Transference Focus Psychotherapie TFP Behandlungsansätze Möglichkeiten Grenzen Alexianer Krankenhaus Berlin

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Transkript:

Transference Focus Psychotherapie TFP Behandlungsansätze Möglichkeiten Grenzen 02.06.2017 Alexianer Krankenhaus Berlin Dr. Mathias Lohmer TFP-Institut München Dr. Birger Dulz TFP-Institut Nord

Übersicht 1. Diagnostische Kriterien (DSM-IV) für die Borderline Persönlichkeitsstörung 2. Essentials der TFP 3. Rahmenbedingungen und Behandlungstechnik der TFP 4. Anfangsphase der TFP 5. Behandlungsprinzipien der TFP 6. Kontraindikationen für TFP

1. Diagnostische Kriterien (DSM-IV) für die Borderline Persönlichkeitsstörung

Diagnostische Kriterien (DSM-IV) für die Borderline Persönlichkeitsstörung Ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie von deutlicher Impulsivität. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter, manifestiert sich in verschiedenen Lebensbereichen. Mindestens 5 der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein: (1) verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind. (2) Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist. (3) Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung. (4) Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen (Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, Fressanfälle"). Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind.

Diagnostische Kriterien (DSM-IV) für die Borderline Persönlichkeitsstörung (5) Suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen Selbstverletzungsverhalten. (6) Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z.b. hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage dauern). (7) Chronische Gefühle von Leere. (8) Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren (z.b. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen). (9) Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome.

Prävalenz der Komplexen PTSD bei Patienten mit einer BPD 80% 20%

2. Essentials der TFP

Übereinstimmungen bezüglich der Psychotherapie- Verfahren bei Borderline-Störungen Die Therapie erfolgt kohärent-konzeptgeleitet und strukturiert Die Therapie ist beziehungs- und störungsorientiert Die Behandlungstechnik ist dementsprechend für die Bedürfnisse von schwer persönlichkeitsgestörten oder/und traumatisierten Patienten modifiziert Die Behandlungsstrategien und -ziele sind für Patienten und Behandler klar erkennbar Es erfolgt regelmäßige hochqualifizierte Supervision Es werden Strategien für Notfälle und Krisensituationen vorgehalten Der Therapieerfolg ist dosisabhängig Dr. Birger Dulz (Bolm 2007)

Beziehungszentrierte Psychodynamische Psychotherapie Im Rahmen der Therapie werden neue positive Beziehungserfahrungen (Haltende Funktion i.s. von Winnicott) gemacht, die die Relevanz der alten traumatischen Erfahrungen minimieren, so dass neue Beziehungsmuster zunächst erprobt im Rahmen der Therapie ermöglicht werden. Je mehr gute Erfahrungen in den neuronalen Netzwerken abgespeichert werden können, desto normaler werden die Beziehungsmuster (strukturelle Ebene/Abwehrmechanismen) und desto weniger werden die Symptome (deskriptive Ebene) Dr. Birger Dulz

Essentials der TFP TFP wurde aus der (stationären) Behandlungspraxis heraus orientiert an der Phänomenologie und Dynamik der Borderline-Störung entwickelt. TFP ist eine aktiv intervenierende Methode. TFP ist ein strukturiertes und strukturierendes Verfahren, das dem Patienten mit seinem inneren und äußeren Chaos Halt gibt durch Betonung eines festen Rahmens mit festen Grenzen. TFP bedient sich einer metaphorischen Sprache.

Essentials der TFP TFP arbeitet den Spaltungstendenzen des Patienten entgegen, indem voneinander abgespaltene negative und positive Selbstanteile des Patienten, die als verwirrend und ängstigend erlebt werden, miteinander in Verbindung gebracht werden, was langfristig Angst mindernd wirkt. TFP achtet systematisch auf 3 (oder 4) Kanäle der Kommunikation und klärt Widersprüche zwischen den Botschaften auf diesen verschiedenen Kanälen systematisch auf: Kanal 1: Verbale Mitteilungen des Patienten Kanal 2: Nonverbale Mitteilungen Kanal 3: Gegenübertragung Kanal 4: im stationären Setting: die therapeutische Gemeinschaft

TFP: N of 90 Attachment pattern und reflective functioning [als Funktion der Zeit] (Levy et al, 2006) 4,5 4,3 4,1 3,9 3,7 3,5 3,3 3,1 2,9 2,7 2,5 RF Time 1 RF Time 2 TFP DBT SPT

3. Rahmenbedingungen und Behandlungstechnik der TFP

Rahmenbedingungen und Behandlungstechnik der ambulanten TFP Setting: Einzelpsychotherapie im Sitzen Dauer: 1-3 Jahre Frequenz: 2 Wochenstunden, insgesamt 50 bis 80 (bis 160) Sitzungen Vertrag: Klärt Rahmenbedingungen, Therapiemethode, Rollen und Verantwortlichkeiten von Patient und Therapeut Technik: Klärung, Konfrontation und Interpretation Übertragung: Analyse der Übertragung als Mittel zur Veränderung der gespaltenen, polaren, verzerrten Beziehungsmuster in integrierte, differenzierte, komplexe Objektbeziehungen Fokus: Affektgeladene Themen, die in der Beziehung zwischen den Borderline-Patienten und ihren Therapeuten im Hier- und Jetzt der Übertragung auftauchen. Ziele/Folgen: Kontrolle des pathologischen Verhaltens, Affektregulation

Rahmenbedingungen und Behandlungstechnik der stationären TFP Setting: Einzel- und Gruppenpsychotherapie auf der Basis einer therapeutischen Gemeinschaft Dauer: ca. 12 Wochen Frequenz: 1-2 Einzelstunden wöchentlich, 2 Gruppenstunden, begleitende Therapien Vertrag: Klärt Rahmenbedingungen, Hausordnung, Therapiemethode, Rollen und Verantwortlichkeiten von Patient und Therapeuten Technik: Klärung, Konfrontation und Interpretation. Supportive Interventionen in der Milieutherapie Übertragung: Analyse der Übertragung: Aufgespaltene Teilobjektübertragungen gegenüber Team und Klinik werden in den ver- schiedenen Settings, speziell der Einzeltherapie, gedeutet. Fokus: Destruktive Muster, die eine ausreichende Stabilität im Alltag und die Möglichkeit, kontinuierlich eine ambulante Therapie zu nutzen, behindern. Ziele/Folgen: Kontrolle des pathologischen Verhaltens, Affektregulation

Stationäre Indikationen aus der TFP- Perspektive Psychopathologie und Psychodynamik depressiv-suizidale Syndrome, SVV, schwere Angst, Essstörung, Abhängigkeit bzw. ausgeprägte behandlungsbedürftige Komorbidität Unfähigkeit, Symptome ausreichend zu kontrollieren Unfähigkeit, zwischen den Stunden zurecht zu kommen antisoziale Persönlichkeitszüge Unaufrichtigkeit therapeutische Krisen im ambulanten Setting

4. Anfangsphase der TFP

Anfangsphase der TFP 1. Therapiebeginn: Diagnostik 2. Contract-Setting-Phase 3. Frühe Phase der Behandlung (1/2 1 Jahr)

TFP-Diagnostik Eine sorgfältige Diagnostik schützt vor falschen Behandlungen und hat therapeutische Wirkung! Phänomenologisch-deskriptiv:DSM-IV, ICD-10 (SCID), (IPDE) Strukturell-psychodynamisch: Strukturelles Interview (STIPO) Differenzialdiagnostik: z.b. PTSD/DESNOS, ADHD; alles außer F2 Besonderheiten: Anamnese der bisherigen Misserfolge (= Risiken für die beginnende Therapie)

Differentialdiagnose: BDP vs. komplexe PTSD (nach M. Sack) Borderline Komplexe PTSB Impulsivität in mind. zwei selbstschädigenden Bereichen Affektregulationsstörung (impulsiv, riskant) Suizidalität und SVV SVV Stimmungsschwankungen Affektregulationsstörung Chronisches Gefühl der Leere --- Unangemessene heftige Wut Schwierigkeiten Ärger zu kontrollieren Selbstbildstörung, Identitätsdiffusion Scham, Schuld, Gefühl der Isolierung Passagere paranoide/dissoz. Sy. Dissoziative Störung Intensive, wechselnde Beziehungsm. Misstrauen, Wiederholung Opferrolle --- Somatoforme Störungen Angst, verlassen zu werden usw. --- --- fehlende Zukunftsperspektive und Grundüberzeugungen

Berücksichtigung früherer Therapieerfahrungen Was hat in der vorangehenden Therapie zum Abbruch geführt? Potenzielle Gefährdungen der Therapie bereits in Diagnostik-Phase eruieren. Zugleich Aufmerksamkeit auf die Interaktion im Hier und Jetzt richten. Wie stellt sich der Pat. dazu? Haben seine Erfahrungen seine Erwartungen an die Therapie in irgendeiner Weise verändert? In welcher Weise hätte er sich ein anderes therapeutisches Vorgehen gewünscht? Welche Rolle spielten diese Erfahrungen bei der Planung der vorhergehenden Therapie? Wie würden Sie dieses Wissen in den Aufbau eines neuen therapeutischen Konzepts einbringen? Einverständnis geben lassen, bevor der frühere Therapeut kontaktiert wird!

Contract-Setting-Phase: Der Rahmen in der TFP Die Therapievereinbarung hat eine spezifische Bedeutung: sie bildet eine Basis, auf die sich Therapeut und Patient stets beziehen können und sollen. Der Rahmen geht über die allgemeine Halt und Struktur gebende, Grenzen setzende und Raum gewährende Funktion hinaus. Er schafft die unverzichtbare Basis für ein Arbeitsbündnis, das starke emotionale Belastungen aushalten und tragen muss, bevor diese einer Klärung und Auflösung durch Deutung zugeführt werden können.

Therapievereinbarung in der TFP Rollen, Aufgaben und Verantwortung von Patient und Therapeut Störungsverständnis Art und Ziel der Psychotherapie Regeln für das Abweichen vom Vertrag besonders in Bezug auf therapieschädigendes, parasuizidales Verhalten und sekundären Krankheitsgewinn Rahmenbedingungen und Grenzen setzen zum Schutz der Behandlung vor intensiven Affekten und typischer Borderline-Pathologie

Therapievereinbarung in der TFP Die Therapievereinbarung bietet einen sicheren Ort, an dem sich die Dynamik des Patienten entfalten kann und einen therapeutischen Rahmen, der die Therapie zu einem Rettungsanker im Leben des Patienten werden lässt, und eine Bühne, auf der im Verlauf der Therapie Abweichungen vom Vertrag verstanden und interpretiert werden können.

Grenzen der Therapievereinbarung Patient muss notwendige Bedingungen erfüllen, aber: wir können nicht erwarten, dass er gesund ist, damit er mit der Therapie beginnen kann. Die Vereinbarung soll nur das notwendige Minimum zur Aufrechterhaltung des therapeutischen Settings regeln. Wenn keine Einigung über für den Therapeuten notwendige Regeln möglich ist, ist keine TFP-Therapie möglich. Sie sollten dann Alternativen anbieten. Irgendwo zwischen den beiden Extremen - der versteckten Weigerung, das Verhalten in irgendeiner Weise zu verändern, und der völligen und sofortigen Beseitigung des Problems durch eine Vereinbarungsbedingung - liegt der Punkt, an dem die Vereinbarungsphase abgeschlossen ist. (Clarkin et al, 2006, S. 213)

Frühe Phase der Behandlung: Typische Problemsituationen Typische Problemsituationen ergeben sich vor allem aus Verletzungen der vereinbarten Regeln. z.b. Situationen, in denen der Patient schwer agiert, er droht mit Suizidalität / Selbstdestruktivität Abbruch Fernbleiben von den vereinbarten Stunden z.b. Situationen, in denen der Patient die Regeln unterwandert durch zu spät kommen

5. Behandlungsprinzipien der TFP

Behandlungsprinzipien der TFP TFP- Prioritätenliste als Leitfaden für die Therapie 1. Suizid- oder Tötungsdrohungen 2. Gefährdung der Therapie 3. Unehrlichkeit oder Verschweigen wichtiger Informationen 4. Verletzungen des Therapievertrages (Wie oft/ wie sehr?) 5. Agieren während der Sitzungen 6. Agieren zwischen den Sitzungen 7. Trivialisierung 8. Übertragungsmanifestationen 9. Affektiv dominantes Material außerhalb der Therapie

Behandlungsprinzipien der TFP TFP interveniert auf 3 Ebenen 1) Strategie-Ebene der Behandlung Langfristige Strategien: Behandlungsziele: 2) Taktik-Ebene der Therapiestunde Impuls- und Affektkontrolle, Identität Regeln für das taktische Vorgehen in den Therapiesitzungen 3) Technik-Ebene des therapeutischen Moments: Interventionstechniken Gründliche Klärung Taktvolle Konfrontation Interpretation / Deutung im Hier und Jetzt auf dem Boden einer gemeinsam geteilten Realität

1) Strategie-Ebene: Langfristige Strategien 1. Definieren der dominanten Objektbeziehungen Tolerieren Erkennen Benennen Beobachten 2. Rollenwechsel beobachten und deuten 3. Zusammenhänge zwischen abgespaltenen Dyaden beobachten und deuten 4. Integrieren der Teil-Objekte, um eine differenzierte Sicht auf die therapeutische Beziehung zu erreichen

2) Taktik-Ebene: Taktisches Vorgehen in der Therapiestunde 1. Den therapeutischen Rahmen beachten 2. Das dominante Thema auswählen (Prioritätenliste!) - durch Nutzung der drei Kommunikationskanäle 3. Ein Gleichgewicht halten zwischen - dem Erarbeiten realitätsverzerrter Positionen, die therapeutisch bearbeitet werden können - der therapeutischen Intervention auf der Grundlage einer gemeinsam geteilten Realität 4. Die Intensität der emotionalen Beteiligung regulieren

3) Technik-Ebene des therapeutischen Moments: Interventionstechniken 1. Technische Neutralität bewahren (soweit möglich) 2. Gegenübertragung für Deutung nutzen 3. Therapie-Rahmen aufrecht erhalten 4. Übertragungsanalyse 5. Klären, Konfrontieren, Deuten Explore and understand the present moment (Daniel Stern)

TFP: Stärkung des Arbeitsbündnisses Klärung und Konfrontation dienen der Vorbereitung von Interpretationen. Diese werden auf das erwachsene Selbst des Patienten ausgerichtet und berücksichtigen möglichst alle Aspekte der aktuell dominanten sowie der aktuell abgewehrten Objektbeziehungsdyaden. Aufgabe des Therapeuten: Intervenieren und dennoch die Sichtweise des Pat. respektieren Aufgabe des Patienten: die Auswirkungen der Erfahrungen auf das eigene Verhalten anerkennen und nicht in Hilflosigkeit und Schutzbedürfnis zu verharren Wir arbeiten auch mit einem 1mm2 großen Ich zusammen! (OFK)

TFP: Arbeit an der Integration Jeder Versuch, die Spaltung aufzulösen, führt in der Übertragung sofort zu einer paranoiden Einstellung, in der Therapeut zum Täter und der Patient zum Opfer wird Die unreife sadomasochistische Dyade wird aktiviert und kann bearbeitet werden Die (technische neutrale) Position des Therapeuten: Was sollte mein Interesse sein, Ihnen durch die Behandlung zu schaden? Ist also Ihre Reaktion auf meine Aussage nicht evtl. eine Verwechslung meines Handelns mit Ihren Erwartungen? In welcher Ihrer Erfahrungen könnte das begründet sein? (Normalität voraussetzen! Das 1 mm² funktionale ICH )

6. Kontraindikationen für TFP

Kontraindikationen für TFP Habituelle Selbstverletzung Antisoziales Verhalten Intelligenzminderung Erheblicher sekundärer Krankheitsgewinn Jenseits der Diagnostik: Keine Veränderung durch Grenzen und Rahmen Kontraindikation gegen TFP bedeutet NICHT Kontraindikation gegen Therapie!

Wie wir uns einen Therapeuten einfühlsam klar und ehrlich und direkt verständnisvoll beständig tolerant wissen, wo es lang geht (Kompetenz und Erfahrung) pünktlich und zuverlässig humorvoll ausdauernd individuell streng (klare Linie) unterstützend loyal und vertrauenswürdig interessiert und engagiert konstruktiv konfliktbereit wünschen zwischen beruflicher und privater Distanz trennen könnend arrogant kurz angebunden fahrig ignorant desinteressiert oberflächlich egoistisch gefühlskalt von sich selbst eingenommen (eingebildet) müde unkonzentriert den Patienten als Objekt behandeln unaufmerksam sein faul schleimig zu nett zu Ich-bezogen parteiisch nicht wünschen Aus: Dulz B (2005) Meine lieben Patienten. In: Kernberg OF, Dulz B, Eckert J (Hrsg.) WIR: Psychotherapeuten über sich und ihren unmöglichen Beruf. Schattauer, Stuttgart New York (S. 401-411)

Kontakt: Dr. Birger Dulz Asklepios Klinik Nord Ochsenzoll Klinik für Persönlichkeits- und Traumafolgestörungen Langenhorner Chaussee 560 D-22419 Hamburg Tel.: 040-1818-872428 Mail: b.dulz@asklepios.com