Bettruhe in der Schwangerschaft- sinnvoll, sinnlos oder gar gefährlich Prof. Dr. med. Maritta Kühnert Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Universität Gießen Marburg, Geburtshilfe und Perinatalmedizin Direktor: Prof. Dr. med. U. Wagner Standort Marburg
Definition: Sich maximal 1-2h/die außerhalb des Bettes aufhalten zur Dusche und WC und für kurze Aktivitäten außerhalb des Bettes sowohl im KH als auch zuhause
Bettruhe als Intervention bei Frühgeburtssymtomen und vorzeitigem Blasensprung: 1) Goldenberg. Obstet Gyneco, 1994: Bettruhe hat keine Effektivität 2) Fox. AJOC, 1994: minimaler oder fehlender Benefit durch die Intervention Bettruhe, trotzdem ordnen es 71-87 % an; prospektiv-randomisierte Studien sollten durchgeführt werden betreffs der Effektivität von Bettruhe und der Effektivität ihrer Verordnung 3) Corwin. AJOC, 1996: Einlinge (n=339) mit hohem Risiko für PTB; nur bei Home- Monitoring besseres Outcome (verlängerte Tragzeit, < Risiko für PTB, > Geburtsgewicht der Kinder, < Verlegungsrate in die NICU) 4) Yost. Obstet Gynecol, 2005: Randomisierung von Einlingen (n=101), zwischen 24+0-33+0 SSW nach RDS- Prophylaxe stationär bis 34+0 SSW versus ambulant ; kein Unterschied betreffs PTB-Rate; Tragzeit bis > 36+0 SSW ( 7,1% bei Bettruhe versus 7,2% ohne Bettruhe; CK = 2,7 + 0,5 cm mit Bettruhe versus 2,6 + 0,5 cm ohne Bettruhe
Bettruhe als Intervention bei Frühgeburtssymtomen und vorzeitigem Blasensprung: 5) Sosa. Cochrane Library, Issue 1, 2004: randomisierte Studie (n= 432 mit Bettruhe, n= 422 ohne Bettruhe); PTB bei Bettruhe 7,9%, ohne Bettruhe 8,5% 6) Fox. Am J Perinat, 2007: stationäre Aufnahme von Einlingen (n=82, davon 26 = 32% mit Bettruhe); Outcome bei stationären Pat. versus stat. Aufnahme; Ergebnisse: keine < Rate an PTB inklusive CK < 15 mm, aber bei Bettruhe: erhöhtes Risiko für Geburt < 34+ 0 SSW, bei geringerem Gestationsalter, kürzerem Intervall von Diagnose bis zur Geburt, > Rate an CK-Verkürzungen 7) Crowther. Cochrane Library 2010, Issue 7: randomisierte Studie mit Mehrlingen (n= 713 mit 1452 Kindern), Outcome bei Mehrlingen nach stat. Aufnahme versus stat. Aufnahme nur bei Komplikationen; stat. Aufnahme ohne Reduktion der Rate der PTB, der perinatalen Mortalität, mehr Geburten von Kindern mit < 2500 g; kein Unterschied in der Rate bei Kindern < 1500 g und bei IUFT s
Bettruhe als Intervention bei Frühgeburtssymtomen und vorzeitigem Blasensprung: 8) Grobman. Obstet Gynecol, 2013: Einlinge (n= 657, davon 252 = 39% mit 23,9 Wochen Bettruhe, zwischen 22,6-27,9 Wochen) randomisierte Studie; keine Verringerung der Rate von PTB bei asymptomatischen Nulliparae mit kurzer CK (< 30 mm); aber: je höher der Sozialstatus, desto eher Restriktionen, desto älter die Frauen, desto eher Status Privatpatientin, desto eher < CK mit Funneling und Sludge und Partus < 37+0 SSW ( 37% bei Bettruhe, 17% ohne Bettruhe)
Thromboembolien bei Bettruhe als Intervention: 1) Kovacevich. AJOC, 2000: Bettruhe bei PTB oder PPROM bei Einlingen (n= 192) zeigte ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien: 20,6/1000 bei Bettruhe versus 0,8/1000 ohne Bettruhe (20,6 vs. 0,8 ) 2) Abdul, Sultan. BJM, 2013: bei stat. Aufnahme 17fach mehr Thromboembolien, signifikant 6fach höheres Risiko in den 28 Tagen nach Entlassung, 4fach höheres Risiko in den ersten 3 Tagen nach Entlassung, am höchsten im III. Trimenon und > 35 Jahren in allen Trimestern; Prophylaxe mit NMH bei 2 oder mehr Risiken empfohlen (BMI > 30 = Adipositas und signifikanten medizinischen Komorbiditäten) und bei Immobilität > 3Tage
Perinatale Mortalität und IUFT-Rate bei Bettruhe als Intervention: Crowther. Cochrane Library 2010, Issue 7: randomisierte Studie mit Mehrlingen (n= 713 mit 1452 Kindern), Outcome bei Mehrlingen nach stat. Aufnahme versus stat. Aufnahme nur bei Komplikationen; stat. Aufnahme ohne Reduktion der Rate der perinatalen Mortalität und der Rate der IUFT s
Kindliche und mütterliche Gewichte bei Bettruhe als Intervention: Crowther. Cochrane Library 2010, Issue 7: randomisierte Studie mit Mehrlingen (n= 713 mit 1452 Kindern), Outcome bei Mehrlingen nach stat. Aufnahme versus stat. Aufnahme nur bei Komplikationen; bei stat. Aufnahme mehr Geburten von Kindern < 2500 g; kein Unterschied in der Rate bei Kindern < 1500 g Maloni. Biomedical Research for Nursing, Vol. 5, Nr. 3, 2004: longitudinale Studie mit n= 141; bei Bettruhe < mütterliches und fetales Gewicht, mehr IUGR s; randomisierte Studien notwendig: Hochrisikopatientinnen ambulant versus stationäre Therapie
Mütterliche Knochendichte bei Bettruhe als Intervention: Promislow. AJOC, 2004: Prospektive Studie mit n= 181, Knochendichtemessungen zwischen der 16. 36. SSW (über 20 Wochen): trabekulärer (nicht corticaler) Knochenschwund; bei Bettruhe 4,6% versus 1,5% ohne Bettruhe; das entspricht > 5% in 20 Wochen; besonders hoher Knochenschwund bei: Nulliparae, Calciumgabe < 2000 mg/d, geringer Gewichtszunahme, mütterlichem Alter < 21 Jahre und > 30Jahre; notwendig: eine Studie betreffs der postpartalen Knochenerholung
Muskelprobleme bei Bettruhe als Intervention: Maloni. AACN, 2002: 65 Pat. ( n= 26 mit Bettruhe, n= 39 ohne Bettruhe); die Muskelreoxygenierung war bei Pat. mit Bettruhe länger: mit signifikanten Veränderungen im Muskelstoffwechsel (M.gastrocnemius als Referenzmuskel) und verzögerter Erholung post partum unabhängig davon, ob vaginal oder per Sectio entbunden wurde
Stimmungsschwankungen bei Bettruhe als Intervention: Maloni. Nursing Research, 2002: n= 63 Fälle, signifikant vermehrte Stimmungsschwankungen bei Bettruhe Maloni. JOGNN, 2005: longitudinale Studie mit n= 106; postpartale Symptome nach antepartaler Bettruhe: Abgeschlagenheit, Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, Konzentrationsschwäche, trockene Haut, Kopfschmerzen, Rückenmuskelschwäche (in 40% auch noch nach 6 Wochen)
Familiäre und soziale Probleme bei Bettruhe als Intervention: Caritis. 2014 uptodate: signifikante psychosoziale Probleme der Betroffenen und im familiären Umfeld Norwitz. 2014 uptodate: negative psychosoziale Aspekte
Kosten bei Bettruhe als Intervention: Sosa. Cochrane Library, Issue 1, 2004: hohe Kosten im Gesundheitswesen wegen stationärer Therapie bei Anordnung von Bettruhe
State of the Art betreffs Bettruhe zur Prävention spontaner Frühgeburten bei Einlingen (Caritis, Simhan 2014): Bis dato keine Evidenz betreffs Bettruhe zur Prävention spontaner Frühgeburten bei Einlingen Dagegen bestehen folgende potentielle Risiken: 1) Verlust der trabekulären Knochendichte 2) Erhöhtes Thromboembolierisiko 3) Muskuloskelettaler Konditionsabbau 4) Signifikante psychosoziale Probleme bei Patientinnen und im familiärem Umfeld 5) finanzielle Probleme Fazit: Bei vorzeitigen Wehen derzeit keine Empfehlung von Bettruhe als Intervention
State of the Art betreffs Bettruhe zur Prävention spontaner Frühgeburten bei Mehrlingen (Norwitz, Errol 2014): Bis dato keine Evidenz betreffs Bettruhe zur Prävention spontaner Frühgeburten bei Mehrlingen Benefit: Leichte Verbesserung der uteroplazentaren Durchblutung, dadurch leichter Anstieg des Geburtsgewichtes der Kinder Aber: Keine Evidenz, um die Frühgeburtsrate zu senken, selbst bei kurzer Zervix. Gleiches Outcome bei Hospitalisierten und ambulanten Patientinnen Dagegen bestehen folgende potentielle Risiken: 1) Erhöhtes Thromboembolierisiko 2) Negative psychosoziale Effekte Fazit: Bettruhe als Intervention ist nicht geeignet zur Frühgeburtsprävention
Was tun bei PTB und PPROM neben der pharmakologischen Therapie? Bettruhe ohne Evidenz, eher mit ernsthaften Nebenwirkungen behaftet!
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