Begrüssung und Dank für das Engagement der Anwesenden Allenfalls kurze Vorstellung des Referenten und der Tätigkeit des Rechtsdiensts (5 Juristinnen und Juristen auf 400-Stellen% + Sekretärin) 1
Ausgangssituation: Störungen bei der Zusammenarbeit mit den Eltern «Therwiler Fall»: Verweigerung des Händeschüttelns durch zwei Schüler gegenüber einer Lehrerin mit Verweis auf die islamische Glaubenslehre. Löste Irritationen und ein (zu) grosses Medienecho aus. Allenfalls weitere Beispiele zum Einstieg: Schülerin/Schüler benötigt Brille, Kind mit Lausbefall: Eltern handeln nicht, was nun? Zeitungsartikel in der Sonntagszeitung vom 21. August 2016: «Noten, Ferien, Strafen Eltern klagen gegen alles». Stimmt diese Wahrnehmung? Spannungsfeld Moral ó Recht Diskussion aus dem Bereich der Rechtsphilosophie!! Definition nach Duden: Moral Gesamtheit von ethisch-sittlichen Normen, Grundsätzen, Werten, die das zwischenmenschliche Verhalten einer Gesellschaft regulieren, die von ihr als verbindlich akzeptiert werden. (Stichwort «Bauchentscheid») Sitte Für bestimmte Lebensbereiche einer Gemeinschaft geltende, dort übliche, als 2
verbindlich betrachtete Gewohnheit, Gepflogenheit, die im Laufe der Zeit entwickelt, überliefert wurde. Recht (aus rechtsdogmatischer Sicht) Gesamtheit der staatlich erlassenen sowie staatlich anerkannten Rechtssätze. Mit der staatlichen Garantie verbunden ist die staatliche Durchsetzbarkeit dieser Normen. Moralische und sittliche Normen können jedoch ebenfalls durch staatliche Akte zu Rechtsnormen werden. 2
Bilderfolge von links nach rechts und von oben nach unten: 1. «Reklamation / Beschwerde» als Aufforderung zum Gespräch. Nicht alle Reklamationen von Eltern sind Beschwerden im Rechtssinn 2. a) Aufsichtsanzeige ( 38 VRPG): Schriftliche Eingabe. Rechtsbehelf, kein eigentliches Rechtmittel; jedermann kann Anzeige erstatten (keine spezielle Legitimation); Anspruch auf eine Antwort b) Wiedererwägung ( 39 VRPG): Schriftliche Eingabe. Rechtsbehelf 3. Verwaltungsbeschwerde (je nach Terminologie: bspw. Kt. ZH «Rekurs») ( 50 VRPG): Rechtsschrift mit Begründung und Antrag (Formerfordernisse). Rechtsmittel, verwaltungsinterner Rechtsweg (Aufsichtsfunktion innerhalb der Verwaltung), keine richterliche Unabhängigkeit! 4. Verwaltungsgerichtsbeschwerde ( 54 VRPG): Rechtsschrift mit Begründung und Antrag (Formerfordernisse). Rechtsmittel an ein unabhängiges Gericht => Rechtsweggarantie (cf. nächste Seite) 3
In Kraft seit 1. Januar 2007 (Justizreform 1999 mit Vereinheitlichung StPO und ZPO) Die Rechtsweggarantie in Art. 29a BV räumt dem Einzelnen den Anspruch ein, dass eine ihn betreffende Streitigkeit durch eine richterliche Behörde beurteilt wird (eine rein verwaltungsinterne Behörde erfüllt diese Anforderung also nicht). Dabei handelt es sich sozusagen um das Zugangstor zum Gerichtsverfahren. Die Rechtsweggarantie bedeutet keinesfalls einen Freipass ans Gericht. Vielmehr darf der Gesetzgeber den Zugang zum Gericht an Voraussetzungen knüpfen (z.b. durch Festlegen von Anforderungen an die Prozesslegitimation). Gemäss Art. 29a Satz 2 BV kann im Gesetz durch Bund und Kantone in Ausnahmefällen die richterliche Beurteilung ausschliessen. Die Ausschlussfälle sind aber nur in einem sehr engen Rahmen zulässig (v.a. Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter). Hinweis auf Artikel in der Sonntagszeitung vom 21. August 2016: Kanton FR schränkt Rechtsweggarantie ein (sehr kritisch!!). 4
Schulrecht im engeren Sinne kann als ein spezifischer Bereich des Verwaltungsrechts verstanden werden, weil ein grosser Teil der Bildung eine staatliche Aufgabe darstellt (Grundbildung durch BV grösstenteils an Kantone delegiert). Somit denkt man in erster Linie an das kantonale Schulgesetz (weitere Erlasse SAR Band 4). Rechtskompilationen: Achtung Aktualität! => Publikation im Internet. Suche besser nicht über Suchmaschinen sondern direkt über die oben aufgeführten Links. Strafrecht/Jugendstrafrecht: Schulpflege wurde im Jahr 2011 von ihren zusätzlichen Aufgaben als Straforgan entlastet. Privatrecht: OR (z.b. Haftungsfragen, Vertragsverhältnisse) und ZGB (Kindesrecht; Kindesund Erwachsenenschutzrecht) Formelles Recht = Verfahrensrecht So z.b. Zivilprozessrecht, Strafprozessrecht, Verwaltungsverfahrensrecht (inkl. Verwaltungsprozessrecht) 5
Information als Bringschuld (Schule) und als Holschuld (Eltern) Vertretung des einen durch den anderen Elternteil bei gemeinsamer elterlichen Sorge als Annahme (Art. 304 ZGB) Elterngespräche gemeinsam/getrennt: wie weit? Verhältnismässigkeitsgrundsatz, Treu und Glauben Begleitung zum Elterngespräch (so genannte «Verbeiständung»; 14 VRPG) durch RA oder Partner/in (oder andere Vertrauensperson) Bei Uneinigkeit: Zuständigkeit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Meinung des Kindes ist wichtig: UN Kinderechtskonvention (Grundsatz Anhörung wenn immer möglich, Ausnahmen altersangemessen) Unterschriften unter Zeugnisse: lediglich als Bestätigung der Kenntnisnahme, keine Bestätigung der Akzeptanz 6
Zusammenarbeit mit der Schule ( 36 ff. Schulgesetz; 21 ff. V Volksschule): Schulpflicht! Besuch von Elternveranstaltungen und Elterngesprächen Allenfalls Sanktion gestützt auf 36a Schulgesetz: Vorladung unter Androhung einer Strafe. Busse zwischen Fr. 600.- und Fr. 1 000.-. Im Wiederholungsfall Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft. 7
Im Bild: Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg (drastischstes Instrument des Vollzugs) Wie zu Beginn des Referats gehört: Ein wichtiges Element des Rechts ist dessen Vollstreckbarkeit (im Gegensatz zu moralischen und sittlichen «Normen») Rechtskraft und Vollstreckbarkeit von Urteilen als Voraussetzung für den Vollzug Die Durchsetzbarkeit des Rechts => bspw. Strafvollzug, Schuldbetreibung- und Konkursrecht, Vollstreckung im Verwaltungsrecht ( 76 ff. VRPG) Schulrecht als «Softlaw»? Reaktion, wenn ein Kind nicht zur Schule kommt (Schulpflicht)? Polizei aufbieten? Wie vorgehen beim Hände schütteln? Bussen (Verwaltungsstrafrecht) gegenüber Eltern, Disziplinarrecht gegenüber Schülern und Schülerinnen; Meldung an KESB als ultima ratio 8
Im VRPG enthalten sind u.a. Regeln zum rechtlichen Gehör, zur Ausgestaltung von Entscheiden und zu den Voraussetzungen für das Einreichen von Beschwerden Zitat John F. Kennedy (1917-1963): «Das Leben ist ungerecht. Aber denke daran: nicht immer zu deinen Ungunsten.» 9