die gleichzeitig an KHK und OSA litten, Apnoeassoziierte ST-Strecken-Senkungen sowie ischämiebedingte Rhythmusstörungen im Zusammenhang mit Apnoephasen nachgewiesen werden konnten (24,38,39). In einer vor kurzem erschienenen prospektiven Studie war in einem Kollektiv von KHK- Patienten der RDI ein unabhängiger Prädiktor bezüglich der Mortalität (22). Die besondere Gefährdung von Patienten mit OSA untermauert auch die Studie von Hung et al., nach der schlafbezogene Atmungsstörungen einen von Alter, BMI, Hypertonus und 38

Hypercholesterinämie unabhängigen Risikofaktor für das Auftreten eines Herzinfarktes darzustellen scheinen (21). Die Bedeutung der Diagnose einer OSA bei KHK-Patienten liegt aber nicht alleine in der besonderen Gefährdung dieser Gruppe, sondern auch darin, daß eine effektive Therapie existiert: Durch effektive CPAP-Behandlung können die akuten hämodynamischen Effekte der Apnoen eliminiert werden (40). Eine Studie mit tracheotomisierten Patienten kommt zu ähnlichen Ergebnissen (41). Die Diagnose einer OSA hat also eine therapeutische Konsequenz. 5.1.2 Möglicher kausaler Zusammenhang zwischen der obstruktiven Schlafapnoe und der koronaren Herzkrankheit Wie bereits erwähnt, wird die OSA von einigen Autoren als unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten eines Herzinfarktes angesehen (21). Außerdem liegt die Prävalenz einer SBAS unter KHK-Patienten in betreffenden Studien zwischen 30 und 40 Prozent (19,20). In unserer Studie ist diese Prävalez tendenziell niedriger, trotzdem hatten immerhin 26,5% der KHK-Patienten einen RDI 10/h. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei der Koinzidenz der beiden Krankheitsbilder lediglich um ein Epiphänomen handelt, oder ob eine kausale Beziehung besteht. Für ein Epiphänomen sprechen die ähnlichen Risikofaktoren der beiden Krankheiten, wie männliches Geschlecht, mittleres Alter, Übergewicht und Rauchen (42,43). Die arterielle Hypertonie nimmt unter den Risikofaktoren eine Sonderstellung ein, da die OSA als ein kausaler Faktor dieser Pathologie gilt. Indirekt über die Hypertonie (die ein allgemein anerkannter Risikofaktor für eine KHK ist) könnte also die OSA zur Arteriosklerose beitragen. Die pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen OSA und arterieller Hypertonie lassen sich in kurzer Form folgendermaßen zusammenfassen: 39

50% der Patienten mit OSA leiden gleichzeitig an Hypertonus (13), und umgekehrt 30% der Hypertoniker an OSA (14,15). Effektive CPAP-Behandlung senkt den Blutdruck bei Hypertonikern (16). Die pathophysiologischen Hintergründe wurden teilweise am Tiermodell erforscht: Eine intermittierende Hypoxämie, wie sie bei der OSA auftritt, führt bei der Ratte zu Sympathikusaktivierung und zu chronischem Bluthochdruck (44). Entsprechend konnte bei OSA-Patienten ein erhöhter Urin-Katecholamin-Spiegel nachgewiesen werden (45), der sich nach Behandlung durch Tracheostomie wieder normalisierte (46). Bei dieser Überaktivität des sympathischen Nervensystems spielen auch die Schlaffragmentierung durch wiederholte Weckreaktionen eine Rolle (47). Das durch die intrathorakalen Druckschwankungen ausgelöste zentralvenöse Volumenüberangebot führt zwar zu einer vermehrten Ausschüttung von ANP. Durch die chronische Überstimulation scheint sich die Wirkung dieses vasodilatierenden Faktors aber zu erschöpfen (48). Daneben scheinen ein gestörtes Gleichgewicht von Faktoren wie Prostaglandinen und Endothelinen (49), sowie eine Endotheldysfunktion (50) eine Rolle bei der Entwicklung einer Hypertonie bei OSA-Patienten zu spielen. Neben dem möglichen Auslösen einer arteriellen Hypertonie gibt es Hinweise, daß die OSA auch direkt zur Arteriosklerose beiträgt, also ein kausaler Faktor bei der Entwicklung einer KHK sein könnte: Wiederum am Tiermodell konnte gezeigt werden, daß eine intermittierende Hypoxämie die Entwicklung einer Arteriosklerose in der Kaninchen-Karotis beschleunigt (51). Hypothetisch spielt dabei die Oxydierung von Lipoproteinen durch vermehrte Bildung freier Radikale eine Rolle (25). Auch eine chronische Stimulierung des sympathischen Nervensystems, wie sie bei der OSA nachgewiesen werden konnte (45), beschleunigt im Tiermodell die Arterioskleroseentwicklung (52). Ein Nachweis dieses hypothetischen Zusammenhanges zwischen KHK und OSA fehlt bislang. 40

Ein Ziel dieser Studie war es unter anderem Hinweise darüber zu bekommen, ob die OSA ein Risikoindikator für eine KHK ist. In unserer Studie waren schlafbezogene Atmungsstörungen in der Gruppe mit KHK nicht häufiger anzutreffen als in der Gruppe ohne KHK: 26,5% der Patienten mit KHK hatten gleichzeitig eine SBAS mit einem RDI 10/h, gegenüber 42,1% in der Gruppe ohne KHK (der Unterschied war statistisch nicht signifikant). In der logistischen Multivarianzanalyse mit KHK als abhängigen Faktor war eine SBAS kein Risikoindikator für eine KHK. Unsere Studie unterstützt also nicht die These eines kausalen Zusammenhanges zwischen SBAS und KHK. Kritisch ist hierbei allerdings die sehr hohe Prävalenz einer SBAS in der Gruppe ohne KHK zu beurteilen: 42,5% hatten einen RDI 10/h, 51,5% einen RDI 5/h. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, daß 4 der 19 Patienten ohne KHK ein Cheyne- Stokes-Atemmuster aufwiesen (21%!). Man kann also bei der Gruppe ohne KHK nicht von einer «gesunden» Kontrollgruppe ausgehen. Das hängt sicherlich damit zusammen, daß es sich nicht um Personen aus der Normalbevölkerung handelt, sondern um Patienten, die uns zur Herzkatheter-Diagnostik im Rahmen einer Angina-Pectoris-Abklärung zugewiesen wurden. Es ist anzunehmen, daß Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion und daraus resultierender Cheyne-Stokes-Atmung wegen einer überschneidenden Symptomatik (wie Belastungsintoleranz) zur KHK-Diagnostik überwiesen wurden. Das würde den unerwartet hohen Anteil an SBAS und Cheyne-Stokes-Atmung in der Kontrollgruppe erklären. Durch diese Selektion in der Kontrollgruppe läßt unsere Studie aber letztendlich keinen Schluß auf die Frage des kausalen Zusammenhanges zwischen OSA und KHK zu. Diese Hypothese wird durch unsere Ergebnisse nicht bestätigt, aber auch nicht widerlegt. 41

Interessant wäre in diesem Zusammenhang sicherlich eine ähnlich angelegte Studie mit bezüglich Angina Pectoris asymptomatischen Personen als Kontrollgruppe. 5.2 Zusammenhänge zwischen Cheyne-Stokes-Atmung und linksventrikulärer Ejektionsfraktion Die Prävalenz einer Cheyne-Stokes-Atmung war in unserem Kollektiv von 68 Patienten, die zur Herzkatheteruntersuchung im Rahmen einer Angina-Pectoris-Abklärung aufgenommen wurden, mit 10,7% (7 Patienten) relativ hoch. Es soll hier zunächst auf pathophysiologische Zusammenhänge und schließlich auf die Konsequenzen einer Cheyne-Stokes-Atmung für eine bestehende Herzinsuffizienz eingegangen werden. 5.2.1 Pathophysiologische Zusammenhänge zwischen Cheyne-Stokes-Atmung und Herzinsuffizienz Umgekehrt als bei der OSA, die im Verdacht steht, eine Herzinsuffizienz zu verursachen (17,18), ist es allgemein anerkannt, daß die Cheyne-Stokes-Atmung Folge einer Herzinsuffizienz ist. Auf die pathophysiologischen Hintergründe soll hier kurz eingegangen werden: Beim Übergang vom Wachzustand in die Schlafstadien 1-2 steigt physiologischerweise die sogenannte Apnoeschwelle an (53). Bleibt der CO 2 -Anstieg aus, bleibt also die CO 2 -Konzentration unter der Apnoeschwelle, so kommt es zu zentralen Apnoen (54,55). 42

Der CO 2 -Anstieg beim Übergang in den Schlafzustand bleibt bei Patienten mit Cheyne- Stokes-Atmung aus, zudem registriert man bei dieser Gruppe chronische Hypokapnien sowohl im Schlaf-, als auch im Wachzustand (56). Als Hauptursache bei Patienten mit Herzinsuffizienz gilt hierfür die Volumenzunahme des linken Ventrikels, die über einen Rückstau pulmonal-arterielle Druckrezeptoren reizt und somit eine Hyperventilation verursacht (56,57,58). Hypoxämien, die zentrale Apnoen beim Aufenthalt in großer Höhe hervorrufen, scheinen bei Herzinsuffizienz-Patienten keine Rolle in Hinblick auf die Verursachung der Cheyne- Stokes-Atmung zu spielen (54). Ein weiterer pathogener Faktor scheinen die bei Herzinsuffizienz reduzierten CO 2 - und O 2 - Speicher zu sein, die über eine erniedrigte Pufferkapazität zur Instabilität der Atmung beitragen können (59). Die bei Herzinsuffizienz verlängerte Zirkulationszeit zwischen Lunge und Chemorezeptoren der Karotis begünstigen zudem eine Oszillation der Atmung (60). Ein wichtiges Ergebnis unserer Studie ist der unabhängige Zusammenhang zwischen dem RDI und der Ejektionsfraktion des linken Ventrikels. Die partielle Korrelationsanalyse ergab, daß dieser Zusammenhang in der Gruppe ohne KHK gilt, in der die Cheyne-Stokes-Atmung 40% der schlafbezogenen Atmungsstörungen ausmacht (vergleiche Tabelle 12). Dieser Zusammenhang konnte nicht in der Gruppe mit KHK nachgewiesen werden. In der Gruppe der Patienten mit Cheyne-Stokes-Atmung war die linksventrikuläre Funktion signifikant schlechter (EF 0,46±0,21 gegen 0,69±0,13, p<0,05). Diese Ergebnisse untermauern die engen pathophysiologischen Beziehungen zwischen Herzinsuffizienz und Cheyne-Stokes-Atmung. 43

5.2.2 Auswirkungen der Cheyne-Stokes-Atmung auf eine bestehende Herzinsuffizienz und Therapiemöglichkeiten Wie eben erwähnt, konnte unsere Studie den engen Zusammenhang zwischen Herzinsuffizienz und Cheyne-Stokes-Atmung bestätigen. Der Diagnose dieser Atmungsstörung sollte daher systematisch eine Evaluierung der Herzfunktion folgen. Cheyne-Stokes-Atmung ist aber nicht allein Folge, es bestehen auch Rückwirkungen in bezug auf eine Herzinsuffizienz: Wie bei der OSA existieren Hypoxämien, repetitive Weckreaktionen mit Schlaf- Fragmentierung, sowie Tagesmüdigkeit als Folge der Atmungsstörung (61). Bei Patienten mit Cheyne-Stokes-Atmung konnte eine erhöhte Urin-Katecholamin- Konzentration im Vergleich zu Patienten mit einer äquivalenten Herzinsuffizienz ohne diese Atmungsstörung festgestellt werden (62). Erhöhte Katecholamin-Konzentrationen fördern die Progression einer Herzinsuffizienz und wirken pro-arrhythmogen (63,64). Diese hypothetischen Überlegungen wurden durch epidemiologische Studien untermauert: Unter Patienten mit Herzinsuffizienz haben diejenigen, die gleichzeitig eine Cheyne- Stokes-Atmung aufweisen, eine signifikant höhere Mortalitätsrate als Patienten mit ungestörter Atmung während des Schlafes (8,10). Angesichts dieser Tatsache suchte man in den letzten Jahren nach Behandlungsmöglichkeiten. Nächtliche O 2 -Zufuhr und Theophyllin ergaben positive Ergebnisse (65,66). Am besten untersucht ist allerdings die CPAP-Therapie: Sie führt zur Symptomverbesserung, Verbesserung der Funktion des linken Ventrikels, Senkung der Nachlast, der Weckreaktionen und des AHI, sowie zur Erhöhung der mittleren SaO 2 (57,61,67). 44

Eine weitere Studie konnte eine Senkung der Urin-Katecholaminspiegel nach CPAP- Therapie nachweisen (62), wovon man sich positive Auswirkungen auf die Prognose einer Herzinsuffizienz erhofft. Die Frage nach der Senkung der Mortalität durch Behandlung der Cheyne-Stokes-Atmung ist bislang ungeklärt, momentan laufende epidemiologische Studien diesbezüglich sind noch nicht abgeschlossen. 45

5.3 Zusammenfassung Unsere Studie zeigt deutlich, daß Patienten, die zu einer Angina-Pectoris-Abklärung zugewiesen werden, eine hohe Prävalenz an schlafbezogenen Atmungsstörungen aufweisen: 30,9% des Gesamtkollektivs hatten einen RDI 10/h. In der Gruppe mit KHK lagen vor allem obstruktive Apnoen vor, in der Gruppe ohne KHK ein großer Anteil an Cheyne-Stokes-Atmung bei Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion. Die Mortalitätsrate ist bei unbehandelten Patienten mit OSA wahrscheinlich erhöht, Patienten mit gleichzeitiger KHK unterliegen einem besonderen Risiko. Das gleiche gilt für Herzinsuffizienzpatienten mit gleichzeitiger Cheyne-Stokes-Atmung. Angesichts dieser Tatsachen sollte bei Patienten, die zur Angina-Pectoris-Abklärung zugewiesen werden, eine gezielte Anamnese in bezug auf SBAS erhoben werden, und das nicht zuletzt, weil SBAS effektiv behandelbar sind: Die CPAP-Therapie senkt wahrscheinlich die Mortalität bei OSA-Patienten und auch bei Cheyne-Stokes-Patienten gibt es deutliche Hinweise auf einen positiven Effekt der CPAP- Behandlung. Was die Frage nach kausalen Zusammenhängen angeht, so konnte die in unserer Studie gefundene enge und unabhängige Beziehung zwischen dem RDI und der linksventrikulären Ejektionsfraktion bei Patienten mit Cheyne-Stokes-Atmung und eingeschränkter linksventrikulärer Funktion die Hypothese bestätigen, nach der diese Atmungsstörung Folge einer Herzinsuffizienz ist. 46

Die Ergebnisse unserer Studie unterstützen dagegen nicht die Hypothese, daß die OSA einen Kausalfaktor für das Auftreten einer KHK darstellt. 47

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