Berufsbildung für Erwachsene Möglichkeiten und Grenzen der Nachholbildung im Rahmen der ALV Martin Stalder, 29.10.2015 Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 1
Inhalt 1. Ausgangslage: Risiko Niedrig-Qualifikation 2. Gesetzliche Grundlagen und Praxis der ALV 3. Personen ohne Berufsabschluss in der ALV 4. Arbeitsmarktliche Massnahmen und Ausbildungszuschüsse (AZ) 5. Finanzierung der beruflichen Bildung durch die ALV? 6. Empfehlungen aus der Studie 7. Fragen und Diskussion Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 2
1. Risiko Niedrigqualifikation Niedrigqualifizierte ohne überobligatorische Bildung (Berufsabschluss) haben ein stark erhöhtes Risiko arbeitslos zu werden und auf Sozialhilfe angewiesen zu sein Ausbildungslosigkeit verursacht bei der öffentlichen Hand (Sozialversicherungen und SH) Kosten von 110 230 000 CHF ab dem Alter 25 der Betroffenen. Dem stehen die Ausbildungskosten für eine berufliche Grundbildung von Erwachsenen entgegen ca. CHF 50 000 Die politischen Programme zur Armutsbekämpfung, gegen den Fachkräftemangel, zur Nutzung der Potentiale der Migranten/-innen, zur Prävention der Arbeitslosigkeit und auch der Berufsbildung selber fordern und fördern die Berufsbildung Erwachsener All diese Initiativen und Strategien müssen im Rahmen der IIZ koordiniert werden sonst sind sie nicht realisierbar. SECO-ALV-RAV zur Förderung der Berufsbildung erwachsener Erwerbsloser sind dabei immer zentrale Partner > wegen des privilegierten Zugangs zum Zielpublikum Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 3
2. Gesetzliche Grundlagen und Praxis der ALV Hauptaufgabe und Priorität der ALV/RAV ist die schnelle und nachhaltige Integration der Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt (vgl. Wirkungsindikatoren AVIG) Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 4
2. Gesetzliche Grundlagen und Praxis der ALV Neu hat das SECO in einem Pilotversuch ab 2015 die Prävention von Arbeitslosigkeit fokussiert und dafür zwei zusätzliche Indikatoren für Nichtleistungsbezüger in die Wirkungsmessung aufgenommen: Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 5
2. Gesetzliche Grundlagen und Praxis der ALV Die Förderung der beruflichen Grundbildung oder die Unterstützung der formalen Höherqualifikation von Arbeitslosen gehört nach AVIG-Praxis nicht zu den Kernaufgaben der ALV Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 6
2. Gesetzliche Grundlagen und Praxis der ALV Rasche Wiedereingliederung in den AM (vgl. Wirkungsindikatoren) Kosten für Ausbildung und Qualifikation Berufliche Qualifikation und Höherqualifikation gehört nicht zu den Aufgaben der ALV (vgl. AVIG-Praxis) Berufliche Qualifikation und Höherqualifikation verbessert nachweislich die Chancen Geringqualifizierter auf dem AM Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 7
3. Personen ohne Berufsabschluss in der ALV Schweiz: 370 000 Personen zwischen 25 und 50 Jahren ohne qualifizierenden Berufsabschluss = 13% aller Erwerbsfähigen in diesem Alter (658 000 Personen total ohne Abschluss) ALV: 17% der 123 000 Arbeitslosen sind geringqualifiziert (ohne Berufsabschluss) und haben genügend gute Sprachkenntnisse (Landessprache) für eine berufliche Ausbildung = 21 000 Personen Wenn von diesen nur die 25 50 jährigen und davon nur diejenigen, die während 2-3 Jahren mit maximal CHF 3 500 monatlich leben können = ca. 1 000 AL-Bezüger jährlich mit Potential für BGB Zusätzlich nochmals doppelt so viele für Basiskompetenzen, Validierung, verkürzte Lehren, Teil- und Branchenabschlüsse Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 8
4. Arbeitsmarktliche Massnahmen (AMM) Drei Kategorien von arbeitsmarktlichen Massnahmen : Bildungsmassnahmen (Art. 60 AVIG): Kurse (als Bildungsmassnahmen gelten namentlich individuelle oder kollektive Kurse zur Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung), Ausbildungspraktika, Praxisfirmen. Bescha ftigungsmassnahmen (Art. 64a AVIG): Teilnahme an einem Programm zur vorübergehenden Beschäftigung, Motivationssemester, Berufspraktika. Spezielle Massnahmen (Art. 65-71d AVIG): Einarbeitungszuschü sse, Ausbildungs-Zuschüsse (AZ), Pendlerkosten- und Wochenaufenthaltsbeitra ge, Förderung der selbstständigen Erwerbstätigkeit. Pro Jahr gibt die ALV knapp 600 Mio. Franken für die AMM aus, davon ca. 244 Mio. CHF fu r Bildungsmassnahmen, rund 273 Mio. CHF für Beschäftigungsmassnahmen und knapp 51 Mio. CHF für die speziellen Massnahmen. Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 9
4. Arbeitsmarktliche Massnahmen (AMM) Ausbildungszuschüsse (AZ) AZ werden versicherten Personen über 30 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder solchen, die erhebliche Schwierigkeiten haben, in ihrem erlernten Beruf eine Anstellung zu finden (Art. 66 a Abs. 1 Bst. c AVIG) gewährt. Der Arbeitgeber bezahlt den erwachsenen Lernenden in der Regel den Lohn des letzten Lehrjahres, und der Fonds der Arbeitslosenversicherung ergänzt diesen Lehrlingslohn bis zum Betrag von CHF 3'500 monatlich. Die ALV orientiert sich dabei an einem Lohn für Berufseinsteiger. Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 10
4. Arbeitsmarktliche Massnahmen (AZ) 11 Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene
4. Arbeitsmarktliche Massnahmen (AZ) Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 12
4. Arbeitsmarktliche Massnahmen (AZ) Einzeldaten: Personen mit AZ (Durchschnittswerte) Bei Beginn AZ 32 Jahre alt und in 3. Rahmenfrist Ausbildungsniveau ist tief, 40% nur obligatorische Schule,17% mit Berufsabschluss Berufserfahrung bei mehr als 50% über 3 Jahre Sprachkenntnisse mündlich und schriftlich in einer Landessprache gut oder sehr gut (Einschätzung PB) Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 13
5. Finanzierung Berufsabschlüsse durch ALV? Anzahl und Kosten AZ 2001 2013 (ganze CH) Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 14
5. Finanzierung Berufsabschlüsse durch ALV? Kosten AZ im Vergleich mit Kosten Taggelder Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 15
5. Finanzierung Berufsabschlüsse durch ALV? Thesen Die Finanzierung von Berufsabschlüssen durch die ALV ist zu teuer. Wenn das vorhandene Potential voll ausgeschöpft würde entstünden Kosten im Rahmen des Ertrags des Solidaritäts-Prozentes, d.h. ca. 80 Mio. jährlich. Berufsabschlüsse für Erwachsene sind so teuer weil es zu wenig erwachsenengerechte und spezifische Bildungsangebote gibt. Die Finanzierung von Berufsabschlüssen für Erwachsene rentiert nur in einer gesellschaftlichen Gesamtbetrachtung, d.h. wenn die Kosten sämtlicher Sozialversicherungen (inkl. PK, AHV, EL, KK) einbezogen werden. Die Förderung von Berufsabschlüssen Erwachsener wird nur gelingen, wenn eine gemeinsame nationale Strategie dafür beschlossen wird und die interinstitutionelle Zusammenarbeit IIZ (und Verbundpartnerschaft) funktioniert. Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 16
6. Fünf Empfehlungen an das SECO 1. Richtlinien, Merkblätter Praxishilfen des SECO für die RAV zur Förderung der Berufsbildung für Erwachsene 2. Inventar der existierenden Projekte du Good-Practice Workshops 3. IIZ in die Pflicht nehmen und Anliegen des SECO einbringen 4. AMM vermehrt auf Berufsabschlüsse ausrichten: an BGB anrechenbare Kurse und Anbieter aus der BGB favorisieren 5. Mitfinanzierung und Evaluation von Pilotprojekten durch das SECO Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 17
6. Fünf Empfehlungen an das SECO Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 18
6. Fünf Empfehlungen an das SECO Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 19
6. Fünf Empfehlungen an das SECO Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 20
6. Fünf Empfehlungen an das SECO Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 21
6. Fünf Empfehlungen an das SECO Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 22
6. Fünf Empfehlungen an das SECO Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 23
7. Fragen und Diskussion Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit Martin Stalder stalder@kek-beratung.ch Friedaustrasse 17, 8003 Zürich Tel: +41 44 211 77 33 M: +41 76 322 56 48 www.kek-beratung.ch Martin Stalder PHZ Veranstaltungsreihe Berufsbildung für Erwachsene 24
Vier Wege zum Berufsabschluss für Erwachsene 5. Weg zusätzlich die Direktzulassung zu den eidgenössischen Berufsprüfungen BP: http://www.eingangsp ortal.ch/fileadmin/doc s/mai_2013_kein_efz _und_trotzdem_eine_ BP_machen.pdf