LÄNDERINFORMATION USA FORUM FÜR FACHFRAGEN Unterhaltsansprüche von in Deutschland lebenden Kindern können grundsätzlich gegenüber dem in den Vereinigten Staaten von Amerika lebenden unterhaltspflichtigen Elternteil geltend gemacht werden. Dies gilt auch für auf öffentliche Träger übergegangene Ansprüche. I. Titulierung des Unterhalts 1) Titulierung in Deutschland Hat das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt (ga) in Deutschland, kann in Deutschland ein Unterhaltstitel geschaffen werden. Dies kann außergerichtlich in Form einer vollstreckbaren Urkunde durch ein deutsches Jugendamt, einem/einer Notar/in oder auch im Ausland durch eine deutsche Auslandsvertretung mit Beurkundungsbefugnis geschehen. Abhängig von den deutschen Sprachkenntnissen des Unterhaltspflichtigen sind die Übersetzungsvorschriften nach 16 BeurkG zu beachten. Auch eine gerichtliche Titulierung ist möglich. Allerdings ist es im Hinblick auf die spätere Durchsetzbarkeit des deutschen Titels erforderlich, dass ein Bezug zu Deutschland existiert. Der Unterhaltspflichtige sollte idealerweise im Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens seinen ga in Deutschland gehabt haben. Ist dies nicht der Fall, sollte er zumindest früher mit dem Kind in Deutschland zusammengelebt oder seinen ga in Deutschland gehabt und damals Unterhalt für das Kind geleistet haben. Besteht kein solcher Bezug, werden deutsche Gerichte von den USA nicht als zuständig angesehen, mit der Folge, dass der Titel später in den USA nicht anerkannt und registriert wird. 1
In diesem Zusammenhang ist auch die ordnungsgemäße und somit persönliche Zustellung sowohl des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes als auch des Titel selbst zu beachten. Die Zustellungen sollten immer nach dem Haager Zustellungsübereinkommen von 1965 vorgenommen werden. Vor allem darf keine öffentliche Zustellung erfolgen. Hinweis für die UVG - K a s s e n : Bislang können UVG-Kassen mangels privilegierten Gerichtstands kein Unterhaltsverfahren in Deutschland einleiten, wenn der Unterhaltsverpflichtete im Ausland lebt. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt der privilegierte Gerichtstand am Aufenthaltsort des/der Unterhaltsberechtigten gem. Art. 3a EuUnthVO bzw Art. 5 Nr. 2 EuGVVO, EuGVÜ und LuGÜ für öffentliche Träger nicht. Inzwischen entwickelt sich in der deutschen Rechtsprechung und Literatur eine Tendenz zur Bejahung der Anwendbarkeit des privilegierten Gerichtstands gem. Art. 3b EuUnthVO auf juristische Personen, also insbesondere auf öffentliche Träger. Inwieweit diese Auffassung in Zukunft (vom EuGH) übernommen wird, bleibt abzuwarten. Eine Titelschaffung muss in diesen Fällen in den USA erfolgen. Dies ist dort aber in aller Regel nicht für Rückstände möglich. Zudem ist die Beauftragung eines/einer Rechtsanwalts/ -anwältin mit den damit verbundenen Kostenfolgen erforderlich, da hierfür keine Rechtshilfe gewährt wird. 2) Titulierung in den USA Auch eine Titulierung in den USA ist möglich. Erfolgt ein entsprechender Antrag auf Herbeiführung eines Unterhaltstitels, wird dieser an die für den Wohnsitz des Antragsgegners zuständige staatliche Unterhaltsbehörde (child support agency) oder das US-Gericht übermittelt. Danach erfolgt die Ladung an den Antragsgegner. Es wird ein Gerichtstermin anberaumt, in dem über die Höhe der Unterhaltsverpflichtung, den Beginn der Verpflichtung und ggf über Unterhalt für die Vergangenheit entschieden wird. In den USA erfolgt die Berechnung von Kindesunterhalt in aller Regel aufgrund des Einkommens beider Eltern. Den Antragstellern wird häufig die Möglichkeit gegeben, telefonisch an der Verhandlung teilzunehmen. II. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines deutschen Unterhaltstitels Ein bestehender deutscher Unterhaltstitel muss in den USA zunächst registriert werden. Das Registrierungsverfahren wird, wenn der Weg über die behördliche Verfahrenshilfe gewählt wird, von der Unterhaltsbehörde am Wohnort des Kindesvaters eingeleitet. Die Registrierung des deutschen Titels kann gem. Art. 22 Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23.11.2007 (HUÜ 2007) nur aus bestimmten Gründen versagt werden. Häufige Versagungsgründe sind der Verstoß der Entscheidung gegen den ordre public des Vollstre- 2
ckungsstaats oder bei Nichteinlassung der Antragsgegner auf das Verfahren die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist zb regelmäßig bei der öffentliche Zustellung des Titels nach 203 ff ZPO oder bei fehlerhafter Zustellung der Fall. Die Vollstreckung ist in den USA grundsätzlich aus allen deutschen Unterhaltstiteln möglich. Es ist unerheblich, ob es sich hierbei um ein Urteil, einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss, einen Vergleich oder eine Jugendamtsurkunde handelt. Irrelevant ist auch, ob es sich um einen Festbetragstitel oder einen dynamischen Unterhaltstitel handelt. Allerdings ist es zwingend erforderlich, dass der Unterhaltspflichtige irgendwann einmal in Deutschland gewesen ist. Besteht kein solcher Bezug, werden deutsche Gerichte von den USA als unzuständig angesehen, mit der Folge, dass der Titel nicht anerkannt und registriert wird. III. Zwangsvollstreckung Aus dem registrierten Unterhaltstitel kann die Vollstreckung erfolgen. Die Zwangsvollstreckung wird auf Grundlage des amerikanischen Zwangsvollstreckungsrechts durchgeführt. Im Rahmen der Vollstreckung stehen den amerikanischen Behörden weitreichende Möglichkeiten zur Verfügung. In aller Regel wird der Lohn des Unterhaltspflichtigen gepfändet. Darüber hinaus bestehen auch Möglichkeiten wie Führerscheinentzug, Entzug der Berufslizenz, Passsperre oder die Pfändung von Steuerrückzahlungen. Nicht unüblich ist die Androhung einer Gefängnisstrafe oder die Ausstellung eines Haftbefehls wegen Unterhaltspflichtverletzung. IV. Behördliche Verfahrenshilfe Bei der Geltendmachung von Unterhaltsforderungen in den USA können Berechtigte behördliche Verfahrenshilfe nach Kap. III HUÜ 2007 in Anspruch nehmen. Behördliche Verfahrenshilfe bedeutet, dass die Zentrale Behörde in den USA Berechtigten bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen behilflich ist. Die amerikanische Behörde arbeitet mit der deutschen Zentralen Behörde zusammen und unternimmt gem. Art. 6 HUÜ 2007 im Rahmen der Anträge nach Art. 10 HUÜ 2007 alle angemessenen Maßnahmen, um die Leistung von Unterhalt herbeizuführen. Hierzu gehört ua die Herbeiführung einer einvernehmlichen Regelung und die Vollstreckung eines vorhandenen Titels, aber auch die Schaffung oder Abänderung einer Entscheidung. 3
Verfahrensablauf Um in den Genuss der behördlichen Verfahrenshilfe zu gelangen, muss zunächst ein Gesuch beim Amtsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen ga hat, eingereicht werden. Das Amtsgericht leitet das Gesuch samt Anlagen nach einer Vorprüfung weiter an die deutsche Übermittlungsbehörde, die es wiederum an die Empfangsbehörde in den USA übersendet. Die Angaben und Anlagen, die das Gesuch enthalten muss, sind in Art. 11 HUÜ 2007 sowie im Ausführungsgesetz, dem Auslandsunterhaltsgesetz geregelt ( 8 AUG nf). Nachdem die amerikanische Empfangsbehörde das Gesuch erhalten hat, leitet sie dieses an die örtlich zuständige Unterhaltsbehörde weiter. Diese setzt sich mit dem Antragsgegner in Verbindung und kündigt die Registrierung des Unterhaltstitels in den USA an. Innerhalb einer Frist von 30 Tagen kann sich der Antragsgegner gegen die vorgesehene Registrierung wehren. Es sind nur die in Art. 22 HUÜ 2007 abschließend aufgezählten Gründe für einen Einspruch gegen die Registrierung zulässig. Äußert sich der Antragsteller innerhalb der 30 Tage nicht oder erhebt keine Einwände, gilt der Unterhaltstitel als registriert. Macht der öffentliche Träger auf ihn übergegangene Ansprüche geltend, kann ebenfalls die Unterstützung der Zentralen Behörde in Anspruch genommen werden, sofern bereits ein Titel vorliegt. V. Vaterschaftsfeststellung Die US-Behörden und Gerichte sind im Rahmen eines Verfahrens nach dem HUÜ 2007 auch bei der Feststellung der Vaterschaft behilflich. In jedem Fall ordnet der/die amerikanische Richter/in einen DNA-Test an. Die Testunterlagen für Mutter und Kind werden vom beauftragten Labor in den USA an den Antragsteller bzw den Vertreter übersandt. Die Entnahme von Mundschleimhautabstrichen bei Mutter und Kind kann im Jugendamt oder beim Arzt erfolgen. Die Proben werden unter Beachtung genau festgelegter Vorschriften mittels Kurierdienst an das amerikanische Labor zur Auswertung übersandt. Das Testergebnis wird dem US-Gericht zur weiteren Verwendung übermittelt. VI. Verfahrenskosten Die Geltendmachung von Kindesunterhalt in den USA in dem unter IV. genannten Gesuchsverfahren ist für die Berechtigten kostenfrei. Nach dem HUÜ 2007 sind die Mitgliedstaaten bei Inanspruchnahme der behördlichen Verfahrenshilfe zu unentgeltlicher Prozesskostenhilfe verpflichtet, sofern das unterhaltsberechtigte Kind das 21. Lebensjahr noch 4
nicht vollendet hat (Art. 15 HUÜ 2007). Auch Gerichtskosten dürfen den Berechtigten bei Inanspruchnahme der behördlichen Verfahrenshilfe nicht auferlegt werden. Allerdings können Übersetzungskosten anfallen. Zwar gibt es zweisprachige Formulare, die verwendet werden können bzw sollen, trotzdem wird die Übersetzung von einigen Unterlagen in den meisten Fällen nicht umgangen werden können. Es besteht aber die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe für Übersetzungen zu beantragen, sofern die Voraussetzungen einer ratenfreien Verfahrenskostenhilfe nach 113 FamFG ivm 115 ZPO erfüllt sind. Bei minderjährigen Berechtigten ist dabei auf die finanzielle Situation des betreuenden Elternteils abzustellen. VII. Ermittlung des Aufenthalts In den USA gibt es kein Meldewesen wie in Deutschland. Dennoch stehen den Unterhaltsbehörden Mittel und Wege zur Verfügung, um zustellungsfähige Anschriften zu ermitteln. In jedem US-Bundesstaat gibt es einen der Unterhaltsbehörde angeschlossenen Elternsuchdienst, über den Daten der Führerscheinstellen, Finanz- und Sozialversicherungsbehörden für Unterhaltszwecke abgerufen werden können. Der Federal Parent Locator Service der Bundesbehörde hat Zugriff zu Daten in allen US-Bundesstaaten. Für die Anschriftenermittlung ist ein Minimum an Daten erforderlich wie der vollständige Name des Gesuchten, sein Geburtsdatum und nach Möglichkeit die amerikanische Sozialversicherungsnummer. Hilfreich ist eine zuletzt bekannte Anschrift in den USA oder zumindest ein Hinweis auf einen US- Bundesstaat. VIII. Gesetzesmaterialien Die vollständigen Gesetzestexte des Haager Unterhaltsübereinkommens (Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen [HUÜ 2007]) und des Ausführungsgesetzes (Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten Auslandunterhaltsgesetz [AUG]) sind auf unserer Homepage abrufbar unter www.dijuf.de Unterhaltsrealisierung Rechtsgrundlagen für die Unterhaltsrealisierung im Ausland. Stand: April 2017 5