Abschlussbericht. Nachuntersuchung Mutter-Kind-Behandlung. Station 43. Psychiatrisches Zentrum Nordbaden. Wiesloch

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Transkript:

Abschlussbericht Nachuntersuchung 2010 Mutter-Kind-Behandlung Station 43 Psychiatrisches Zentrum Nordbaden Wiesloch Natalie Baranski Dr. Christiane Hornstein Dr. Patricia Trautmann-Villalba

Einleitung Die stationäre Behandlung postpartal erkrankter Mütter und ihrer Kinder im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden/Wiesloch hat sich innerhalb der letzten 10 Jahre gut etabliert. Sie wurde von Müttern aus ganz Deutschland in Anspruch genommen. In den letzten Jahren haben die Anfragen für die stationäre Aufnahme aus dem süddeutschen Raum, insbesondere aus der Region Baden zugenommen. Die Inanspruchnahme aus dem Rhein-Neckar-Kreis ist gestiegen, was aus der Kooperation mit dem Jugendamt Rhein-Neckar-Kreis im Projekt Hand in Hand resultiert. Es ist zu erwarten, dass dieser Trend künftig zunehmen wird, so dass die regionale Versorgung von postpartal erkrankten Müttern und ihren Familien gegenüber der überregionalen überwiegen wird. Diese Entwicklung wird sich auch deshalb verstärken, da Mutter-Kind-Behandlungseinheiten in anderen Regionen eröffnet wurden oder im Aufbau befindlich sind. Viele der Einheiten haben unser Therapieprogramm in ihre Konzeption übernommen und wurden beim Aufbau der Einheit beraten und supervidiert (insgesamt über 20 Mutter-Kind-Einheiten, z.b. Münchenhaar, Dresden, Leipzig, Nürnberg, Magdeburg, Wien). Bei den aus der Arbeitsgruppe initiierten jährlichen Treffen der deutschsprachigen Mutter- Kind-Einheiten ist jedoch deutlich geworden, dass bisher einheitliche Qualitätsmerkmale fehlen, die zwischen Mutter-Kind-Einheiten und reinen Rooming-in-Angeboten differenzieren. Im Gegensatz zu Rooming-in-Angeboten wird in den Therapeutischen Mutter-Kind-Einheiten sowohl die Erkrankung der Mutter als auch die Mutter-Kind- Beziehung zur Prävention von kindlichen Entwicklungsrisiken und Kindeswohlgefährdung behandelt. Insgesamt hat sich die Versorgungslage für postpartal erkrankte Frauen und ihre Kinder verbessert (Turmes & Hornstein, 2007). Der Bedarf ist trotzdem bei weitem nicht gedeckt. Der bedarfsgerechte Ausbau scheitert immer noch an den gesundheitspolitischen Vorgaben. Der Mehraufwand für die stationäre psychiatrisch/psychotherapeutische Mutter- Kind-Behandlung kann bisher nicht abgerechnet werden. Ein erster Fortschritt ist insofern erzielt worden, als eine Zusatzcodierung in den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) aufgenommen wurde. Die Entwicklung von Qualitätsmerkmalen einer therapeutischen Mutter-Kind-Einheit ist daher als Nachweis der Finanzierungswürdigkeit des Behandlungsangebotes durch die Kassen dringend notwendig.

Die Nachuntersuchung Teil 1: Telefonische Nachbefragung Das Ziel des ersten Teiles der Untersuchung war die Erhebung der subjektiven Einschätzung des Behandlungsergebnisses im poststationären Verlauf. Hierzu wurde ein Fragebogen erstellt. Die Fragen wurden so konzipiert, dass die Frauen offen antworten konnten. Die Antworten wurden jedoch vom Versuchsleiter in Kategorien eingeteilt. Folgende Bereiche wurden erfragt: 1. Psychisches Befinden nach der Entlassung 2. Medikamenteneinnahme 3. Weitere Geburten Stichprobe: Für die Befragung haben wir Frauen telefonisch kontaktiert, bei denen der poststationäre Verlauf sich über mindestens zwei Jahre erstreckte. Somit wurden 302 Frauen befragt, die im Zeitraum 2000-2008 bei uns in Behandlung waren. Die Befragung fand 2010 statt. Bei den 302 Frauen ergab sich folgende Diagnosenverteilung: 5% depressive Erkrankung n=128 22% 42% Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis n=93 sonstige Erkrankung n=65 fehlende Daten* n=16 31% * Bemerkung: Bei einigen alten Akten konnten keine genauen Daten herausgefunden werden. Von den Frauen - waren 59 (20 %) verzogen, - haben 150 (50 %) nicht geantwortet und - 93 (31 %) waren mit der telefonischen Befragung einverstanden. - N = 90 (30 %) Frauen wurden in die Befragung einbezogen.

Diagnoseverteilung bei den befragten Frauen (N = 90): 11% 1% Depressive Erkrankung n=49 33% 55% Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis n=30 sonstige Erkrankungen n=10 fehlende Daten n=1* * Bemerkung: Bei einigen alten Akten konnten keine genauen Daten herausgefunden werden. In die Stichprobe wurden signifikant mehr depressive Frauen einbezogen (p =.005). Psychisches Befinden nach der Entlassung (N = 90) 60 50 40 in % 30 20 10 52,2 22,2 22,2 bis 2 Wochen 3 Wochen bis 6 Monate länger als 6 Monate 0 Dauer zur psychischen Stabilität (N = 90) 48% der Frauen gaben an, dass es Ihnen nach der Entlassung gut gegangen sei. Von den 52 % der Frauen, die nach der Entlassung Schwierigkeiten mit ihrem Befinden hatten, wurden die folgenden Bereiche angegeben (Mehrfachantworten möglich): - 37 % psychische Befindlichkeit - 32 % Alltagsbewältigung - 14 % soziale Isolation - 11 % Umgang mit dem Kind - 10 % Partnerbeziehungen

Bei diesen Problembereichen erwiesen sich folgende Unterstützungsmaßnahmen als hilfreich (Mehrfachantworten möglich): - 30 % Unterstützung durch Familie und Freunde - 26 % fachliche Hilfe (Gesundheitssystem, Jugendhilfe) - 11 % Unterstützung durch Partner - 10 % Aktivitäten außer Haus (z.b. Sport, Krabbelgruppe) Über einen erneuten stationärer Aufenthalt berichteten 24 % der Frauen. Weitere 28% wurden ambulant behandelt. Medikamentencompliance (N = 90) 97 % nahmen ihre Medikamente nach der Entlassung wie verordnet ein. Weitere Geburten (N = 90) 87 % der Frauen haben kein weiteres Kind bekommen. Viele Frauen gaben an, zuviel Angst vor einer erneuten Erkrankung zu haben. Für keine der beschriebenen Ergebnisse konnten signifikante diagnosenspezifische Unterschiede gefunden werden.

Die Nachuntersuchung Teil 2: Nachuntersuchung von Mutter und Kind Diejenigen befragten Frauen, die in einem Umkreis von 100 km wohnten und deren Kind im Alter von 2-9 Jahren alt war, wurden eingeladen, ins Psychiatrische Zentrum Nordbaden zu einer Untersuchung zu kommen. Als Anreiz sollten die Rückerstattung der Fahrtkosten dienen sowie eine Bonuszahlung von zusätzlichen 50. 41 Mutter-Kind- Paare konnten auf diese Weise für die Nachuntersuchung gewonnen werden. 21 weitere Frauen erfüllten zwar die Kriterien, konnten jedoch nicht zur Teilnahme motiviert werden. Folgende Bereiche wurden untersucht: - das soziale und berufliche Funktionsniveau der Mutter zum Untersuchungszeitpunkt - psychische Symptomatik der Mutter zum Untersuchungszeitpunkt - elterlicher Erziehungsstress - Verhaltensauffälligkeiten des Kindes - kognitive Entwicklung des Kindes Stichprobe Bei der Studiengruppe (N = 41) ergab sich folgende Diagnoseverteilung: 17% Depressive Erkrankung n = 23 27% 56% Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis n = 11 sonstige Störungen n = 7 Kein Unterschied bezüglich der Diagnose oder des poststationären Verlaufs Das soziale und berufliche Funktionsniveau der Mutter zum Untersuchungszeitpunkt (N = 41) Bei den Frauen wurde zunächst die Skala zur Erfassung des Sozialen und Beruflichen Funktionsniveaus (SOFAS, Skala 0-100) ausgefüllt. Das beste Funktionsniveau zeigte sich bei den Frauen, die mit der Diagnose einer Depression behandelt wurden. Die Diagnosenunterschiede waren jedoch nicht signifikant.

82 80 78 76 74 72 70 81,27 73,6 77,43 Depressive Schizophrene Sonstige 68 SOFAS (p =.264) Psychische Symptomatik der Mutter zum Untersuchungszeitpunkt (N = 41) Die Mütter sollten weiterhin die Symptomcheckliste SCL-90-R beantworten. Diese misst die subjektiv empfundene Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome. T-Wert > 60 Gesamt n=40 Depressive n=23 Schizophrene n=11 Sonstige n=7 Diagnosenunterschied Somatisierung 10 % 17 % 0 % 0 % p =.162 Zwanghaftigkeit 20 % 30 % 0 % 14 % p =.090 Sozialkontakt 15 % 26 % 0 % 0 % p =.056 Depressivität 15 % 22 % 0 % 14 % p =.226 Ängstlichkeit 12 % 13 % 9 % 14 % p =.922 Aggressivität 7 % 13 % 0 % 0 % p =.265 Phobische Angst 20 % 26 % 18 % 0 % p =.287 Paranoides Denken 7 % 13 % 0 % 0 % p =.265 Psychotizismus 10 % 9 % 18 % 0 % p =.446 GSI (globaler Wert) 10 % 13 % 0 % 14 % p =.430 Depressive Patientinnen zeigen tendenziell die häufigsten Auffälligkeiten. Jedoch ist dieser Diagnosenunterschied nicht signifikant. Nur in den Skalen Zwanghaftigkeit und Phobische Angst liegt die Studiengruppe leicht über der Normstichprobe (15 % T-Wert > 60). Elterlicher Erziehungsstress (N = 41) Als nächstes wurde der Parenting Stress Index (PSI) ausgefüllt, ein Selbstbeurteilungsverfahren zur Erfassung der Stressbelastung von Eltern. In sechs Subskalen (z.b. Hyperaktivität /Ablenkbarkeit, Anpassungsfähigkeit, Stimmung, positive Verstärkung) werden die Charakteristika des Kindes und in weiteren sieben Subskalen

(z.b. Zweifel an der elterlichen Kompetenz, Depression, elterliche Bindung) die Persönlichkeit sowie die situationalen Variablen der Eltern erfasst. 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 90,2 85,4 90,2 unauffällig auffällig (PR (PR? 80) 80) 30% 20% 10% 0% 9,8 Kindskalen (p=.960) 14,6 Elternskalen (p=.058) 9,8 Gesamt (p=.134) 90 % bzw. 85 % der Stichprobe unter einem Prozentrang von 80 und sind somit unauffällig (kein signifikanter diagnosenspezifischer Unterschied). Verhaltensauffälligkeiten des Kindes (N = 41) Mit der Child Behavior Checklist wird die elterliche Beurteilung des kindlichen Verhalten in folgenden übergeordneten Skalen erfasst: externalisierende Auffälligkeiten, internalisierende Auffälligkeiten und Gesamtauffälligkeiten. unauffällig (T-Wert < 60) Grenzbereich auffällig (T-Wert > 63) 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Internalisierendes Verhalten (p=.596) Externalisierendes Verhalten (p=.719) Gesamt (p=.406)

Nur die internalisierenden Verhaltensauffälligkeiten waren bei der Studiengruppe im Vergleich zur Norm überrepräsentiert (Studiengruppe 68 % vs. 82 % Norm). Auch für die CBCL ergeben sich keine diagnosenspezifischen Unterschiede. Es wurde folgender Zusammenhang zwischen der Symptomatik und den internalisierenden Verhaltensauffälligkeiten untersucht. SCL-Skalen GSI Aggressivität Ängstlichkeit Depressivität Soziale Unsicherheit Zwanghaftigkeit Somatisierung Phobische Angst Paranoides Denken Psychotizismus Internalisierendes Verhalten p=.014* p=.181 p=.020* p=.140 p=.072 p=.010* p=.021* p=.000** p=.008** p=.182 Das subjektive Befinden der Mutter, wie ängstliche Symptomatik, Zwanghaftigkeit und Somatisierung, korrelierte signifikant mit den internalisierenden Verhaltensweisen des Kindes. Kognitive Entwicklung des Kindes (n = 29) Untersucht wurden Kinder zwischen dem 3. und 9. Lebensjahr (n=29) mithilfe des Psycholinguistischen Entwicklungstest (PET). 78 % der Kinder lagen im unauffälligen Bereich (keine diagnosenspezifischen Unterschiede).

Fazit Die Ergebnisse der telefonischen Nachbefragung zeigen, dass fast die Hälfte der Frauen (48 %) aus unserer Studiengruppe von depressiv, psychotisch und neurotischbzw. persönlichkeitsgestörte Frauen sich sofort nach Entlassung psychisch stabil erlebten. Ein weiteres Viertel erreichte ein stabiles Befinden innerhalb der ersten sechs Monate nach Entlassung. Nur 10 % der Frauen fühlten sich noch unsicher in der Mutter-Kind- Beziehung. Da die Störung der Mutter-Kind-Beziehung ein Aufnahmekriterium war, spricht dieses Ergebnis dafür, dass unser Therapieprogramm in diesem Bereich wirksam war. Auch konnten der Befragung zufolge von den Frauen nach der Entlassung diejenigen Maßnahmen genutzt werden, die in der Therapie als hilfreich erarbeitet wurden. 30 % konnten z.b. auf ihre Familie und Freunde zurückgreifen, um sich zu stabilisieren, was ihnen vor der Behandlung nicht möglich war. Auch der Langzeitverlauf der hier behandelten Patientinnen war günstig. Nur ein Viertel der Frauen wurde im Katamnesezeitraum von bis zu 10 Jahren wieder stationär aufgenommen. Ein weiteres Viertel gab an, in ambulanter Behandlung gewesen zu sein, worunter auch die ambulante Nachbehandlung fiel. Psychische Erkrankungen haben generell ein hohes Rezidivrisiko. Das Risiko liegt für Depressionen bei 60 %. Wenn diese postpartal auftreten, ist das Risiko deutlich höher (O Hara, Neunaber & Zekoski, 1984). Die Ergebnisse der Nachbefragung sprechen dafür, dass bei der Studiengruppe Rezidive selten auftraten. Eine Erklärung für diesen günstigen Verlauf könnte die hohe Medikamentencompliance unserer Patientinnen von 97 % sein. Im Allgemeinen liegt diese in der Allgemeinpsychiatrie bei 60%. Medikamentencompliance setzt Krankheitseinsicht und ein Krankheitskonzept voraus, das in das Selbstbild gut integriert ist. Damit geht auch eine realistische Einschätzung der individuellen Belastbarkeit einher. Die Ergebnisse unserer Nachbefragung sprechen dafür, dass Einsicht in die Erkrankung und das Rezidivrisiko bei vielen Frauen in die weitere Lebensplanung hinsichtlich einer neuen Mutterschaft eingegangen ist. Nur 13 % haben ein weiteres Kind bekommen. 87% haben auf ein weiteres Kind verzichtet aus Furcht, bei einer erneuten Schwangerschaft wieder zu erkranken. Hervorzuheben ist, dass die Diagnosen der Patientinnen keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Nachbefragung hatten. Dies könnte bedeuten, dass in unserer Studiengruppe der Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Erkrankung im Erleben der Betroffenen entscheidender war als die Diagnose. Mit unserer telefonischen Nachbefragung konnten wir nur 30 % der Patientinnen erreichen, was sich auch damit erklären lässt, dass das Behandlungsangebot von Frauen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum genutzt wurde. Bei 20 % konnten wir die Anschriften nicht mehr ausfindig machen. Dadurch ist eine Selektion entstanden, die die Aussagekraft der Nachbefragung limitiert. Auch bei der persönlichen Nachuntersuchung im PZN handelt es sich um eine selektive Gruppe, da nur die Mütter aus dem Umkreis eingeladen wurden. Zwei Drittel der Frauen, die die Einschlusskriterien erfüllten, konnten zur Teilnahme motiviert werden. Die Nicht-Teilnahme konnte weder durch die Diagnose noch durch den poststationären Verlauf erklärt werden, sodass die Ergebnisse repräsentativ für die von uns definierte Stichprobe sind. Die Mütter zeigten ein hohes soziales Funktionsniveau (SOFAS). Dies galt erfreulicherweise auch für Mütter mit schizophrenen Erkrankungen. Obwohl das Funktionsniveau bei den depressiven Patienten tendenziell höher lag, gaben diese mehr

Beschwerden (SCL-90-R) an, vor allem in den Bereichen Zwanghaftigkeit und Phobischer Angst. Insgesamt lagen jedoch die beklagten Beschwerden weitgehend im Normbereich. Die von uns behandelten Frauen sind somit unabhängig von der Diagnose der Indexerkrankung größtenteils beschwerdefrei und sozial gut integriert. Auch in ihrer mütterlichen Kompetenz und im alltäglichen Umgang mit den Kindern erleben sie sich als sicher und stressfrei (PSI). Entgegen den in der Literatur beschriebenen Befunden der kognitiven Beeinträchtigungen von Kindern postpartal erkrankter Frauen haben wir solche in unserer Studiengruppe nicht festgestellt (PET). Das gleiche gilt für die emotionale Entwicklung der Kinder, die in 78 % unauffällig war. Bei denjenigen, die aus Sicht der Eltern emotionale Auffälligkeiten zeigten (CBCL), waren es vor allem internalisierende Verhaltensauffälligkeiten, für die sich ein Zusammenhang mit mütterlicher Symptombelastung zeigte, wie z.b. mit Ängstlichkeit und Somatisierungssymptomen der Mutter. Ob hierbei die Symptomatik in die Wahrnehmung des Kindes einging oder die Kinder tatsächlich internalisierende Verhaltensauffälligkeiten tendenziell häufiger als die Normstichprobe zeigen, müsste durch weitere Untersuchungen geklärt werden. Insgesamt sprechen die kindsbezogenen Ergebnisse dafür, dass diejenigen Kinder, die mit ihren Müttern bei uns in Behandlung waren, in ihrer Entwicklung bisher nicht auffällig sind. Bereits in unserer Untersuchung zur Qualitätssicherung konnten wir zeigen, dass innerhalb eines 6-wöchigen-Behandlungszeitraums sich das psychische Befinden der behandelten Mütter, das soziale Funktionsniveau, das Selbsterleben mütterlicher Kompetenz und die Mutter-Kind-Beziehung sich signifikant gebessert hatte. Alle positiven Behandlungseffekte blieben auch in der 6-Monats-Katamnese stabil. Die jetzige telefonische Nachbefragung bestätigt, dass die Mütter sich nach der Behandlung gut in ihren häuslichen Alltag integrieren konnten. Auch der Langzeitverlauf war besonders günstig. Ebenso scheint präventive Ansatz der Mutter-Kind-Behandlung im Hinblick auf die kindliche Entwicklung zielführend zu sein. Die hier dargestellten Ergebnisse können somit als Nachweis der Nachhaltigkeit der Behandlungsqualität gelten.

Literatur Turmes, L., Hornstein, C. (2007). Stationäre Mutter-Kind-Behandlungseinheiten in Deutschland, Ein Bericht zum Status Quo. Nervenarzt, 78, 773 779. O'Hara, M.W., Neunaber, D.J. & Zekoski, E.M. (1984). Prospective Study of Postpartum Depression: Prevalence, Course and Predictive Factors. J Abnor Psychol, 93, 158-171.