DIE ÖKOLÜGE MIT DEM ELEKTROAUTO



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FACTOR 10 INSTITUTE GERMANY Prof. Dr. F. Schmidt-Bleek Teplitzer Strasse 19 Am Roseneck 14193 BERLIN Tel +49 30 897 847 50 Berlin, August 2013 DIE ÖKOLÜGE MIT DEM ELEKTROAUTO R. Klüting, F. Schmidt-Bleek Individueller Mobilität wird ein Wert zu geschrieben, der nicht in erster Linie etwas mit rationalem Nutzen zu tun hat. Jedenfalls nicht mit rationalem Nutzen für den Käufer. Ein weiteres, aktuelles Beispiel dafür sind die euphorischen Erwartungen der jüngsten Zeit an das Elektroauto. Es gibt zwar Stimmen, die darauf hinweisen, dass elektrischer Strom auch unter Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid produziert wird und dass deshalb beim gegenwärtigen Strommix in Deutschland, zu dem immer noch viel Kohle und Gas gehört, der Gewinn eines Elektroautos für den Klimaschutz gar nicht so groß ist. Das ist immerhin ein richtiger Einwand. Aber es ist, wie oft, wenn der Klimaschutz allein betrachtet wird, nur ein Teil der Wahrheit. Dass das vielgepriesene Elektroauto einen noch viel höheren ökologischen Preis als das mit Benzin und Diesel angetriebene hat und deshalb der ökologische Vorteil weitaus weniger überzeugend ist, als oft behauptet wird, liegt unter anderem daran, dass zusätzlich einige seltene Rohstoffe und erhebliche Mengen Kupfer mit großem Eigenrucksack gebraucht werden. Hinzu kommen Batterien mit Schmidt-Bleek printed: 23/11/13 Page 1 of 6

bisher nicht veröffentlichen Rucksäcken und in der Praxis noch nicht ausreichend erprobter Lebensdauer. Die Tatsache, dass das Elektroauto keine Abgase ausstößt und deshalb zweifellos einen Gewinn für die Luft in verkehrsreichen Stadtgebieten darstellen kann, macht es zu einem Gewinn für die Gesundheit der Menschen in der Stadt, aber noch lange nicht zu einem Gewinn für die Umwelt. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe fasst die wichtigsten Rohstoffprobleme in einem Kongressband (Weissenberger-Eibl 2010) prägnant so zusammen: Das erwartete Marktwachstum Elektrofahrzeuge wird sich auf die Nachfrage der dazu notwendigen Rohstoffe wie Lithium auswirken. Daher ist es wichtig, die Versorgungssicherheit weiterer Rohstoffe für die Elektromobilität zu prüfen. Dazu gehören beispielsweise Kobalt für Batterien, Kupfer für die Wicklungen in den Elektromotoren und Neodym für den Einsatz bei Magneten in Elektromotoren. Zwei Beispiele hat das ISI in eigenen Studien genauer untersucht, nämlich den Bedarf an Lithium und an Kupfer (Angerer 2009 und 2010). Aus der Lithium-Studie sei hier nur ein zusammenfassender Absatz zitiert, weil er die ökologische Seite des Rohstoffproblems anspricht: Die Schlussfolgerung ist, dass selbst unter extremen Annahmen in den nächsten vier Jahrzehnten nicht mit einer Knappheit der Lithium-Reserven zu rechnen ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Lithium-Reserven sich auf wenige Länder fokussieren und einige wichtige davon derzeit nicht zu den geopolitisch stabilen Regionen zu zählen sind (z. B. Bolivien). Auch wird beim Abbau von Lithium in bislang weitgehend unberührte Ökosysteme, beispielsweise die Salzseen in Südamerika und China, eingegriffen. Damit ist im Grunde gesagt, dass eine Knappheit der Versorgung mit Lithium nur dann nicht zu erwarten ist, wenn es dabei bleibt, dass Eingriffe in die Umwelt keinen Preis haben. Schmidt-Bleek printed: 23/11/13 Page 2 of 6

Etwas ausführlicher sei hier die Fraunhofer-Studie zur Entwicklung der Kupfervorräte zitiert. Denn während die Batterietechnik zurzeit im Wandel ist und auch an Alternativen zur Lithiumtechnik intensiv geforscht wird, scheint das Kupfer unverzichtbar zu sein. Grundsätzlich kann man zwar die Wicklungen von Elektromotoren statt aus Kupfer aus Aluminium herstellen. Das wäre aber möglicherweise weniger energieeffizient. Auf Kupfer kommt es also an. In seiner Zusammenfassung beurteilt das ISI die weltweit verteilten Kupfervorräte als ausreichend, die Nachfrage zu decken. Deshalb wird das Kupfervorkommen den Ausbau der Elektromobilität und die Entwicklung der Weltwirtschaft auf absehbare Zeit nicht behindern, heißt es dort. Als Grund dafür gibt das ISI zum einen den Umfang der weltweiten Vorräte an, zum anderen schätzt es den Bedarf für Stromleitungen und für Elektromotoren im Nicht-Automobilbereich als deutlich höher ein: Die Kupfernachfrage wird durch die Entwicklung der Elektromobilität nur wenig beeinflusst. Selbst wenn man ein starkes Wachstum an Elektrofahrzeugen unterstellt, beansprucht dieser Sektor im Jahre 2050 nicht mehr als 21 % der Kupfernachfrage. Bei moderateren Wachstumsannahmen sogar nur 14 %. Andere Kupferapplikationen, darunter die Energieübertragung und Elektromotoren, dominieren die Bedarfsentwicklung. Bis zum Jahr 2050, so die Studie, werden etwa 29 Prozent der 2008 bekannten weltweiten Ressourcen an Kupfer verbraucht sein. Ist das viel? Ist das wenig? Das ISI unterscheidet, wie in der Wissenschaft üblich, zwischen Reserven und Ressourcen. Ressourcen sind die gesamte Menge eines Rohstoffs auf der Erde, einschließlich des meist größere Teils, der bisher aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht gewonnen werden kann. Die Reserven sind dagegen der Teil der Ressourcen, die mit heute verfügbarer Technik und unter heutigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gewonnen werden können. Die weltweiten Ressourcen von Kupfer schätzen die ISI- Forscher unter Bezug auf den geologischen Dienst der USA (United Schmidt-Bleek printed: 23/11/13 Page 3 of 6

States Geological Survey, USGS) auf drei Milliarden Tonnen. Dazu addieren sie 700 Millionen Tonnen, die in Manganknollen in den Tiefen der Ozeane vermutet werden. Das ergibt Kupfer-Ressourcen von 3,7 Milliarden Tonnen. Wie viel davon je erschließbar sein wird, kann heute niemand vorhersagen, weil dafür zum Teil Abbauverfahren erst entwickelt werden müssen. Man kann mit diesen Mengen also nicht verlässlich kalkulieren. Kalkulieren kann man heute dagegen mit den Reserven, und die liegen, ebenfalls nach Zahlen des USGS von 2010, bei 540 Millionen Tonnen. Dazu sagen die ISI-Forscher in aller Klarheit: Die heute wirtschaftlich ausbeutbaren Kupferreserven werden Mitte der 30er Jahre des 21. Jahrhunderts erschöpft sein. Wenn zudem bis 2050 sogar 29 Prozent aller Kupferressourcen benötigt werden, dann entspricht dies einem Gesamtbedarf von gut einer Milliarde Tonnen rund dem Doppelten der heute bekannten Reserven. Dazu das ISI: Zur Deckung des Bedarfs müssen deshalb neue Ressourcen erschlossen werden, deren Ausbeutung höhere Kosten verursacht. Dies wird nicht ohne Auswirkungen auf den Kupferpreis bleiben. Ein Weg, die Ressourcen zu schonen, ist, die Recyclingquote zu erhöhen. Kupfer kann man sehr gut und in hoher Qualität rezyklieren. In Deutschland werden schon 56 Prozent Sekundärkupfer eingesetzt, weltweit sind es 34,8 Prozent. Die ISI- Forscher zitieren Schätzungen aus dem Jahr 2006, nach denen in Deponien und Umwelt weltweit 400 Millionen Tonnen Kupfer liegen; dazu kommen 330 Millionen Tonnen in derzeit genutzten Produkten. Wie gut sich diese Mengen erschließen lassen, ist allerdings völlig offen. Es bleibt also ein Bedarf, Kupferressourcen zu erschließen, die bisher außen vor geblieben sind. Das ist, nicht anders als beim Lithium, keine gute Nachricht für die Ökologie der Regionen, in denen diese Ressourcen bisher schlummern. Außerdem sei darauf hingewiesen, dass es Fahrzeuge, die mit Benzin und Diesel fahren, seit rund 120 Jahren gibt. Ein Ende des für diese Automobiltechnik entscheidenden Rohstoffs, des Öls, ist zwar absehbar, aber nicht nahe. Wenn die Kupferressourcen schon bis 2050, also in der nächsten Generation, zu einem knappen Drittel Schmidt-Bleek printed: 23/11/13 Page 4 of 6

verbraucht sind, dann ist der Elektroantrieb als Ersatz für Otto- und Dieselantrieb eine Technik mit überschaubarem Ablaufdatum. Der Löwenanteil des Kupfers fließt allerdings heute in ganz andere Anwendungen und wird das nach der ISI-Studie auch in Zukunft tun: Gut die Hälfte (51 Prozent) des globalen Kupfermarktes 2006 versorgte die Bereiche Übertragung elektrischer Energie (26 Prozent), wo auch in Zukunft der Verbrauch am stärksten wachsen wird, außerdem Wasserversorgung (Rohre, Fittings, Messingarmaturen, 13 Prozent) und Elektromotoren (Maschinen, Pumpen und vieles andere, 12 Prozent). Schon heute, so sagen die Fraunhofer-Forscher, stecken in jedem Auto auch ohne Elektro-Antrieb 25 Kilogramm Kupfer. Wie groß die Menge in einem Elektroauto von heute ist, haben verschiedene Hersteller den Wissenschaftlern für ihre Studie gesagt, haben jedoch der Veröffentlichung der Zahlen nicht zugestimmt. Deshalb wird in der Studie mit einem pauschalen und vermutlich mittleren Wert von 0,9 Kilogramm Kupfer pro Kilowatt Leistung des Elektromotors gerechnet. Ein Motor mit 50 Kilowatt (68 PS) enthält demnach allein 45 Kilogramm Kupfer. In der Studie wird mit diesem 50-kW-Motor gerechnet, obwohl moderne Autos meistens weit mehr Leistung haben und ein Hersteller wie Toyota mit seinem Prius auf die Erwartung der Kunden durchaus eingehen; der Prius leistet 73 kw. Selbst der kürzlich auf den Markt gekommene Elektro-Smart, also ein Zweisitzer für vornehmlich den Stadtverkehr, wird mit einem 55 kw-motor geliefert. 45 Kilogramm Kupfer pro Elektroauto nur für den Motor sind also niedrig gerechnet. Dennoch erhöht schon diese Menge die Materialintensität eines Autos beträchtlich. Nach Zahlen des Wuppertal Instituts von 2011 hat Primärkupfer eine Materialintensität von 348,47 Kilogramm abiotischer Materialien pro Kilogramm Kupfer; für jedes Kilogramm Kupfer, das aus natürlichen Lagerstätten extrahiert wird, werden weitere knapp 350 Kilogramm Natur extrahiert und verändert. Der Wert für Sekundärkupfer, in dessen ökologischen Rucksack im Wesentlichen das Recycling einfließt, liegt der Wert bei nur 2,38 Kilogramm pro Kilogramm. Schmidt-Bleek printed: 23/11/13 Page 5 of 6

Legt man den in Deutschland eingesetzten, besonders günstigen Mix aus je zur Hälfte Primärkupfer und Sekundärkupfer zugrunde, kommt man laut Wuppertal Institut auf 179,07 Kilogramm pro Kilogramm. Mit diesem Kupfermix hat ein Elektromotor mit einem Inventar von 45 Kilogramm Kupfer einen ökologischen Rucksack von rund acht Tonnen allein des Kupfers wegen. Dies bedeutet, dass alleine schon das zusätzlich benötigte Kupfer bei einer Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs von 200 000 Kilometern etwa die Hälfte der eingesparten Treibstoffmasse wettmacht nicht gerechnet die Batterien und die Ressourcenintensität der Ladeanschlüsse und des benötigten Stromes (in Deutschland etwa 600 Gramm Material pro Kilowattstunde). Wenn das Elektroauto weltweit durchschlägt und dereinst zwei bis drei Milliarden Elektroautos (mit im Durchschnitt 50 kw Motorleistung) auf der Erde fahren werden, werden allein in den Motoren dieser Autos 90 bis 135 Millionen Tonnen Kupfer verbaut sein. Der ökologische Rucksack des Primärkupfers wird bis dahin möglicherweise drastisch schwerer werden, denn weniger ergiebige Rohstoffquellen lassen sich in aller Regel nur mit deutlich höherem Materialaufwand erschließen. Allerdings kann eine gleichzeitig steigende Recyclingquote diesen Effekt kompensieren. Wenn das Elektroauto also derzeit als umweltfreundliche Alternative im Individualverkehr angepriesen wird, ist das schlicht falsch. Solche Euphorie kann nur zustande kommen, wenn man den Blick auf den Klimaschutz verengt. Einmal mehr zeigt sich, dass der Kohlendioxidausstoß kein zukunftsfähiger Indikator für Wirtschaft und Gesellschaft ist. Denn die Verengung auf diesen Indikator verhindert nicht, dass der Teufel der Klimaveränderung mit dem Beelzebub zunehmender Stoffströme ausgetrieben wird. Schmidt-Bleek printed: 23/11/13 Page 6 of 6