Finanzierungsinstrumente in der Insolvenz

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Transkript:

22./23.06.2017

Finanzierungsinstrumente in der Insolvenz 2

Das Problem Ausreichende Liquidität ist nicht nur Voraussetzung für den Unternehmenserfolg, sondern auch unabdingbare Voraussetzung für eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Die Insolvenz bedeutet insoweit eine Zäsur - von den bisherigen Finanzierungsquellen ist das Unternehmen weitgehend abgeschnitten. Die Herausforderung ist, unter Berücksichtigung der spezifischen Rahmenbedingungen des Insolvenzverfahrens die geeigneten Finanzierungsinstrumente einzusetzen. 3

Finanzierungsinstrumente im weiteren Sinn Finanzierungsinstrumente im weiteren Sinn sind alle Effekte, die den Liquiditätssaldo positiv beeinflussen. Hierzu gehören zum Beispiel auch Insolvenzgeld nach 165 SGB III Feststellungs- und Verwertungskostenbeiträge nach 170 Abs. 1, 171 InsO Nutzungsoption des Anlagevermögens nach 21 Abs. 2 Nr. 5, 169 S. 2 InsO Diese bewirken allerdings lediglich eine Kostenentlastung und beeinflussen den Liquiditätssaldo hierdurch positiv. Voraussetzung ist, dass Liquidität zunächst positiv geschaffen wird. 4

Finanzierungsinstrumente im engeren Sinn Finanzierungsinstrumente im engeren Sinn sind alle Effekte, die dem Unternehmen Liquidität zuführen. Zu differenzieren ist hierbei zwischen externen Finanzierungsinstrumenten internen Finanzierungsinstrumenten. 5

Externe Finanzierungsinstrumente Massekredit klassisches Mittel der Finanzierung - in der Regel kurzfristiger Betriebsmittelkredit universell einsetzbar - auch zur Ablösung von Absonderungsrechten um die Aktivseite freizumachen Absicherungsmöglichkeit über die gesamte - freie - Masse Rückführung durch operativen cash flow oder im Rahmen des Exits - Insolvenzplan bzw. übertragende Sanierung zur Finanzierung einer übertragenden Sanierung ungeeignet zur Finanzierung eines Insolvenzplanes grundsätzlich möglich ( 264 InsO) - aber nur bei strategischem Interesse 6

Externe Finanzierungsinstrumente Factoring Finanzierungsoption für den Forderungsbestand Kombination mit Massekredit zur Finanzierung des gesamten Umlaufvermögens möglich Fortführungsrisiko kann Veritätsrisiken auslösen, denen mit erhöhtem Einbehalt zu begegnen wäre Factoring kann über den Exit hinaus fortgeführt werden Option zur Finanzierung eines Insolvenzplanes Bei der übertragenden Sanierung geht der Forderungsbestand in der Regel nicht auf den Investor über. 7

Externe Finanzierungsinstrumente Sale and lease back Mobilien aufgrund des mittelfristigen Finanzierungszeitraums zur Finanzierung der Betriebsfortführung in der Insolvenz weniger geeignet Limitierung der Exitoptionen durch Bindung des Investors an die Finanzierung Option zur Finanzierung eines Insolvenzplanes sowie einer übertragenden Sanierung 8

Externe Finanzierungsinstrumente Sale and lease (rent) back Immobilien aufgrund des langfristigen Finanzierungszeitraums und des Fortführungsrisikos zur Finanzierung in der Insolvenz ungeeignet erhebliche Kostenbelastung Option zur Finanzierung eines Insolvenzplanes sowie einer übertragenden Sanierung, entweder Finanzierungsleasing langfristige Anmietung insbesondere bei nur noch teilweiser Nutzung der Betriebsimmobilie 9

Finanzierungsoptionen Insolvenzverfahren Verfahrensstand Finanzierungsart Eröffnungsverfahren eröffnetes Verfahren Fortführungsphase Insolvenzplan Übertragende Sanierung Massekredit Betriebsmittel +++ +++ + 0 Factoring ++ ++ ++ + Sale and lease back Mobilien + + +++ +++ Sale and lease (rent) back Immobilien 0 0 +++ +++ 10

Interne Finanzierungsinstrumente Wesentliches Instrument der Innenfinanzierung auch im Insolvenzverfahren ist die Bewirtschaftung des Umlaufvermögens. Sofern wie in der Regel Absonderungsrechte bestehen, sind die Gläubiger zur Sicherung ihrer Rechtsposition gehalten, die in den Sicherungsverträgen enthaltene Verwertungsbefugnis des schuldnerischen Unternehmens zu widerrufen. Der Neuaufbau eines unbelasteten Umlaufvermögens in der Insolvenz ist in der Regel nicht finanzierbar und für das Warenlager unter Abgrenzungsgesichtspunkten schon technisch nicht durchführbar. Die Verfügung über das Umlaufvermögen durch das schuldnerische Unternehmen muss also auf eine neue - insolvenzrechtlich einwandfreie Basis gestellt werden. 11

Interne Finanzierungsinstrumente Ermächtigung Insolvenzgericht Im Eröffnungsverfahren gibt es Versuche das Problem auf insolvenzrechtlicher Ebene durch einen Beschluss des Insolvenzgerichtes nach 21 Abs. 2 S.1 Nr. 5 InsO zu lösen. So räumte z.b. das AG Kassel (Az. 666 IN 101/15) dem vorläufigen Verwalter die Befugnis ein, die abgetretenen Forderungen sowie das sicherungsübereignete Warenlager zur Fortführung des Unternehmens einzusetzen. Wörtlich führt es aus: ausweislich der vorliegenden Liquiditätsplanung ist die Anordnung zur Fortführung des Geschäftsbetriebes von erheblicher Bedeutung. Ohne die Nutzung des Waren- und Forderungsbestandes kann der Geschäftsbetrieb nicht aufrechterhalten werden. Anders als das Anlagevermögen wird das Umlaufvermögen jedoch nicht zur Fortführung genutzt, sondern verbraucht. Die Ermächtigung durch das Gericht ist nur im Rahmen individualisierter Anordnungen zulässig - beim Umlaufvermögen schon technisch nicht möglich. Selbst im eröffneten Verfahren, darf der Verwalter die dem Absonderungsrecht unterliegenden Rechte und Gegenstände nicht zur Betriebsfortführung einsetzen. Die Rechtsmacht eines vorläufigen Verwalters ist aber auf jeden Fall durch die Rechtsmacht des (endgültigen) Verwalters limitiert. Eine darüberhinausgehende Ermächtigung ist daher nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig. 12

Interne Finanzierungsinstrumente Unechter Massekredit Im Eröffnungsverfahren sind die absonderungsberechtigten Gläubiger grundsätzlich uneingeschränkt verwertungsberechtigt. Das Verwertungsrecht nach 166 InsO geht erst mit Eröffnung des Verfahrens auf den Verwalter über. Gegenstand einer Kreditierung durch die Gläubiger kann daher nur das dem jeweiligen Gläubiger zustehende Absonderungsrecht sein. Im Folgenden ist daher zu differenzieren nach a) Verfahrensstand b) Gegenstand des Absonderungsrechts. 13

Unechter Massekredit Eröffnungsverfahren Der absonderungsberechtigte Gläubiger stellt sein Absonderungsrecht dem vorläufigen Verwalter darlehensweise zur Verfügung mit der Verpflichtung, diesen Vermögenswert später auszugleichen. Es handelt sich hierbei in der Regel um einen kombinierten Vertrag, nämlich um ein Gelddarlehen ( 488 ff. BGB) hinsichtlich des Forderungsbestandes um ein Sachdarlehen ( 607 ff. BGB) hinsichtlich des Warenlagers. 14

Eröffnungsverfahren Forderungen als Darlehensgegenstand Nicht anzunehmen ist eine darlehensweise Rückabtretung des gesamten Forderungsbestandes. Zutreffenderweise beinhaltet die Vereinbarung die Ermächtigung des vorläufigen Verwalters die Forderungen für den Gläubiger einzuziehen, und die Liquidität darlehensweise zu verwenden. Damit handelt es sich um die Einräumung eines Kreditrahmens in Höhe des abgetretenen nominalen Forderungsbestandes. Die Ermächtigung des Insolvenzgerichtes zur Begründung von Masseverbindlichkeiten durch Darlehensaufnahme muss daher nicht nur den Liquiditätssaldo beinhalten, sondern den gesamten nominalen Forderungsbestand. 15

Eröffnungsverfahren Warenlager als Darlehensgegenstand Hinsichtlich des Warenlagers ist die Situation aufgrund der zwingenden sachenrechtlichen Normen eine andere. Die Führung des (Alt)Warenlagers als Konsignationslager ist kaum möglich, da jede einzelne Entnahme mit Einzelpreis als Kreditinanspruchnahme gebucht werden müsste, der Aufbau eines kompletten zweiten und getrennten (Neu)Warenlagers schon technisch ausgeschlossen ist. Anders als beim Forderungsbestand, bei dem sich buchhalterisch sauber zwischen Alt- und Neuforderungen unterscheiden lässt, ist dies beim Warenlager schon tatsächlich nicht möglich. 16

Eröffnungsverfahren Warenlager als Darlehensgegenstand Aufgrund der zwangsläufigen Verbindung bzw. Vermischung des Alt- und Neubestandes ( 947 ff. BGB) würde dem absonderungsberechtigten Gläubiger der komplette Rechtsverlust drohen. Die Masse würde dagegen mit dem gesetzlichen Entschädigungsanspruch nach 951 BGB belastet. Dieser Anspruch entsteht mit dem Rechtsverlust unabhängig von der späteren Verwendung oder Verwendbarkeit des Absonderungsgutes. 17

Eröffnungsverfahren Warenlager als Darlehensgegenstand Der absonderungsberechtigte Gläubiger übereignet dem vorläufigen Verwalter als Sachdarlehen das gesamte sicherungsübereignete Warenlager. Die Masse wäre dann verpflichtet, dem absonderungsberechtigten Gläubiger ein Warenlager in gleicher Art, Güte und Menge zurück zu übereignen. Nicht nur unter Insolvenzgesichtspunkten dürfte dies allein faktisch schwierig sein - jedes Warenlager ändert permanent seinen Bestand und seine Zusammensetzung. 18

Eröffnungsverfahren Warenlager als Darlehensgegenstand Darüber hinaus entspricht die Rücklieferung eines Warenlagers weder dem Interesse der Insolvenzmasse noch dem des absonderungsberechtigten Gläubigers. Für beide Parteien ist daher die Vereinbarung einer Leistung an Erfüllungs statt ( 364 BGB) sinnvoll, wonach der Rückübereignungsanspruch in Geld erfüllt wird. Dies setzt jedoch voraus, dass die Parteien sich bei Vertragsabschluss über eine Bewertung oder zumindest ein Bewertungsverfahren einigen. Die Ermächtigung des Insolvenzgerichtes zur Begründung von Masseverbindlichkeiten durch Darlehensaufnahme muss daher nicht nur die Aufnahme des Sachdarlehens selbst, sondern auch die Abgeltungsvereinbarung umfassen. 19

Eröffnungsverfahren Rechtsfolgen Mit der Gewährung der unechten Massekredite verwertet der absonderungsberechtigte Gläubiger seine Sicherungsrechte. Als Äquivalent für das Absonderungsrecht erhält der Gläubiger Ansprüche gegen die Masse. Dementsprechend ist mit Inanspruchnahme der Kredite die Insolvenzforderung in entsprechender Höhe befriedigt. In Höhe der Tilgungswirkung können daher keine Zinsen mehr auf die Insolvenzforderung geltend gemacht werden. Im Gegenzug kann der Gläubiger eine Verzinsung der Massekredite verlangen. 20

Unechter Massekredit Eröffnetes Verfahren Im eröffneten Verfahren ändert sich der Gegenstand des unechten Massekredits. Die Verwertungsbefugnis geht auf den Insolvenzverwalter über ( 166 InsO) und der absonderungsberechtigte Gläubiger hat einen Anspruch auf unverzügliche Auskehr des Verwertungserlöses ( 170 I InsO) unter Abzug der Kosten der Feststellung und der Kosten der Verwertung. Gegenstand des unechten Massekredites im eröffneten Verfahren ist daher der Anspruch nach 170 I InsO. Der Gläubiger überlässt der Insolvenzmasse die ihm zustehende Liquidität darlehensweise. 21

Unechter Massekredit Eröffnetes Verfahren Der Abschluss eines Vertrages über einen unechten Massekredit erst im eröffneten Verfahren dürfte die absolute Ausnahme sein, da in der Regel bereits im Eröffnungsverfahren entsprechender Liquiditätsbedarf besteht. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sind die Absonderungsrechte bis auf die noch nicht eingezogenen Altforderungen bereits verwertet entweder durch Forderungseinzug oder durch Gewährung des Sachdarlehens. Nur bezüglich der noch nicht realisierten Altforderungen besteht daher noch das gesetzliche Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach 166 InsO mit der Folge, dass auch die Feststellungs- und Verwertungskosten nur hinsichtlich dieser Forderungen geltend gemacht werden können. Im Übrigen verwertet der Insolvenzverwalter nicht aufgrund gesetzlicher Ermächtigung sondern aufgrund eigenen Rechtes. 22

Fazit Die Auswahl der geeigneten Finanzierungsinstrumente muss sich an den spezifischen Rahmenbedingungen der Insolvenz orientieren. Die Gewährung von unechten Massekrediten ist möglich aber sehr komplex. Aus dem unechten Massekredit ergeben sich sowohl für Gläubiger als auch für den Insolvenzverwalter nicht unerhebliche Risiken. Für den Gläubiger bei unzureichenden Ermächtigungsbeschlüssen des Insolvenzgerichts Für den Insolvenzverwalter insbesondere bei der Vereinbarung über den Abgeltungsbetrag des Sachdarlehens. 23

Danke für Ihre Aufmerksamkeit Heinrich Strauß Michael Viehoff INSOFINANCE GmbH & Co. KG Oskar-von-Miller-Ring 34 36 80333 München Telefon +49 89 2323 918-0 Telefax +49 89 2323 918-60 info@insofinance.de www.insofinance.de 24