Europäisches Privatrecht

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Transkript:

Prof. Dr. Christian Schubel Wintersemester 2005/2006 Europäisches Privatrecht 5 Fernabsatz und elektronischer Geschäftsverkehr I. Anliegen und Entstehungsgeschichte der europäischen Richtlinien zum Fernabsatz und zum elektronischen Geschäftsverkehr 1. Überblick über die Regelungen des Gemeinschaftsrechts - die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. Nr. L 144, S. 19) hatte weniger Harmonisierungsfunktion, als vielmehr Marktaufschließungsfunktion - besondere Schutzbestimmungen sind für die Fernabsatzsituation erforderlich, weil der persönliche Kontakt zwischen den Vertragsparteien fehlt dem Verbraucher fällt es deshalb schwer, die Seriosität des Anbieters einzuschätzen der Verbraucher hat vor Vertragsschluss keine Möglichkeit, die Ware zu prüfen - die Fernabsatz-RL ist zwar als komplementäre Vorschrift zur Haustürwiderrufs-RL konzipiert, doch ist der sachliche Anwendungsbereich beider Richtlinien in keiner Weise abgestimmt immerhin haben beide RL den gleichen personellen Anwendungsbereich - am 8.6.2000 erging die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insb. des elektronischen Geschäftsverkehrs (ABl. Nr. L 178, S. 1) - die E-Commerce-RL ist nicht als spezielle Verbraucherschutzvorschrift konzipiert worden; ihr geht dagegen in erster Linie um eine Weiterentwicklung der Dienste der Informationsgesellschaft geregelt wird der elektronische Geschäftsverkehr als Medium ihr personeller Anwendungsbereich ist deshalb nicht auf das Verbraucher-Unternehmer- Verhältnis beschränkt - am 23.9.2002 wurde die Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (ABl. Nr. L 271, S. 16) verabschiedet ist wichtige Ergänzung der Fernabsatz-RL und war bis zum 9.10.2004 von den Mitgliedstaaten umzusetzen 2. Umsetzung in Deutschland die Fernabsatz-RL ist zunächst durch das Fernabsatzgesetz vom 27.6.2000 und durch die 241a und 676h BGB umgesetzt worden; zum 1.1.2002 wurden die Regelungen des Fernabsatzgesetzes dann ins BGB integriert ( 312b bis 312d), weitere Bestimmungen enthält nun 1 der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht vom 5.8.2002 (BGB-InfoV) die das Privatrecht betreffenden Teile der E-Commerce-RL (insb. Art. 10 und 11) sind zum 1.1.2002 mit 312e BGB umgesetzt worden; außerdem durch 3 BGB-InfoV _5_Fernabsatz.doc 1

Umsetzung der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2.12.2004, BGBl. I 2004, 3102 siehe insb. 312b, 312c, 312d Abs. 3 u. 4 BGB 3. Umsetzung in Ungarn die Fernabsatz-RL ist bereits Anfang 1999 (also über ein Jahr früher als in Deutschland) umgesetzt worden und zwar durch die Regierungsverordnung Nr. 17/1999 (vom 05.02.1999) über den Fernabsatz die E-Commerce-RL ist in Ungarn im Rahmen verschiedener Gesetze umgesetzt worden die Umsetzung der Art. 10 und 11 E-Commerce-RL erfolgte durch das Gesetz CVIII/2001 über bestimmte Aspekte der elektronischen kommerziellen Dienste der Informationsgesellschaft (E-Commerce-Gesetz) ist am 29.2.2004 in Kraft getreten II. Der Tatbestand des Fernabsatzvertrages - der personelle Geltungsbereich der Fernabsatz-RL stimmt mit den anderen Verbraucherschutzrichtlinien überein (vgl. Art. 1 und Art. 2 Nr. 2 und 3); der sachliche Geltungsbereich wird durch die Definition des Fernabsatzvertrages bestimmt diesen kennzeichnen drei Merkmale: 1. Vertragsschluss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln - ein Fernabsatzvertrag wird unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen (Art. 2 Nr. 1 Fernabsatz-RL, 312b Abs. 1 BGB, 1 Abs. 1 RVO 17/1999) Fernkommunikationsmittel wird in Art. 2 Nr. 4 Fernabsatz-RL bewusst offen definiert (vgl. auch Beispielliste in der Anlage I) umgesetzt durch 312b Abs. 2 BGB, 1 Abs. 5 RVO 17/1999 auch traditioneller Versandhandel erfasst; zum Vertragsschluss durch Boten siehe BGH, 21.10.2004, III ZR 380/03, BB 2004, 2599 Bezugspunkt der gesetzlichen Regelungen ist allein der Vertragsschluss und grundsätzlich nicht die Leistungshandlung es dürfen insoweit ausschließlich solche Fernkommunikationsmittel zum Vertragsschluss genutzt worden sein Problem der Mischfälle 2. Unternehmer verfügt über Fernabsatzorganisation - der Einsatz der Fernkommunikationstechniken muss im Rahmen eines dafür organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems erfolgt sein Vorschrift will Unternehmen schützen, die nur gelegentlich einen Verkauf auf diesem Wege abwickeln - deutsche Umsetzung ( 312b Abs. 1 BGB) legt anders als die Richtlinie dem Unternehmen die Beweislast für das Nichtvorhandensein eines solchen Vertriebssystems auf - ungarische Umsetzung nicht ganz klar ist, ob 1 Abs. 1 RVO 17/1999 eigentlich dieses Merkmal enthält ein Verzicht wäre aus Sicht des Gemeinschaftsrechts aber zulässig (vgl. Art. 14 Fernabsatz-RL), weil dies in der Sache auf ein höheres Verbraucherschutzniveau hinausliefe 2 _5_Fernabsatz.doc

3. Vertragsgegenstand - der Fernabsatzvertrag wird geschlossen über die Lieferung einer Ware (kann auch Strom, Gas oder Fernwärme sein) oder die Erbringung einer Dienstleistung (nicht nur Dienst-, sondern auch Werk- und Geschäftsbesorgungsverträge erfasst) - höchst umstritten ist in Deutschland, inwieweit auch Vertragsverhältnisse, die durch intensive persönliche Kontakte geprägt sind (insb. Anwaltsverträge) erfasst werden 4. Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich - vgl. Art. 3 Abs. 1 und 2 Fernabsatz-RL, 312b Abs. 3 BGB und 1 Abs. 3 und 4 RVO 17/1999 dienen entweder der Abgrenzung zum Anwendungsbereich anderer Richtlinien oder der Ausgrenzung unproblematischer Gebiete (z.b. Warenautomaten) III. Informationspflichten - der Regelungsansatz der Art. 4 und 5 Fernabsatz-RL hat paradigmatische Bedeutung anders als bei der Haustürwiderrufs-RL geht es nicht nur um Informationen über das Widerrufsrecht, sondern auch um Informationen über das Produkt selbst außerdem Unterscheidung in vorherige und nachvertragliche Informationspflichten hinzu kommt die weitere Ergänzung durch die Art. 10 und 11 der E-Commerce-RL 1. Vorvertragliche Informationspflichten - sind geregelt in Art. 4 Fernabsatz-RL sowie in 312c Abs. 1 BGB und in 1 Abs. 1 BGB-InfoV bzw. in 2 RVO 17/1999 Was bezwecken diese Regelungen? sollen die Informationsdefizite (Unklarheiten über potentiellen Vertragspartner und Ware) des Verbrauchers beseitigen, bevor überhaupt konkret verhandelt wird Umfang der Informationspflichten? siehe Art. 4 Abs. 1 Fernabsatz-RL, 1 Abs. 1 BGB-InfoV und 4 Abs.1 RVO 17/1999 Wann müssen die Informationen gegeben werden? rechtzeitig Wie müssen die Informationen gegeben werden? anders als bei den nachvertraglichen Informationspflichten gibt es keine Formvorschriften Angaben müssen aber klar und verständlich sein, auch muss kommerzieller Zweck der Kontaktaufnahme erkennbar sein (Transparenzgebot) 2. Nachvertragliche Informationspflichten - gemeint sind Informationspflichten, die den Unternehmer treffen, falls es zum Abschluss eines Vertrages kommt sind geregelt in Art. 5 Fernabsatz-RL, in 312c Abs. 2 BGB und in 1 Abs. 4 BGB-InfoV sowie in 3 Abs. 1 und 2 RVO 17/1999 - es geht zum einen um jene Informationen, die bereits vorher mitgeteilt werden müssen, nur dass sie dieses Mal dem Verbraucher in dauerhafter Form (im deutschen Recht in Textform gemäss 126b BGB) zu übergeben sind zum anderen geht es noch um einige zusätzliche Informationen (vgl. insb. 1 Abs. 4 BGB-InfoV) _5_Fernabsatz.doc 3

- Was muss der Unternehmer konkret tun? er muss den Zugang der Informationen beim Verbraucher sicherstellen (ist umstritten im rechtswissenschaftlichen Schrifttum werden teilweise weitergehende und teilweise weniger strenge Ansichten vertreten) 3. Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr - siehe hierzu vor allem Art. 10 E-Commerce-RL sowie 312e Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB und 3 BGB-InfoV bzw. 4 und 5 E-Commerce-Gesetz diese Pflichten verfolgen einen anderen Ansatz erfassen deshalb nur den elektronischen Geschäftsverkehr und nicht den traditionellen Versandhandel - Was bezwecken diese Informationspflichten? im Kern geht es darum, den Kunden über die Modalitäten des Vertragsschlusses aufzuklären (Verknüpfung von technischer und rechtlicher Hilfe) außerdem soll der Kunde wissen, welche Daten er weitergibt, und er soll davor geschützt werden, dass das Unternehmen zwar Korrekturmittel anbietet, aber nur versteckt und hoch kompliziert 4. Rechtsfolgen bei Pflichtverstoß - während die Richtlinien die Informationspflichten detailliert regeln, treffen sie keine Aussagen über die Rechtsfolgen bei Verstößen (vgl. lediglich Art. 11 Abs. 1 Fernabsatz- RL und Art. 20 E-Commerce-RL) - im deutschen Recht kommt bei der Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten vor allem ein Schadensersatzanspruch des Verbrauchers nach 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB in Frage dieser ist hier regelmäßig auf Vertragsaufhebung gerichtet - bei der Verletzung nachvertraglicher Pflichten beginnt gemäß den 312d Abs. 2 Satz 1 und 312e Abs. 3 Satz 2 BGB die Widerrufsfrist nicht zu laufen IV. Widerrufsrecht - ist in Art. 6 Fernabsatz-RL geregelt vgl. insb. Art. 6 Abs. 2 keine weiteren Kosten in Deutschland wohl nicht richtlinienkonform umgesetzt (durch die 355 ff. BGB vgl. hierzu Papier zur Haustürwiderrufs-Richtlinie) in Deutschland ist man um eine vereinheitlichte Umsetzung der Verbraucher- Widerrufsrechte bemüht gewesen (in den 355 ff. BGB), doch ließ sich dies nicht vollständig durchhalten für das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen gelten deshalb einige Sonderregeln: - die Widerrufsfrist beginnt nicht vor Erfüllung der weiteren Informationspflichten zu laufen ( 312d Abs. 2 Satz 1 und 312e Abs. 3 Satz 2 BGB) und auch nicht vor Inaugenscheinnahme der Ware durch den Verbraucher ( 312d Abs. 2 Satz 1 BGB); zudem Ausschluss des Widerrufsrechts in Fallgruppen, auf die es beim Fernabsatzvertrag nicht passt ( 312d Abs. 4 BGB) BGH, 19.03.2003, VIII ZR 295/01, DB 2003, 1109 Kein Ausschluss des Widerrufsrechts gemäss 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB beim Zusammenbau eines Notebooks aus vorgefertigten Standardbauteilen. 4 _5_Fernabsatz.doc

in Ungarn steht dem Verbraucher eine Widerrufsfrist von 8 Arbeitstagen zur Verfügung, die nach der vollständigen Erfüllung der Informationspflichten und mit dem Erhalt der Ware zu laufen beginnt; wird nicht vollständig informiert, so beträgt die Widerrufsfrist 3 Monate ( 4 RVO 17/1999) V. Weitere Regelungen der Fernabsatz-Richtlinie - Art. 9 trifft Regelungen für die unaufgeforderte Zusendung von Waren (bzw. unaufgeforderte Erbringung von Dienstleistungen Verbraucher wird durch ein solches Verhalten in eine gewisse Zwangslage versetzt in Deutschland wurde die Regelung umgesetzt mit 241a BGB Vorschrift zog heftige Kritik insb. wegen der systematischen Stellung nach sich sehr viele rechtliche Folgeprobleme sind noch ungeklärt, doch hat die praktische Bedeutung der Problematik erheblich nachgelassen in Ungarn lässt die Umsetzungsregelung in 8 RVO 17/1999 gewiss auch noch viele Fragen offen VI. Auswirkungen der E-Commerce-Richtlinie auf die vertragsrechtliche Dogmatik - Art. 9 ECRL ist die Grundnorm für das Vertragsrecht des elektronischen Geschäftsverkehrs untersagt Diskriminierungen des elektronischen Geschäftsverkehrs durch die Mitgliedstaaten; vgl. auch den Erwägungsgrund 34 - die Kommission beabsichtigte ursprünglich auch, den Zeitpunkt und den Modus des elektronischen Vertragsschlusses zu harmonisieren dieses Bestreben stieß auf heftigen Widerstand und musste daher aufgegeben werden grundsätzlich greifen deshalb Art. 11 ECRL und auch der inhaltsgleiche 312e Abs. 1 BGB nicht in die allgemeine zivilrechtliche Dogmatik ein - auch der Vertragsschluss im Internet vollzieht sich daher im deutschen Recht nach den allgemeinen Grundsätzen und hieraus folgt insb.: das Anbieten von Waren im Internet wird regelmäßig nur eine invitatio ad offerendum sein Begriff der Bestellung in 312e Abs. 1 BGB hängt nicht davon ab, ob die entsprechende Handlung des Verbrauchers aus Sicht der Vertragsschlussdogmatik als invitatio ad offerendum oder als Angebot oder als Annahme zu werten ist (regelmäßig wird es sich um ein Angebot handeln) auch die Empfangsbestätigung nach 312e Abs. 1 Nr. 3 BGB ist nicht notwendig eine Annahme regelmäßig wird es gar keine Willenserklärung, sondern eine Wissenserklärung sein - im ungarischen Recht stehen dagegen 6 E-Commerce-Gesetz und die allgemeine Vertragsschlussdogmatik nicht völlig beziehungslos nebeneinander so scheint insb. die Vorschrift des 6 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz den Verbraucher auch dann für eine Mindestfrist von 48 Stunden an sein Vertragsangebot binden zu wollen, wenn sich aus allgemeinen Grundsätzen eine kürzere Bindungsdauer ergeben würde ( 6 Abs. 2 E- Commerce-Gesetz wäre demzufolge ein Bestimmung i.s.v. 211 Abs. 2 Satz 4 UBGB) Regelung will Rechtssicherheit schaffen, fraglich jedoch, ob nicht zu weit gehender Eingriff in Privatautonomie _5_Fernabsatz.doc 5

elektronische Willenserklärungen gelten grundsätzlich als Willenserklärungen unter Abwesenden ihr Zugang richtet sich also nach 130 Abs. 1 BGB bzw. 214 Abs. 1 2. Alt. UGB während nach Art. 11 Abs. 1 ECRL allein die Möglichkeit eines Abrufs der e-mail für den Zugang auszureichen scheint, ist für die deutsche Vertragsrechtsdogmatik noch ein zweiter Aspekt von Bedeutung: die Möglichkeit einer Kenntnisnahme unter normalen bzw. üblichen Umständen - da Art. 11 Abs. 1 ECRL diesen Grundsatz nicht modifiziert, kommt es für den Zugang darauf an, welche Anforderungen an die Pflege des elektronischen Briefkastens zu stellen sind hier im deutschen Recht noch Unterscheidung Unternehmen und Verbraucher bei Verbrauchern begründet allein die Existenz einer e-mail-adresse noch keine Pflicht zum täglichen Mail-Abruf - demgegenüber lehnt sich der Wortlaut von 6 Abs. 3 E-Commerce-Gesetz eng an Art. 11 Abs. 1 ECRL an abweichend von den allgemeinen Grundsätzen könnte es demnach im elektronischen Postverkehr in Ungarn nicht mehr auf den zweiten Aspekt (Möglichkeit einer Kenntnisnahme unter normalen bzw. üblichen Umständen) ankommen dann würden hier aber schon heute Regeln gelten, die für den Empfänger strenger sind, als diejenigen, die im normalen Postverkehr gelten Versteigerung im Internet als Sonderproblem nur bei echten Versteigerungen i.s.v. 156 BGB ist gemäss 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB das Widerrufsrecht ausgeschlossen; vgl. außerdem: BGH, 7.11.2002, VIII ZR 13/01, NJW 2002, 363 ( ricardo.de ) kommt es bei der Abgabe elektronischer Willenserklärungen zu einem Irrtum, so finden grundsätzlich die Vorschriften der 119 bis 122 BGB Anwendung fehlen die vorgeschriebenen Korrekturmöglichkeiten, so kann der Verbraucher anfechten, ohne dass er nach 122 BGB eventuell schadensersatzpflichtig wird 6 _5_Fernabsatz.doc