EGBGB Art. 15, 17 Abs. 3, 18, 25, 26 Kolumbien: vorehelicher Ehe- und Erbvertrag zwischen einem Deutschen und einer Kolumbianerin. I.

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DNotI Deutsches Notarinstitut Fax - Abfrage Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 14319# letzte Aktualisierung: 29. August 2008 EGBGB Art. 15, 17 Abs. 3, 18, 25, 26 Kolumbien: vorehelicher Ehe- und Erbvertrag zwischen einem Deutschen und einer Kolumbianerin I. Sachverhalt Ein deutscher Staatsangehöriger und eine kolumbianische Staatsangehörige, die erst vor wenigen Monaten nach Deutschland eingereist ist, wollen in Deutschland die Ehe schließen. Lebensmittelpunkt der künftigen Eheleute soll Deutschland sein. Ehevertraglich wollen die zukünftigen Eheleute falls möglich den deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft dahingehend modifizieren, dass ein Zugewinnausgleich nur im Erbfall durchgeführt wird, ansonsten Gütertrennung vereinbaren. Für den Fall der Scheidung soll vereinbart werden, dass auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs und auf nachehelichen Ehegattenunterhalt verzichtet wird. Daneben soll ein wechselseitiger Pflichtteilsverzicht vereinbart werden. Sollte ein Pflichtteilsverzicht nicht möglich sein, ist an einen kompletten Erbverzicht gedacht. II. Fragen 1. Ist die Vereinbarung der modifizierten Zugewinngemeinschaft nach deutschem Recht auch aus Sicht des kolumbianischen Rechts wirksam? 2. Welches Recht gilt für den nachehelichen Unterhalt? 3. Ist die Regelung zum Versorgungsausgleich auch aus Sicht des kolumbianischen Rechts möglich? 4. Ist ein Erb- und Pflichtteilsverzicht auch gegenüber der kolumbianischen Staatsangehörigen möglich? Deutsches Notarinstitut Gerberstraße 19 97070 Würzburg Telefon (0931) 35576-0 Fax (0931) 35576-225 email: dnoti@dnoti.de internet: www.dnoti.de user/mr/pool/gutachten/14319.doc

Seite 2 III. Zur Rechtslage 1. Anwendbares Ehegüterrecht a) aus der Sicht des deutschen IPR Das auf den ehelichen Güterstand anwendbare Recht wird aus deutscher Sicht von Art. 15 EGBGB bestimmt. Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB gilt das Recht, das bei Eheschließung die allgemeinen Wirkungen der Ehe beherrschte. Art. 15 Abs. 1 EGBGB verweist also auf Art. 14 EGBGB. Nach Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB findet bei gemischt-nationalen Ehen primär das Recht des Staates Anwendung, in dem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, vorliegend also das deutsche Recht. Vorliegend hat auch die kolumbianische Staatsangehörige ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Eheschließung in Deutschland. I. Ü. können die Eheleute gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 1-3 EGBGB eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts treffen. Eine entsprechende Rechtswahl hätte hier allerdings wohl nur deklaratorische, aber eben auch klarstellende Bedeutung. Aus der Sicht des deutschen Rechts käme hier also sowohl die Vereinbarung von Gütertrennung als auch die Vereinbarung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft in Betracht. b) aus der Sicht des kolumbianischen IPR aa) Das kolumbianische IPR enthält keine eigene Vorschrift für das auf das eheliche Güterrecht anwendbare Recht. Das insoweit anwendbare Recht ist demgemäß nach den allgemeinen Kollisionsregeln des kolumbianischen Rechts zu bestimmen. In Art. 18 und 19 kolumbianischer Código Civil (CC) folgt das kolumbianische Recht dem Grundsatz der Territorialität (territorialidad), der in Lateinamerika weit verbreitet ist. Danach gilt für Ausländer im Inland inländisches, also kolumbianisches Recht, während für Inländer im Ausland das Staatsangehörigkeitsprinzip maßgebend ist (Bergmann/Ferid/Rieck, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Kolumbien, Stand: 30.4.1994, S. 8). Art. 18 und 19 CC bestimmen im Wortlaut: Art. 18. Das Gesetz ist für die Staatsangehörigen ebenso wie für die sich in Kolumbien aufhaltenden Ausländer verbindlich. Art. 19. Kolumbianer, die sich im Ausland aufhalten oder dort wohnen, bleiben den Bestimmungen dieses Gesetzes und der übrigen nationalen Gesetze unterworfen, welche ihre bürgerlichen Rechte und Pflichten regeln:

Seite 3 1. in Bezug auf den Personenstand und ihre Fähigkeit zur Vornahme bestimmter Handlungen, welche in einem der durch die Regierung verwalteten Gebiete wirksam werden sollen oder in Angelegenheiten welche die Zuständigkeit des Bundes betreffen; 2. in Bezug auf die Rechte und Pflichten, welche sich aus den Familienbeziehungen ergeben; aber nur hinsichtlich ihrer Ehegatten und Verwandten in den in der vorhergehenden Ziffer angegebenen Fällen. (Übersetzung des Gesetzestextes aus Bergmann/Ferid/Rieck, S. 14). bb) Allerdings dürfte für Eheleute, die außerhalb Kolumbiens die Ehe geschlossen haben, hinsichtlich ihres Güterstandes Art. 180 Abs. 2 CC als lex specialis vorgehen: Art. 180 (2) Diejenigen, welche außerhalb eines Territoriums geheiratet haben und ihren Wohnsitz in Kolumbien nehmen, gelten als in Gütertrennung lebend, sofern sie nicht nach den Gesetzen, unter deren Herrschaft sie geheiratet haben, einem anderen Güterstand unterliegen. Nach dieser Vorschrift leben also Eheleute, die erst nach der Eheschließung in Kolumbien Wohnung nehmen, grundsätzlich im Güterstand der Gütertrennung, es sei denn, dass sie nachweisbar nach dem Recht des Staates, in dem sie die Ehe geschlossen haben, einem anderen Güterstand unterliegen. Auch ein nach diesem Recht vereinbartes Güterrechtsstatut kann in Kolumbien aufrecht erhalten werden, wenn die Vereinbarung nachgewiesen werden kann (Medina, in: Notarielle Fragen des internationalen Rechtsverkehrs, herausgegeben vom Deutschen Notarinstitut, 1995, Kolumbien, S. 258). Danach dürften die Eheleute vorliegend auch aus der Sicht des kolumbianischen Rechts im Wahlgüterstand der Gütertrennung bzw. der modifizierten Zugewinngemeinschaft des deutschen Rechts leben. Auch eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts dürfte in Kolumbien Anerkennung finden.

Seite 4 c) Ehevertragliche Regelung nach der Eheschließung in Kolumbien nur begrenzt möglich Nach Art. 1771 ff. CC können die Verlobten vor der Ehe Verträge über ihre güterrechtlichen Verhältnisse abschließen, die bis zur Eheschließung frei geändert werden können. Das bisherige Verbot von postnuptialen Eheverträgen ist insofern gelockert, als nach Art. 1820 Ziff. 5 CC i. d. F vom 19.1.1976 voll geschäftsfähige Eheleute nach der Eheschließung den gesetzlichen Güterstand der sociedad conyugal beenden und dadurch eine reine Gütertrennung herbeiführen können (Bergmann/Ferid/Rieck, S. 27 Fn. 31). I. Ü. dürfen die Verträge keine Bestimmungen enthalten, die den guten Sitten und Gesetzen zuwider laufen. Auch dürfen darin nicht die Rechte und Pflichten beeinträchtigt werden, welche die Gesetze für jeden Ehegatten gegenüber dem anderen und den Kindern vorgesehen haben (Art. 1773 CC, vgl. auch Bergmann/Ferid/Rieck, S. 27 Fn. 31). 2. Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt a) aus der Sicht des deutschen IPR aa) Unterhaltsansprüche aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft regelt das Haager Übereinkommen vom 2.10.1973 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (Unterhaltsabkommen 1973; abgedr. in Jayme/Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 13. Aufl. 2006, S. 100 ff.). Dieses Abkommen ist am 1.4.1987 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten und geht als Staatsvertrag gem. Art. 3 Abs. 2 S. 1 EGBGB autonomem deutschen Recht, insbesondere Art. 18 EGBGB vor. Kolumbien ist dem Unterhaltsabkommen 1973 zwar nicht beigetreten, dieses findet aber als loi uniforme auch in Beziehung zu Nichtvertragsstaaten Anwendung (Art. 3 Unterhaltsabkommen 1973). In sachlicher Hinsicht unterliegen dem Anwendungsbereich des Unterhaltsabkommens 1973 regelmäßig nur gesetzliche Unterhaltsansprüche; das Unterhaltsabkommen muss jedoch auch dann maßgeblich sein, wenn sich eine vertragliche Vereinbarung - wie vorliegend - auf eine gesetzlich fixierte Unterhaltspflicht beziehen soll (MünchKomm-Siehr, 4. Aufl. 2006, Art. 18 EGBGB Anh. I Rn. 55). bb) Nach Art. 4 Abs. 1 Unterhaltsabkommen 1973 ist für die in Art. 1 des Abkommens genannten Unterhaltspflichten grundsätzlich das am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltende innerstaatliche Recht maßgebend, vorliegend also das deutsche Recht. Den nachehelichen Unterhalt im Falle einer Scheidung regelt allerdings Art. 8 Abs. 1 Unterhaltsabkommen 1973: (1) Abweichend von den Art. 4-6 ist in einem Vertragsstaat, in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für die Unterhaltspflichten zwischen den geschiedenen Ehegatten und die Änderungen von Entscheidungen über diese Pflichten das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend.

Seite 5 (2) Abs. 1 ist auch im Fall einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und im Fall einer für nichtig oder als ungültig erklärten Ehe anzuwenden. Das auf den nachehelichen Unterhalt anwendbare Recht wird also an das vom im Einzelfall zuständigen Gericht auf die Ehescheidung angewendete Recht angekoppelt. Unterstellt man vorliegend, dass, da die Eheleute ihren Wohnsitz in Deutschland haben werden, auch eine Scheidung hier erfolgen würde, so wird das Scheidungsstatut nach Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 EGBGB bestimmt. Gem. Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB findet bei gemischtnationalen Ehen das Recht des gemeinsamen Aufenthalts zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags Anwendung, vorliegend - vorbehaltlich eines Wohnsitzwechsels - also deutsches Recht. Sollten die Eheleute im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (vgl. Art. 17 Abs. 1 S. 1 EGBGB) beide ihren Wohnsitz nicht mehr in Deutschland haben, so würde ein deutscher Richter auf die Scheidung und damit auch auf den nachehelichen Unterhalt nicht das deutsche Recht, sondern das jeweilige Recht des gewöhnlichen Aufenthalts zur Anwendung bringen. Das deutsche Recht könnte in diesem Fall nur durch eine wirksame Rechtswahl zur Anwendung gebracht werden. cc) Eine isolierte Rechtswahl allein zur Bestimmung des nachehelichen Unterhaltsstatuts ist nicht möglich (a. A. allerdings der Hoge Raad, das Höchstgericht der Niederlande, welcher im Anwendungsbereich des Art. 8 Unterhaltsabkommen 1973 eine unmittelbare Rechtswahl des Scheidungsstatuts zugelassen hat, vgl. Mankowski, FuR 1997, 316). Durch eine Wahl des Ehewirkungsstatuts kann jedoch mittelbar das Scheidungsstatut und damit auch das für den nachehelichen Unterhalt geltende Recht bestimmt werden. Eine Wahl des Ehewirkungsstatuts ist nach Art. 14 Abs. 3 EGBGB dann möglich, wenn die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB nicht vorliegen, die Eheleute also kein gemeinsames Heimatrecht haben, und kein Ehegatte dem Staat angehört, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Art. 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EGBGB) oder die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in demselben Staat haben (Art. 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB). Vorliegend sind allerdings zur Zeit weder die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EGBGB noch die des Art. 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB gegeben. Eine Wahl des Ehewirkungsstatuts ist unter den momentan gegebenen Umständen somit nicht zulässig. Eine Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 3 EGBGB kann allerdings vorsorgend auch dann schon getroffen werden, wenn die notwendigen Voraussetzungen zur Zeit zwar noch nicht gegeben sind, es aber möglich ist, dass diese später vielleicht einmal vorliegen (Schotten/Schmellenkamp, Das IPR in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, Rn. 120). Eine solche vorsorgende Rechtswahl kann jedoch erst von dem Zeitpunkt an Wirkungen entfalten, in dem die vom Gesetz für eine Rechtswahl zwingend geforderten Tatbestandsmerkmale erstmals erfüllt sind (Schotten/Schmellenkamp, Rn. 120 m. w. N.). Ein Formulierungsvorschlag für eine vorsorgende Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 3 EGBGB findet sich bei

Seite 6 Schotten/Schmellenkamp (Rn. 132). Im Rahmen dieser vorsorglichen Vereinbarung über die Anwendung des deutschen Rechts kann zugleich eine Regelung für den nachehelichen Unterhalt nach deutschem Recht getroffen werden. b) aus der Sicht des kolumbianischen IPR Aus kolumbianischer Sicht dürfte jedenfalls für den Unterhaltsanspruch der kolumbianischen Ehefrau gem. den oben zitierten Art. 18, 19 CC das kolumbianische Recht als ihr Heimatrecht berufen sein. Gesetzliche Unterhaltsansprüche sind in den Art. 411 ff. CC geregelt. Nach Art. 411 Nr. 4 CC schuldet der schuldig geschiedene Ehegatte dem unschuldig geschiedenen oder von Tisch und Bett gerichtlich getrennten Ehegatten grundsätzlich standesgemäßen Unterhalt. Nach Art. 424 CC kann auf den Unterhaltsanspruch nicht verzichtet werden. 3. Vereinbarung zum Versorgungsausgleich a) aus der Sicht des deutschen IPR Auf den Versorgungsausgleich findet gem. Art. 17 Abs. 3 EGBGB grundsätzlich das Scheidungsstatut Anwendung, nach Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB bei einer gemischt-nationalen Ehe - wie vorliegend - also grundsätzlich das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Scheidung, wobei allerdings aus Gründen der Vorhersehbarkeit die Wirksamkeit auch nach derjenigen Rechtsordnung, die zum Zeitpunkt des Abschlusses einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich maßgeblich war, genügen muss (vgl. Palandt/Heldrich, 67. Aufl. 2008, Art. 17 EGBGB Rn. 19). Ein deutscher Richter würde somit unter den derzeitigen Voraussetzungen das deutsche Recht anwenden und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen den Verzicht akzeptieren. Auch hinsichtlich des Versorgungsausgleichs gilt, dass eine unmittelbare Bestimmung des Versorgungsausgleichsstatuts durch Rechtswahl nicht möglich ist, wohl aber eine mittelbare durch eine vor der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags wirksam getroffene Wahl des Ehewirkungsstatuts (Schotten/Schmellenkamp, Rn. 234). Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen. b) aus der Sicht des kolumbianischen Rechts Einen Versorgungsausgleich, wie ihn das deutsche Recht kennt, sieht das kolumbianische Recht, soweit hier ersichtlich, nicht vor, so dass ein hiermit befasster kolumbianischer Richter diesen sicherlich ohnehin nicht durchführen würde. 4. Form des Ehevertrags

Seite 7 Die Form des Ehevertrags wird aus deutscher Sicht gesondert angeknüpft und beurteilt sich nach Art. 11 EGBGB. Nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB gelten alternativ die Geschäftsrechtsform und die Ortsform. Die Wahrung der Form des Rechts am Vornahmeort, vorliegend also des 1410 BGB, reicht somit aus. Grundsätzlich reicht auch aus kolumbianischer Sicht die Ortsform aus, jedenfalls dann, wenn sie keine geringeren Anforderungen als das kolumbianische Recht stellt (Lisbonne, Juris Classeur de Droit Comparé, Colombie, 1996, 266). 5. Zum (Erb- und) Pflichtteilsverzicht a) Qualifikation und anwendbares Recht aa) Auch wenn der Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht keine Verfügung von Todes wegen darstellt, wirkt er dennoch verändernd auf die zu erwartende gesetzliche Erbfolge ein. In Anbetracht dieser Rechtswirkung wird der Verzicht erbrechtlich qualifiziert, daher gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich dem Heimatrecht des Erblassers unterstellt (Staudinger/Dörner, Neubearb. 2007, Art. 25 EGBGB Rn. 389 m. w. N.). Hinsichtlich des Anknüpfungszeitpunktes wendet die h. M. Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB analog an (Staudinger/Dörner, Rn. 374; Erman/Hohloch, 11. Aufl. 2004, Art. 26 EGBGB Rn. 29; a. A. nur MünchKomm-Birk, 4. Aufl. 2006, Art. 26 EGBGB Rn. 148). Danach wird aus deutscher Sicht das Heimatrecht des Erblassers bzw. der Erblasserin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verzichtsvertrages berufen, vorliegend also für den Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht nach dem deutschen Ehemann das deutsche Recht, nach welchem der Verzicht unproblematisch möglich ist. Für den Erbverzicht bzw. den Pflichtteilsverzicht nach der kolumbianischen Staatsangehörigen verweist das deutsche Kollisionsrecht auf das kolumbianische Recht. Die Verweisung auf das kolumbianische Recht ist gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB als sog. Gesamtverweisung zu verstehen, so dass zunächst zu prüfen ist, ob das IPR der berufenen Rechtsordnung eine Rück- oder Weiterverweisung ausspricht. bb) Das kolumbianische IPR beruft als Erbstatut das Recht des letzten Wohnsitzes des Erblassers, Art. 1012 kolumbianischer Código Civil (CC): Art. 1012 CC Die Nachfolge in das Vermögen einer Person wird im Augenblick ihres Todes an ihrem letzten Wohnsitz eröffnet, vorbehaltlich ausdrücklicher Ausnahmen. Sie unterliegt dem Recht des Wohnsitzes, an dem sie eröffnet wurde, vorbehaltlich gesetzlicher Sondervorschriften. (Übersetzung des spanischen Gesetzestextes aus Staudinger/Dörner, a. a. O., Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 414).

Seite 8 Umstritten ist im kolumbianischen Schrifttum, ob Art. 20 CC, wonach alle in Kolumbien belegenen Gegenstände dem kolumbianischen Recht unterliegen, eine Ausnahme zu dem in Art. 1012 CC festgeschriebenen Grundsatz der Nachlasseinheit darstellt (Tiedemann, Internationales Erbrecht in Deutschland und Lateinamerika, 1993, S. 179 m. w. N.). Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da auch die Befürworter einer solchen Ausnahme das kolumbianische Belegenheitsrecht nur im Hinblick auf die Art des sachenrechtlichen Erwerbsvorgangs anwenden wollen (Tiedemann, S. 179). Das Wohnsitzprinzip wird ebenso wie im chilenischen Recht, welchem das kolumbianische internationale Erbrecht wörtlich folgt jedoch von zwei echten Ausnahmen durchbrochen. Gem. Art. 19 Nr. 2 CC richten sich die familienrechtlichen Beziehungen zwischen kolumbianischen Staatsangehörigen, auch wenn sie im Ausland leben, weiterhin nach kolumbianischem Recht. Diese Bestimmung bezieht sich zwar ihrem Wortlaut nach nur auf familienrechtliche Pflichten. Nach allgemeiner Auffassung werden durch sie jedoch auch erbrechtliche Beziehungen erfasst (Tiedemann, S. 179, 165 m. w. N.). Aus dieser Vorschrift ergibt sich also, dass die Erbrechte der kolumbianischen Verwandten eines (mit letztem Wohnsitz im Ausland verstorbenen) kolumbianischen Erblassers stets dem gemeinsamen kolumbianischen Heimatrecht unterliegen. Die genannten Personen können demnach die ihnen nach kolumbianischem Recht zustehenden Erbteile beanspruchen, wobei bei der Berechnung auch der außerhalb Kolumbiens gelegene Nachlass einbezogen wird (Staudinger/Dörner, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 157 zu Chile). Das gemeinsame kolumbianische Heimatrecht gilt insoweit generell für die Rechtsnachfolge eines kolumbianischen Ehegatten bzw. Verwandten nach einem kolumbianischen Erblasser, also nicht nur dann, wenn das von Art. 1012 CC berufene Wohnsitzrecht die kolumbianischen Erben schlechter stellt als das kolumbianische Recht (Tiedemann, S. 166). Die zweite Ausnahme stellt Art. 1054 CC dar, wonach in der Erbfolge nach einem Ausländer zugunsten der kolumbianischen Erben kolumbianisches Recht gilt, sofern nicht das ausländische Recht für sie günstiger ist (Tiedemann, S. 179). Der Vorschrift des Art. 1054 CC kommt aus der Sicht des deutschen IPR regelmäßig jedoch keine Bedeutung zu, da es sich hierbei nicht um eine besondere Vorschrift i. S. d. Art. 3 Abs. 3 EGBGB handelt und deshalb das vom kolumbianischen Standpunkt aus auch für solche Fälle vorgesehene privilegio nationale nicht beachtet wird (Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Chile, Stand: 1.10.1989, Rn. 16). Vorliegend gilt also folgendes: Grundsätzlich verweist das kolumbianische Kollisionsrecht hinsichtlich der Rechtsnachfolge von Todes wegen nach der kolumbianischen Ehefrau auf das deutsche Recht zurück, sofern diese mit letztem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland verstirbt. Soweit kolumbianische Erben vorhanden sind, die zu dem in Art. 19 Nr. 2 CC genannten Personenkreis gehören, bleibt es jedoch bei der Anwendung des gemeinsamen kolumbianischen Heimatrechts. cc) Eine Rechtswahl ist nur nach deutschem Recht möglich und zwar gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB nur bezüglich des in Deutschland belegenen, hier jedoch wohl gar nicht vorhandenen unbeweglichen

Seite 9 Vermögens. Die Zulässigkeit, der Inhalt und die Tragweite dieser Rechtswahl richten sich insoweit ausschließlich nach deutschem Recht und sind unabhängig von der Zustimmung der abgewählten Rechtsordnung. Folge der Rechtswahl wäre eine Nachlassspaltung: Die kolumbianische Erblasserin würde aufgrund der Rechtswahl hinsichtlich des ggf. in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens nach deutschem Recht beerbt, während es für die Beurteilung der Erbfolge in den übrigen Nachlass beim kolumbianischen Recht bliebe. Eine darüber hinausgehende Rechtswahl ist weder nach deutschem noch nach kolumbianischem Recht möglich.

Seite 10 b) Erb- oder Pflichtteilsverzicht nach kolumbianischem IPR unzulässig Das materielle Erbrecht Kolumbiens findet sich im Código Civil von 1873. Nach Art. 1520 kolumb. CC können keine vertraglichen Vereinbarungen über das Recht, zu erben, geschlossen werden. Damit ist aber auch ein Erb- und Pflichtteilsverzicht unzulässig. Entsprechend ist auch nach chilenischem Recht der Erbverzicht durch das Verbot von Verträgen über die Beerbung einer lebenden Person grundsätzlich ausgeschlossen (Art. 1463 chil. CC). Dieses Verbot des Erb- und Pflichtteilsverzichts dürfte auch Teil des kolumbianischen ordre public sein, da dies aus der Sicht der lateinamerikanischen Rechtsordnungen regelmäßig der Fall ist (Tiedemann, S. 38). Dann aber findet auch eine Rückverweisung auf das deutsche Recht insoweit möglicherweise nicht statt, so dass ein Verzicht des deutschen Staatsangehörigen auf das Erb- bzw. Pflichtteilsrecht nach seiner kolumbianischen Ehefrau möglicherweise nicht wirksam ist.