WS 2013/14: Auswege aus der Euro-Krise.

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Transkript:

Prof. Dr. rer. pol. Norbert Konegen downloads: www.p8-management.de/universität konegen@uni-muenster.de WS 2013/14: Auswege aus der Euro-Krise. Können der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) und der Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung (Fiskalvertrag -pakt) in der Wirtschafts- und Währungsunion die Währung retten?

Agenda I. Einführung II. Schritte in die Eurokrise ein Rückblick III. Europäische Regeln / Finanzhilfesysteme zur Sicherung oder Wiederherstellung der finanziellen Stabilität der Euro-Zone - eine Übersicht IV. Vertrag für Stabilität, Koordination und Regierungsführung (Fiskalpakt bzw.-vertrag) V. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 2

V. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) (European Stability Mechanism) Agenda 1. Hintergrund und Ziele 2. Rechtliche Konstruktion 3. Organe 4. Beschlussverfahren 5. Finanzausstattung und Haftung der Eurostaaten 6. Finanzhilfen a) Instrumente b) Voraussetzungen c) Verfahren 7. Das BVerfG: Die Verfassungsrechtliche Problematik 8. Bewertung / Kritik 9. Literatur Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 3

V. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) (European Stability Mechanism) Kernpunkte Quelle: http://www.cep.eu/analysen-zur-eu-politik/wirtschafts-und-stabilitaetspolitik/esm 1. Hintergrund und Ziele a) 9.5.2010: Finanzminister der Eurozone beschließen Einrichtung eines bis zum 30.6.2013 befristetes Hilfssystem für Eurostaaten mit Finanzierungsproblemen (EFSF, EFSM) b) 29.10.2010: EU-Staaten kommen überein, einen ständigen Krisenmechanismus zur Wahrung der Finanzstabilität der Eurozone zu errichten. Dieser ESM soll EFSF und EFSM ersetzen. 2. Rechtliche Konstruktion a) EU-Staaten lockern das Bail-Out-Verbot des EU-Vertrags (Art. 125 AEUV): EU-Staaten ist unter strengen Auflagen erlaubt, die erforderlichen Finanzhilfen zu gewähren, wenn dies für die Stabilität insgesamt unabdingbar ist (neuer Art. 136/3 AEUV). b) Euro-Staaten errichten auf dieser Grundlage den ESM durch einen völkerrechtlichen Vertrag (ESM-Vertrag). Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 4

Kernpunkte 3. Organe des ESM (Art.4/1) a) Gouverneursrat : besteht aus Euro-Finanzministern, trifft alle grundlegenden Entscheidungen, z.b. Gewährung von Finanzhilfen (Art.5/6ff.). b) Direktorium : für das jeder Finanzminister ein Mitglied mit großem Sachverstand benennt (Art.6/1). Zuständig für Fragen des operativen Geschäfts. c) Geschaftsführender Direktor : Vom Gouverneursrat ernannt, unterliegt Weisungen des Direktoriums, führt als gesetzlicher Vertreter des ESM die laufenden geschäfte (Art. 7/1,4,5) Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 5

Kernpunkte 4. Beschlussverfahren des ESM a) Gouverneursrat und Direktorium sind beschlussfähig, wenn 2/3 der stimmberechtigten Staaten vertreten sind und diese mindestens 2/3 des ESM-Stammkapitals stellen (Art. 4/2,7). Beschlussfähig auch ohne Anwesenheit Deutschlands! b) Beide Gremien fassen ihr Beschlüsse (Art. 4/3 bis 7) im gegenseitigen Einvernehmen grundsätzlich einstimmig wobei Stimmenthaltungen nicht berücksichtigt werden und im von Kommission und EZB übereinstimmend festzustellenden Eilfall der Vergabe von Finanzhilfen für das gegenseitige Einvernehmen bereits eine Mehrheit der beschließenden Staaten genügt, die mindestens 85% des Stammkapitals dieser Staaten umfasst; Mit qualifizierter Mehrheit der beschließenden Staaten, die mindestens 80% des Stammkapitals dieser Staaten umfasst. Dieses könnte Deutschland verhindern. Es hat 27,1% des Stimmengewichts. Mit einfacher Mehrheit der beschließenden Staaten, die mindestens 50% des Stammkapitals dieser Staaten umfasst. Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 6

... noch 4. Beschlussverfahren c) Das Quorum orientiert sich an der Bedeutung des Beschlusses. So erfolgen im gegenseitigen Einvernehmen z.b. die Gewährung von Finanzhilfen (Art.5/6ff.) und die Delegation von Aufgaben vom Gouverneursrat auf das Direktorium (Art.5/6ff.) Mit qualifizierter Mehrheit grundsätzlich alle Direktoriumsbeschlüsse (Art.6/5). Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 7

ESM Beschlussverfahren Quelle: faz.net 8.10.12 konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 8

V.5. Finanzausstattung ESM und Haftung der Euro-Staaten a) Stammkapital 700 Mrd. (Art.8/1: Anhang II) b) Höhe des nationalen Anteils ((Art.11/1; Anhang I9. c) Gouverneursrat kann im gegenseitigen Einvernehmen jederzeit mit angemessener Frist die Einzahlung der abrufbaren Kapitalanteile verlangen (Art.9/1, Art.5/6); im Notfall durch geschäftsführenden Direktor binnen 7 Tagen (Art. 9/3). d) Gouverneursrat kann im gegenseitigen Einvernehmen eine Veränderung der Höhe des Stammkapitals beschließen. Die Staaten müssen dem zustimmen( Art. 10/1, Art.5/6). e) Einrichtung eines Reservefonds, in den Strafzahlungen fließen. Verluste werden zuerst aus diesem Fonds beglichen (Art. 24, 25). f) Darlehensvolumen von EFSF und ESM max. 500 Mrd. (Art. 39). Noch vor Inkrafttreten des ESM-Vertrags soll Volumen neu bewertet und, falls angebracht durch den Gouverneursrat im gegenseitigen Einvernehmen angepasst werden (Art.10/1, Art.5/6). g) Bei Verlusten haftet jeder Staat bis zu Höhe des eigenen Anteils am Stammkapital (Art.8/5). Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 9

V.5. Der Zahlmeister sind viele Deutschland trägt den sechstgrößten Anteil gemessen an seiner Wirtschaftskraft Quelle: iw-dienst, 30.5.13, S.3, Nr. 22 konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 10

V.5. Finanzausstattung ESM Quelle: FAZ 11.9.12 konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 11

noch 5. Quelle:http://www.cep.eu/analysen-zur-eu-politik/wirtschafts-und-stabilitaetspolitik/esm/ Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 12

noch 5. Beitragsschlüssel ESM Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 13

noch 5. Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 14

noch 5. Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 15

V.6. Finanzhilfen 6.1 Instrumente a) Kreditlinien (Art.14), Rekapitalisierung von Finanzinstituten (Art.15), Darlehen (Art.16), Anleihekäufe am Primär- und Sekundärmarktmarkt (Art. 17, 18). b) Gouverneursrat kann im gegenseitigen Einvernehmen die Instrumente ändern (Art.19/5) d.h. auch neue einführen. c) Finanzhilfen werden mit Anleihen finanziert, die ESM am Kapitalmarkt begibt. Das Stammkapital darf nicht belastet oder verpfändet werden (Art.21/1). 6.2 Voraussetzungen a) Finanzhilfen dürfen nur gewährt werden, wenn sie für die Stabilisierung der Eurozone insgesamt unabdingbar sind und der betroffene Staat strengen, dem gewählten Finanzhilfsinstrument angemessenen Auflagen unterliegt. Ein makroökonomisches Auflagenprogramm kann, muss aber nicht vereinbart werden. Bei Darlehen sind solche Programme Pflicht (Art. 12/1, Art.16/2). Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 16

noch Finanzhilfen 6.2 Voraussetzungen b) Wird ein solches Programm vereinbart, ist eine Beteiligung privater Investoren in Ausnahmefällen in angemessener und verhältnismäßiger Form in Betracht zu ziehen (Erwägungsgrund Nr. 12). c) Ab 1.1.2013 müssen alle in der Euro-Zone neu ausgegebenen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von mehr als 1 Jahr Umschuldungsklauseln enthalten (Art.12/3). d) Ab 1.3.2013 sind Finanzhilfen nur zulässig, wenn der betreffende Staat den neuen Fiskalpakt ratifiziert hat; 1 Jahr nach dessen in Kraft treten nur noch, wenn der Staat auch tatsächlich über die vom Fiskalpakt geforderte nationale Schuldenbremse verfügt (Erwägungsgrund Nr.5). Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 17

noch Finanzhilfen 6.3 Verfahren a) Antrag des Mitgliedstaates - Kommission nimmt im Benehmen mit EZB Bewertung der Gefährdung der Stabilität der Eurozone sowie Schuldentragfähigkeitsanalyse des betroffenen Staates vor, letztere wann immer angemessen und möglich mit dem IWF (Art.13/1). b) Auf dieser Grundlage entscheidet der Gouverneursrat im gegenseitigen Einvernehmen darüber, dem Staat grundsätzlich Hilfe zu gewähren (Art. 13/2, Art.5/6). c) Die Kommission im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit mit dem IWF verhandelt mit dem betroffenen Staat eine Absichtserklärung, die die wirtschaftspolitischen Auflagen enthält. Der Gouverneursrat muss zustimmen (Art.13/3/4). d) Direktorium gibt danach 1. Teil der Hilfe frei (Art. 13/5). e) Kommission überwacht im Benehmen mit der EZB und nach Möglichkeit mit dem IWF die Einahletung der Auflagen (Art.13/7) und erstellt Berichte. Nach Erhalt der Berichte gibt Direktorium weitere Teile der Hilfe im gegenseitigen Einvernehmen frei (Art.14 bis 17). Sekundärmarktkäufe können auch ohne Bericht fortgesetzt werden. f) EuGH entscheidet letztinstanzlich bei Streitigkeiten (Art. 37). Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 18

Finanzhilfen: Beschlussverfahren Quelle: Quelle:http://www.tagesgeldvergleich.net/veroeffentlichungen/wie-funktioniert-der-europaeische-stabilitaetsmechanismus.html Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 19

7. Das BVerfG: Die EZB im Graubereich zwischen Geldpolitik und Staatsfinanzierung? Die aktuellen Ankaufsprogramme der EZB 6/2011, 8/2012: EZB kauft im Rahmen des Securities Markets Programms (SMP) in großem Stil Staatsanleihen hochverschuldeter Euro-Länder. Bestand 2/2013: 218 Mrd.. Ab 9/2012 wird SMP durch Outright Monetary Transactions (OMT) abgelöst. Es handelt sich um Wertpapiergeschäfte ohne Rückkaufvereinbarung. Bis 10/2013 hat die EZB noch kein Staatsanleihenkauf getätigt. Banken aus Krisenländern erhalten über Long Term Refinancing Operations (LTRO) EZB-Liquiditätsspritzen. Die Rechtslage: Die EZB darf Regierungen ihre Anleihen nicht direkt abnehmen. Solche Primärmarktkäufe gelten als verbotene Staatsfinanzierung (Art. 123 AEUV). EZB darf Anleihen von anderen Investoren (Fonds, Banken usw.) über den Sekundärmarkt kaufen. Regierungen erhalten also kein frisches Zentralbankgeld. Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 20

7. Das BVerfG: Die Verfassungsrechtliche Problematik Urteil im Eilverfahren vom 12.9.2012: Eilanträge abgelehnt. Weitere Verhandlung im Hauptsacheverfahren gegen ESM, EZB-Anleihekaufprogramm (OMT), Staatsfinanzierung mit Urteil 2014 erwartet Quelle: FAZ 13.9.2012 konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 21

8. Bewertung und Kritik Quelle: http://www.cep.eu/analysen-zur-eu-politik/wirtschafts-und-stabilitaetspolitik/esm ESM unterscheidet sich nur unwesentlich vom EFSF; ESM als dauerhafter Bail-Out-Mechanismus mit Folgen (Art. 125 AEUV!); Einhaltung vereinbarter Auflagen nicht ernsthaft geprüft (Durchgriffsrechte?); Durchsetzbare Umschuldungsklauseln ermöglichen geordnete Beteiligung privater Investoren an Umschuldungen. Neue Öffnungsklausel (Art. 136/3 AEUV) legalisiert Finanzhilfen zur Euro-Rettung. Euro-Staaten dürfen von Art.125, 122 AEUV abweichen (völkerrechtlicher Vertrag) Unterschiede gegenüber EFSF: Staatliche Garantien und eingezahltes Kapital, ESM-Verluste zunächst aus beschränktem Reservefonds (Strafzahlungen) beglichen. Bei künftigen ESM-Verlusten ist mit Einzahlung zusätzlicher Anteile zu rechnen (Umverteilung der Ausfallrisiken auf zahlungskräftige Länder). Neu: ESM soll Abwicklung maroder Banken zwischenfinanzieren (Euro- Nebenhaushalt? (FAZ 4.9.13) Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 22

noch Kritik/Bewertung Parlamente haben Finanzministern unwiderrufliche Ermächtigung erteilt, unbegrenzt die Einzahlung von neuem Kapital auf das ESM- Konto zu fordern und dieses Kapital im Ergebnis nach freiem Ermessen zu verwenden. (Haushaltsautonomie des Bundestages?) Entscheidungsgewalt hat Gouverneursrat (Gesellschafterausschuss) d.h. die Finanzminister. Rechte im ESM werden also nicht vom Parlament wahrgenommen. Erhöhung des Kreditrahmens des ESM jederzeit änderbar. Zustimmung des Parlaments? unklarer Vertragstext. Leistet ein Staat seine Kapitaleinlage nicht, stehen die übrigen dafür ein. Entscheidungen des ESM sind geheim, Führungskräfte können weder zivil- noch strafrechtlich für Handlungen belangt werden. Gefahr: Hilfen ohne durchsetzbare Konditionalitäten! Moral hazard Verhalten bei Nehmerländern möglich. Gefahr: Staatlich geförderte Insolvenzverschleppung. Quelle: B.Brück, in FAZ 16.5.2012 konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 23

noch Kritik/Bewertung Quelle: http://www.cep.eu/analysen-zur-eu-politik/wirtschafts-und-stabilitaetspolitik/esm Deutscher Bundestag: ESM-Vertrag bedarf der Zustimmung von Bundesrat u. Bundestag mit Zweidrittelmehrheiten Alle wesentliche haushaltsrelevanten Entscheidungen des ESM setzen die Zustimmung des Plenums des Bundestages voraus. Pro: Hauptzahler Deutschland verbleibt de facto ein Vetorecht für alle wichtigen Entscheidungen innerhalb des ESM, insbesondere die Gewährung von Finanzhilfen. Contra: Dem Bail-Out-Verbot (Art. 125 AEUV) verbleibt kein relevanter Anwendungsbereich mehr, Auszahlung von Finanzhilfen setzt nicht die Einhaltung vereinbarter Reformen voraus, Trotz Haftungsbegrenzung für den einzelnen Euro-Staat droht eine Umverteilung der Ausfallrisiken zulasten zahlungskräftiger Länder. Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 24

eine abschließende Kritik Quelle: a.a.o. konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 25

und die ökonomische Wirklichkeit: Aktuelle ökonomische Basisdaten der Eurozone vs. Regeln zur Sicherung oder Wiederherstellung der finanziellen Stabilität der Euro-Zone Quelle: FAZ 11.5.2013 konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 26

8. Literatur ESM: http://www.cep.eu/analysen-zur-eu-politik/wirtschafts-undstabilitaetspolitik/esm/ ESM: http://de.wikipedia.org/wiki/europ%c3%a4ischer_stabilit%c3%a4tsmec hanismus GG 44. A., 2013 u.a. mit EUV und AEUV neueste Fassung. Jahresgutachten 2012/13 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Textziffern 161ff., 182ff. Quelle: konegen, ifpol uni münster, WS 13/14 *** 27