Das Fetale Alkoholsyndrom (FAS) und seine lebenslebenslangen Folgen

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Transkript:

FASD-Zentrum, Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie, Charité.William Hoggarth, Gin Lane,1751 Das Fetale Alkoholsyndrom (FAS) und seine lebenslebenslangen Folgen - Fachtagung STOP FAS Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen Hannover Mittwoch, 26.Oktober H.L.Spohr

Risiken für die Kindesentwicklung durch Alkohol Bis 1973 kannten wir keine Risiken! Im Gegenteil wurden einmütig nur die Alkoholiker-Väter für etwaige kindliche Schäden verantwortlich gemacht. Alkohol in der Schwangerschaft wurde sogar manchmal als wehenstillendes Mittel verwandt. Die Kinderärzte und Dysmorphologen D. Smith und K. Jones aus Seattle beschrieben erstmalig 1973 ein bis dahin unbekanntes Syndrom und nannten es Fetales Alkoholsyndrom, FAS.

D.W. Smith 1926-1981

Fetal Alcohol Syndrome (FAS) Sie beschrieben in der Zeitschrift Lancet anhand von 9 auffällig dysmorphen Kindern in ihrer Klinik ein Syndrom ähnlich geschädigter Kinder, dessen einzige Gemeinsamkeit der chronische Alkoholabusus der Mütter in der Schwangerschaft war. Danach wurde das FAS rasch ein weltweit diagnostiziertes Syndrom bei Kindern. Heute ist es eines der häufigsten teratogen ausgelösten Ursachen für eine angeborene psychomentalen Entwicklungsstörung.

Teratogene Drogen 1. Nikotin 2. Alkohol Cocain Heroin Cannabis

Charakteristik eines humanen Teratogens 1. Anstieg der Frequenz eines abnormalen teratogenen Effektes 2. Es besteht eine Dosis-Wirkung Beziehung 3. Es gibt einen Schwellenwert ( threshold ) unter dem die Exposition nicht teratogen wirkt. 4. Es gibt eine Periode der höchsten Sensitivität 5. Established mechanism of action ; oft werden dazu Tiermodelle benötigt

Thalidomidembryopathie Contergan Thalidomid führt, innerhalb der ersten drei Monate der Schwangerschaft eingenommen, zu schweren Fehlbildungen der Gliedmaßen (Dysmelien), speziell zum Fehlen von Röhrenknochen (Phokomelien). Thalidomid blockiert den Wachstumsfaktor (Vascular Endothelial Growth Factor). Am: 40. und 44. Tag treten Arm-, und zwischen dem 43. und 46. Tag Beinfehlbildungen auf. Die Dosis ist für das Ausmaß der Schädigung nicht relevant.

Sulik KK et al. Fetal alcohol syndrome: Embryogenesis in a mouse model. Science 214, 936-938 (1981)

Fetales Alkoholsyndrom (FAS) Pränatale und postnatale Wachstumsstörung ZNS-Dysfunktion (Neurologie, Entwicklung, Intelligenz) Charakteristische kraniofaziale Dysmorphie: a. Mikrocephalie b. schmale Augenlider c. schmales Oberlippenrot d. flache Maxilla-Region e. wenig moduliertes Philtrum Sokol & Clarren, Alcoholism,1989

Lobe Analysis The frontal lobes, making logical decisions 150000 120000 p =.0003 Controls FAS Volume 90000 60000 p =.018 p =.0002 p =.030 30000 * 0 Frontal Temporal Parietal Occipital Lobe Slide: Courtesy of Professor E Riley University of San Diego

Verlaufstudien zur Entwicklung von Kindern mit pränataler Alkoholexposition H.Spohr HC.Steinhausen DFG-Sonderforschungsbereich 174, FU Berlin,1994 Berliner Langzeitstudie über 10 Jahre n = 60 Patienten* Euromac-Studie n = ca. 6000 Geburten ** Prospektive Dystrophie-Studie n = 47 / 1009 Geburten *** Follow-up Studie ins Erwachsenenalter n =37 Patienten**** * Lancet 1993 ** J. Epidemiol 1994 *** Monatsschr Kinderhk 1995; **** J. Pediatrics 2007

WHO: WHO Global : status report on on alcohol alcohol and and health health 2014,2014 Alcohol /capita 2003-2008, heavy episodic drinking Alcohol dependent (2010) Alcohol/capita 2008-2010 Prevalence Female (males) Percentage Female (males) Deutschland 12,8l/c 11,8l/c female 5.9 %; ( m.19,4%) females 1,1%; (m: 4,7%) USA 9.5l/c 9,2 l/c female: 10,9 % (m 23,2%) females 2,6% ;(m:6,9%) England 13, 2 l/c 11,6 l/c female: 20.9 % (m 35,5%) females 3,2%; (m: 8,7%) France 13, 4 l/c 12,2 l/c female: 17,7 % (m 42,2%) females 1,3%; (m.: 4,7%) Italy 10,5 l/c 6,7 l/c female: 0,7 % (m 8,0 %) females 0,4% (m.: 0,7%) Sweden 10,3 l/c 9,2 l/c female 15,5 %(m 23,2%) females 2,8% ;(m: 6,7%) Poland 13,0 l/c 12,5 l/c female 0,9% (m 10,1%) females. 1,4% (m: 7,7%) Russland 16,1l/c 15,1 l/c female 10,3% (m 29,8%) females 3,3% ;(m: 16,5%)

WHO :Global status report on alcohol and health,2014 Prevalence of heavy episodic drinking in (%) - Schweres episodisches Trinken - mindestens 60g reinen Alkohol oder mehr an mindestens einer Gelegenheit in den letzten 30 Tagen in 2010 (Consumed at least 60 grams or more of pure alcohol on at least one occasion in the past 30 days in 2010)

, reiner Alkohol heavy episodic drinking 1 unit = (UK), 8 g (7-8 drinks) = (Jp) 20g (3 drinks) = (Aus); 10g (6 drinks) = (USA); 14g (4 drinks) = (D) 14g; (4 drinks)

USA: Binge-drinking = Consuming five or more standard drinks (male), or four or more drinks (female), over a 2-hour period

Verlaufstudien zur Entwicklung von Kindern mit pränataler Alkoholexposition H.Spohr HC.Steinhausen DFG-Sonderforschungsbereich 174, FU Berlin,1994 Berliner Langzeitstudie über 10 Jahre n = 60 Patienten* Euromac-Studie n = ca. 6000 Geburten ** Prospektive Dystrophie-Studie n = 47 / 1009 Geburten *** Follow-up Studie ins Erwachsenenalter n =37 Patienten**** * Lancet 1993 ** J. Epidemiol 1994 *** Monatsschr Kinderhk 1995; **** J. Pediatrics 2007

FASD Fetales Alcohol Spectrum Disease Diagnostic Guide for FASD (The 4-Digit Diagnostic Code) Wachstumsstörung (keine 1, mild 2, moderat 3, signifikant 4) Faziale Dysmorphie (keine 1, mild 2, moderat 3, schwer 4) ZNS Schädigung (keine 1, möglich 2, wahrscheinlich 3, definitiv 4) Pränataler Alkohol (nein 1, unbekannt 2, some risk 3, high risk 4) Susan Astley, Sterling Clarren (University of Washington, FAS Diagnostic & Prevention Network, 3.ed.,2004)

Fetal Alcohol Spectrum Disorders (FASD) FAS = Fetal Alohol Syndrome pfas = Partial Fetal Alcohol Syndrome ARND = Alcohol Related Neurodeveopmental Disorders ARBD = Alcohol Relate Birth Defects

FAS Partielles FAS FASD is like an iceberg; most of the problem is hidden from view Prof. Dr. mrd. H.-L. Spohr

YABCL (Youth Adult Behavior Check List) Profil bei FAS und Kontrollkollektiv 1.0 YABCL Profile in FAS and Controls.8.6.4 z-scores.2.0 -.2 -.4 -.6 -.8-1.0 anxious somatic attention*** aggressive*** w ithdraw n thought*** intrusive*** delinquent* FAS Controls

1.0 YABCL Profile in FAS / FAE.8.6.4 z-scores.2.0 -.2 -.4 -.6 -.8-1.0 anxious withdrawn somatic attention aggressive thought intrusive delinquent FAE FAS

Verlaufstudien zur Entwicklung von Kindern mit pränataler Alkoholexposition H.Spohr HC.Steinhausen DFG-Sonderforschungsbereich 174, FU Berlin,1994 Berliner Langzeitstudie über 10 Jahre n = 60 Patienten* Euromac-Studie n = ca. 6000 Geburten ** Prospektive Dystrophie-Studie n = 47 / 1009 Geburten *** Follow-up Studie ins Erwachsenenalter n =37 Patienten**** * Lancet 1993 ** J. Epidemiol 1994 *** Monatsschr Kinderhk 1995; **** J. Pediatrics 2007

Follow up des Intelligenz- Quotienten (n=60) Untersuchung nach 10 Jahren Erstuntersuchung Q 115-86 85-71 70-51 50-36 35-21 <20 IQ 115-86 n=19 14 4 1 - - - IQ 85-71 n=19 1 15 2 1 - - IQ 70-51 n=11 - - 3 6 2 - IQ 50-36 n= 3 - - - 2 1 - IQ 35-21 n= 7 - - - 1 2 4 IQ <20 n= 1 IQ< 70 = 22 / 60 (initial); IQ< 70 = 26 / 60 (nach 10 Jahren);

Prenatal Alcohol Exposure and Persistent Developmental Consequences Persistierende Psychopathologie» Sprachstörungen» Automatismen/Stereotypien» Ängste» Hyperkinetische Störungen!» Störungen der Exekutiv-Funktionen

Kasuistik: Christian W. geb.12.04.1996 Kindesmutter: Chronische Alkoholikerin, in der Schwangerschaft von Christian: Konsum von bis zu 2 Flaschen Schnaps täglich, von der Mutter angegeben. Geburt: Mangelgeborenes, Gewicht 2400 g, Länge 46 cm Ab 24.09.1996 : Heilpädagogische Pflege in der Familie Gehrt bis heute 1997 mit 1 ½ Jahren Vorstellung im unserer Beratungsstelle: Diagnose: Fetales Alkohol-Syndrom; mentale Retardierung Gewicht, Länge < 3. Perzentile Mikrozephalus (Kopfumfang <3. Perzentile) Gesicht: Schmale Lidspalten, verstrichenes Philtrum, schmales Oberlippenrot Gesamt-IQ (2008): 68 (sprachlich IQ.81; Handlungsteil IQ:56) Heilpädogagischer Kindergarten, Förderschule (GB) Parzival-Schule bis 12.Klasse Aktuell: Werkgemeinschaft Berlin, Garten und Forstwirtschaft

Warum ist die Diagnose FAS schwer zu stellen Es gibt kein pathognomonisches diagnostisches Symptom für das FASD! Das typische diagnostische Gesicht des FAS kommt nur zu etwa 15% der Fälle vor! Ko-Morbiditäten (Aufmerksamkeitsstörungen wie ADS, Wachstumsstörungen, organische Fehlbildungen, kognitive Störungen, etc.) können die ätiologische Diagnose maskieren.. Alkohol in der Schwangerschaft ist weiterhin ein Tabu-Thema!!

Inzidenz, Prävalenz und Kosten FASD hat eine Inzidenz von 1-3(5) / 1000* Geburten in der normalen Bevölkerung; 3-4000 betroffene Kinder pro Jahr in Deutschland! Die Prävalenz in Canada** 1:100 Lebendgeburten; Kosten : 22.000 C$/ Jahr pro Patient; Gesamtkosten (1-53 Jahre)/Jahr ergeben 5 Mill.C$*** wenige full blown syndromes werden bei Geburt oder kurz danach diagnostiziert! Es gibt kein pathognomonisches diagnostisches Symptom für das FASD Es wird heute einen Anstieg von polydrug-addicted Frauen während der Schwangerschaft beobachtet. *) Spohr et al 1995, Stratton et al 1996, **) Stade et al 2009, ***Clarren et al 2011

Verlaufstudien zur Entwicklung von Kindern mit pränataler Alkoholexposition H.Spohr HC.Steinhausen DFG-Sonderforschungsbereich 174, FU Berlin,1994 Berliner Langzeitstudie über 10 Jahre n = 60 Patienten* Euromac-Studie n = ca. 6000 Geburten ** Prospektive Dystrophie-Studie n = 47 / 1009 Geburten *** Follow-up Studie ins Erwachsenenalter n =37 Patienten**** * Lancet 1993 ** J. Epidemiol 1994 *** Monatsschr Kinderhk 1995; **** J. Pediatrics 2007

Berliner FAS Langzeit Studie (1977-2003) Intelligenz ( FAS / pfas) All (N= 37) FAS (N=22) FAE (N=15) N % N % N % >85 12 32.9 6 27.3 6 40 IQ 71-85 10 26.6 5 22.7 5 33.3 IQ <70 15 40.5 11 50.0 4 26.7 Chi 2 = 2.01; df = 2; p = n.s.

Berliner FAS Langzeit Studie (1977-2003) Lebensperspektive als Erwachsener mit einem FAS Living place Independent living; (11/37) 29.5 % Dependent living; (26/37) 70.5 % Employment Employed or earning money (5/36) 13.8 % Unemployed (31/36) 86.2 %

Secundary Disability -Study Fetal Alcohol and Drug Unit Seattle,Washington Ann P. Streissguth et al, 1997 (Final report) Age 3-51years (median 14.2 years) FAS = 178 ; pfas = 26o ; 90 patients > 21 years ; (median 25,6 years) 60% white, 25% Indian, 14% Black and Hispanics

Secondary disabilities 1. Mental health problems 90% of FAS/pFAS subjects: a) 61% ADHD in childhood; b) ca.50% clinical Depression in adulthood 2. Disrupted school experience 60% FAS/pFAS > 12 years: a) due to learning disabilities b) due to behavioral disturbance

Secondary disabilities 3. Trouble with the law 60% charged or convicted with a crime a) 14% in childhood ( 6-11 years of age) b) 58% of all adult clients 4. Confinement 50% of all subjects (> 12 years) experienced: a) 23% due to inpatient psychiatric care b) 15% inpatient chemical dependency care; c) 35% incarcerated for a crime

Secondary disabilities 5. Inappropriate sexual behavior 50% older than 12 years.: a.) sexual advances b.) exhibitionism, voyeurism c.) promiscuity 6. Alcohol and drug problems 30% of all FAS/ pfas-subjects older than 12 years, a.) pfas> FAS b.) age group 21-51 years > 12-21 years.

Secondary disabilities 7. Dependent living 70% needed some sort of assisted living ((group home,living with familiy or friends ) a.) FAS=pFAS, m=f (70-73%) b.) f pfas (70%) < mpfas (100%)! 8. Problems with employment, unemployment 83% needed ongoing job training,could not keep a job or were unemplyed

Berliner FAS Langzeit Studie (1977-2003) Lebensperspektive als FAS-Adult Living place Independent living; (11/37) 29.5 % Dependent living; (26/37) 70.5 % Employment Employed or earning money (5/36) 13.8 % Unemployed (31/36) 86.2 %

Ätiologische Aspekte Der genaue Mechanismus des Alkohols in utero ist noch immer unbekannt. Es gibt bis heute endlos viele klinische und tierexperimentelle Untersuchungen Eine möglicher ätiologische Ursache ist die spine dysgenesis von DP. Purpura

Motorische Hirnrinde (Cortex) einer Wistar-Ratte. Golgifärbung

Dendritic spine dysgenesis and mental retardation Purpura DP, Science 186, 1974

Zusammenfassung Spine-Dysgenesis könnte ein wichtiger ätiologischer Mechanismus der Hirn-Funktionstörung und Störung der Exekutiven Funktionen beim Fetalen Alkohol Syndrom sein.

fmrt Studien an FAS-Patienten im Vergleich zu Kontrollen bei der Lösung einer räumliche Arbeitsgedächtnis Aufgabe A. Kontrollgruppe B. Intaruterin alkoholexponierte Gruppe Bei insgesamt 22 Jugendlichen (Pränantal alkoholexponiert n=10; Kontrollgruppe n=12) zwischen10-18 Jahren wurde bei der Lösung einer kognitiven Aufgabe (spatial working memory task) ein funktionelles MRT durchgeführt. Ergebnis: Bei der Alkoholgruppe zeigte sich im fmrt eine deutlich größerer Aktivierung des Gehirns, in den frontalen, temporalen, occipitalen und subcorticalen Regionen im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe.

Gibt es eine Therapie? Warum dann eine Diagnose? Es gibt keine kausale Therapie Aber frühe Diagnose = Frühförderung Die Diagnose ist ein Teil der Therapie (die Pflege-Eltern sind endlich angekommen ) Teratogene Schädigung: Nach 53 SGB XII sind die Kinder von einer lebenslangen körperlichen und geistig-emotionalen Behinderung betroffen Neuropsychologische Insel -Diagnostik; Psychotherapie durch Therapeuten, die mit dem Syndrom vertraut sind. Keine Hormonbehandlung bei Minderwuchs AD(H)S bei etwa 40% der Patienten Langfristige Planungskonzepte (FASD-Adult), Wohngruppen etc Netzwek, Betroffenen-Gruppen Stärkung der Pflegeeltern (häufiges burn-out Problem )

Fetal Alcohol Spectrum Disorder Fazit - Ein Kind mit FAS leidet an einer persistierenden physischen, mentalen und psychiatrischen Störung (disability), die diese Patienten in der Adoleszenz und später vor allem auch im Erwachsenenalter deutlich behindern und benachteiligen kann. - Ein Kind, das mit einem partiellen FAS (pfas) geboren wird, leidet an den gleichen lebenslangen Problemen,hat aber das zusätzliche Handicap einer (oft) fehlenden Diagnose!

NO!