Europäischer Rechtsrahmen für das Herstellen/Importieren und Verwenden von Fracking-Chemikalien

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REACH DAS NEUE EUROPÄISCHE CHEMIKALIENRECHT

Transkript:

Europäischer Rechtsrahmen für das Herstellen/Importieren und Verwenden von Fracking-Chemikalien Fracking-Workshop im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz am 10.10.2013 in Hannover Dr. Michael Braedt Ref. 37: Chemikaliensicherheit, Umwelttoxikologie, Gentechnik Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz Archivstr. 2, 30169 Hannover Tel.: 0511 120-3498 Mail: Michael.Braedt@mu.niedersachsen.de

Die großen 3 Verordnungen des europäischen Chemikalienrechtes REACH*-VO(EG) 1907/2006 849 S. CLP**-VO (EG) 1272/2008 1.979 S. Biozid-VO (EU) 528/2012 400 S. Europäische Verordnungen gelten europaweit und unmittelbar (d.h., sie müssen nicht durch nationale Gesetzgebungen umgesetzt werden) Die 3 o.a. Verordnungen gelten für alle Chemikalien - sowohl für deren Herstellung in Europa, den Import nach Europa und die Verwendung in Europa. *REACH = Registration, Evaluation, Authorisation and Restrictions of CHemicals **CLP = Classification, Labelling and Packaging of dangerous Chemicals

REACH-Bedingungen für Herstellung, Import und Verwendung von Chemikalien 1.) Alle neuen Chemikalien ab 1t/(Hersteller und Jahr) müssen ab 01.06.2008 vor der Herstellung in der EU/ dem Import in die EU zuvor registriert worden sein (Art. 5 No data No market ) wenige Ausnahmen: Naturstoffe, Neustoffe, Biozide 2.) Alle älteren Chemikalien ab 1t/(Hersteller und Jahr) mussten bis zum 01.12.2008 vorregistriert worden sein (Art. 28)

Gestaffelter REACH-Zeitplan für die Registrierung (Art. 23) Für vorregistrierte Stoffe gelten folgende Sonderregelungen (pro Hersteller/Importeur): bis 12/2010: Registrierung von Stoffen >1.000t/a; von krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Stoffen der Kat. 1 + 2, jeweils über 1t/a; von für Wasserorganismen sehr giftigen Stoffen >100t/a bis 06/2013: Registrierung von Stoffen >100t/a bis 06/2018: Registrierung von Stoffen > 1t/a

REACH-Registrierungsdossiers sind bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA einzureichen Registrierungsdossiers müssen gemäß Art. 10 diverse Hersteller- und Stoffdaten enthalten insbesondere Angaben zu vorgesehenen Verwendungen ( intended uses ) Nach Art. 14 wird bei Stoffen > 10t/a ein zusätzlicher Stoffsicherheitsbericht gefordert.

REACH-Zulassungspflicht für SVHC*, Art. 55ff. *Substances of Very High Concern gelangen auf REACH-Anhang XIV und bedürfen vor ihrer Verwendung einer Zulassung für einen definierten Verwendungszweck durch die EU-Kommission. Nachgeschaltete Verwender, die einen zulassungspflichtigen Stoff verwenden, haben nach REACH-Art. 66 die ECHA darüber 3 Monate nach der ersten Lieferung zu unterrichten.

Rolle von Fracking-Firmen unter REACH Hersteller/Importeur = Hersteller sowie der Importeur von Fracking-Chemikalien Nachgeschaltete Anwender (Pflichten Art. 31 43): Bohrfirmen

CLP-Pflichten gemäß Art. 1 Verpflichtung der i) Hersteller, Importeure und nachgeschalteten Anwender zur Einstufung von in Verkehr gebrachten Stoffen und Gemischen; ii) Lieferanten eines Stoffes oder Gemisches zur Kennzeichnung und Verpackung von in Verkehr gebrachten Stoffen und Gemischen;

Pflichten gemäß Biozid-Verordnung Die Biozid-VO regelt die Zulassung, Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (Art. 1) Artikel 17 Bereitstellung von Biozidprodukten auf dem Markt (1) Biozidprodukte dürfen nur auf dem Markt bereitgestellt oder verwendet werden, wenn sie gemäß der vorliegenden Verordnung zugelassen wurden. Art. 4 Voraussetzungen für die Genehmigung ( ) e) Festlegung der Verwenderkategorien;

REACH und Fracking - Recherchen Sonderforschungsgruppe Instutitionsanalyse Darmstadt/Göttingen: SOFIA März 2012 www.sofia-research.com untersucht wurden 11 Fracking-spezifische Stoffe (Bohrung in Damme) Joint Research Centre (JRC), Ispra für die EU-Kommission (DG Environment)- September 2013 http://www.jrc.ec.europa.eu/ untersucht wurden 16 Fracking-spezifische Stoffe ergänzt um eigene Recherchen (M.Braedt) der Stoffliste für die Frac- Fluids (Fa. Wintershall) der Bohrung Düste Z10 bei Barnstorf in der ECHA-Datenbank -10/2013 www.echa.europa.eu untersucht wurden 14 Fracking-spezifische Stoffe

Abgleich der Stoffliste für die Frac-Fluids (Fa. Wintershall) der Bohrung Düste Z10 anhand der ECHA- Datenbank (letzte Aktualisierung: 12.09.2013) Stoff CAS-Nr. Zweck Kennz. Bemerkung Diammonium- 7727-54-0 Brecher X N registriert, kein intended use peroxidisulfat Natriumbromat 7789-38-0 Brecher X N nur als Zwischenprodukt registriert, kein intended use 2,2,2-Nitrilo- 102-71-6 Quervernetzer X i registriert, kein intended use triethanol Natriumtetraborat 1330-43-4 Quervernetzer T registriert, kein intended use Zirkonylchlorid 1350-92-8 Quervernetzer C i keine Vorregistrierung Na-thiosulfat 10102-17-7 Gelstabilisierer vorregistriert, Registrierung erst zum 31.05.18 erforderlich Na-hydroxid 1310-73-2 NaOH C i registriert, kein intended use Na-hydrogen- 144-55-8 ph-puffer registriert, kein intended use carbonat

ff.: Abgleich der Stoffliste für die Frac-Fluids (Fa. Wintershall) der Bohrung Düste Z10 anhand der ECHA- Datenbank (letzte Aktualisierung: 12.09.2013) Stoff CAS-Nr. Zweck Kennz. Bemerkungen Polyethylenglycol- 31726-34-8 Tensid X i vorregistriert, aber nicht monohexyl-ether registriert (deadline:31.11.2010) Cholinchlorid 67-48-1 Tonstabilisierer registriert, kein intended use Ethandiylbis- 3586-55-8 Biozid X N vorregistriert, als biozid(oxi)bis-methanol Biozid zugelassen (Produktart 11: Schutzmittel für Flüssigkeiten in Kühl- und Verfahrenssystemen) Korund 1302-74-5 sandähnl. Suspensat vorregistriert, aber nicht registriert (deadline:31.11.2010) Mullit 1302-93-8 sandähnl. Suspensat registriert, kein intended use Bauxit 1318-16-7 sandähnl. Suspensat vorregistriert, aber nicht registriert (deadline:31.11.2010)

Fazit der JRC-Recherche For the majority of the uses (i.e. 22 out of 26), the registrants did not perform a CSA (Stoffsicherheitsbericht, MB ) for the environment. The main outcome of the assessment is that neither hydraulic fracturing nor shale gas was explicitly mentioned in the investigated dossiers. Hydraulic fracturing of shale gas reservoirs was not identified as a specific use for any of the substances and a dedicated ES (Expositionsszenario, MB) was not developed by any registrant.

Fazit der SOFIA-Recherche Von den elf genannten Stoffen sind vier Stoffe in der ECHA- Datenbank eingetragen und demzufolge bereits registriert Damit enthält nur die Registrierung des Stoffes Nr. 3 (Magnesiumchlorid) ein Indiz dafür, dass dieser ohne Erstellung eines eigenen Stoffsicherheitsberichts durch den nachgeschalteten Anwender (Bohrunternehmen) auch in Fracfluids eingesetzt werden darf. Insbesondere dürfen registrierungspflichtige Stoffe, deren Registrierung ihren Einsatz in Fracfluids nicht berücksichtigt, nicht ohne vorherige Stoffsicherheitsbeurteilung und deren Notifizierung gegenüber der ECHA eingesetzt werden. Werden diese Anforderungen nicht eingehalten, steht der Einsatz der Stoffe im Rahmen von Fracking-Projekten entsprechend des Grundsatzes no data, no market im Widerspruch zu den Vorgaben der REACh-VO. Die Europäische Kommission weist darauf hin, dass die Einhaltung dieser Anforderungen von den für die Bergaufsicht zuständigen Behörden im Rahmen entsprechender Verwaltungsverfahren zu überprüfen sind. Nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung dürfen die Behörden keine Fracking-Projekte zulassen, die nicht im Einklang mit den Vorgaben des Stoffrechts stehen.