RA Philipp C. Redlich, RA Dr. Hendrik Wieduwilt WEBINAR Lebensmittel im Online-Handel Ein Update. Rechtsanwalt Philipp Schröder, LL.M.

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Transkript:

RA Philipp C. Redlich, RA Dr. Hendrik Wieduwilt 1 WEBINAR 07.04.2017 Lebensmittel im Online-Handel Ein Update Rechtsanwalt Philipp Schröder, LL.M.

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 2 THEMEN I. Lebensmittelinformationsverordnung II. Aktuelle Rechtsprechung zu Lebensmittelwerbung und Pflichtinformationen III. ALS Stellungnahmen 2016 mit Bezug zum E- Commerce IV. Sonstiges

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 3 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG (VO (EU) 1169/2011) 1. Art. 14 LMIV [Fernabsatz] Abs. 1: a) Grundsätzlich sind dem Verbraucher bei vorverpackten Lebensmitteln (so gut wie alle) verpflichtenden Informationen vor der Kaufentscheidung zur Verfügung bereitzustellen b) zum Zeitpunkt der Lieferung müssen alleverpflichtenden Angaben verfügbar sein. erfüllt mit ordnungsgemäßer Etikettierung

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 4 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG (VO (EU) 1169/2011) 2. Fernkommunikationstechnik, gem. Art. 2 Abs. 2 Buchst. u LMIV jedes Kommunikationsmittel, das zum Abschluss eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Lieferanten ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden kann -Internetshops - Vermittlungsplattformen - Katalogangebote und Versandhandel -Telefon -Fax -Apps

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 5 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG (VO (EU) 1169/2011) 3. Anbieten zum Verkauf eigenständige, weite Auslegung Erwägungsgrund 27: Es sollen alle Arten der Bereitstellung von Lebensmitteln an Verbraucher berücksichtigt werden Anbieten:Es kommt nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages an. Es reicht die Möglichkeit, der Bestellmöglichkeit im Internet LG Berlin vom 12.6.2015 (Az. 102 O 15/15): Der Verbraucher soll seine Kaufentscheidung im Fernabsatz auf der gleichen Grundlage fällen können wie im Supermarkt.

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 6 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG (VO (EU) 1169/2011) 4. Grundsätzlich anzugebende Pflichtinformationen Alle!

7 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG Allgemeine Pflichtangaben nach Artikel 9 LMIV Bezeichnung des Lebensmittels Verzeichnis der Zutaten Allergene nach Anhang II Die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten die Nettofüllmenge des Lebensmittels das Mindesthaltbarkeitsdatum oder das Verbrauchsdatum Anweisungen für Aufbewahrung und/oder Anweisungen für die Verwendung, soweit notwendig der Name oder die Firma des Lebensmittelunternehmers (der Hersteller oder, bei nicht EU-Ware, der Importeur) das Ursprungsland oder der Herkunftsort, sofern gemäß Artikel 26 LMIV anzugeben eine Gebrauchsanleitung, sofern erforderlich für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent die Angabe des vorhandenen Alkoholgehalts in Volumenprozent eine Nährwertdeklaration

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 8 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG VO (EU) 1169/2011 ART. 14 Grundsätzlich anzugebende Pflichtinformationen Alle! Ausnahme: - Mindesthaltbarkeitsdatum gemäß Art. 9 Abs. 1 f LMIV und andere variable Daten: - Losnummer - Einfrierdatum Siehe F & A Papier der Kommission vom 31.1.2013 -nicht rechtsverbindlich abrufbar unter: http://ec.europa.eu/food/food/labellingnutrition/foodlabelling/d ocs/qanda_application_reg1169 2011_de.pdf

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 9 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG pragmatische Handhabung geboten bei manchen Pflichtinformationen Rezeptänderung: Unternehmer bestimmt Zeitpunkt alternative Herkunftsländer bei nach Gewicht angebotenen Lebensmitteln: Kategorisierung mit Preisspanne

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 10 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG 1. Irreführungsverbot des Art. 7 Abs. 1 LMIV Informationen über Lebensmittel dürfen nicht irreführend sein, insbesondere a) in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung; b) indem dem Lebensmittel Wirkungen oder Eigenschaften zugeschrieben werden, die es nicht besitzt; c) indem zu verstehen gegeben wird, dass sich das Lebensmittel durch besondere Merkmale auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen, insbesondere durch besondere Hervorhebung des Vorhandenseins oder Nicht-Vorhandenseins bestimmter Zutaten und/oder Nährstoffe;

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 11 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG 5. Zeitpunkt und Form - bereitzustellen vor dem Abschluss des Kaufvertrages - auf dem Trägermaterial des Fernabsatzgeschäftes erscheinen oder - durch andere geeignete Mittel, z.b. - Angabe eines Links auf Werbeflyer oder in Katalog - Verbraucherhotline - Ohne, dass der Lebensmittelunternehmer den Verbrauchern zusätzliche Kosten in Rechnung stellt - Nicht kostenlos (aa(zipfel/rathke/meisterernst VO (EU) 1169/2011 Art. 14 Rn. 32) - Verfügbar machen = Keine Pflicht zur Übermittlung - Formvorschriften - für allergenezutaten, Art. 21 Abs. 1 LMIV - Nährwertdeklarationen, Art. 34 LMIV

LEBENSMITTEL IM ONLINE-HANDEL EIN UPDATE 12 I. LEBENSMITTELINFORMATIONSVERORDNUNG 6. Allergene Zutaten Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnis nach Anhang 2 - Hervorgehoben im Zutatenverzeichnis oder - Enthält 7. Nährwertdeklarationen, Art. 34, 30 LMIV

13 ÜBERSICHT I. Lebensmittelinformationsverordnung II. Aktuelle Rechtsprechung zur Lebensmittelwerbung und zu Pflichtinformationen

14 GESUNDHEIT MILCH MINIS Keine Werbung mit: Zink für starke Knochen & Gesundes Wachstum Zink fördert gesundes Wachstum" Calcium für starke Knochen Calcium... wichtig für starke Knoche ( ) ohne auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise hinzuweisen. Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 10.02.2016 Az. 2-06O337/15

15 GESUNDHEIT - MILCH MINIS Die Aussagen stellen gesundheitsbezogene Angaben i.s.d. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO dar gegeben, wenn mit einer Angabe erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmitteikategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Unternehmen dürfen nur mit gesundheitsbezogenen Aussagen werben, wenn diese gemäß der HCVO zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 HCVO aufgenommen sind, Art. 10 Abs. 1 HCVO Für die strittigen Aussagen zur Wirkung von Zink und Calcium gibt es die erforderliche Zulassung nicht Gesundheitsbezogene Werbung ist nach Art. 10 Abs. 2 lit. a) HCVO außerdem nur zulässig, wenn auf der Verpackung auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise hingewiesen wird LG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.02.2016 - Az. 2-06O337/15

GESUNDHEIT II WERBUNG MIT VITALSTOFFEN 16

17 GESUNDHEIT II WERBUNG MIT VITALSTOFFEN Über 7.000 Vitalstoffe Vitalstoff ist eine nährwertbezogene Angaben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 HCVO abstrakte Oberbegriffe wie "Vitalstoffe" können ebenfalls eine nährwertbezogene Angabe und damit eine unzulässige Produktwerbung darstellen Vitalstoffe nicht gemäß Anhang zu Art. 8 Abs. 1 HCVO zugelassene nährwertbezogene Angabe OLG Hamm vom 04.08.2016, Az.: 4 U 18/16

18 HERKUNFT I Chiemseer OLG München, Urteil vom 17.03.2016 29 U 3187/15

19 HERKUNFT I - CHIEMSEER Die Bezeichnung Chiemseer stellt eine geografische Herkunftsangabe dar Sie stellt sich als irreführend dar, weil das Bier aus Rosenheim und aus einer am Chiemsee gelegenen Brauerei stammt Nach 127 Abs. 1 MarkenG dürfen geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht Der Zusatz ChiemgauerBrauhaus Rosenheim ist nicht geeignet, diese Irreführungsgefahr auszuräumen, 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG OLG München, Urteil vom 17.03.2016 29 U 3187/15

20 HERKUNFT II OLG Celle, Urteil vom 24.11.2016, 13 U 130/16

21 HERKUNFT II - HEIDEKRONE Hersteller sitzt am Rand der Lüneburger Heide Honig besteht aus einer Mischung von Honigen aus verschiedenen EU- Ländern Sommer-/ Heidetracht Kein Verstoß gegen Irreführungsverbot in Art. 7 Abs. 1 a der LMIV (u.a.eigenschaften des Lebensmittels, Ursprungsland oder Herkunftsort): Die Bezeichnung "Heidekrone" stellt vor allem einen Hinweis auf die botanische Herkunft des Honigs dar Selbst bei einem geografischen Verständnis kann nicht angenommen werden, dass der Durchschnittsverbraucher an die Lüneburger Heide denkt

HERKUNFT III HIMALAYA SALZ 22

23 HERKUNFT III HIMALAYA SALZ Verstoß gegen 127 Abs. 1 MarkenG: Irreführung über geografische Herkunft Salt Range liegt 200 km entfernt vom Himalaya Massiv Fehlvorstellung des Kunden wird nicht durch Hinweis kristallines Salz aus der Region des Himalya ausgeschlossen

24 INHALTE I VEGGIE CHEESE UND PFLANZENKÄSE Wo "Käse" drauf steht, muss Milch tierischen Ursprungs drin sein, Landgericht Trier, Urteil vom 24.03.2016-7 HK O 58/15

25 VEGGIE CHEESE UND PFLANZENKÄSE Lebensmittel, die nicht aus tierischer Milch erzeugt werden, dürfen weder als Käse noch als Cheese bezeichnet werden Hierdurch werde gegen Art. 78 Abs. 2 EU-VO 1308/2013 verstoßen: Der Ausdruck Milch ist ausschließlich dem durch ein-oder mehrmaliges Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersekretion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug, vorbehalten. Käse muss aus Milcherzeugnissen isd VO bestehen Bezeichnung Veggie oder Pflanzen-Käse ändert nichts an dem Verbot, die Bezeichnung Käse nicht für Produkte zu verwenden, die wo der Milchbestandteil durch einen anderen Stoff ersetzt wird. Landgericht Trier, Urteil vom 24.03.2016-7 HK O 58/16

INHALTE II - ACTIVE FRUIT 26

27 INHALTE II - ACTIVE FRUIT - Werbung mit Himbeeren und Rhabarber, - jeweils nur 0,1 Prozent enthalten Die Bezeichnung des Getränks als Himbeer-Rhabarber ist sowohl i.s.d. Art. 7 Abs. 1 LMIV als auch i.s.d. 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG irreführend Der Verbraucher muss sogar davon ausgehen können, dass das Getränk einen Anteil von 30 Prozent Himbeer-und Rhabarbersaft enthält OLG Nürnberg, Urt. v. 21.02.2017 -Az.: 3 U 1830/16

28 SULFITE WEIN Hinweispflichten auf Sulfite im Wein beim Vertrieb im Fernabsatz

29 SULFITE WEIN Die Verpflichtung zur Kennzeichnung des Weines im Fernabsatz ergibt sich aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 c) in Verbindung mit Anhang II Nr. 12 LMIV Ein Onlinehändler muss in der Artikelbeschreibung auf enthaltene Sulfite hinweisen, wenn diese mehr als 10 mg/kg oder 10 mg/l betragen LG Trier, Beschluss vom 8. 7. 2015 7 HK O 41/15

30 ÜBERSICHT I. Lebensmittelinformationsverordnung II. Aktuelle Rechtsprechung zur Lebensmittelwerbung und zu Pflichtinformationen III. ALS Stellungnahmen 2016 mit Bezug zum E-Commerce

31 III. ALS - STELLUNGNAHMEN Stellungnahme Nr. 2016/4 : Bezeichnung und Aufmachung von Fleisch - oder Milchersatzprodukten auf pflanzlicher Basis Sachverhalt/Frage: Zur Kennzeichnung von realistisch gestalteten Fleisch-oder Milchersatzprodukten auf pflanzlicher Basis werden prominent hervorgehobene Begriffe verwendet, die auch als Bezeichnungen für Erzeugnisse in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches aufgeführt und damit diesen vorbehalten sind, oder die dem Bezeichnungsschutz von Erzeugnissen aus der VO (EU) Nr. 1308/2013 oder der VO (EU) Nr. 1151/2012 unterliegen. Dürfen innerhalb des Produktnamens und in der weiteren Kennzeichnung von Fleischersatzprodukten auf pflanzlicher BasisBezeichnungen verwendet werden, die Erzeugnissen aus den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches für Fleischerzeugnisse vorbehalten sind? Dürfen in gleicher Weise innerhalb des Produktnamens und in der weiteren Kennzeichnung von Milch- und Käseersatzprodukten auf pflanzlicher Basis Bezeichnungen verwendet werden, bei denen der Bezeichnungsschutz von Erzeugnissen, die der VO (EU) Nr. 1308/2013 unterliegen, vorrangig gilt?

32 III. ALS STELLUNGNAHMEN Beschluss: Diein speziellen gemeinschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen für Bezeichnungen wie z. B. in der VO (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel eingetragenen Namen oder die Bezeichnungen von Erzeugnissen tierischen Ursprungs (wie z. B. Käse), die über die gemeinsame Marktorganisation der EU geregelt sind und durch entsprechende Verordnungen, wie z. B. die VO (EU) Nr.1308/2013, einen besonderen Bezeichnungsschutz genießen, dürfen bei der Kennzeichnung der entsprechenden pflanzlichen Ersatzprodukte nicht verwendet werden. Eine Kenntlichmachung der abweichenden Beschaffenheit ist hier nicht zulässig und kann insbesondere auch nicht durch Angaben wie Art..., wie... oder Typ... in Verbindung mit der Bezeichnung des tierischen Lebensmittels erfolgen. In allen anderen Fällen ist zu beachten, dass Informationen über Lebensmittel, wozu insbesondere auch der Produktname gehört, nach Art. 7 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) nicht irreführen dürfen.

33 III. ALS STELLUNGNAHMEN Stellungnahme Nr. 2016/10: LMIV -Hervorhebung allergener Zutaten im Zutatenverzeichnis vorverpackter Lebensmittel gemäß VO (EU) Nr. 1169/2011 Sachverhalt/Frage: Gemäß Art. 21 Abs. 1 letzter Satz der VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) sind die Angaben gemäß Art. 9 Abs. 1 c) nicht erforderlich, wenn die Bezeichnung des Lebensmittels sich eindeutig auf den betreffenden Stoff oder das betreffende Erzeugnis bezieht. Gilt diese Ausnahme auch für vorverpackte Lebensmittel mit einem Zutatenverzeichnis, sodass, weil schon in der Bezeichnung genannt, nicht alle vorhandenen allergenen Stoffe hervorgehoben werden müssen? Beschluss: Sofern ein Zutatenverzeichnis vorhanden ist, sind die in Anh. II genannten Stoffe entsprechend Art. 21 Abs. 1 Buchst. b) der VO (EU) Nr. 1169/2011 immer durch einen Schriftsatz hervorzuheben, selbst wenn der Stoff in der Bezeichnung des Lebensmittels genannt ist.

34 ALS STELLUNGNAHMEN Stellungnahme Nr. 2016/25: Natürlicher Zitronensaft Sachverhalt/Frage: Ist die Auslobung natürlich oder echt bei Zitronensaft aus Zitronensaftkonzentrat zulässig? Beschluss: Zitronensaft, entweder hergestellt aus Zitronensaftkonzentrat oder als Direktsaft, darf nicht als natürlich oder echt ausgelobt werden. Die Anforderungen und Bezeichnungen an diese Produkte sind in der Fruchtsaft-und Erfrischungsgetränkeverordnung geregelt. Eine zusätzliche Auslobung als echt oder natürlich ist in der Verordnung nicht vorgesehen und somit eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten.

35 ALS STELLUNGNAHMEN Stellungnahme Nr. 2016/33: Bezeichnung und Kennzeichnung veganer und vegetarischer Fleisch - und Fischersatzprodukte Angabe einer Tierart auch in Kombination mit einem bestimmten Teilstück Sachverhalt/Frage: In der Bezeichnung, Aufmachung und Kennzeichnung veganer und vegetarischer Lebensmittel, die den Fleischprodukten oder fleischhaltigen Produkten bzw. Fischprodukten nachgestaltet werden, wird oft Bezug auf eine Tierart, häufig auch in Kombination mit einem bestimmten, meist hochwertigen Teilstück (wie z. B. Rinderfilet, Hähnchenbrustfilet ), genommen. Darf in der Bezeichnung, Kennzeichnung und Aufmachung von Fleisch- und Fischersatzprodukten ein direkter Bezug auf eine Tierart erfolgen?

36 ALS STELLUNGNAHMEN Beschluss: Wird bei veganen und/oder vegetarischen Lebensmitteln in der Bezeichnung oder Aufmachung Bezug auf eine Tierart, auch in Kombination mit einem bestimmten Teilstück eines Tieres, genommen, so ist die Angabe so zu gestalten, dass keine Irreführung des Verbrauchers i. S. v. Art. 7 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) vorliegt. Eine Irreführung ist i. d. R. ausgeschlossen, wenn Angaben über die Tierart, auch in Kombination mit einem bestimmten Teilstück, mit einer Erläuterung versehen sind, aus der ersichtlich wird, dass es sich nicht um das genannte tierische Lebensmittel handelt. Dies kann z. B. durch Angaben wie Schnitzel auf Weizenproteinbasis nach Art/Typ/wie (Tierart)fleisch geformt, Soja- Geschnetzeltes nach Art/Typ/wie (Tierart) fleisch texturiert, Sojaprotein- Schnitzel, (Tierart)fleischnachempfunden usw. erfolgen. Die unmittelbare Angabe (Tierart) -(Produktname auch in Kombination mit einem Teilstück), wie z. B. Putenschnitzel, Rinderfilet, Entenbrustfilet etc., ist, auch in Verbindung mit dem Hinweis vegan oder vegetarisch, in der Regel nicht zulässig. Denn wenn Begriffe verwendet werden, die der Verbraucher mit bestimmten sensorischen(organoleptischen und haptischen) Eigenschaften verbindet, hat das Fleisch- bzw. Fischersatzprodukt auch diese Eigenschaften aufzuweisen.

37 ALS STELLUNGNAHMEN Stellungnahme Nr. 2016/36: Fruchtabbildungen und - bezeichnungen bei aromatisierten weinhaltigen Erzeugnissen Sachverhalt/Frage: Sind Abbildungen und Bezeichnungen von Lebensmitteln bei aromatisierten Weinerzeugnissen als irreführend anzusehen, wenn nur Aroma zur vorherrschenden Geschmacksgebung zugesetzt ist? Beschluss: Wenn keine Bestandteile oder natürliche Aromen des abgebildeten oder bezeichneten Lebensmittels i. S. d. Art. 16 Abs. 4 der VO (EG) Nr. 1334/2008 zur Herstellung des aromatisierten Weinerzeugnisses verwendet werdenund hinsichtlich der Abbildung oder Bezeichnung nicht eindeutig auf den Geschmack abgestellt wird, dann ist diese Angabe als irreführend zu beurteilen.

38 ÜBERSICHT I. Lebensmittelinformationsverordnung II. Aktuelle Rechtsprechung zur Lebensmittelwerbung und zu Pflichtinformationen III. ALS-Stellungnahmen 2016 mit Bezug zum E-Commerce IV. Sonstiges

39 SONSTIGES Clean Label die saubere Kennzeichnung von Lebensmitteln Bewerben von Lebensmitteln mit einem Hinweis auf das Nichtvorhandensein oder die Nichtverwendung von bestimmten Lebensmittelzutaten oder Stoffen Beispiele: "ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe", "ohne Konservierungsstoffe", "ohne künstliche Aromen" oder "ohne künstliche Farbstoffe"

40 CLEAN LABEL- RECHTLICHE GRENZEN Nährstoffe: Geregelt in Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert-und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims Verordnung) - Art. 2 Abs. 2 Nr. 2: Nährstoffe - Art. 2 Abs. 2 Nr. 4: Nährwertbezogene Angaben - Anhang zu Art. 8, z.b.: - Fettfrei/ohne Fett 0,5 g Fett pro 100g/ml - Fettarm 3 g Fett pro 100g/ml - Zuckerfrei 0,5 g Zucker pro 100g/ml

41 CLEAN LABEL- RECHTLICHE GRENZEN 1. Art. 7 Abs. 1 LMIV 2. Keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten

42 CLEAN LABEL SAUBERE KENNZEICHNUNG VON LEBENSMITTELN Auslobungen mit spezialrechtlichen Regelungen "Ohne Gentechnik 3a EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz (EGGenTDurchfG) Der Hinweis Ohne Gentechnik darf nur aufgeführt werden, wenn keine gentechnisch veränderten Organismen im Herstellungsprozess eingesetzt worden sind Auch dürfen keine gentechnisch veränderten Mikroorganismen zur Herstellung von Zusatzstoffen, Vitaminen und Verarbeitungshilfsstoffen eingesetzt worden sein Es darf nur die Angabe "ohne Gentechnik" verwendet werden.

CLEAN LABEL - NATÜRLICH OHNE GESCHMACKSVERSTÄRKENDE ZUSATZSTOFFE NATÜRLICH OHNE FARBSTOFFE 43

44 CLEAN LABEL Die Bezeichnungen sind nicht irreführend Der Verbraucher erwartet nicht, dass der Geschmack allein durch die Tomaten hervorgerufen wurde Er erwartet lediglich eine gewürzte Suppe natürlich ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe : Eine Tütensuppe erweckt von vornherein nicht den Eindruck es handle sich um ein natürliches Produkt Erwartung, dass dem Produkt keine künstlichen, synthetischen Zusatzstoffe beigefügt sind. natürlich ohne Farbstoffe Verbraucher schließt nicht aus, dass Zutaten enthalten sind, die sich farblich auswirken Aber, es werden keine synthetischen Farbstoffe (E-Nummern) erwartet OLG Hamburg, Urteilvom 8.9.2016 5 U 265/11

45 AUSBLICK: MELDEPFLICHT DES ONLINEHÄNDLERS BEIM VERKAUF VON BIO-PRODUKTEN? Frage: Unterfällt der Onlinehändler dem Kontrollsystem des Art. 27 EG- ÖKO-Verordnung? Mit Beschluss vom 24.3.2016 legt der BGH dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vor: Liegt ein im Sinne von Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 direkter Verkauf an den Endverbraucher bereits vor, wenn der Unternehmer oder sein Verkaufspersonal dem Endverbraucher die Erzeugnisse ohne Zwischenschaltung eines Dritten verkauft, oder setzt ein direkter Verkauf darüber hinaus voraus, dass der Verkauf am Ort der Lagerung der Erzeugnisse unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers oder seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers erfolgt?. Der EuGH hat jetzt zu beurteilen, wie der Begriff direkt in Art. 28 Abs. 2 EG-Öko-Verordnung auszulegen ist.

ZU GUTER LETZT:

47 KOMMENDE WEBINARE: Freitag, 28. April Die Einwilligung unter der DSGVO, Daniel Schätzle Freitag 19. Mai Die 10 größten Fehler bei Marken-und Domainnutzung für Plattformgründer, Fabian Reinholz

Philipp Schröder, LL.M. schroeder@haerting.de HÄRTING Rechtsanwälte www.haerting.de Chausseestraße 13, 10115 Berlin Tel. +49 30 28 30 57 40 Fax. +49 30 28 30 57 44