Universität Regensburg



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Transkript:

Regensburg Universität Regensburg Die Bank der Zukunft. Eine Branche im Zeichen der Vertrauenskrise. Eine empirische Analyse des Vertrauens in Banken auf Basis der Einlagenentwicklungen Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Gregor Dorfleitner Studentische Teammitglieder: Stephan Beitz Sebastian Köckeis Benedikt Petermeier Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

Inhaltsverzeichnis ABBILDUNGSVERZEICHNIS... II TABELLENVERZEICHNIS... III ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS... IV 1. Motivation... 1 2. Banken und Vertrauen... 2 2.1 Das deutsche Bankensystem... 3 2.1.1 Die verschiedenen Banktypen... 3 2.1.2 Das Sparverhalten der Anleger... 5 2.2 Vertrauen in die Banken... 7 2.2.1 Warum ist Vertrauen wichtig?... 7 2.2.2 Regulatorische Maßnahmen zur Vertrauensstärkung... 8 2.2.3 Existierende Erkenntnisse über Vertrauen in Banken... 10 2.2.4 Ein qualitatives Modell für das Kundenvertrauen... 12 3. Hypothesen, Daten und Methodik... 14 3.1 Aggregierte Einlagenentwicklung in Deutschland... 15 3.2 Aufstellen der Hypothesen... 18 3.3 Datenbeschreibung... 22 3.4 Beschreibung der Methodik... 23 3.4.1 Variablentransformation... 24 3.4.2 Regressionsanalysen... 25 4. Ergebnisse der empirischen Analyse... 28 4.1 Deskriptive Statistiken... 28 4.1.1 Panelanalyse... 28 4.1.2 Querschnittsanalysen... 30 4.2 Entwicklung der Gesamteinlagen zwischen 2005 und 2008... 31 4.3 Entwicklung der Gesamteinlagen zwischen 2008 und 2011... 34 4.4 Entwicklung der Sicht-, Termin- und Spareinlagen zwischen 2008 und 2011... 36 4.5 Diskussion... 40 5. Fazit... 44 LITERATURVERZEICHNIS... 46 ANHANG... 50 I Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Entwicklung und Zusammensetzung des privaten Geldvermögens.... 6 Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Auswirkungen von Ver- und Misstrauen auf die verschiedenen Geschäftsbereiche einer Bank... 13 Aggregierte Gesamteinlagenentwicklung relativ zu Gesamteinlagen in Deutschland von 2005 bis 2011... 15 Aggregierte Sichteinlagenentwicklung relativ zu Gesamteinlagen in Deutschland von 2005 bis 2011.... 16 Aggregierte Termineinlagenentwicklung relativ zu Gesamteinlagen in Deutschland von 2005 bis 2011... 17 Aggregierte Spareinlagenentwicklung relativ zu Gesamteinlagen in Deutschland von 2005 bis 2011... 18 Abbildung 7: Einflussfaktoren für die Entwicklung der Einlagen... 19 Abbildung 8: Entwicklung der Gesamteinlagen in der Stichprobe im Vergleich zu 2005.. 32 Abbildung 9: Entwicklung der Gesamteinlagen in der Stichprobe im Vergleich zu 2008.. 34 Abbildung 10: Entwicklung der Sichteinlagen in der Stichprobe im Vergleich zu 2008... 37 Abbildung 11: Entwicklung der Termineinlagen in der Stichprobe im Vergleich zu 2008... 37 Abbildung 12: Entwicklung der Spareinlagen in der Stichprobe im Vergleich zu 2008.... 38 II Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

Tabellenverzeichnis Tabelle 3.1: Erläuterungen zu den im Modell verwendeten Variablen.... 25 Tabelle 4.1: Tabelle 4.2: Tabelle 4.3: Tabelle 4.4: Tabelle 4.5: Tabelle 4.6: Tabelle 4.7: Tabelle 4.8: Tabelle 4.9: Tabelle 4.10: Tabelle 4.11: Tabelle 4.12: Deskriptive Statistik der verwendeten Variablen in der Panelanalyse für den Zeitraum 2005 bis 2011... 29 Korrelationskoeffizienten der verwendeten Variablen in der Panelanalyse für den Zeitraum 2005 bis 2011... 29 Deskriptive Statistik der verwendeten Variablen in der Querschnittsanalyse für den Zeitraum 2005 bis 2008... 30 Deskriptive Statistik der verwendeten Variablen in der Querschnittsanalyse für den Zeitraum 2008 bis 2011... 30 Korrelationskoeffizienten der verwendeten Variablen in der Querschnittsanalyse für den Zeitraum 2005 bis 2008... 31 Korrelationskoeffizienten der verwendeten Variablen in der Querschnittsanalyse für den Zeitraum 2008 bis 2011... 31 Einflüsse der metrischen Prädiktoren auf die Gesamteinlagenänderung (GLS-Schätzung)... 32 Koeffizienten der Banktyp-Dummys bei unterschiedlichen Referenzkategorien (Modell 1: Querschnittsanalyse der Gesamteinlagenänderung 2005-2008,GLS )... 33 Koeffizienten der Banktyp-Dummys bei unterschiedlichen Referenzkategorien. (Modell 2: Panelanalyse der Gesamteinlagenänderung 2005-2008, GLS )... 33 Koeffizienten der Banktyp-Dummys bei unterschiedlichen Referenzkategorien. (Modell 3: Querschnittsanalyse der Gesamteinlagenänderung 2008-2011, GLS )... 35 Koeffizienten der Banktyp-Dummys bei unterschiedlichen Referenzkategorien. (Modell 4: Panelanalyse der Gesamteinlagenänderung 2008-2011, GLS )... 36 Einflüsse der Prädiktoren auf die Sicht-, Termin- und Spareinlagenänderung zwischen 2008 und 2011 (GLS-Schätzung)... 39 III Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

Abkürzungsverzeichnis bspw. bzw. c.p. d.h. M N Panel Quer SD SE vgl. beispielsweise beziehungsweise ceteris paribus das heißt Mittelwert Anzahl der Beobachtungen gepoolte Panelanalyse Querschnittsanalyse Standardabweichung Standardfehler vergleiche IV Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

1. Motivation 1. Motivation Finanzkrise, Skandale durch Falschberatung, Libor-Manipulationen, Steuerrazzien bei Großbanken: Das alles sind Schlagworte, die in den letzten Jahren und Monaten in den Meldungen der renommierten Nachrichtenagenturen auftauchten. Die Auswirkungen der Immobilienkrise in den USA trafen auch das deutsche Bankensystem. Dadurch wurden Abschreibungen in Milliardenhöhe nötig und das Vertrauen der Investoren wurde nachhaltig getrübt. Das zunehmende Maß an Investitionen in verbriefte Hypothekeninvestments sowie in vermeintlich sichere Anlagen hatte Konsequenzen, welche enorme Auswirkungen auf die Bilanzen der Kreditinstitute hatten. Viele der getätigten Investitionen in toxische US-Investments erlitten einen Totalausfall. Darunter befanden sich auch die Gelder einiger Privatkunden. Diese machten damals die mangelhafte Beratung, insbesondere die Verharmlosung von möglichen Risiken seitens mancher Banken verantwortlich für ihren finanziellen Schaden. Laut Finanztest (2009) fielen die durchgeführten Tests hinsichtlich der Beratungsqualität von Banken erschreckend schlecht aus. Am schwersten wog dabei die Falschberatung hinsichtlich der Risikoklassen von bestimmten Anlageformen. So wurden hochriskante Anlagen als vermeintlich sichere verkauft. Ein weiterer Skandal, welcher nicht primär die Einlagen der Kunden betrifft, ist die Manipulation des Interbankenzinssatzes LIBOR. Einigen europäischen Großbanken, so etwa auch der Deutschen Bank, wird vorgeworfen, durch gegenseitige Absprache diesen Referenzzinssatz absichtlich manipuliert zu haben. Dieser wurde demnach auf einem niedrigeren Level gehalten, um sich zum einen dadurch solventer zu zeigen und zum anderen, um damit enorme Handelsgewinne einzustreichen. Neuerliche Skandale wie die Steuerrazzien bei der Deutschen Bank machen das Dilemma perfekt. Letzteres hat zwar ebenfalls keine direkten Auswirkungen auf die Einlagen der Kunden, dennoch trübt es die Reputation von Banken und kann manche Kunden bei der Wahl ihrer Bank beeinflussen. Gerade in einem so hochsensiblen Thema wie den eigenen Finanzen spielt Vertrauen in die Bank eine wesentliche Rolle. Zur Aufrechterhaltung beziehungsweise der Wiederherstellung des Vertrauens konnten die Banken mit den oben skizzierten Vorfällen nicht beitragen. Doch warum ist diese Größe überhaupt für die Kreditinstitute relevant? Für Banken sind die Auswirkungen gewisser Ereignisse auf die Entwicklung ihrer Finanzierungsquellen nicht zu vernachlässigen. Unter diesen werden laut Dinger und von Hagen (2005), Gilkeson, List und Ruff (1999) sowie Ianotta, 1 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Nocera und Sironi. (2007) die Einlagen als billige oder sogar als die wichtigste Finanzierungsquelle für deutsche Banken angesehen (vgl. Hackethal 2004). Die oben angerissenen Ereignisse sollen verdeutlichen, dass ein berechtigter Verdacht eines Vertrauensverlusts in das deutsche Bankensystem besteht. Trotz der erwähnten Vorzüge von Einlagen als Finanzierungsquelle finden Norden und Weber (2010), dass Kundeneinlagen im Verhältnis zu Interbankverbindlichkeiten im Zeitraum 1992 bis 2002 in Deutschland abnahmen. Auch nach Schmidt und Hackenthal (1999) ist ein Rückgang von Kundeneinlagen zu beobachten, welche auf eine Abwendung hin zu alternativen Investmentprodukten als Anlageform zurückzuführt wird. Insbesondere vor dem historischen Hintergrund der Finanzkrise und angesichts der aktuell negativen Medienberichterstattung gegenüber einigen deutschen Banken sind Vertrauensverluste der privaten Einleger gegenüber bestimmten Kreditinstituten denkbar, welche zu einer Abnahme der Einlagen bei diesen führen. Mit den Direktbanken konkurriert zudem eine relativ neue Kategorie von Kreditinstituten um die Einlagen privater Kunden. So sind nicht nur Rückgänge der Gesamteinlagen in Deutschland, sondern auch Verschiebungen von Einlagen zwischen bestimmten Bankkategorien denkbar. Auf welche Ursachen ein solcher Vertrauensverlust bzw. ein Umschichten von Einlagen zurückzuführen ist und welche Faktoren das Vertrauen in Banken beeinflussen hat, wird in der vorliegenden Arbeit einer genaueren Analyse unterzogen. Dabei wird in Kapitel 2 ein Überblick über das Thema Bank und Vertrauen gegeben, in welchem zunächst die Unterschiede der untersuchten Banktypen verdeutlicht und anschließend auf die Themen Vertrauen und Vertrauensmessung eingegangen wird. Im Anschluss daran folgen in Kapitel 3 eine allgemeine Analyse anhand aggregierter Daten der Bundesbank zur Einlagenentwicklung sowie eine Beschreibung von selbst erhobenen Daten von einzelnen deutschen Banken. Neben einer Vorstellung der verwendeten Methodik werden hier auch die Hypothesen formuliert. Kapitel 4 präsentiert dann die Ergebnisse der empirischen Untersuchung der Einlagenänderung sowie der Umschichtung zwischen den Einlagentypen. Mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick in Kapitel 5 schließt die Arbeit. 2. Banken und Vertrauen Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Banken und Vertrauen. Dabei wird insbesondere auf die Relevanz des Vertrauens für den Bankensektor eingegangen und beschrieben, welche Konsequenzen Misstrauen für eine Bank hat. Hierzu wird zunächst ein Überblick über das deutsche Bankensystem gegeben der eine anschließende detaillierte 2 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Analyse erst möglich macht. Im Anschluss folgt eine ausführliche Behandlung des Themas Vertrauen im Bankensektor. 2.1 Das deutsche Bankensystem 2.1.1 Die verschiedenen Banktypen Das deutsche Bankensystem wird als typisches Universalbankensystem bezeichnet (vgl. Hackethal 2004). So gehören die meisten Banken in Deutschland zu den Universalbanken, welche sich insbesondere dadurch auszeichnen, dass sie sämtliche im 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) definierten Bankgeschäfte ausführen. Im Gegensatz zu den Spezialbanken unterliegen die Universalbanken keinerlei Geschäftsbeschränkungen quantitativer, regionaler bzw. lokaler, kundengruppenbezogener oder branchenbezogener Art (vgl. Büschgen 1998). Des Weiteren ist für das deutsche Bankwesen die ebenfalls im KWG geregelte Gliederung in die drei Sektoren der privaten, öffentlich-rechtlichen und genossenschaftliche Banken charakteristisch, wodurch sich eine Drei-Säulen-Struktur ergibt. Zu den im Jahr 2011 existierenden Privatbanken gehören die vier als Aktiengesellschaft (AG) firmierenden Großbanken, 170 Regional- und sonstige Banken, sowie 110 Zweigstellen ausländischer Banken (vgl. Deutsche Bundesbank 2012a). Die Gruppe der Regional- und sonstigen Banken umfasst neben regional tätigen Filialbanken, wie zum Beispiel der oldenburgischen Landesbank, vereinzelte Direktbanken und Privatbankiers. Bei den Direktbanken ist keine pauschale Zuordnung zu einer der drei Gruppen möglich. El- Bastaweisy (2007) unterteilt die Direktbanken gemäß ihres Angebots sowie ihrer Zielgruppe in die drei Kategorien: Primärbanken, welche den Kunden ein umfangreiches Beratungsangebot bieten und theoretisch auch deren Hausbank ersetzen können, werden daher tendenziell dem Universalbanksystem zugeschrieben. Sekundärbanken fokussieren sich auf den Trend der Zweitbankverbindung und können dadurch gemäß ihrer Spezialisierung attraktive Konditionen bieten. Die dritte Form der Direktbanken spezialisiert sich auf bestimmte Kundengruppen bzw. Dienstleistungen wie etwa den Wertpapierbereich. Aufgrund der beschränkten Tätigkeitsfelder der zweiten und dritten Kategorie lassen sich diese Banktypen eher dem Spezialbankensystem zuordnen. Privatbankiers treten in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) und offenen Handelsgesellschaft (OHG) mit persönlich haftenden Gesellschaftern auf und betreuen zusammen mit den großen Filialbanken Commerzbank, Deutsche Bank und Unicredit Bank, zu welchen bis zur Fusion mit der Commerzbank im Jahr 2009 auch die Dresdner Bank gehörte, traditionell eher vermögende Privatkunden und 3 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Geschäfte des größeren meist internationalen Mittelstandes. Die ebenfalls zu den Großbanken gehörende Postbank, welche 1990 aus den Postgiro- und Postsparkassenämtern der Deutschen Bundespost hervorging, betreibt hingegen ein standardisiertes Privatkundengeschäft und betreut damit auch weniger vermögende Kunden. Insgesamt ist die Gruppe der Privatbanken in Deutschland vergleichsweise heterogen. Homogener hingegen ist das Feld der öffentlichrechtlichen und genossenschaftlichen Banken. Im Jahr 2011 umfasste der erste Sektor 427 Sparkassen, welche sich traditionell auf das Einlagen- und Kreditgeschäft des gewerblichen und kleineren Mittelstand fokussieren, und 9 Landesbanken, welche als Zentralinstitute regional nahe Sparkassen unterstützen, sowie dem größeren Mittelstand und Großunternehmen Kredite zur Verfügung stellen (vgl. Deutsche Bundesbank 2012a). Während sich die Banken des öffentlich-rechtlichen Sektors im Besitz der öffentlichen Hand befinden, sind die genossenschaftlichen im Besitz ihrer Eigentümer und werden in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft (eg) oder AG geführt. Als Mittelstandsfinanzierer betreiben zahlreiche Genossenschaftsbanken, welche neben Volks- und Raiffeisenbanken (VR-Banken) unter anderem Sparda-Banken, PSD-Banken und Kirchenbanken umfassen, in großem Umfang Einlagen- und Kreditgeschäft. Insgesamt 1121 Kreditgenossenschaften unterhielten im Jahr 2011 ein sehr dichtes Filialnetz in Deutschland (vgl. Deutsche Bundesbank 2012a). Analog zu der Rolle der Landesbanken im öffentlich-rechtlichen Sektor üben im genossenschaftlichen Sektor die DZ- und die WGZ-Bank Zentralbankfunktionen aus, worunter unter anderem die Betreuung größerer Firmenkunden fällt. Für Banken der beiden letztgenannten Säulen des Bankwesens gilt das Regionalprinzip, welches bei den Genossenschaftsbanken beinhaltet, dass deren Geschäftsbetrieb im Zweckgeschäft jeweils auf die in einer bestimmten Region lebenden Mitglieder ausgerichtet ist, sowie bei den Sparkassen, dass sich der Geschäftsbereich auf das Gebiet des Gewährsträgers zu beschränken hat (Stern & Nierhaus 1991). Dieses führt zu einer geographischen Spezialisierung, und damit auch zu einer gewissen Wettbewerbseingrenzung zwischen den Geschäftsbereichen der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Darüber hinaus zeichnen sich die Sparkassen und Genossenschaftsbanken ebenfalls dadurch aus, dass sie nicht in erster Linie gewinnorientiert aufgestellt sind, sondern auch Bildung, Sport und Kultur in der Region fördern (vgl. Sparkasse 2010). Auch wenn die Kosten für die Kunden durch die regionale Präsenz, sowie die gemeinnützigen Ausgaben höher sind, so ist laut einer Studie von Bain & Company (2012) die regionale Erreichbarkeit der Filialen ein großer Vorteil, welchen die Kunden auch zu schätzen wissen. Man könnte deshalb vermuten, dass in 4 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Zeiten des Verlustes von Vertrauen in Großbanken eine Hinwendung der Kunden zu Sparkassen und Genossenschaftsbanken erwartet werden kann. Die Spezialbanken stellen das Gegenstück zu den Universalbanken dar. Während Universalbanken keinen Geschäftsbeschränkungen unterliegen, sind diese bei den Spezialbanken genau geregelt. Laut Büschgen (1998) betreiben Spezialbanken häufig das Kredit- und Depositengeschäft, verbinden dies aber nicht mit dem Effektengeschäft, also der Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für andere. Im Gegensatz zu den Universalbanken fokussieren sich die Spezialbanken bspw. als Hypothekenbank oder Bausparkasse auf ein bestimmtes Gebiet und bieten ihren Kunden eine auf diese Spezialisierung begrenzte Beratung an. Darunter fallen auch die oben genannten Sekundär- und Spezialbanken der Direktbanken. Im Spezialbankensystem, das auch Trennbankensystem genannt wird, herrscht eine strikte Trennung der Aufgaben- und Arbeitsteilung so dass sich bei einer ganzheitlichen Betrachtung des Systems eine gegenseitige Ergänzung der Banken erkennen lässt. 2.1.2 Das Sparverhalten der Anleger Während die Entscheidung der Kunden, Einlagen bei einer Bank zu hinterlegen, von Faktoren wie dem Vertrauen gegenüber dem Institut sowie dem Zinsangebot beeinflusst werden sollte, dürfte das Ausmaß des Sparens generell vom Sparverhalten und dem Sparvermögen der Kunden abhängen. Nach der Statistik der deutschen Bundesbank ist ein Rückgang der Sparquoten der privaten Haushalte von 11,5 % im Jahr 2008 auf 10,4 % im Jahr 2011 zu verzeichnen (vgl. Deutsche Bundesbank 2012b). Insgesamt ist das Geldvermögen der Deutschen, welches sich aus Bargeld und Einlagen, Wertpapiere, Anteilsrechte sowie Ansprüchen gegenüber Versicherungen zusammensetzt, zwar Ende 2008 im Vergleich zu 2007 um 3,7 % gesunken, aber von dort bis zum Jahr 2011 wieder mit einem Zuwachs von 9,5 % stark gestiegen (vgl. Abbildung 1 für absolute Werte). Dies kann zum Teil durch die Zunahme des durchschnittlichen verfügbaren Einkommens erklärt werden. So waren die Reallöhne 2009 zwar um 0,3 % geringer, aber 2008 um 0,5 %, 2010 um 1,5 % und 2011 um 1 % höher als im Vorjahr (vgl. Statistisches Bundesamt 21.12.2012). Eine Betrachtung der Zusammensetzung des Geldvermögens im Zeitraum 2006 bis 2011 lässt eine Zunahme der Forderungen gegenüber Versicherungen (die aus Sicht der Versicherungsunternehmen Rückstellungen sind), eine Abnahme an Wertpapieren, sowie im Vergleich zu 2006 höhere Anteile an Bargeld und Einlagen bei Banken erkennen (vgl. Abbildung 1). 5 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Abbildung 1: Entwicklung und Zusammensetzung des privaten Geldvermögens. Eigene Darstellung nach Daten von Deutsche Bundesbank (2012c) Der vermeintliche Widerspruch des Rückgangs der Sparquote bei gleichzeitiger Zunahme des gesparten Geldvermögens spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Umfrage des Bankenverbandes wider (vgl. Bundesverband deutscher Banken 2011b). Hier war im Vergleich zum Rezessionsjahr 2009 ein Rückgang der Personen, welche regelmäßig sparen, um 6 Prozentpunkte, und ein Anstieg derer, die nie sparen um 8 Prozentpunkte, zu verzeichnen. Die durchschnittlichen Sparbeträge der Befragten lagen 2011 jedoch höher als 2008. Erklärt wurde dies damit, dass das Angstsparen in Krisenjahren mit Konjunkturrückgang zunimmt, die Sparbeträge dort aufgrund schwächeren Sparvermögens aber geringer sind. Im gesamten Befragungszeitraum wurde von 57% bis 60% der Befragten Sicherheit als wichtigster Aspekt beim Sparen genannt, und das sowohl für Sparkassen, Volks- und Raiffeisen-Banken als auch für die privaten Banken. Obwohl 42% der Befragten ihre Ersparnisse als gefährdet einschätzten, gaben lediglich 4% an, auf Edelmetalle wie zum Beispiel Gold, umgeschichtet zu haben. Damit ist trotz eines allgemeinen Rückgangs der Sparneigung in der Bevölkerung ein Anstieg des privaten Geldvermögens zu verzeichnen, welcher in einem Zuwachs an Bankeinlagen sowie an Anlagen bei Versicherungen mündete. Ein allgemeiner absoluter Rückgang der Bankeinlagen, welcher allein auf Vertrauensverluste in die Kreditinstitute zurückzuführen ist, kann damit nicht festgestellt werden. In diesem Zusammenhang gibt es aber Grund zur Annahme, dass sich das Geldvermögen nicht in allen Bevölkerungsschichten gleich entwickelt hat. So deutet die Zunahme des Anteils am gesamten Privatvermögen der 10% reichsten Deutschen von 45% auf 53% im Zeitraum 1998 bis 2008 auf zunehmende 6 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Unterschiede in den Vermögensverhältnissen hin (vgl. Bundesregierung 2012). Auch eine Erhöhung der Anzahl von Millionären um 6% im Jahr 2009 und um 7% im Jahr 2010 weist auf ein Anhalten dieser Entwicklung hin (Merril Lynch & Capgemini 2011). Kreditinstitute, welche traditionell vermögende Privatkunden als Klientel haben, dürften von dieser Entwicklung profitieren und einen gewissen Einlagenzuwachs darauf zurückführen können. 2.2 Vertrauen in die Banken 2.2.1 Warum ist Vertrauen wichtig? Banken sehen sich Herausforderungen gegenüber, die sich zum Beispiel aus den Folgen von Finanzkrisen oder Konsolidierungen ergeben. Für Kreditinstitute sind dabei die Auswirkungen dieser Ereignisse auf die Entwicklung der Finanzierungsquellen nicht zu vernachlässigen. So beschreibt 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des KWG lediglich das Einlagengeschäft als Annahme fremder Gelder als Einlagen. Nach dem Kennzeichenkatalog des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen und der deutschen Bundesbank können Einlagen jedoch als typisierte Entgegennahme von Geldern solcher Personen, die keine Kreditinstitute sind, zur unregelmäßigen Verwahrung, als Darlehen oder in ähnlicher Weise, ohne schriftlichen Kreditvertrag und ohne Bestellung banküblicher Sicherheiten, wobei die Gelder nach Fälligkeit von den Gläubigern jederzeit zurückgefordert werden können beschrieben werden (Szagunn, Neumann und Wohlschieß 1976, zitiert nach Tiedeken 1991). Dieser Kategorisierung folgend wird auch in der vorliegenden Arbeit der Begriff Einlage nur in Zusammenhang mit Geldern von Nichtbanken verwendet. Einlagen sind als Passivposten in den Bilanzberichten von Kreditinstituten unter Verbindlichkeiten gegenüber Kunden aufgeführt, wohingegen Fremdmittel in Verbindung mit anderen Banken unter Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten zu finden sind. Für die meisten Banken ist das Einlagengeschäft essenziell notwendig um die ausgegebenen Kredite zu refinanzieren. In Zeiten eines niedrigen Refinanzierungszinssatzes und einer lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, in der die Banken bei den wöchentlich stattfindenden Hauptrefinanzierungsgeschäften der Notenbanken aus dem Vollen schöpfen können und sich auf diese Art und Weise vergleichsweise günstig refinanzieren können, ist die Finanzlage der Banken nach Yasmin Osman (2012) wohl kurzfristig gesichert. Dieses Szenario wird allerdings kein dauerhaftes sein und die Banken werden die Wichtigkeit des Einlagengeschäfts wieder verstärkt zu spüren bekommen, sobald die Zeiten des billigen Geldes von der EZB der Vergangenheit angehören. Der dann einsetzende Kampf um die Gelder der Kunden wird überwiegend von zwei Faktoren abhängen: Dem Zinsangebot und dem Vertrauen in die Kreditinstitute. Aufgrund ihrer 7 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Marktposition können die Direktbanken hinsichtlich der attraktiveren Verzinsung am stärksten punkten (vgl. Finanztest 2012). Aber generell werden Kunden nur der Bank dauerhaft ihr Geld überlassen, der sie auch vertrauen. Aus welchen Komponenten sich das Vertrauen genau zusammensetzt, wird später in Abschnitt 2.2.4 erläutert. 2.2.2 Regulatorische Maßnahmen zur Vertrauensstärkung Damit eine Volkswirtschaft funktioniert ist ein solventes Bankensystem unerlässlich. Wegen seiner enormen Bedeutung unterliegt dieses einer relativ strengen Regulierung. In Deutschland existieren zahlreiche regulatorische Maßnahmen die das Vertrauen der Bevölkerung in das Bankensystem nachhaltig stärken sollen. Allgemein soll sichergestellt werden, dass die Auswirkungen von Krisen auf die Volkswirtschaft im Rahmen bleiben. Seit dem Jahr 2002 ist es die Hauptaufgabe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten (vgl. Bafin 2013). Die allgemeinen Aufgabenbereiche umfassen unter anderem die Solvenzaufsicht, in der die Liquidität von Banken, Finanzdienstleistungsunternehmen und Versicherungsgesellschaften sichergestellt werden soll. Des Weiteren soll durch gezielte Einführung von Regeln das Vertrauen der Investoren in die Finanzmärkte gestärkt werden. Die BaFin hat ausschließlich eine Kontrollfunktion inne und beeinflusst in keiner Weise die geschäftlichen Entscheidungen der Banken. Anders ist dies bei den Eigenkapitalvorschriften nach Basel II. Diese, ursprünglich von den USA initiierten Auflagen, welche seit Januar 2007 gelten, verfolgen das Ziel die Kreditinstitute mit ausreichend Eigenkapital auszustatten. Aufbauend auf Basel I, das 1992 in Kraft trat, sollen durch Basel II die Kapitalanforderungen an die Banken nun stärker vom eingegangenen Risiko abhängig gemacht werden (vgl. Deutsche Bundesbank 2013a). Die Baseler Rahmenvereinbarungen gliedern sich nach einem Drei- Säulen-Prinzip, wobei die erste Säule die Mindestkapitalanforderungen an Banken regelt. Die zweite Säule stellt den Kontrollmechanismus dar. Dieser prüft hauptsächlich die quantitative Einhaltung der in Säule eins dargestellten Anforderungen. Die dritte Säule beabsichtigt durch eine erweiterte Offenlegung von Informationen seitens der Bank die Kreditinstitute zu verstärkter Marktdisziplin anzuregen (vgl. Deutsche Bundesbank 2013a). Seit Anfang 2013 werden die Neuerungen von Basel III sukzessive umgesetzt. Diese zielen hauptsächlich darauf ab, die Lehren aus der Subprime-Krise umzusetzen. Insbesondere werden strengere Regelungen für Verbriefungen und Marktrisiken auferlegt (vgl. Deutsche Bundesbank 2013b). 8 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Können trotz präventiver Aufsicht Liquiditätsschwierigkeiten nicht vermieden werden, kommt die direkte Einlagensicherung zum Zuge. Nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz sind Einlagen bis maximal 100.000 pro Person geschützt (vgl. Bankenverband 2012). Bei der Insolvenz einer Bank hat jedoch der Kunde nicht direkten Anspruch auf Entschädigung aus der Staatskasse, sondern einen Rechtsanspruch gegen die Entschädigungseinrichtung, welcher das Institut zugeordnet ist. Bis zu dieser Grenze greift bei den privaten deutschen Banken die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH, zu welchen deutsche Banken mit Einlagengeschäft in privater Rechtsform per Gesetz angehören. Darüber hinaus können private Banken freiwillig im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken mitwirken, welcher von 170 Banken getragen wird. Durch diesen sind Einlagen pro Person bis zu einer Höhe von 30% des haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Mitgliedsbank gesichert. Da das Mindesteigenkapital je Bank bei 5 Mio. liegt, wäre so theoretisch jeder Anleger bis zu 1,5 Mio. geschützt (vgl. Bankenverband 2013). Banken des öffentlich-rechtlichen und des genossenschaftlichen Sektors hingegen gehören nicht der gesetzlichen Einlagensicherung an, sondern haben eigene Sicherungssysteme. So greift bei den Sparkassen der Haftungsverbund der Sparkassen- Finanzgruppe (vgl. Finanzgruppe-Deutscher Sparkassen-und Giroverband 2010) und bei den Genossenschaftsbanken der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken e.v. (vgl. Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken). Diese schützen die Kundeneinlagen für die Banken im jeweiligen Sektor zu 100%, sogar über die gesetzmäßigen Bestimmungen hinaus ohne betragsmäßige Begrenzung. Somit sind die Einlagen bei diesen Banktypen theoretisch in unbegrenztem Umfang abgesichert. Die bisher genannten Maßnahmen zielen auf die Bonität der jeweiligen Banken ab, indem sie das Risiko einer Insolvenz reduzieren, und im Falle einer Insolvenz die Einlagen der Kunden bis zu einer bestimmten Höhe sichern. Schritte hin zu zusätzlichem Anlegerschutz wurden unternommen, indem die Europäische Kommission Anfang 2006 die Markets in Financial Instruments Directive (MiFID) veröffentlichte. Diese Direktive zielt darauf ab, die Finanzmärkte transparenter zu gestalten und die Anleger zu schützen. Aufgrund der Skandale um die Falschberatung bei einigen Kreditinstituten erweiterte der Deutsche Bundestag die von der EU auferlegten Richtlinien durch die Einführung des Beratungsprotokolls im Jahr 2010 (vgl. Michael Franke 2009). Gemäß 34 Abs. 2a Wertpapierhandelsgesetz sind Berater fortan verpflichtet, über jede Anlageberatung bei einem Privatkunden ein schriftliches Protokoll anzufertigen, welches die 9 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Inhalte des Gesprächs dokumentiert. Somit soll dem Kunden eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um den eventuell auftretenden Tatbestand der Falschberatung beweisen zu können. 2.2.3 Existierende Erkenntnisse über Vertrauen in Banken Im nachfolgenden Abschnitt werden Umfrageergebnisse und relevante Medienberichte, welche das Vertrauen der Deutschen gegenüber Kreditinstituten behandeln, und Ergebnisse von internationalen wissenschaftlichen Publikationen wiedergegeben, die sich mit Vertrauen in Banken beschäftigen. Angesichts der Finanzmarktkrise gab in einer repräsentativen Umfrage des Bankenverbandes im Jahr 2011 ein Anteil von 43% der Befragten an, dass ihr Vertrauen in die Banken stark gelitten habe. Damit liegt der Anteil im Vergleich zu dem im November 2008, nahe dem Höhepunkt der Finanzkrise, noch um 6 Prozentpunkte höher (vgl. Bundesverband deutscher Banken 2011a). Der Anteil derjenigen, die keinen Vertrauensverlust angaben, verringerte sich hingegen in diesem Zeitraum von 26% auf 12%. Dies belegt einen generellen Rückgang des Vertrauens der Bevölkerung gegenüber Banken. Weiter relevant ist der Befund, dass eine deutliche Diskrepanz zwischen Wahrnehmung der Banken allgemein und der eigenen Bank festgestellt wurde. So hat das Vertrauen in die eigene Bank angesichts der Finanzkrise nur bei 7% der Befragten stark und sogar bei 52% gar nicht gelitten. Inhaltlich ähnlich sind auch die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des GfK Marktforschungs-Institutes im Jahr 2010 (vgl. GfK Marktforschung 2010). Hier gaben nur 17% der Befragten an, dass sie Vertrauen in Banken im Allgemeinen haben, jedoch vertrauten 60% ihrer eigenen Bank. Eine mögliche Interpretation dafür wäre, dass die Auswirkungen der Finanzmarktkrise das Vertrauen zwischen Kunden und Bank weniger beeinträchtigt haben, wenn persönliche (positive) Erfahrungen und Kontakte mit Banken vorliegen. In diesem Zusammenhang ist der Anstieg des Anteils der Befragten in der Studie des Bankenverbandes, die mit ihrer Anlageberatung unzufrieden sind, von 8% im Jahr 2008 auf 16% im Jahr 2010 bedenklich. Zwar ging dieser Anteil um 5 Prozentpunkte im Jahr 2011 zurück, liegt dabei aber immer noch 3% über dem des Jahres 2008. Des Weiteren belegen die Ergebnisse der GfK-Studie ein verbesserungswürdiges Image der Berater. So stimmte dort nur die Hälfte der Befragten der Aussage zu, dass ihre Berater auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse eingehen, sowie die Produkte verständlich erklären. Im Hinblick auf das Vertrauensverhältnis gegenüber Banken erscheinen diese Ergebnisse bedeutsam, da von denjenigen, welche zufrieden mit ihrer Beratung sind, auch 65% Vertrauen in ihre eigene Bank haben. 10 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Auch die Frage, ob es Unterschiede im Vertrauen in Abhängigkeit des Banktyps gibt, wurde bereits untersucht. Eine Umfrage der Berliner Strategieagentur different mit 1029 repräsentativen Befragten misst, wie stark Marken verschiedener Banken die Vorstellungen, Einstellungen und das Verhalten ihrer Zielgruppen beeinflussen können (vgl. Pakalski 2010). Die Markenkraft der Banken wurde laut der Studie durch die Vertrauenskrise sehr unterschiedlich belastet. So erreichten die Deutsche Bank im Ranking der Studie, bei dem theoretisch ein Wert von 100 erreichbar ist, nur den Wert 33,9 die Commerzbank und die HypoVereinsbank nur 27,7 beziehungsweise 20,8. Die Sparkassen mit einer Bewertung von 49,3 und die Volks- und Raiffeisenbanken mit einer von 42,8 verfügen dagegen über einen soliden Ruf. Ebenfalls relativ gut schnitten in der Untersuchung Direktbanken wie die ING- Diba mit einem Wert von 41,0 und die DKB mit einem von 35,4 ab. Dies legt die Annahme nahe, dass den privaten Banken insgesamt, und darunter besonders den Großbanken, weniger Vertrauen entgegengebracht wird als den Instituten des öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Sektors. Das Vertrauen der Banken untereinander wird auch als Interbankenvertrauen bezeichnet. Der Hauptindikator zur Beurteilung dieses Vertrauens ist dabei der sogenannte Overnight-LIBOR (vgl. Howells & Bain 2007). Dieser entspricht dem Zinssatz zu dem sich Banken über Nacht untereinander Geld leihen. Die ausgebrochene Immobilien- und spätere Finanzkrise ließ die Zinsen für Overnight-Kredite jedoch stark ansteigen. Durch die stetig ansteigende Unsicherheit im Interbankenmarkt wurden zahlreiche Repurchase Agreements (Repos) nicht verlängert. Repos stellen eine Rückverkaufsvereinbarung zwischen Banken dar, die zur kurzfristigen Beschaffung von Liquidität im Interbankenmarkt dient. Wurden solche Vereinbarungen dennoch eingegangen, so geschah dies mit sehr großen Sicherheitsabschlägen seitens des Kapitalgebers, sogenannten Haircuts (vgl. Hördahl und King 2008). In der Literatur beschäftigte sich bereits eine Reihe an Untersuchungen mit der Messung des Kundenvertrauens im Bankensektor. Dass es bis heute keinen genauen oder allgemein akzeptierten Indikator zur Vertrauensmessung gibt zeigt allerdings, wie vielschichtig sich das Thema Vertrauen darstellt. Calderon, Galindo und Chong (2002) stellen fest, dass Vertrauen unter anderem positiv mit Aktieninvestitionen von Privatpersonen, dem Zugang zu Krediten und niedrigen Zinsen korreliert. Knell und Stix (2009) kamen hingegen zu dem Ergebnis, dass das Vertrauen von Privaten von nicht greifbaren subjektiven Faktoren wie der persönlichen Einstellung und dem Einfluss anderer Personen abhängt. Vertrauen ist demnach auch als eine Art Ansteckungsphänomen zu sehen. Saparito, Chen und Sapienza (2004) analysierten das 11 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen Vertrauen von kleinen Firmen in Banken und kamen zu dem Ergebnis, dass sowohl die Kundenorientierung einer Bank als auch die Dauer der Beziehung zur Bank bzw. zum stets gleichen Bankberater vertrauensstärkend wirkt. Zu diesem Schluss kamen auch Vaskova und Vaskova (2010) für Privatpersonen. Je mehr eine Bank sich den Bedürfnissen ihrer Kunden anpasst, indem sie maßgeschneiderte Produkte anbietet, und je länger das Verhältnis zum Kunden ist, desto größer ist das Vertrauen. Auch Steinmann (2013) identifizierte genau wie Saparito, Chen und Sapienza (2004) und Vaskova und Vaskova (2010), die Kundenorientierung und die Dauer der Bank- bzw. Beraterbeziehung als Determinanten des Vertrauens. Die Kundenorientierung unterteilt er dabei in die Kompetenz, die Problemlösungsbereitschaft, die Transparenz und das Wohlwollen einer Bank. In den oben genannten Analysen wurden diese Faktoren auf Grundlage von Befragungen bei Einzelpersonen bzw. Unternehmen ermittelt. Den identifizierten Faktoren wird ein Einfluss auf das Vertrauen unterstellt. Sie sind jedoch entweder sehr schwer bzw. gar nicht zu messen oder liefern nicht zwangsweise den gewünschten Erklärungsgehalt. So kann die Kundenorientierung einer Bank genauso wenig direkt gemessen werden wie das allgemeine Vertrauensniveau einer Person. Auch niedrige Kreditzinsen sind nicht zwangsweise ein Beweis dafür, dass Kunden ein höheres Vertrauen in eine Bank haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass allein deren Höhe und nicht das Vertrauen der ausschlaggebende Punkt für eine Kreditaufnahme bei eben jener Bank ist. Eine relevante Erkenntnis, die aus der Analyse von Knell und Stix (2009) hervorgeht ist, dass das Vertrauen in Banken umso größer ist je attraktiver den Privatpersonen Einlagen erscheinen. In einer vergleichenden Analyse von islamischen und konventionellen Banken verwendete Hussein (2010) die Einlagenquote einzelner Banken als Proxy für das Vertrauen in selbige. Da es sich bei der Einlagenhöhe um eine messbare Größe handelt, kann so das Vertrauen in eine Bank approximativ durch die Höhe ihrer Einlagen abgebildet werden. 2.2.4 Ein qualitatives Modell für das Kundenvertrauen Aufbauend auf den obigen Erkenntnissen zum Thema Kundenvertrauen wird nun ein eigenes qualitatives Modell entwickelt, in dem die Auswirkungen von verschiedenen möglichen Vertrauens- und Misstrauensaspekten von Kunden abgebildet werden sollen. Da wir am Ende das Vertrauen im Wesentlichen durch die Einlagen messen, liefert dieses Modell einerseits eine Begründung, warum diese Variable ein sinnvolles Maß darstellt, bettet die Einlagen andererseits aber auch in ein größeres Gesamtbild des Kunden-Vertrauens ein. Abbildung 2 stellt das qualitative Modell überblicksartig dar. Auf der linken Seite finden sich von uns identifizierte Dimensionen des Ver- oder Misstrauens von Kunden gegenüber Banken, auf der 12 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

2. Banken und Vertrauen rechten Seite aus der jeweiligen Ver- oder Misstrauensdimension folgenden Konsequenzen für die Bank. Das Modell basiert einerseits auf Ideen aus den oben genannten Studien, andererseits auf der Auswertung von Leserbriefen an die Zeitschrift Finanztest in den Jahren 2009 bis 2012. In den Leserbriefen dieser vier Jahrgänge sind zahlreiche negative Äußerungen von Bankkunden zu bestimmten Sachverhalten dokumentiert. Aus diesen leiten wir verschiedene übergeordnete Misstrauensmotive ab, die im positiven Falle auch als Vertrauensdimensionen angesehen werden können. Vertrauen/Misstrauen in Konsequenzen für Bonität Einlagen Beratungsqualität Anlagegeschäft Integrität ggü. Privatkunden Integrität ggü. anderen Geschäftskunden und Marktteilnehmern Andere Dienstleistung der Bank (z. B.Kreditvergabe) Abbildung 2: Auswirkungen von Ver- und Misstrauen auf die verschiedenen Geschäftsbereiche einer Bank. (eigene Darstellung) Die erste dieser Dimensionen ist auch aus dem Interbankenmarkt bekannt und kann als die klassische Vertrauensdimension gelten, nämlich das Vertrauen in die Bonität bzw. Solvabilität des Kreditinstituts. Ist dieses Vertrauen nicht mehr gegeben, so werden die Kunden ihre Gelder dort abziehen (was im Extremfall sogar zu einem bank run führt). Mithin folgt aus dieser Vertrauensdimension unmittelbar, dass die Einlagen der Bank positiv beeinflusst werden, wenn es vorhanden ist, und entsprechend negativ, falls nicht. Die zweite Dimension betrifft das Vertrauen in die Qualität der Beratung (insbesondere der Anlageberatung) der Bank. Auch in dieser Hinsicht gab es in der Vergangenheit einige Skandale (als ein Stichwort seien die Lehman-Zertifikate genannt). Bei Fehlen dieser Vertrauensdimension werden die Kunden in der Konsequenz weniger Anlageberatung nachfragen. Aber auch für die anvertrauten Gelder oder die Nachfrage nach Krediten bei dieser Bank kann man von negativen Konsequenzen ausgehen, schlicht auch deshalb, weil verärgerte Kunden oftmals sich mit allen Bankgeschäften einem neuen Institut zuwenden. Diese Art der Argumentation trifft auch für die dritte Dimension zu, dem Misstrauen in die Integrität der Bank gegenüber ihren Kunden. 13 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

3. Hypothesen, Daten und Methodik Dazu kommt es bspw., wenn die Kunden von der Bank gehindert werden bestimmte Produkte zu kündigen oder mit überraschenden Extragebühren für bestimmte Dienstleistungen konfrontiert werden. Die vierte Dimension schließlich betrifft (Privat-)Kunden gar nicht direkt, sondern vielmehr andere Stakeholder der Bank. Beispiele für diese Art der mangelnden Integrität sind etwa Beteiligungen an Steuerhinterziehung oder LIBOR-Manipulationen. Obwohl die Bankkunden durch derlei Verhalten selbst direkt gar keinen Schaden erleiden, führt die Wahrnehmung dieses Verhaltens dennoch in manchen Fällen zu Misstrauen gegenüber der Bank und einem Abwandern zu einem anderen Institut. Prinzipiell kann man sagen, dass alle vier Dimensionen von der Reputation einer Bank und der Berichterstattung in den Medien beeinflusst werden können, die zweite und dritte aber auch sehr stark durch persönliche Erfahrungen der Kunden (und ihres Bekanntenkreises). Bei allen Vertrauensdimensionen kann man zudem eine unmittelbare Auswirkung auf die Einlagenentwicklung annehmen, da ein schlechtes Abschneiden der Bank in jeder der Dimensionen Kunden dazu veranlassen kann, sich für ein Konkurrenzunternehmen zu entscheiden. Da die Einlagen zum einen als einzige der Konsequenzen bei jeder Dimension auftreten und zum anderen (im Gegensatz zum Umfang des Anlageberatungsgeschäfts oder der anderen Dienstleistungen) relativ einfach bestimmt werden können, wollen wir im Folgenden damit das Vertrauen der Kunden messen. Die in der Realität vorhandenen weiteren Einflüsse auf die Einlagen neben dem Vertrauen, wie etwa der Einlagen-Zinssatz, werden wir weiter unten thematisieren. 3. Hypothesen, Daten und Methodik Auf Basis der theoretischen Erkenntnisse wird in diesem Abschnitt zunächst die Einlagenentwicklung in Deutschland untersucht. Mit speziellem Fokus auf die aggregierte Entwicklung der Sicht-, Termin- und Spareinlagen sowie den Gesamteinlagen für die Zeit ab 2005 werden die daraus gewonnenen Erkenntnisse vorgestellt. Darauf aufbauend werden im Anschluss die Hypothesen aufgestellt, welche in der eigentlichen empirischen Untersuchung bestätigt oder widerlegt werden sollen. Insbesondere werden hier allgemeine Vertrauenshypothesen, aber auch krisenbezogene Hypothesen behandelt. Im nächsten Schritt wird die verwendete Stichprobe ausführlich vorgestellt, bevor im letzten Abschnitt die Methodik erläutert wird. Dabei werden die verwendeten Modelle für die empirische Analyse sowie die Vorgehensweise beschrieben. 14 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

3. Hypothesen, Daten und Methodik 3.1 Aggregierte Einlagenentwicklung in Deutschland Abbildung 3 stellt die über die vier Banktypen (Großbank, Sparkasse, Genossenschaftsbank, sonstige Privatbank) aggregierten Gesamteinlagen in Prozent der Gesamteinlagen in Deutschland in den Jahren 2005 bis 2011 dar. Die Einlagen des jeweiligen Banktyps berechnen sich aus der Summe von Sicht-, Termin- und Spareinlagen und entsprachen in 2005 einem Anteil von 69,6% der gesamten Einlagen (siehe Anhang A1, Tabelle A1.1. nach Daten von Deutsche Bundesbank 2013c). Dabei sind Sichteinlagen täglich fällige Gelder. Termineinlagen definieren sich als Einlagen mit einer bei Vertragsschluss vereinbarten Laufzeit oder Kündigungsfrist, Spareinlagen sind hingegen nur mit einer festgelegten Kündigungsfrist von drei Monaten oder länger verbunden. Wie in Abbildung 3 ersichtlich ist, erfreuten sich die sonstigen Privatbanken einem regen Zulauf von Einlagen über die gesamte Betrachtungshistorie. 25% 20% 15% Großbanken Sparkassen Genossenschaftsbanken sonstige Privatbanken 10% Dez. 05 Dez. 06 Dez. 07 Dez. 08 Dez. 09 Dez. 10 Dez. 11 Abbildung 3: Aggregierte Gesamteinlagenentwicklung relativ zu Gesamteinlagen in Deutschland von 2005 bis 2011. Eigene Darstellung nach Daten von Deutsche Bundesbank (2013c) Betrug der Anteil der Gesamteinlagen aller sonstigen Privatbanken im Jahr 2005 noch 10,8%, so konnten sie diesen Anteil bis zum Jahr 2011 auf 15,8% erhöhen. Ein gegenteiliger Effekt ist bei den Großbanken zu erkennen. Deren Anteil schwankte bis 2008 um nicht mehr als ein Prozent auf und ab. Nach dem im Februar 2008 erkennbaren Hoch bei 19,9% scheint allerdings ein Abwärtstrend bis auf einen Wert von 17,1% in 2011 eingesetzt zu haben. Mit 23,4% war der Großteil der Einlagen stets bei den Sparkassen hinterlegt. Nach einigen Einbußen konnten dennoch Zugewinne bis auf ein Niveau von 22,3% erreicht werden. Ähnliches galt für die Genossenschaftsbanken. Entsprach deren Teil im Jahr 2005 noch rund 16% so mussten auch sie zunächst einen Rückgang der Einlagenquote verzeichnen. Im Gegensatz zu den 15 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

3. Hypothesen, Daten und Methodik Sparkassen konnten die Genossenschaftsbanken ihr Vorkrisenniveau wieder erreichen. Auf Basis dieser Ergebnisse lässt sich eine Einlagenverschiebung zwischen den Banktypen vermuten. Während die Einlagen bei Großbanken nach der Finanzkrise relativ zurückgingen, sahen sich die anderen Banktypen einem Zugewinn an Einlagen gegenüber. Verschiebungen der Einlagen sind nicht nur auf Gesamteinlagenebene zu vermuten. Vielmehr bietet es sich an, die einzelnen Komponenten der Gesamteinlagen auf Veränderungen über den gleichen Zeitraum zu untersuchen. Abbildung 4 zeigt die Veränderungen der Sichteinlagenanteile der untersuchten Bankarten in Relation zu den Gesamteinlagen in Deutschland auf. Es ist ersichtlich, dass die Banken unabhängig ihres Typs für den Nachkrisenzeitraum 2008-2011 einen Anstieg ihrer Anteile von Sichteinlagen am Gesamtvermögen verzeichnen konnten. 13,00% 11,00% Großbanken Sparkassen Genossenschaftsbanken sonstige Privatbanken 9,00% 7,00% 5,00% Dez. 05 Dez. 06 Dez. 07 Dez. 08 Dez. 09 Dez. 10 Dez. 11 Abbildung 4: Aggregierte Sichteinlagenentwicklung relativ zu Gesamteinlagen in Deutschland von 2005 bis 2011. Eigene Darstellung nach Daten von Deutsche Bundesbank (2013c) Die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken verzeichneten im Jahr 2008 einen leichten Rückgang ihrer Anteile von Sichteinlagen an den Gesamteinlagen im Vergleich zu 2005. Die Großbanken und sonstigen Privatbanken hingegen konnten ihren Marktanteil leicht erhöhen. Die Veränderungen der Anteile in diesem Vergleichszeitraum sind jedoch marginal. Anders hingegen ist dies bei einer Betrachtung des Nachkrisenzeitraums. Ist hier eine generelle Zunahme der aggregierten Sichteinlagen für alle Banktypen zu erkennen, so profitierten die Sparkassen am stärksten von dem Anstieg. Betrug ihr Anteil an im Jahr 2008 noch 8,1%, stieg dieser bis zum Jahr 2011 auf 10,7% an. Den zweitgrößten Anstieg konnten die Genossenschaftsbanken erreichen. Diese stärkten ihren Marktanteil von 5,4% auf 7,5%. Zwar konnten auch die Großbanken und die sonstigen Privatbanken Zuwächse verzeichnen, so fie- 16 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

3. Hypothesen, Daten und Methodik len deren Anstiege mit 0,8 Prozentpunkten bzw. 1,65 Prozentpunkten vergleichsweise geringer aus (vgl. Anhang A1, Tabelle A.1.2). Wie in Abbildung 5 ersichtlich haben sich die Termineinlagen vor der Krise positiv entwickelt. So stiegen bis zum Jahr 2008 die Anteile der aggregierten Termineinlagen an den Gesamteinlagen aller Kreditinstitute an. Dabei konnten die sonstigen Privatbanken ihren Anteil am stärksten ausdehnen. 10,0% 7,5% Großbanken Sparkassen Genossenschaftsbanken sonstige Privatbanken 5,0% 2,5% 0,0% Dez. 05 Dez. 06 Dez. 07 Dez. 08 Dez. 09 Dez. 10 Dez. 11 Abbildung 5: Aggregierte Termineinlagenentwicklung relativ zu Gesamteinlagen in Deutschland von 2005 bis 2011. Eigene Darstellung nach Daten von Deutsche Bundesbank (2013c) Entsprach dieser in 2005 2,8% und somit dem zweitniedrigsten Wert in der abgebildeten Werte, so verbesserte sich dieser Wert auf 5,7% im Jahr 2011. Eine größere Marktmacht besaßen hier lediglich die Großbanken, welche ihre Führungsposition auf diesem Gebiet während des gesamten Betrachtungszeitrums aufrechterhalten konnten. Ihr Anteil stieg zunächst auf 9,5%, sank dann jedoch im Zuge der Finanzkrise auf 6,4% in 2011. Ähnliches gilt für die öffentlich-rechtlichen und die Genossenschaftsbanken. Konnten diese ihre Anteile bis 2008 noch auf 3,9% beziehungsweise 4,3% erhöhen, so litten auch sie an den Folgen der Finanzkrise und mussten einen Rückgang ihrer Termineinlagenquote auf 2,1% bei den Sparkassen sowie 2,6% bei den Genossenschaftsbanken hinnehmen (vgl. Anhang A1, Tabelle A.1.2). Wie in Abbildung 6 zu erkennen ist, blieben die aggregierten Spareinlagen der sonstigen Privatbanken und der Großbanken relativ konstant. So schwankten die Anteile der Großbanken im gesamten Betrachtungszeitraum 2005 bis 2011 zwischen 2,1% und 2,8%, und die der sonstigen Privatbanken im Intervall von 1,8% und 1,3%. Anders ist das Bild hingegen bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Beide Banktypen hatten im Vorkrisenzeitraum 17 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013

3. Hypothesen, Daten und Methodik von 2005 bis 2008 einen Rückgang ihrer Anteile der Spareinlagen an den Gesamteinlagen zu verzeichnen. Lag dieser 2005 noch bei 12,4% für die Sparkassen und 7,4% für die Genossenschaftsbanken, so reduzierte sich dieser Wert auf 9,1% bzw. 5,1%. Diese Einbußen konnten nach der Krise nur leicht wieder ausgeglichen werden. So konnten die Sparkassen ihren Anteil im Vergleich zu 2008 um 0,4 Prozentpunkte und die Genossenschaftsbanken um 0,8 Prozentpunkte erhöhen (vgl. Anhang A1, Tabelle A1.1, nach Daten von Deutsche Bundesbank 2013c). 15% 10% Großbanken Sparkassen Genossenschaftsbanken sonstige Privatbanken 5% 0% Dez. 05 Dez. 06 Dez. 07 Dez. 08 Dez. 09 Dez. 10 Dez. 11 Abbildung 6: Aggregierte Spareinlagenentwicklung relativ zu Gesamteinlagen in Deutschland von 2005 bis 2011. Eigene Darstellung nach Daten von Deutsche Bundesbank (2013c) 3.2 Aufstellen der Hypothesen Im obigen Abschnitt wurden bereits die Entwicklungen der Gesamteinlagen sowie der Sicht-, Termin- und Spareinlagenanteile an den Gesamteinlagen für den gesamten deutschen Bankensektor beschrieben und analysiert. Dennoch kann damit die Untersuchungsfrage, inwiefern sich das Kundenvertrauen und die Einlagen bei den unterschiedlichen Banktypen verändert haben, noch nicht befriedigend beantwortet werden. Denn zum einen sind im obigen Aggregat Direktbanken nicht explizit enthalten, die zudem teilweise zu Großbanken gehören. Zum anderen ist es denkbar, dass Einzeleffekte bei einer einzigen Bank das gesamtaggregierte Volumen dominieren. Um diese Unzulänglichkeiten zu überwinden, ist es notwendig eine Betrachtung einzelner konkreter Banken vorzunehmen und den Typ Direktbank zu integrieren. Für die Durchführung einer empirischen Analyse wurde daher eine Stichprobe von über 100 deutschen Banken, bestehend aus unterschiedlichen Banktypen, erhoben. 18 Beitrag zum Postbank Finance Award 2013