Positionspapier zur Nördlichen Wallhalbinsel in Lübeck 16.08.2013 Die Wirtschaft erwartet, dass Die Politik durch eindeutige Beschlüsse Planungssicherheit für Investoren schafft, die Verwaltung transparente und verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren in der Hansestadt herstellt, Nutzungskonzepte der besonderen Lage des Standortes gerecht werden und kein wirtschaftliches Risiko für die die Hansestadt entsteht, ergänzend notwendige infrastrukturelle Maßnahmen berücksichtigt und in die Gesamtkostenrechnung des Projektes eingehen, und die nördliche Wallhalbinsel als Teil einer Gesamtentwicklung am nordwestlichen Altstadtrand begriffen wird.
Gemeinsame Position zur künftigen Entwicklung Planungssicherheit durch eindeutige Beschlüsse schaffen Die Beschlusslage in der Lübecker Bürgerschaft zur Bebauung der Nördlichen Wallhalbinsel droht unklar zu werden. Investoren benötigen ein eindeutiges Bekenntnis der Politik um die nötige Planungssicherheit zu erlangen. Nur durch eine solch klare Positionierung der Politik werden Investitionen ermöglicht. Auf der nächsten Sitzung der Lübecker Bürgerschaft am 29.08.2013 muss die Politik deshalb Fakten schaffen und eine zeitnahe Entwicklung der Wallhalbinsel ermöglichen! Verlässlichkeit und Transparenz für Investoren herstellen Mit dem Beschluss des Bebauungsplanes hat die Hansestadt Lübeck die gesetzliche Grundlage für die Entwicklung der nördlichen Wallhalbinsel geschaffen, die Art und Umfang der baulichen und sonstigen Nutzungen festlegt. Das offensichtliche Interesse der Investoren zeigt die Attraktivität des Standortes. Das weitere Verfahren zur Anhandgabe und zum Verkauf der Grundstücke muss von Politik und Verwaltung verlässlich und transparent durchgeführt werden, da die Investoren eine langfristige Verbindung mit dem Standort eingehen und Planungssicherheit benötigen. Jede nachträgliche politische Einflussnahme auf die vorgelegten Projektkonzepte (wie z.b. die Integration von bezahlbarem Wohnraum) kann sich erheblich auf deren Wirtschaftlichkeit auswirken und schwächt das Vertrauen der Investoren in den Standort Lübeck insgesamt. Nutzungen auf Attraktivität und wirtschaftliche Tragfähigkeit prüfen Das Areal der nördlichen Wallhalbinsel verdient aufgrund der unmittelbaren Lage zum UNESCO-Weltkulturerbe eine besondere städtebauliche Aufmerksamkeit. Es muss das gemeinsame Ziel aller Akteure sein, das Areal einer dem Umfeld angemessenen und zukunftsfähigen Nutzung zuzuführen. Die vorliegenden Konzepte der KWL GmbH und der BIRL e.v. zur Attraktivitätssteigerung und für mehr Erlebbarkeit der nördlichen Wallhalbinsel weisen in die richtige Richtung. Aufgrund der Haushaltslage der Hansestadt Lübeck darf das Projekt jedoch nicht zum Risiko für die Stadt werden. Es bedarf einer umfassenden konservativen Kostenaufstellung, die alle erforderlichen Investitionen einbeziehen muss. Dazu gehören fundierte Aussagen zur Altlastenproblematik, der Erschließung des Areals sowie die ergänzend notwendige Infrastruktur für die Anbindung des Gebietes. Notwendige Infrastruktur zur Anbindung ergänzen Um die Anbindung der nördlichen Wallhalbinsel zu verbessern sollte die bereits im Bebauungsplan vorgesehene Querung der Trave (in Höhe des Hansemuseums) projektiert werden. Auf diese Weise kann eine attraktive Verknüpfung der touristisch interessanten Angebote sowie eine bessere Anbindung an die Lübecker Altstadt erreicht werden. Die Finanzierung soll laut Bebauungsplan über die Verkaufserlöse der Grundstücke erfolgen. Dies sollte in den vorgelegten Kostenaufstellungen eingerechnet werden. Darüber hinaus ist eine Lösung für die Anbindung der nördlichen Wallhalbinsel an den Lübecker Stadtverkehr zu entwickeln. Die ggf. erforderlichen Kosten dafür müssen ebenfalls berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu prüfen, ob für die nördliche Wallhalbinsel ein überdurchschnittlicher Stellplatzbedarf einkalkuliert werden muss. Zum einen, weil es in fuß-
läufiger Entfernung keine Angebote für die Nahversorgung gibt. Zum anderen zeigen Beispiele wie die Hafencity Hamburg, dass sich bei einer hochwertigen Wohnbebauung die Anzahl der PKW pro Wohneinheit über dem Durchschnitt bewegt. Mögliche Konflikte frühzeitig im Dialog lösen Neben der unmittelbaren Lage zur Lübecker Altstadt müssen auch die anderen Nutzungen im Umfeld der nördlichen Wallhalbinsel beachtet und auf mögliche Konflikte überprüft werden. Dazu gehören insbesondere die offensichtlich gewerbliche/ industrielle Nutzung im Gewerbegebiet Roddenkoppel sowie die Bahnstrecke Lübeck-Bad Schwartau (Fehmarnbelt-Querung, Hafenbahn), die Hafennutzung an der Einsiedelstraße und die Fa. Brüggen an der Hafenstraße. Viele der Unternehmen haben sich hier aufgrund der Lage mit Hafenanschluss etabliert. Die nördliche Wallhalbinsel kann daher nicht ohne die Roddenkoppel und ein schlüssiges Gesamtkonzept gedacht werden. Grundsätzlich sollte der Ansatz eines Masterplans für den nordwestlichen Altstadtrand wieder aufgegriffen werden, wie er bereits vor rund 20 Jahren von der Lübecker Bürgerschaft als Brückenschlag verstanden wurde. Auf Basis des bereits beschlossenen Bebauungsplans muss eine zukunftsorientierte Vorstellung formuliert werden, die den gesamten Bereich zwischen Schlachthofgelände, Roddenkoppel, Wallhalbinsel und Altstadt einbezieht und den Weg für die künftige Nutzung aufzeigt.
Hintergrundinformation Historie Ein Ensemble ehemaliger Hafen-/ Lagerschuppen aus dem letzte Jahrhundert. Nach Fertigstellung des Elbe-Lübeck-Kanals gab der Bauinspektor Peter Rehder 1905 den Startschuss für den Ausbau der Hafenanlagen zu einem Seehafen. Zudem sah der Rehder-Plan die verkehrstechnische Erschließung der Nördlichen Wallhalbinsel vor: Die Hafenanlagen wurden mit dem Eisenbahnnetz verbunden und der Gleisverlauf neu strukturiert. Zudem installierte man eine hydraulische Drehbrücke, welche die Nördliche Wallhalbinsel noch heute mit der Lübecker Altstadt verbindet. Auch der Bau der Kaimauern, Schuppen und Lagerhäuser fällt in diesen Zeitraum. Nach Vollendung des Rehder-Plans besaß Lübeck den modernsten Seehafen Europas. Durch den Ausbau der Industriegebiete im Norden Lübecks verlagerte sich das Hafengeschehen an die Ostseeküste. Für die modernen Schiffe war die Trave zu kurvenreich und eng. Der Seehafen auf der Nördlichen Wallhalbinsel verlor zunehmend an Bedeutung. Auch der Stückgutverkehr nahm kontinuierlich ab und so wurden die meisten der für die Verladung benötigten Arbeitskräne demontiert. Erhalten blieben an der Nordspitze der Halbinsel vier Kräne: ein Halbportal-Wipp-Kran (Baujahr 1917) und zwei Portalbaukräne (Baujahr 1953 und 1967) der ehemaligen Firma Kampnagel aus Hamburg sowie ein ortsfester Drehkran (Baujahr 1893) der Firma Haniel & Lueg. Sowohl alle vier Kräne, die Kaimauer als auch die Hafendrehbrücke (Baujahr 1892) mit dem dazugehörigen Peter-Rehder-Brückenhaus stehen heute unter Denkmalschutz. Seit Mitte der 1980er Jahre wurde auf der Nördlichen Wallhalbinsel nur noch Schüttgut verladen. Auch dieser Umschlag kam in den Folgejahren langsam zum Erliegen. Heute werden auf der Nördlichen Wallhalbinsel keine Güter mehr umgeschlagen. Lage Die nördliche Wallhalbinsel liegt unmittelbar am westlichen Rand der Lübecker Altstadt. Sie ist an drei Seiten von Wasser umgeben (Wallhafen, Trave (Hansa-Hafen)). Nordöstlich liegen das Gewerbe-/ Industriegebiet Roddenkoppel sowie die Bahnstrecke Lübeck-Bad Schwartau (Hinterlandanbindung FFBQ und Lübecker Hafen), nördlich die Hafenstraße mit Wohnnutzung sowie dem Gelände der Fa. Brüggen/ Burgtorkai. Südöstlich liegt die Lübecker Altstadt. Südwestlich schließt sich die mittlere Wallhalbinsel mit Parkplätzen und der Musik- und Kongresshalle (MuK) an. Durch diese Gemengelage ist die Entwicklung der nördlichen Wallhalbinsel eine planerisch und architektonisch anspruchsvolle Herausforderung. Bestehende Nutzungen Die aktuelle Nutzung besteht aus den MediaDocks (Veranstaltungszentrum, Gründerzentrum für Medienunternehmen), einigen Lagerflächen sowie dem saisonal betriebenen Strandsa-
lon. Darüber hinaus ist hier der Liegeplatz und die Werft für den Nachbau der Kraweel Lisa von Lübeck. Anbindung Die alleinige verkehrliche Anbindung erfolgt über Marienstraße und Willy-Brandt-Allee. Die nördliche Wallhalbinsel ist durch eine Straße mit historischem Kopfsteinpflaster erschlossen. Das Areal ist nicht an den Lübecker Stadtverkehr angebunden. Es gibt keine separaten Verkehrswege für Fahrradfahrer und Fußgänger. Sonstige Infrastruktur Laut Breitbandatlas Schleswig-Holstein verfügt das Areal über eine gute Breitbandversorgung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die entsprechende Infrastruktur bisher nur für die MediaDocks realisiert ist. Ortsbild Das Areal gehört nicht mehr zum Kernbereich des UNESCO-Weltkulturerbes, liegt jedoch in der engeren Pufferzone. Das Areal mit den Hafenschuppen ist nur teilweise denkmalgeschützt. Jedoch wird das Gesamtensemble in der Öffentlichkeit als prägend und erhaltungswürdig wahrgenommen. (Quelle: Umfrage LN-Online, Juli 2013) Bauleitplanung Die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck hat für das Areal der nördlichen Wallhalbinsel am 17. August 2011 den Bebauungsplan Nr. 01.75.00 als Satzung beschlossen. Der Bebauungsplan regelt die Art (Mischgebiet - MI) und das Maß der baulichen Nutzung. Da die Stadt auch das nordwestlich gelegene Gebiet Katharinenstraße/ Roddenkoppel neu ordnen möchte, und dazu den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 04.40.00 gefasst hat, wurde für dieses Gebiet am 27. September 2012 eine Veränderungssperre erlassen (2 Jahre gültig, max. um 1 Jahr verlängerbar). Projektierung Nachdem 2008 die Entwicklung der nördlichen Wallhalbinsel aufgrund der weltweiten Finanzkrise zuletzt gescheitert war, hat die KWL GmbH nun mit dem Kailine-Konzept einen neuen Anlauf gestartet. Das Konzept bewegt sich im Rahmen der beschlossenen Bauleitplanung und sieht nach dem Verkauf der Grundstücke eine gemischte Nutzung aus Büro, hochwertigem Wohnen sowie touristischen Angeboten vor. Laut dem Konzept sollen die bestehenden Hafenschuppen nicht erhalten bleiben, sondern durch eine neue Bebauung ersetzt werden. Parallel hat die Bürgerinitiative Rettet Lübeck e.v. (BIRL) ein alternatives Nutzungskonzept vorgelegt (WHIN-Konzept). Dieses sieht den Erhalt und die Sanierung der Hafenschuppen sowie einen Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten, maritimen Erlebens, Gastronomie und Veranstaltungen vor. Im Zuge der Diskussionen um das Areal vor der Bürgerschaftssitzung am 29. August 2013 hat darüber hinaus die CDU-Fraktion einen weiteren Vorschlag eingebracht, der sich an das WHIN-Konzept anlehnt und darüber hinaus Grundstücke auf der mittleren Wallhalbinsel einbezieht.