AK Policy Paper. Schule, Aus- und Weiterbildung im Digitalen Wandel

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Transkript:

AK Policy Paper Schule, Aus- und Weiterbildung im Digitalen Wandel Andreas Kastner und Ilse Leidl-Krapfenbauer März 2017 Die wichtigsten Punkte Bildung und digitale Kompetenzen sind eine Notwendigkeit für Teilhabe in einer digitalisierten Gesellschaft und am Arbeitsmarkt. Der digitale Wandel betrifft dabei alle Ebenen der Bildung: frühkindliche Bildung, Schule, berufliche Ausbildung, betriebliche Weiterbildung, Erwachsenenbildung und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten bei Lernformen und einen deutlich breiteren Zugang zu Bildungsangeboten. Sie birgt aber auch die Gefahr einer Spaltung der Bevölkerung und des Arbeitsmarkts (digital divides). Das Erlernen von digitalen Kompetenzen und Lernen mit digitalen Hilfsmitteln setzen, neben entsprechender Pädagogik, den Zugang zu viele Ressourcen voraus. Die Lernzeit, adäquate Lernumgebungen, technische Infrastruktur an Bildungseinrichtungen und nicht zuletzt der Lebensunterhalt für lernende Erwachsene müssen finanziert werden. Neben der Ausbildung geht es um das Erlernen kritischer Reflexion und Emanzipation um sich in der (Arbeits-)Welt von morgen bewegen zu können. Worum geht es? Digitale Kompetenzen und Qualifikationen werden eine Voraussetzung für die individuellen Teilhabemöglichkeiten in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt sein. Die Digitalisierung bringt neue Anforderungen an die berufliche Ausbildung und das Weiterbildungssystem mit sich. So werden bestimmte Kompetenzen künftig stärker benötigt. Um eine weitere Spaltung der Bevölkerung zu verhindern, müssen alle Menschen bei den Veränderungsprozessen in der Arbeitswelt und den Bildungseinrichtungen teilnehmen können. Studien, die sich an einer Beschäftigungsprognose im Lichte der Digitalisierung versuchen, gehen auch wenn es im Detail größere Unterschiede bei den Prognosen gibt davon aus, dass Tätigkeiten, die eine geringe Qualifikation voraussetzen bzw. auch einen hohen Routineanteil haben, weniger nachgefragt werden und dieses Segment des Arbeitsmarktes bzw. die Beschäftigten in diesen Bereich stärker unter Druck kommen. Die Prognosen gehen davon aus, dass die Routinetätigkeiten sowohl in produzierenden also auch administrativen Bereichen zurückgehen werden. Damit einher geht auch ein steigender Bedarf nach soft skills und projektbezogener und fachbereichsübergreifender Zusammenarbeit. Neben gut qualifizierten Arbeitskräften braucht es auch souveräne KonsumentInnen für neue digitale Märke, und kompetente informierte StaatsbürgerInnen. Probleme Nicht alle Menschen haben gleichermaßen Zugang zu digitalen Ressourcen und digitaler Bildung. Das führt zu immer größeren sozialen Spaltungen in der digitalen Gesellschaft (digital divides). Die Relevanz digitaler Kompetenzen in allen Lebensbereichen und Berufsfeldern steigt. Die allgemeine Verfügbarkeit von Wissen und die Flut an Informationen bedingen andere Lehrmethoden und ziele. Seite 1

Qualifikationsbedarfsvorhersagen sind schwierig zu treffen und werden von technologischen Entwicklungen immer wieder neu definiert. Daher steigt der Bedarf am lebensbegleitenden Lernen. Kosten der Weiterbildung werden oft auf die ArbeitnehmerInnen oder die Arbeitsmarktpolitik ausgelagert. Im schulischen Bereich führt die Überwälzung der Kosten der Digitalisierung auf die Eltern zu einer Verschärfung der sozialen Unterschiede. Wesentliche Erkenntnisse Digitale Spaltungen der Bevölkerung ( digitale divides ) beschreiben den unterschiedlichen Zugang zur digitalen Infrastruktur (access/no access), die Sozialisation mit digitalen Tools (digital natives / digital immigrants) und die Verteilung der digitalen Kompetenzen (digital skill divide). Die Spaltungen wirken in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedlich und bestimmen daher die jeweiligen Herausforderungen für die digitalen Bildung und Qualifikation mit. Dimension Schule Während z.b. fast alle Jugendlichen in Österreich Zugang zum Internet haben, ist der Zugang zu digitaler Bildung nicht für alle gleich. Eine AK Studie unter Wiener Jugendlichen (15-19 Jahren) zeigt einen großen Unterschied beim Einsatz von Computern in der Schule. Während in maturaführenden Schulen (Gymnasium, HAK, HTL usw.) Computer sehr häufig eingesetzt werden (75%), ist dies in nicht-maturaführenden Schulen (BMS, BS) eher seltener (59%) der Fall. Speziell Lehrlinge geben zur Hälfte an, dass in Ihrer Ausbildung vollständig auf IT Unterstützung verzichtet wird. Bei der Nutzung von Lehrsoftware und Lernplattformen für die Schule zeigt sich ein ähnliches Bild: Diese werden von SchülerInnen in maturaführenden doppelt so oft verwendet. Ebenso bietet nur die Hälfte aller Berufsschulen E-Learning an (vgl. BMB 2017). Die Fähigkeit das Internet zur zielgerichteten Informationsbeschaffung zu nutzen, wird neben der Schulwahl auch wesentlich durch den sozialen Status des Elternhauses bestimmt. (Vgl. OECD 2015a). Der IKT-Einsatz zur digitalen Bildung lässt sich in verschiedene Zieldimensionen unterteilen: Der Einsatz von IKT zur Mediennutzung und Gestaltung, als Lernwerkzeug und zur Wissensakquise bzw. den Wissensaustausch ist als Teil der Allgemeinbildung für alle Ausbildungswege relevant. In der beruflichen Bildung muss der Einsatz von IKT als Werkzeug in fast allen Berufsfelder einerseits und der steigende Bedarf von IKT-Fachkräften andererseits beachtet werden (Vgl. Dorninger/Schrack 2014). Die digitalen Kompetenzen für die schulische Ausbildung sind im digikomp -Modell für alle Schulstufen zusammengefasst. Aktuelle Studien zeigen jedoch große Lücken bei der Vermittlung grundlegenden Medienkompetenzen in den Schulen (saferinternet.at 2017) Die IKT-Infrastruktur ist in Österreich stark vom Schulerhalter (Gemeinde, Land, Bund) abhängig. Berufsschulen haben z.b. deutlich seltener WLAN als die Gymnasien und berufsbildenden Bundesschulen (BMB 2017). Die Ausstattung der Schulen ist laut PISA Erhebung über dem OECD-Schnitt. Aber: während sich die Einschätzung der Schulausstattung im OECD-Schnitt klar verbessert hat, gehört Österreich zu den wenigen Ländern in denen die SchulleiterInnen von keiner Verbesserung der Ausstattungssituation berichteten. Die Kosten der Digitalisierung der schulischen Bildung tragen häufig die Eltern. In höheren Schulen geben die Eltern pro Schulkind im Schnitt ca. 150 Euro jährlich für laufende EDV-Kosten aus. Hinzu kommen bei jeder sechsten Wiener Familie EDV-Anschaffungskosten für die Schule in der Höhe von 700 Euro. Neue Unterrichtsformate wie flipped classroom und exploratives, kooperatives Lernen gewinnen an Bedeutung und müssen in die pädagogischen Konzepte integriert werden. Mit den neuen Lehr- und Lernmethoden geht auch ein Wandel der Rolle von Lehrkräften einher. Vom Wissensvermittler werden sie zu Coaches beim selbstständigen Wissenserwerb. Die Bewältigung dieses Rollenwandels muss ein zentrales Ziel der Aus- und Weiterbildung der PädagogInnen sein. Die vernetzten digitalen Lernumgebungen und der beginnende Einsatz von datengestützter Pädagogik ( learning analytics ) verstärken die Bedeutung von Datenschutz, -sicherheit und des sensiblen Umgangs mit persönlichen Daten im Bildungskontext. Das Potential an IKT-Fachkräften wird durch die hohe Abbruchsquote in den HTL sowie fehlende Ausbildungsplätze an Fachhochschulen und Universitäten derzeit künstlich verknappt. Besonders benötigt werden berufsbegleitende Ausbildungen auf allen Ebenen. Dimension Arbeitsmarkt Die Einschätzungen, wie sich die Digitalisierung der Wirtschaft auf die Tätigkeiten und den Qualifi- Seite 2

kationsbedarf auswirken wird, gehen auseinander. Allerdings wird der vermehrte Einsatz von digitalen Technologien in fast allen Bereichen das Arbeiten verändern und es braucht bildlich gesprochen einen Rucksack, in den digitale Kompetenzen gepackt werden müssen, genauso aber auch soziale, emotionalen, kognitive bspw. kreative Fertigkeiten und berufsspezifische Skills. Es wird zu einer Anhebung der Anforderungen auf die Qualifikationsstruktur auf allen Qualifikationsstufen kommen, aber es steht auch die Gefahr eines Growing Gap im Raum, d.h. dass Aufgaben und Kompetenzen für eine FacharbeiterInnen-Elite und AkademikerInnen steigen, es aber sinkende Anforderungen und einen sinkenden Bedarf für operative Facharbeit und angelernte Arbeitskräfte gibt. Hier gilt es mit geeigneten Bildungsprogrammen zu reagieren. Fachliche Kompetenzen bleiben wichtig sind aber branchen- und berufsspezifisch unterschiedlich. Für den industriellen Bereich werden Fachkompetenzen in den Bereichen Web 2.0/Mobile Geräte, CPS/Internet of Things, Additive Verfahren (bspw. 3D-Druck), Robotik, Wearables (bspw. Datenbrillen) wichtiger. (Vgl. Pfeiffer, 2016) Überfachliche Kompetenzen werden von den Unternehmen zwar oft prioritär genannt, aber es gibt noch kaum betriebliche Weiterbildung in diesen Bereichen. Um welche Kompetenzen handelt es sich? (komplexe) Problemlösungskompetenzen, Sprachkompetenzen (v.a. Englisch), interkulturelle und kognitive Fertigkeiten, System- und Gesamtprozessverständnis (interdisziplinäres Denken), Umgang mit Verantwortung und soziale Fähigkeiten (bspw. Teamfähigkeit, Kreativität, um die Ecke denken, proaktive Haltungen). (Vgl. Hausegger et al, 2016) Querkompetenzen (Sabine Pfeiffer) werden für alle Berufe wichtiger: Datenschutz & Privacy, Umgang mit großen Datenmengen ( Big Data ), Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Gestaltung von Innovationen bzw. Kreativität. Digitale Kompetenzen reichen von Wissen über Datenschutz, vom Suchen-Auswählen-Bewerten von Informationen, von der Bedienung von Maus/ Touchscreen über Digital Literacy, Programme nutzen, adaptieren bis hin diese konzipieren zu können. Beschäftigte müssen diese Kompetenzen aber nicht alle neu erlernen. Vieles wurde bereits in beruflicher und privater Sphäre erlernt. Beruflich Qualifizierte von heute sind also bereits gut gerüstet. Die Betriebe müssen allerdings auch entsprechende Möglichkeit für Bildung aller MitarbeiterInnen schaffen. Zwar bieten laut Eurostat (CVTS-4) 87% der österreichischen Unternehmen betriebliche Weiterbildung an, aber nur Drittel der ArbeitnehmerInnen kann daran teilnehmen. Bezüglich der Inhalte der Weiterbildung schulen Unternehmen hauptsächlich fachliche Inhalte, die in Studien und Befragungen dringend genannten überfachlichen Kompetenzen werden hingegen kaum geschult (Statistik Austria 2013). Hinzu kommt, dass die Hälfte der Erwachsenen mit maximal Pflichtschulabschluss laut der Kompetenzmessung PIAAC 2012 über keinerlei Computerkenntnisse verfügen oder Computertestungen grundsätzlich verweigerten. Bei Erwachsenen mit akademischen Abschlüssen sind dies nur 8 Prozent (OECD 2015b). Forderungen Da nicht alle Menschen gleich an der digitalen Bildung teilhaben können, sind mutige und vorausschauende Maßnahmen aller Beteiligten nötig, um die drohende Segmentierung des Arbeitsmarkts und der Gesellschaft zu verhindern. Ziel muss sein, dass sich künftig alle Menschen aktiv an unserer Gesellschaft beteiligen können. Schule Digitale Kompetenzen nach den Vorgaben von digikomp müssen in der Unterrichtspraxis auf allen Bildungsstufen verankert und umgesetzt werden. Kinder müssen möglichst früh mit digitalen Technologien vertraut gemacht werden. In den Schulen braucht es neben einer entsprechenden IKT-Ausstattung (WLAN, Tabletsets, leistungsfähige Internetanschlüsse, Stromanschlüsse usw.) auch einen breiten Einsatz von digitalen Lernbegleitern im Unterricht. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Berufsschulen zu legen. Seite 3

Für den Erfolg der digitalen Bildung ist die Weiterentwicklung der didaktischen und pädagogischen Konzepte notwendig. Die Aus- und Weiterbildung der PädagogInnen ist dafür ein wichtiger Schlüssel. Für einen innovativen digitalen Unterricht braucht es einen umfassenden, qualitätsgesicherten Pool an freien und veränderbaren Bildungsressourcen für Lehrkräfte. Daher müssen freie digitale Bildungsressourcen (Open Education Resources - OER) im Rahmen der Schulbuchaktion finanziert werden. Datengestützte Pädagogik (zb learning analytics ) und der Einsatz von digitalen Hilfsmitteln im Unterricht muss unter Einhaltung der Persönlichkeitsrechte der Lernenden und Lehrenden sowie des Datenschutzes erfolgen. Bildungswegentscheidungen und Leistungsbeurteilung müssen von professionell geschulten PädagogInnen und nicht von Algorithmen festgelegt werden. SchülerInnen, Erziehungsberechtigte, Lehrkräfte und Schulleitungen brauchen umfassende Informationen zum Thema datengestützte Pädagogik und Datenschutz. Der flächendeckende Ausbau der IT-Cluster und Shared services sind Voraussetzung für die Datensicherheit und eine professionelle IT-Infrastruktur. Die Kosten der Digitalisierung der Schule dürfen nicht auf die Eltern abgewälzt werden. Es braucht eine flächendeckende öffentliche Bereitstellung von digitalen Lernbegleitern, wie Tablets und Laptops sowie kostenfreie Lernsoftware. Berufsausbildung Zur Deckung des Fachkräftebedarf und die Chance auf hochwertige Arbeitsplätze braucht es einen Ausbau der Ausbildungskapazitäten in besonders stark nachgefragten IKT-Fachausbildungen im dualen System, den berufsbildenden Schulen sowie an den Hochschulen. Evaluation und Überarbeitung der Ausbildungsvorschriften und der daraus entwickelten Ausbildungspläne in der dualen Ausbildung sowie der Lehrpläne in den Berufsschulen im Hinblick auf die erforderlichen digitalen Kompetenzen. Die zeitgemäße Ausstattung und moderne Vermittlungsmethoden in den Berufsschulen und den Lehrbetriebe sind für den Erhalt des Stellwerts des dualen Systems im digitalen Zeitalter notwendig. Lebensbegleitendes Lernen & berufliche Bildung Zum Lernen braucht es entsprechende Rahmenbedingungen, also Zeit, Geld und einen Ort. Das heißt konkret: Zeit und Geld für Bildung: Menschen, die eine Ausbildung machen wollen, da sie entweder keine abgeschlossen haben oder ihre Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr verwertbar ist, brauchen einen Rechtsanspruch auf eine existenzsichernde Leistung während der Ausbildung ( Qualifizierungsgeld ). eine stärkere Berücksichtigung von formal gering qualifizierten ArbeitnehmerInnen bei (betrieblichen) Aus- und Weiterbildungen, um dem Digital Divide und einer zunehmenden Segmentierung auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken. Anspruch auf Bildungsfreistellung denn, Lernen und Innovationen brauchen Zeit u. die Menschen einen Rechtsanspruch auf Zeit, sich weiterzuentwickeln. Ausbau von Frauenförderungsprogrammen im Aus- und Weiterbildungsbereich und eine geschlechtersensible Berufsorientierung in der Schule, damit mehr Frauen in Branchen mit guten Zukunftsaussichten beschäftigt sind. Weiterentwicklung des Anerkennungsgesetzes: Die Anerkennung von non-formal und informell erworbener Kompetenzen muss in Österreich vorangetrieben werden. Gerade auch im Hinblick auf die durch die Digitalisierung zunehmende Bedeutung von arbeitsplatznahen und betrieblichem Lernen, müssen diese erworbenen Kompetenzen auch sichtbargemacht bzw. auch für formale Abschlüsse anerkannt werden. Förderung von digitalen Kompetenzen auch im Bereich der Erwachsenenbildung bzw. von arbeitsmarktpolitischen Angeboten. Vermehrte Inanspruchnahme von digitalen Bildungsangeboten (Webinare, MOOCs, Serious Games, Augmented Reality, etc.) in diesen Bereichen. Qualitativ hochstehende Berufs- und Bildungswegberatung über längere Lernphasen hinweg. Phasen der Arbeitslosigkeit müssen aktiv für Qualifizierungen genutzt werden. Seite 4

Quellen und Verweise Die gesammelten Policy Paper finden Sie hier https://wien.arbeiterkammer.at/arbeitdigital BMB (2017): IKT-Infrastrukturerhebung 2016; https://www.bmb.gv.at/schulen/schule40/ikt_infrastruktur_2016.pdf Bock-Schappelwein Julia (2016): Digitalisierung und Arbeit. In: Peneder, Michael, Bock-Schappelwein, Julia, Firgo, Matthias, Fritz, Oliver und Gerhard Streicher (2016): Österreich im Wandel der Digitalisierung. Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung. S. 110 136. Dobusch, Leonhard (2015): Schulbuchaktion digital Perspektiven für Open Education in Österreich; http://blog.arbeit-wirtschaft.at/wp-content/uploads/2016/10/ak-info_schulbuch_ digital_final.pdf Institut für Jugendkulturforschung (2016): Digitale Kompetenzen für eine digitalisierte Lebenswelt; https://media.arbeiterkammer.at/wien/pdf/studien/bildung/digitale_kompetenzen_langbericht.pdf Trude Hausegger, Christian Scharinger, Jürgen Sicher, Friederike Weber (2016): Qualifizierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Einführung von Industrie 4.0. Prospect im Auftrag des bmvit, aws und AK Wien. https://wien.arbeiterkammer.at/service/studien/digitalerwandel/index.html OECD (2015a): PISA in Focus: Are there differences in how advantaged and disadvantaged students use the internet; http://www.oecd-ilibrary.org/education/are-there-differences-in-how-advantaged-and-disadvantaged-students-use-the-internet_5jlv8zq6hw43-en OECD (2015b): Bildung auf einen Blick 2015; Seite 54 http://dx.doi.org/10.1787/888933284780 Pfeiffer, Sabine (2016): Aus- und Weiterbildung 4.0. Keynote auf der gleichnamigen Tagung beim Verein Industrie 4.0 die Plattform für intelligente Produktion Industrie 4.0 am 22. Juli 2016 in Wien. http://plattformindustrie40.at/veranstaltung-der-plattform-industrie-4-0-zumthema-aus-und-weiterbildung-am-22-07-2016-in-kooperation-mit-der-ak-wien/ Saferinternet.at (2017): Gerüchte im Netz; https://www.saferinternet.at/news/news-detail/article/aktuelle-studie-zum-umgang-von-kindern-und-jugendlichen-mit-geruechten-im-netz-641/ Statistik Austria (2013), Betriebliche Weiterbildung. Wien: Statistik Austria. Seite 5