Art. 3 Abs. 3 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

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Transkript:

Art. 3 Abs. 3 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Zunächst kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Eine Abhilfe gilt als unverhältnismäßig, wenn sie dem Verkäufer Kosten verursachen würde, die - angesichts des Werts, den das Verbrauchsgut ohne die Vertragswidrigkeit hätte, - unter Berücksichtigung der Bedeutung der Vertragswidrigkeit und - nach Erwägung der Frage, ob auf die alternative Abhilfemöglichkeit ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher zurückgegriffen werden könnte, verglichen mit der alternativen Abhilfemöglichkeit unzumutbar wären. Die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung muß innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind. Folie 40

Übungsfall 5: Frage 1 Primäranspruch aus 439 I, 437 Nr. 1 BGB I. Wirksamer Kaufvertrag II. Mangel, 434 I 2, Nr. 2 BGB III. Umfang der Nacherfüllung 1. Herkömmlicher enger Nacherfüllungsbegriff: Leistungswiederholung (im Unterschied zum Schadensersatz) 2. Weiter Nacherfüllungsbegriff Umsetzung von EUGH NJW 2011, 2269 erforderlich Lösung über 439 II BGB unterliefe Recht zur zweiten Andienung Richtlinienkonforme Auslegung von 439 I geboten (BGH NJW 2012, 1073) IV. Ergebnis: Anspruch besteht! Folie 41

EuGH NJW 2011, 2269 Leitsatz 1: Art 3 VerbrGKRiLi ist dahin auszulegen, dass wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen. Folie 42

Übungsfall 5: Frage 2 Anspruch auf Zahlung der Ein- und Ausbaukosten I. 439 II BGB 1. Zwar ist Bestimmung Anspruchsgrundlage 2. Ein- und Ausbau sind nach Gesagtem aber vom Inhalt der Nacherfüllung erfasst, so dass 439 I BGB vorrangig II. 437 Nr.3, 280 I, 281 BGB 1. Kaufvertrag 2. Mangelhafte Lieferung 3. Nachfrist (-) III.Ergebnis: Anspruch besteht nicht. Folie 43

Übungsfall 5: Frage 3 Anspruch auf Ein- und Ausbau bei Unverhältnismäßigkeit I. Voraussetzungen nach 439 I, 437 Nr. 1 BGB II. Untergang nach 439 III BGB 1. Wortlautgetreue Auslegung des Ausschlusses: absolute Unverhältnismäßigkeit 2. Richtlinienbedingte teleologische Reduktion des Ausschlusses a) Umsetzung der Vorgaben EuGH NJW 2011, 2269 durch gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung im Wege einer Reduktion des Ausschlusses (BGH NJW 2012, 1073). b) Verkäufer behält aber Verweigerungsrecht, wenn er angemessene Entschädigung anbietet. III. Ergebnis: Anspruchsuntergang bei angemessener Entschädigung Folie 44

EuGH NJW 2011, 2269 Leitsatz 2: Art 3 VerbrGKRiLi ist dahin auszulegen, dass er ausschließt, dass eine nationale gesetzliche Regelung dem Verkäufer das Recht gewährt, die Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe zu verweigern, weil sie ihm wegen der Verpflichtung, den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in diese Sache vorzunehmen, Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unverhältnismäßig wären. Art. 3 schließt jedoch nicht aus, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in einem solchen Fall auf die Übernahme eines angemessenen Betrags durch den Verkäufer beschränkt wird. Folie 45

Übungsfall 5: Frage 4 Primäranspruch aus 439 I, 437 Nr. 1 BGB I. Wirksamer Kaufvertrag II. Mangel, 434 I 2, Nr. 2 BGB III. Umfang der Nacherfüllung 1. Herkömmlicher enger Nacherfüllungsbegriff: Leistungswiederholung (im Unterschied zum Schadensersatz) Leistungspflicht entspricht allein primärer Leistungspflicht 2. Weiter Nacherfüllungsbegriff Richtliniekonforme Auslegung von 439 I BGB mangels Verbrauchsgüterkauf nicht geboten Gespaltene Auslegung des 439 I BGB für Verbrauch einerseits und Unternehmer andererseits hinzunehmen. IV. Ergebnis: Anspruch besteht nicht! Folie 46

BGHZ 195, 135 = NJW 2013, 220 1. 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" neben dem Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache erfasst (im Anschluss an EuGH, NJW 2011, 2269; BGH NJW 2012, 1073). 2. Diese richtlinienkonforme Auslegung des 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist auf den Verbrauchsgüterkauf ( 474 BGB) beschränkt und erstreckt sich nicht auf Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern. Folie 47

BGHZ 179, 27 = NJW 2009, 427 1. Der von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften geprägte Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten über eine Gesetzesauslegung im engeren Sinne hinaus auch, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden. 2. Eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus; eine solche planwidrige Unvollständigkeit kann sich daraus ergeben, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausdrücklich seine Absicht bekundet hat, eine richtlinienkonforme Regelung zu schaffen, die Annahme des Gesetzgebers, die Regelung sei richtlinienkonform, aber fehlerhaft ist. 3. 439 Abs. 4 BGB ist unter Beachtung des Urteils EuGH NJW 2008, 1433 Quelle im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung in Fällen des Verbrauchsgüterkaufs ( 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) einschränkend anzuwenden: Die in 439 Abs. 4 BGB in Bezug genommenen Vorschriften über den Rücktritt ( 346 bis 348 BGB) gelten in diesen Fällen nur für die Rückgewähr der mangelhaften Sache selbst, führen hingegen nicht zu einem Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen oder auf Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache. So jetzt auch 474 Abs. 2 Satz 1 BGB Folie 48

439 Abs. 3 BGB-RegE Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, nach seiner Wahl entweder selbst den erforderlichen Ausbau der mangelhaften und den Einbau der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache vorzunehmen oder dem Käufer die hierfür erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen. Der Verkäufer ist auf den Aufwendungsersatz beschränkt, wenn 1. dem Ausbau der mangelhaften und dem Einbau der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache durch den Verkäufer ein berechtigtes Interesse des Käufers entgegensteht oder 2. der Verkäufer nicht innerhalb einer vom Käufer bestimmten angemessenen Frist erklärt hat, dass er den Aus- und Einbau selbst vornehmen werde. Beachte: Keine Beschränkung auf Verbrauchsgüterkauf! Folie 49

475 Abs. 4 RegE Ist die eine Art der Nacherfüllung nach 275 Absatz 1 ausgeschlossen oder kann der Unternehmer diese nach 275 Absatz 2 oder 3 oder 439 Absatz 4 Satz 1 verweigern, kann er die andere Art der Nacherfüllung nicht wegen Unverhältnismäßigkeit der Kosten nach 439 Absatz 4 Satz 1 verweigern. Ist die andere Art der Nacherfüllung wegen der Höhe der Aufwendungen nach 439 Absatz 2 oder Absatz 3 Satz 1 Alternative 2 unverhältnismäßig, kann der Unternehmer den Aufwendungsersatz auf einen angemessenen Betrag beschränken. Bei der Bemessung dieses Betrages sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Beachte: Hinsichtlich dieser Modifizierung des 439 Abs. 3 alt (neu Abs. 4) bleibt es bei einer Spaltung! Folie 50

Unberechtigtes Mängelbeseitigungsverlangen BGH NJW 2008, 1147: Ein unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen des Käufers nach 439 Abs. 1 BGB stellt eine zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte Vertragsverletzung dar, wenn der Käufer erkannt oder fahrlässig nicht erkannt hat, dass ein Mangel der Kaufsache nicht vorliegt, sondern die Ursache für das Symptom, hinter dem er einen Mangel vermutet, in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt. Folie 51

Art. 3 Abs. 5 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Der Verbraucher kann eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder eine Vertragsauflösung verlangen, - wenn der Verbraucher weder Anspruch auf Nachbesserung noch auf Ersatzlieferung hat oder - wenn der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat oder - wenn der Verkäufer nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher Abhilfe geschaffen hat. Zur daher notwendigen richtlinienkonformen Auslegung der Rücktrittsvoraussetzung Fristsetzung in 323 Abs. 1 BGB im Rahmen des 474 BGB s. StuKo, 15. Aufl. 2015, 323 Rn. 2: Nacherfüllungsverlangen des Käufers und Ablauf einer angemessenen Frist. Folie 52

BGH NJW 2009, 3153 Für eine Fristsetzung gem. 281 Abs. 1 BGB genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht; der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End- )Termins bedarf es nicht. Dazu StuKo, 13. Aufl. 2011, 281 Rn. 8 Folie 53

Aufbau- und Vertiefung Fall 5 I 1. Wer hat die Transportkosten für eine etwaige Nachlieferung zu tragen? Der Verkäufer, vgl. 439 II BGB. 2. Wie ist das Verhältnis von 275 II und III BGB zu 439 III BGB bei unverhältnismäßig hohen Kosten bei der Nacherfüllung? Die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit des 439 III BGB ist niedriger als die des Missverhältnisses in 275 II BGB, näher StuKo, 15. Aufl. 2015, 439 Rn. 11. 3. Was versteht man bei 439 III BGB unter relativer Unverhältnismäßigkeit? Die Unverhältnismäßigkeit der vom Käufer gewählten Nacherfüllungsart beruht dann auf dem Vergleich zur anderen Nacherfüllungsalternative. 4. Was versteht sich unter absoluter Unverhältnismäßigkeit? Der Verkäufer kann die (nicht schon relativ unverhältnismäßige Art der) Nacherfüllung ferner verweigern, wenn deren Kosten im Vergleich mit dem Interesse des Käufers an der Nacherfüllung unverhältnismäßig sind. Folie 54

Aufbau- und Vertiefung Fall 5 II 5. Umfasst der Art. 3 III VerbrGKRL auch die absolute Unverhältnismäßigkeit? Nach Ansicht von EuGH/BGH erlaubt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie es nur, den Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts auf einen angemessenen Betrag zu beschränken, nicht jedoch, den Anspruch des Verbrauchers auf Ersatzlieferung als einzig mögliche Art der Abhilfe wegen Unverhältnismäßigkeit der Ein- und Ausbaukosten völlig auszuschließen. 6. Was ist die Grenze der Auslegung? Der auszulegende Wortlaut selbst. 7. Hat der Käufer einen unmittelbaren Anspruch auf Ersatz der Ausbaukosten einer mangelhaften Sache? Nein, ein Anspruch auf Ersatz der Ausbaukosten aus 439 II BGB besteht nicht. Der Käufer kann nur nach Nachfrist den Ausbaukosten als Teil eines Schadens statt der Leistung erstattet verlangen; ohne Nachfrist liegt eine eigenmächtige Selbstvornahme vor. Folie 55