3: Eröffnung des Verfahrens A. Eröffnungsvoraussetzungen B. Eröffnungsverfahren Folie 24
A. Eröffnungsvoraussetzungen Antrag, 13 ff. InsO - Antragsrecht Gläubiger ( 14 InsO) Schuldner und Organe ( 15 InsO) - Antragspflicht: Organe ( 15a InsO) Insolvenzgrund, 16 ff. InsO - Zahlungsunfähigkeit - Drohende Zahlungsunfähigkeit - Überschuldung hinreichende Masse, 26 InsO - Gerichtskosten - Verwalterkosten Folie 25
Haftung wegen Insolvenzverschleppung ( 823 Abs. 2 BGB, 15a InsO) Verpflichteter - Geschäftsleiter einer Gesellschaft ohne persönlich haftende natürliche Person - Gesellschafter im Falle der Führungslosigkeit Unterlassen des Insolvenzantrags - Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung - Unverzüglicher Insolvenzantrag, maximal drei Wochen Verschulden, 276 BGB Geschützter Personenkreis - Altgläubiger (Quotenschaden, Folge: 92 InsO) - Neugläubiger (Vertrauensschaden, BGHZ 126, 181) Folie 26
Leitentscheidung BGHZ 126, 181 1. Ein Geschäftsführer haftet unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß nicht deswegen persönlich für eine Verbindlichkeit der GmbH, weil er zugunsten der Gesellschaft Sicherheiten aus seinem eigenen Vermögen zur Verfügung gestellt hat. 2. Die (Neu-)Gläubiger, die ihre Forderungen gegen die GmbH nach dem Zeitpunkt erworben haben, zu dem Konkursantrag hätte gestellt werden müssen, haben gegen den insoweit schuldhaft pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer einen Anspruch auf Ausgleich des vollen - nicht durch den "Quotenschaden" begrenzten - Schadens, der ihnen dadurch entsteht, daß sie in Rechtsbeziehungen zu einer überschuldeten oder zahlungsunfähigen GmbH getreten sind (insoweit Aufgabe BGHZ 29, 100). Folie 27
Zu den Haftungsvoraussetzungen BGH ZIP 2012, 1174: Verfügt der Geschäftsführer einer GmbH nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss, hat er sich bei Anzeichen einer Krise der Gesellschaft unverzüglich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person beraten zu lassen. Der Geschäftsführer darf sich nicht mit einer unverzüglichen Auftragserteilung begnügen, sondern muss auch auf eine unverzügliche Vorlage des Prüfergebnisses hinwirken. BGH ZIP 2012, 723: Die Voraussetzungen der Zahlungseinstellung gelten nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung als bewiesen, wenn der Geschäftsführer einer GmbH, der von einem Gesellschaftsgläubiger wegen Insolvenzverschleppung in Anspruch genommen wird, seine Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern und Belegen verletzt hat und dem Gläubiger deshalb die Darlegung näherer Einzelheiten nicht möglich ist. Folie 28
Haftung wegen Masseschmälerung ( 64 Satz 1 und 2 GmbHG) Adressat: Geschäftsführer + faktische Geschäftsführer Zahlungen und sonstige Masseschmälerungen - Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung - Weiter Zahlungsbegriff (Zweck, verteilungsfähiges Vermögen einer insolvenzreifen Gesellschaft zu erhalten) Zahlungen, Lieferungen Rechtsübertragungen, Dienstleistungen Problematisch, inwieweit Gegenleistungen anzurechnen sind, vgl. BGH v. 18.11.2014 - II ZR 231/13. Irrelevant ist Begründung von Verbindlichkeiten Ausschluss durch Absatz 2 - Aufrechterhaltung des (sanierungsfähigen) Betriebs - Normkonflikt bei drohender Strafbarkeit (Ausnahmefall) Verschulden (Erkennbarkeit) Folie 29
Zahlungsunfähigkeit ( 17 f. InsO) Zahlungsunfähigkeit ( 17 InsO) - Zeitpunkt-Illiquidität - Abgrenzung zur Zahlungsstockung (BGHZ 163, 134): Liquiditätslücke von mehr als 10 % Nicht innerhalb von drei Wochen zu beseitigen Aber: Ausnahmen möglich - Zahlungsunfähigkeit bei geringerer Lücke - Keine Zahlungsunfähigkeit wegen besonderer Umstände Drohende Zahlungsunfähigkeit ( 18 InsO) - Zeitraum-Illiquidität Folie 30
Überschuldungsprüfung, 19 InsO Überschuldungsbilanz nach Zerschlagungswerten: Überwiegen die Passiva die Aktiva? Ja Nein Fortführungsprognose ( 19 II): Ist Fortführung des Unternehmens wahrscheinlich? = Liquiditätsprognose (drohende Zahlungsunfähigkeit) Keine Überschuldung Ja Keine Überschuldung Nein Überschuldung steht fest. Folie 31
Stundung der Verfahrenskosten ( 4a ff. InsO) Natürliche Person Keine hinreichende Masse Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung Keine Unzulässigkeit des Antrags nach 287a Abs. 2 InsO Kein Versagungsgrund nach 290 Abs.1 Nr.1 InsO Folie 32
Entscheidung des Gerichts Ablehnung der Insolvenzeröffnung, 26, 34 I InsO oder Insolvenzeröffnungsbeschluss, 27 ff. InsO - Inhalt: 27 ff. InsO - Bekanntmachung: 30 InsO - Registereintragung: 31 f. InsO Folie 33
B. Eröffnungsverfahren Verfahrensalternativen: Klassisches Eröffnungsverfahren, 21 ff. InsO Vorläufige Eigenverwaltung, 270a InsO Sog. Schutzschirmverfahren, 270b InsO Folie 34
Zeitabschnitte Eröffnungs antrag Verfahrenseröffnung 3 Monate: Krise Eröffnungsverfahren Insolvenzverfahren Sicherungsanordnungen 80 f., 91 InsO: Verwalter statt Insolvenzschuldner Folie 35
Sicherungsmaßnahmen im Regelverfahren Vorläufiger Insolvenzverwalter, 21 II Nr. 1, 22 InsO Verfügungsbeschränkungen, 21 II Nr. 2, 24, 81 f. InsO Vollstreckungsverbot, 21 II Nr. 3 InsO Postsperre, 21 II Nr. 4, 99 InsO Verwertungsverbot und Nutzungsrecht, 21 II Nr. 5 InsO Sonstiges Folie 36
Massegenerierung im Eröffnungsverfahren Insolvenzgeld, 165 ff. SGB III Nichtabführung von Sozialabgaben, Nichtabführung der Umsatzsteuer bei Eigenverwaltung ( 55 Abs. 4 InsO setzt vorläufigen Insolvenzverwalter voraus), Nichtzahlung von ungesicherten Altverbindlichkeiten. Folie 37
165 Abs. 1 Satz 1 u. 2 SGB III (1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als Insolvenzereignis gilt 1. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers, 2. die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt. Folie 38
Vorl. Eigenverwaltung und Schutzschirm 270a InsO jeder Eröffnungsgrund Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bei Schuldner Ermessensentscheidung nach 21 Abs. 1 InsO, dass Sch. Masseverb. begründen kann. Aufsicht durch Sachwalter Anordnung sonstiger Sicherungsmaßnahmen auch auf Antrag des Schuldners möglich 270b InsO Zahlungsunfähigkeit schließt aus, ggf. Anzeigepflicht, 270b IV 2 InsO Sanierung nicht offens. aussichtslos Bescheinigung über Voraussetzungen ebenso Anordnung nach 270b III InsO ( hat ), dass Schuldner Masseverbindlichkeiten begründen kann. Vorschlagsrecht des Schuldners ebenso, Vollstreckungsverbot ist auf Antrag anzuordnen. Folie 39
Problem: Begründung von Masseverbindlichkeiten Grundsatz: Bei der Bestellung eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters können im Eröffnungsverfahren weder der Schuldner noch der vorläufige Insolvenzverwalter Masseverbindlichkeiten begründen ( 55 II, 21 I u. II InsO). Nach 55 II InsO kann der vorläufiger Insolvenzverwalter Masseverbindlichkeiten nur dann begründen, wenn auf ihn die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist. Dies setzt nach 22 I InsO voraus, dass dem Schuldner nach 21 II Nr. 2 Fall 1 InsO ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde (BGHZ 151, 353 = ZIP 2002, 1625), also ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde. Folie 40
Lösung des BGH Einzelermächtigungen: Der vorläufige schwache Insolvenzverwalter kann durch gesonderten gerichtlichen Beschluss im Einzelfall dazu ermächtigt werden, bestimmte Masseverbindlichkeiten zu begründen, falls damit der Erfolg der gesamten Geschäftsfortführung steht und fällt (BGHZ 151, 353). Folie 41
Schutzschirm -Verfahren ( 270b InsO) 270b III: Auf Antrag des Schuldners hat das Gericht anzuordnen, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründet. 55 Absatz 2 gilt entsprechend. - Globalermächtigung mit umfassender Befugnis zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ausdrücklich zulässig, - Einzelermächtigung aber gleichfalls wegen des mit dem klassischen Eröffnungsverfahren übereinstimmenden Bedürfnis statthaft (LG Dresden ZIP 2013, 2116; Klinck ZIP 2013, 853, 857; Pape ZIP 2013, 2285, 2291). Folie 42
AG Ludwigshafen am Rhein ZIP 2014, 1134 1. Die Anordnung gem. 270b Abs. 3 InsO, dass der Schuldner im Schutzschirmverfahren Masseverbindlichkeiten begründet, erfolgt ohne materielle Prüfung des Gerichts. 2. Die Anordnung kann auf die Begründung einzelner Masseverbindlichkeiten reduziert werden (Einzelermächtigung) und unterliegt auch dann keiner materiellen Prüfung durch das Gericht. 3. Bei einer Einzelermächtigung auf Grundlage des 270b Abs. 3 InsO erfolgt zwar keine sachliche Prüfung, ob die neu zu begründenden Verbindlichkeiten erfüllt werden können, die begehrte Ermächtigung muss aber dennoch den allgemeinen formellen Anforderungen an eine Einzelermächtigung genügen. 4. Anordnungen gem. 270b Abs. 3 InsO treten mit Beendigung des Schutzschirmverfahrens außer Kraft. 5. Das Schutzschirmverfahren endet mit dem Ablauf der Vorlagefrist für den Insolvenzplan, ohne dass es einer gerichtlichen Aufhebungsentscheidung bedürfte. Folie 43
Bloßes Eigenverwaltungs- Eröffnungsverfahren ( 270a InsO) AG München ZIP 2012, 1470 (ebenso AG Köln ZIP 2012, 788 Pape ZIP 2013, 2285, 2292): Hat der Schuldner die Eigenverwaltung beantragt und wurde gemäß 270a Abs. 1 InsO ein vorläufiger Sachwalter bestellt, so können dem Schuldner (nicht dem vorläufigen Sachwalter) Einzelermächtigungen zum Eingehen von Masseverbindlichkeiten erteilt werden. Es steht im Ermessen des Gerichts die Einzelermächtigungen an die Zustimmung des vorläufigen Sachwalters zu knüpfen. Zur Begründung siehe insbesondere Graf-Schlicker, in: Graf- Schlicker (Hrsg.), InsO, 4. Aufl., 270a Rn. 16: Mangels eigenständiger Regelung in 270a InsO gilt wegen 270 Abs. 1 S. 2 InsO die Ermächtigung des 21 Abs. 1 InsO. Das Gericht hat danach erforderliche Sicherungsanordnungen zu treffen, insbesondere den Schuldner zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten zu ermächtigen. 270a Abs. 1 InsO schließt nur Anordnungen nach 21 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 InsO aus. Folie 44