Makroökonomie. Erwartungen. Dr. Michael Paetz. (basierend auf den Folien von Jun.-Prof. Dr. Lena Dräger)

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Transkript:

Makroökonomie Erwartungen Dr. Michael Paetz (basierend auf den Folien von Jun.-Prof. Dr. Lena Dräger) Universität Hamburg Email: Michael.Paetz@wiso.uni-hamburg.de 1 / 75

Outline Outline 14. Erwartungen Grundlagen 1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen 2 Grundlagen: Diskontierung 3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell 15. Finanzmärkte und Erwartungen 1 Kurse und Renditen von Anleihen 2 / 75

Outline Outline 16. Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 1 Erwartungen und Konsum 2 Erwartungen und Investitionen 3 Zusammenfassung: Erwartungskanäle auf Konsum und Investitionen 17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 1 IS-LM Modell mit Erwartungen 2 Expansive Geldpolitik 3 Kontraktive Fiskalpolitik 3 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen 4 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen Erwartungsbildung Bisher haben wir entweder extrapolative/statische oder adaptive Erwartungen angenommen: Wirtschaftssubjekte mit extrapolativen/statischen Erwartungen nehmen an, dass vergangene Werte auch in der Zukunft fortbestehen: Y e t+1 = Y t 1 Wirtschaftssubjekte mit adaptiven Erwartungen nehmen an, dass vergangenen Werte zum Teil in der Zukunft fortgeschrieben werden: Yt+1 e = θy t 1 bzw. Yt+1 e = θy t 1 + (1 θ)yt 1 e Extrapolative und adaptive Erwartungen sind rückwärtsgewandt. 5 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen Erwartungsbildung Vorausschauend gebildete Erwartungen werden als rationale Erwartungen bezeichnet: Annahme: Wirtschaftssubjekte haben sämtliche relevanten Informationen und kennen das relevante makroökonomische Modell. Erwartungen können durch den konditionalen mathematischen Erwartungswert abgebildet werden Yt+1 e = E[Y t+1 I t ] mit I t : Informationsmenge in Periode t. Erwartungen über die Zukunft berücksichtigen Effekte zukünftiger Wirtschaftspolitik auf die zukünftige Wirtschaftsaktivität. Das Konzept rationaler Erwartungen nimmt hohe kognitive Fähigkeiten der Wirtschaftssubjekte an, sowie ständige Information über aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen realistisch? 6 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen Nominal- und Realzinsen Definition Nominalzinsen: Zinsen, die in einer Währungseinheit ausgedrückt werden. Realzinsen: Zinsen, die in Einheiten eines Warenkorbs ausgedrückt werden. i t = Nominalzins im Jahr t. r t = Realzins im Jahr t. (1+ i t ): Wenn man dieses Jahr einen Euro ausleiht, muss man in einem Jahr (1+ i t ) Euro zurückzahlen P t = Preisniveau im Jahr t. P e t+1= Erwartetes Preisniveau nächstes Jahr. 7 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen Nominal- und Realzinsen Analytische Herleitung Gegeben: (1 + r t ) = (1 + i t ) Pt P e t+1 Daraus ergibt sich: P t P e t+1 = 1 1+π e t+1 und π e Pe t+1 Pt P t Nach weiterer Umformung erhält man: (1 + r t ) = (1+it) 1+π e t+1 Wenn der Nominalzins und die erwartete Inflationsrate nicht zu groß sind, dann kann der Realzins folgendermaßen approximiert werden (Fisher-Gleichung): r t i t π e t+1 (1) Der Realzins ist (approximativ) gleich dem Nominalzins abzüglich der erwarteten Inflationsrate. 8 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen Nominal- und Realzinsen Diese Beziehung aus Gleichung (1) impliziert folgende Zusammenhänge: Ist die erwartete Inflation Null, dann entspricht der Realzins dem Nominalzins. Weil die Inflation in der Regel aber positiv ist, liegt der Nominalzins über dem Realzins. Bei gegebenem Nominalzins ist der Realzins umso niedriger, je höher die erwartete Inflation ist. 9 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen Nominal- und Realzinsen Empirische Evidenz Allgemein ist eine Konvergenz von Real- und Nominalzins zu beobachten. Abbildung : Nominal- und Realzins von Bundesanleihen mit einjähriger Laufzeit für Deutschland, 1974-2012 10 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.1 Erwartungsbildung, Nominal- und Realzinsen Nominal- und Realzinsen Empirische Evidenz Die Konvergenz von Realzins und Nominalzins ist auf einen Rückgang der Inflationsrate zurückzuführen. Abbildung : Erwartete und tatsächliche Inflationsrate für Deutschland, 1975-2012 11 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.2 Grundlagen: Diskontierung Grundlagen: Diskontierung 12 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.2 Grundlagen: Diskontierung Grundlagen: Diskontierung Der (erwartete) abdiskontierte Gegenwartswert Der erwartete abdiskontierte Gegenwartswert eines zukünftigen Auszahlungsstroms ist der heutige Wert des erwarteten Zahlungsstroms. 1 Den Ausdruck (1+i t) bezeichnet man als Diskontfaktor, den einjährigen Nominalzins i t häufig als Diskontrate. 13 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.2 Grundlagen: Diskontierung Grundlagen: Diskontierung Der (erwartete) abdiskontierte Gegenwartswert Die Übersicht führt zu folgenden Aussagen: Ein e ist nächstes Jahr 1 + i t e wert. 1 Wenn man (1+i t) e dieses Jahr ausleiht (verleiht), dann zahlt 1 (bekommt) man nächstes Jahr (1+i (1 + i t) t) = 1 e. Ein e ist in zwei Jahren (1 + i t )(1 + i t+1 ) e wert. Der abdiskontierte Gegenwartswert eines e in zwei Jahren: 1 (1+i t)(1+i t+1 ) 14 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.2 Grundlagen: Diskontierung Grundlagen: Diskontierung Eine allgemeine Formel Den abdiskontierten Gegenwartswert V t eines zukünftigen Auszahlungsstroms (z) erhält man durch: V t = z t + 1 (1 + i t ) z 1 t+1 + (1 + i t )(1 + it+1 e )z t+2 +... (2) Unter der Annahme, dass zukünftige Zahlungen unbekannt sind, gilt: V t = z t + 1 1 (1 + i t ) ze t+1 + (1 + i t )(1 + it+1 e )ze t+2 +... (3) Der Gegenwartswert hängt positiv von gegenwärtigen und zukünftigen Zahlungen z ab. Der Gegenwartswert hängt negativ von gegenwärtigen und zukünftigen Zinssätzen i ab. 15 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.2 Grundlagen: Diskontierung Grundlagen: Diskontierung Konstante Zinssätze Wir nehmen vereinfachend an, dass man über den gesamten Zeitraum mit konstanten Zinssätzen rechnet V t = z t + 1 1 (1 + i) ze t+1 + (1 + i) 2 ze t+2 +... (4) Wenn die Zahlungsströme zusätzlich als konstant angenommen werden, vereinfacht sich die Gleichung weiter. Der Ausdruck in eckigen Klammern ist eine endliche geometrische Reihe, deren Summe wir berechnen können. V t = z[1 + 1 (1 + i) + 1 (1 + i) 2 +... + 1 (1 + i) t 1 ] = z 1 1 (1+i) t 1 1 (1+i) (5) 16 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.2 Grundlagen: Diskontierung Grundlagen: Diskontierung Konstante Zinssätze Nehmen wir an, dass die Zahlungen nächstes Jahr beginnen und dann für immer erfolgen: V t = 1 (1 + i) z + 1 (1 + i) 2 z +... = 1 (1 + i) [1 + 1 (1 + i) + 1 (1 + i) 2 +...]z Wendet man die Lösung für unendliche geometrische Reihen an, ergibt sich für den Gegenwartswert : V t = 1 (1 + i) 1 1 1 (1+i) z Oder noch einfacher: V t = z i (6) Inverser Zusammenhang zwischen Gegenwartswert und Zins 17 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.2 Grundlagen: Diskontierung Grundlagen: Diskontierung Nominal- und Realzinsen Die allgemeine Formel in Gleichung (3) können wir umformen, um den Realertrag als Folge zukünftiger realer Zahlungen, abdiskontiert mit dem erwarteten Realzins zu berechnen: V t P t = z t P t + z e t+1 1 + (1 + r t ) P t+1 1 (1 + r t )(1 + r e t+1 ) z e t+2 P t+2 +... (7) 18 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell 19 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Die kurze Frist Implikationen für das IS-LM Modell Vorherige Annahme: In der kurzen Frist gilt P = konst. π = π e = 0 r = i Jedoch: Bei Investitionsentscheidungen betrachten Unternehmen die Realzinsen Erwartete Inflation fließt in die Investitionsentscheidung ein. Die IS-Kurve kann folgendermaßen modifiziert werden: Y = C(Y T ) + I (Y, r) + G Die kurze Frist im IS-LM Modell muss deutlich kürzer als die Dauer der Investitionsprojekte sein, da P annahmegemäß fix ist, π e jedoch die Investitionsentscheidung beeinflusst. 20 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Die kurze Frist Implikationen für das IS-LM Modell Für den Realzins gilt: r i π e Der Zinssatz, der direkt durch die Geldpolitik bestimmt wird also derjenige, der in die LM-Beziehung einfließt ist der Nominalzins. M P = YL(i) Die LM-Kurve bleibt unverändert! 21 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Die kurze Frist g m M/P LM IS bleibt unverändert Y und i, r (bei konstanten π e ) Abbildung : Die kurzfristigen Auswirkungen eines stärkeren Geldmengenwachstums Nominaler Zins,i LM LM A i A i B r A e e B r B IS 22 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Die mittlere Frist Die mittlere Frist: Mittelfristig gilt: Y = Y n Y n = C(Y n T ) + I (Y n, r) + G Mittelfristig sind alle Größen der IS-Kurve konstant, also muss auch der Realzins seinem natürlichen Niveau r n entsprechen (bei geschlossener VoWi) Mittelfristig entspricht die erwartete Inflation der tatsächlichen Inflation. Damit gilt über die Fisher-Gleichung: i = r n + π Aus der vereinfachten AD-Kurve gilt mittelfristig: π = g m g y. Wir nehmen vereinfachend an, dass Y n im Zeitablauf konstant bleibt. Dann gilt: π = g m Der mittelfristige Nominalzins hängt über die Inflation vom Geldmengenwachstum ab. 23 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Von der kurzen Frist zur mittleren Frist In der kurzen Frist führt ein erhöhtes Geldmengenwachstum g m zu niedrigeren Realzinsen und damit zu höherer Produktion. In der mittleren Frist verändert sich dies. kurzfristig: r < r n Y > Y n u < u n Im Zeitverlauf: Wegen u < u n π (g m π) < 0(M/P ) i, r mittelfristig: r = r n, Y = Y n, u = u n, π = g m, i = r n + g m Verbal: Eine erhöhte Wachstumsrate der Geldmenge lässt zunächst Nominalund Realzins sinken. Im Zeitablauf kehrt der Realzins auf seinen Ausgangswert zurück. Der Nominalzins übersteigt mittelfristig seinen Anfangswert, und zwar genau um die erhöhte Wachstumsrate der Geldmenge. 24 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Die kurze Frist Abbildung : Die Anpassung von Nominal- und Realzins an eine erhöhte Wachstumsrate der Geldmenge 25 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Der Fisher-Effekt In der mittleren Frist nimmt der Nominalzins 1:1 mit der Inflation zu. Dieses Ergebnis ist bekannt als Fisher-Effekt oder Fisher-Hypothese. Zum Beispiel lässt ein dauerhafter Anstieg des Geldmengenwachstums um 10% mittelfristig die Inflation und die Nominalzinsen um 10% steigen. Die Realzinsen bleiben unverändert. Achtung: Der Fisher-Effekt funktioniert nur in normalen Zeiten, z.b. nicht in der Liquiditätsfalle! 26 / 75

14. Grundlagen Erwartungen 14.3 Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Nominal- und Realzinsen im IS-LM Modell Der Fisher-Effekt Der Anstieg der Inflation Ende der 60er, Ende der 70er und Anfang der 90er Jahre war begleitet von einem Anstieg des Nominalzinses. Wenn die Inflation zurückgeht, sinkt auch der Nominalzins. Abbildung : Der Zinssatz für Dreimonatsgeld und die Inflation, Deutschland: 1960-2012 27 / 75

Finanzmärkte und Erwartungen 15.1 Kurse und Renditen von Anleihen Finanzmärkte und Erwartungen 28 / 75

Finanzmärkte und Erwartungen 15.1 Kurse und Renditen von Anleihen Kurse und Renditen von Anleihen Anleihen unterscheiden sich in zwei wesentlichen Dimensionen: 1 Dem Ausfallrisiko: Das Risiko, dass der Emittent der Anleihe die versprochene Rückzahlung der Anleihe nicht in vollem Umfang leisten kann. 2 Der Laufzeit: Die Länge des Zeitraums, über den die Anleihe Zahlungen verspricht. Anleihen mit unterschiedlicher Laufzeit haben jeweils einen Kurs (Preis) mit dem dazugehörigen Zinssatz, bezeichnet als Rendite (einer Laufzeit). 29 / 75

Finanzmärkte und Erwartungen 15.1 Kurse und Renditen von Anleihen Die Zinsstrukturkurve Die Zinsstrukturkurve misst den Zusammenhang zwischen Rendite und Laufzeit von Anleihen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie zeigt die zeitliche Struktur der Anleihenzinsen in Bezug auf die Laufzeit. Normalerweise steigen die Renditen mit zunehmender Laufzeit an (normaler Verlauf). Manchmal liegen die Renditen kurzfristiger Anleihen über denen mit längerer Laufzeit (inverser Verlauf). Manchmal gibt es wenig Unterschiede in den Renditen bei verschiedenen Laufzeiten (flache Zinsstrukturkurve). 30 / 75

Für Finanzmärkte jeden beliebigen und Erwartungen 15.1 Tag Kurse können und Renditenwir von Anleihen die Renditen v unterschiedlichen Laufzeiten beobachten und in ei Die Zinsstrukturkurve Zusammenhang von Laufzeit und Rendite abbilden Laufzeit und Rendite ist als Zinsstrukturkurve bekan Struktur Abbildung der Zinsen : Stilisierte (zeitlich Zinsstrukturkurven bezieht sich auf die Lau i Inverser Verlauf Normaler zunehme (normale Flache Zinsstrukturkurve Normaler Verlauf Manchm kurzfrist Anleihen (inverse t 31 / 75

Kurse Finanzmärkte und Erwartungen Renditen 15.1 Kurse von und Renditen Anleihen von Zinsstrukturkurven im Euroraum Abbildung 15.1: Zinsstrukturkurve für Deutschland: Die Zinsstrukturkurven im Februar hat zunächst einen fallenden Verlauf, sie steigen dann n schwach an; die Abbildung von August : Zinsstrukturkurven 2011 verläuft stark für Staatsanleihen steigend, mit wohingegen AAA Rankingdie von April 2013 und Juli 2013 verlaufen nur leicht steigend verlaufen 32 / 75 Die Beziehung zwischen Laufzeit und Rendite bezeichnet man als Zinsstrukturkurve.

Finanzmärkte und Erwartungen 15.1 Kurse und Renditen von Anleihen Der Kurs von Anleihen: Gegenwartswerte Die Laufzeitrendite einer n-jährigen Anleihe ist definiert als der konstante jährliche Zinssatz, der den Kurs heute gleichsetzt mit dem Gegenwartswert der künftigen Zahlungen dieser Anleihe. Wir betrachten Nullkuponanleihen, die eine einzige Auszahlung von 100e am Ende ihrer Laufzeit versprechen. Die Laufzeitrendite einer n-jährigen Nullkuponanleihe (der jährliche Zinssatz für n-jährige Anleihen) lässt sich einfach berechnen, da die konstante Laufzeitverzinsung mit dem Kurs exakt den 100e Nennwert entsprechen muss: P nt (1 + i nt ) n = 100 P nt = 100 (1 + i nt ) n (8) 33 / 75

Finanzmärkte und Erwartungen 15.1 Kurse und Renditen von Anleihen Arbitrage und Anleihenkurse Nehmen wir an, es gäbe zwei Nullkuponaleihen, eine mit einjähriger und eine mit zweijähriger Laufzeit: P 1t = 100 1+i 1t und P 2t = 100 (1+i 2t ) 2 Wenn ich heute eine einjährige Anleihen kaufe, erhalte ich nächstes Jahr für jeden angelegten Euro die Auszahlung 100/P 1t. Wenn ich heute eine zweijährige Anleihe kaufe und nächstes Jahr wieder verkaufe, rechne ich für jeden angelegten Euro mit einer Auszahlung von P e 1t+1 /P 2t Arbitrage bedeutet, dass beide Anleihen dieselbe erwartete Rendite bieten, so dass ich indifferent bin: 100/P 1t = P e 1t+1 /P 2t. Daraus ergibt sich: 1 + i 1t = P e 1t+1 /P 2t 34 / 75

Finanzmärkte und Erwartungen 15.1 Kurse und Renditen von Anleihen Arbitrage und Anleihenkurse Arbitrage impliziert, dass der heutige Preis der zweijährigen Anleihe gleich dem Gegenwartswert des erwarteten Preises der einjährigen Anleihe im nächsten Jahr ist: P 2t = P e 1t+1 /(1 + i 1t) Der Preis einer einjährigen Anleihe nächstes Jahr hängt vom einjährigen Zinssatz im nächsten Jahr ab: P e 1t+1 = 100/(1 + i e 1t+1 ) Es gilt: P 2t = 100 (1+i 1t )(1+i e 1t+1 ) Der Preis einer zweijährigen Anleihe ist ihr Gegenwartswert in zwei Jahren - abdiskontiert mit dem diesjährigen Zinssatz und dem im nächsten Jahr erwarteten Zinssatz. 35 / 75

Finanzmärkte und Erwartungen 15.1 Kurse und Renditen von Anleihen Interpretation der Zinsstrukturkurve Die Laufzeitrendite einer zweijährigen Anleihe kann folgendermaßen approximiert werden: i 2t 1 2 (i 1t + i e 1t+1 ) Langfristige Zinssätze spiegeln jetzige und zukünftig erwartete kurzfristige Zinssätze wieder. Wenn die Zinsstrukturkurve steigend verläuft, d.h. die langfristigen Zinsen über den kurzfristigen Zinsen liegen, dann erwarten die Finanzmärkte in der Zukunft höhere kurzfristige Zinsen. Verläuft die Zinsstrukturkurve fallend, d.h. liegen die langfristigen Zinsen unter den kurzfristigen Zinsen, dann erwarten die Finanzmärkte in der Zukunft niedrigere kurzfristige Zinsen. 36 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.1 Erwartungen und Konsum Erwartungen und Konsum 37 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.1 Erwartungen und Konsum Erwartungen und Konsum Konsumnachfrage Konsumverhalten bei perfekter Voraussicht: Ein perfekt voraussehender Konsument trifft seine Konsumentscheidung, indem er den Wert seines erwarteten gesamten Vermögens (GV t ) über seinen Lebenszeitraum zugrundelegt. Das Gesamtvermögen ist die Summe aus Finanz-, Immobilien- und Sachvermögen und dem Wert seines Humanvermögens (abdiskontierter Gegenwartswert seines zukünftig erwarteten Einkommensstroms nach Steuern) C t = C(GV t ) (9) 38 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.1 Erwartungen und Konsum Erwartungen und Konsum Konsumnachfrage Realistischere Sichtweise wegen Liquiditätsbeschränkungen: Konsum hängt nicht nur vom Gesamtvermögen, sondern auch vom jetzigen Einkommen ab. C t = C(GV t, Y Lt T t ) (10) Y Lt reales Arbeitseinkommen in t T t reale Steuern in t Y Lt T t Humanvermögen = Wert des erwarteten Einkommens nach Steuern 39 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.1 Erwartungen und Konsum Erwartungen und Konsum Konsumnachfrage Ergebnisse über die relative Bedeutung von Vermögen und von gegenwärtigem Einkommen für die Konsumentscheidung zeigen, dass beide den Konsum beeinflussen. Die Theorie, welche explizit die Erwartungen der Konsumenten berücksichtigt, wurde von Milton Friedman (Permanente Einkommenshypothese) und von Franco Modigliani (Lebenszyklushypothese des Konsums) in den 50er Jahren erarbeitet. 40 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.1 Erwartungen und Konsum Erwartungen und Konsum Erwartungen beeinflussen den Konsum über zwei Kanäle: Der direkte Kanal ist das Humanvermögen, bzw. die Erwartungen über zukünftig erwartetes Einkommen, Realzinsen, und Steuern. Der indirekte Kanal ist das Vermögen aus Aktien, Anleihen, und Immobilien. Die Erwartungen über den Wert dieses Vermögens werden auf den Finanzmärkten gebildet. Veränderungen des aktuellen Einkommens werden insgesamt nicht in vollem Umfang in Konsumänderungen umgesetzt. Vorübergehende Veränderungen des laufenden Einkommens, wie z.b. in einer Rezession oder in einer Boomphase, führen nicht dazu, dass sich der Konsum 1:1 mit dem Einkommen verändert. Konsum kann sich unabhängig vom laufenden Einkommen verändern, wenn sich das Konsumentenvertrauen verändert Optimismus oder Pessimismus können über Erwartungsänderungen GV t und damit den Konsum beeinflussen. 41 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen 42 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen Investitionsentscheidungen hängen von den laufenden Verkäufen, den gegenwärtigen realen Zinsen und den Erwartungen über die Zukunft ab. Beispiel: Die Entscheidung eines Unternehmens, eine Maschine zu kaufen, hängt vom Gegenwartswert der Gewinne ab, welche die Firma erwarten kann, wenn sie diese Maschine kauft. Dagegen stehen die Kosten der Anschaffung. Abschreibungen: Die Abschreibungsrate δ misst, welches Ausmaß an Funktionsfähigkeit eine Maschine während eines Jahres einbüßt. Maschinen: 4% 15% Gebäude: 2% 4% 43 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen Investitionsentscheidungen I t - aggregierte Investitionen Π t - Gewinn je Maschine (oder je Kapitaleinheit) für die gesamte Ökonomie V (Π e t ) - erwarteter Gegenwartswert des Gewinns Π t. Dann ergibt sich folgende Investitionsgleichung: I t = I (V ( Π e t )) }{{} (+) in Worten: Investitionen hängen positiv vom erwarteten Gegenwartswert zukünftiger Gewinne (je Kapitaleinheit) ab. 44 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen Gewinnerwartungen und Investitionen Der Gegenwartswert der erwarteten Gewinne, V (Π e t ) Der Gegenwartswert im Jahr t des erwarteten Gewinns im Jahr t + 1 ist gleich: 1 (1 + r t ) Πe t+1 Im Jahr t + 2: 1 (1 + r t )(1 + r e t+1 )(1 δ)πe t+2 Die Abdiskontierung zukünftiger Gewinne hängt von zukünftigen erwarteten Realzinsen ab. 45 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen Tobin s q Die Anschaffungskosten p I einer Investition sind i.d.r. mit Krediten verbunden und damit durch die heutigen Realzinsen beeinflusst. Regel: Investiere, wenn V (Π e t ) > p I gilt. James Tobin: V (Π e t ) kann über die Marktbewertung einer Firma (Aktien und Anleihen) beobachtet werden Bewertung einer bereits investierten Einheit Kapital. Die Aktienmarktbewertung entspricht der Zahlungsbereitschaft des Marktes für eine weitere Einheit Kapital. 46 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen Tobin s q Tobin s q: Die Marktkapitalisierung aller Unternehmen einer VoWi (Aktienpreis multipliziert mit der Anzahl an Aktien) dividiert durch die Anschaffungskosten des Kapitalstocks der Unternehmen bezeichnet man als Tobin s q: q = V (Πe t ) p I (11) Je höher der Gegenwartswert des Kapitals relativ zu seinem Wiederbeschaffungswert ist (je höher q), desto höher sollten die Investitionen sein. Empirisch ist ein enger Zusammenhang zwischen Investitionen und der Aktienmarktbewertung feststellbar. 47 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen Tobin s q Abbildung : Tobin s q und das Verhältnis von Investitionen zu Kapital jährliche Veränderungsraten, USA, 1960-1999 48 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen Investitionsentscheidungen Obwohl unsere Theorie vorhersagt, dass aktuelle Gewinne nur eine unbedeutende Rolle bei der Bestimmung der Investitionen einnehmen, weisen beide Größen einen engen empirischen Zusammenhang auf: Abbildung : Der Zusammenhang zwischen Investitionen und aktuellen Gewinnen 49 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.2 Erwartungen und Investitionen Erwartungen und Investitionen Investitionsentscheidungen Aktuelle versus zukünftige Gewinne Investitionen hängen sowohl von den zukünftig erwarteten Gewinnen als auch vom aktuellen Gewinn ab. I t = I (V ( Π e t ), Π }{{} t ) }{{} (+) (+) Unternehmen zögern, Kredite aufzunehmen, wenn ihre gegenwärtigen Gewinne niedrig sind. Wenn die Gewinne heute allerdings sehr hoch sind, muss das Unternehmen keinen Kredit aufnehmen, um seine Investitionen zu finanzieren. Über Finanzierungskosten impliziter Effekt des Realzinses r auf Investitionen. Über den Effekt der Nachfrage auf die Gewinne impliziter Effekt des aggr. Einkommens/Produktion Y auf Investitionen. 50 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.3 Zusammenfassung: Erwartungskanäle Zusammenfassung: Erwartungskanäle auf Konsum und Investitionen 51 / 75

Erwartungsbildung, Konsum und Investitionen 16.3 Zusammenfassung: Erwartungskanäle Erwartungskanäle auf Konsum und Investitionen Erwartungen wirken auf Konsum- und Investitionsentscheidungen, direkt, aber auch indirekt über die Vermögenspreise. Abbildung : Erwartungskanäle und Nachfrage 52 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen IS-LM Modell mit Erwartungen 53 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen IS-LM Modell mit Erwartungen Konsum und Investitionen hängen von Erwartungen über die Zukunft ab. Um die Erwartungen zu berücksichtigen, modifizieren wir die IS-Kurve. Bisher lautete die IS-Beziehung: Y = C(Y T ) + I (Y, r) + G Wir definieren die gesamte private Nachfrage A als A(Y, T, r) C(Y T ) + I (Y, r) Nun können wir die IS-Kurve schreiben als Y = A(Y, T, r) + G (12) 54 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen IS-LM Modell mit Erwartungen Gegeben Y = A(Y, T, r) + G beziehen wir die Erwartungen mit ein in }{{} (+,, ) die IS-Kurve mit Erwartungen: Y = A(Y, T, r, Y e, T e, r e ) + G (13) }{{} (+,,,+,, ) bezeichnet zukünftige Werte, und e erwartete Werte + und - erklären Y oder Y e A T oder T e A r oder r e A 55 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen Aktueller Zinssatz, r IS-LM Modell mit Erwartungen Abbildung : Die IS-Kurve mit Erwartungen r A a r B b T > 0, oder T e > 0, oder r e > 0 IS G > 0, oder Y e > 0 Y A Y B Einkommen im laufenden Jahr, Y 56 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen IS-LM Modell mit Erwartungen Die IS-Kurve mit Erwartungen Bei gegebenen Erwartungen führt eine Verringerung der Realzinsen zu einem kleinen Anstieg der Produktion. Die IS-Kurve ist steil nach unten gerichtet. Eine Erhöhung der Staatsausgaben oder des erwarteten zukünftigen Einkommens verschiebt die IS-Kurve nach rechts. Eine Erhöhung der Steuern, der erwarteten zukünftigen Steuern oder der erwarteten zukünftigen Realzinsen verschiebt die IS-Kurve nach links. 57 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen IS-LM Modell mit Erwartungen Die IS-Kurve mit Erwartungen Die IS-Kurve mit Erwartungen ist steiler. Dies bedeutet, dass ein niedrigerer Zins einen kleineren Effekt auf die Produktion hat. Dies hat zwei Gründe: 1 Ein Sinken des aktuellen Zinssatzes hat keinen großen Effekt auf die Ausgaben, wenn nicht auch die zukünftigen erwarteten Zinssätze fallen werden. 2 Der Multiplikator ist vermutlich klein. Wenn Einkommensveränderungen nur vorübergehend sind, haben sie nur einen begrenzten Effekt auf Konsum und Investitionen. 58 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen IS-LM Modell mit Erwartungen Die LM-Kurve mit Erwartungen M P = YL(i) Die LM-Kurve wird nicht modifiziert, da die Opportunitätskosten der Geldhaltung heute nur von dem aktuellen Nominalzins und nicht von dem erwarteten Nominalzins in der Zukunft abhängen. Der für die LM-Kurve relevante Zinssatz ist der aktuelle Nominalzins. 59 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen IS-LM Modell mit Erwartungen Geldpolitik und die Rolle von Erwartungen Geldpolitik und die Rolle von Erwartungen Ein Anstieg der Geldmenge verringert den aktuellen Nominalzins. Der Betrag, um den sich der Realzins verringert, hängt ab von Der Anpassung der Erwartungen der Finanzmärkte über die zukünftigen Nominalzinsen i e. Der Anpassung der Inflationserwartungen der Finanzmärkte, π e und π e r = i π e r e = i e π e 60 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.1 IS-LM Modell mit Erwartungen Aktueller Zinssatz, r IS-LM Modell mit Erwartungen Geldpolitik und die Rolle von Erwartungen IS : Y = A(Y, T, r, Y e, T e, r e ) + G und LM : M P = YL(i) LM r A A IS Y A Einkommen im laufenden Jahr, Y Abbildung : Das IS-LM Modell mit Erwartungen 61 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.2 Expansive Geldpolitik Expansive Geldpolitik 62 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.2 Expansive Geldpolitik Expansive Geldpolitik Aufgabe: Die Zentralbank entschließt sich, die Produktion mit Hilfe expansiver Geldpolitik (M ) zu erhöhen. Vereinfachend nehmen wir an, dass π = π e = 0, so dass r = i und r e = i e. Welche Effekte ergeben sich im IS-LM Modell mit Erwartungen? 63 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.2 Expansive Geldpolitik Aktueller Zinssatz, r Expansive Geldpolitik Effekte von expansiver Geldpolitik, M LM r A A Y A IS Einkommen im laufenden Jahr, Y 64 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.2 Expansive Geldpolitik Expansive Geldpolitik Effekte von expansiver Geldpolitik (M ), temporärer Schock Aktueller Zinssatz, r LM LM ( M > 0) r A A r B B Y A Y B IS Einkommen im laufenden Jahr, Y 65 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.2 Expansive Geldpolitik Expansive Geldpolitik Effekte von expansiver Geldpolitik (M ), permanenter Schock Aktueller Zinssatz, r LM LM ( M > 0) r A r C A C IS IS ( r e < 0, Y e > 0) Y A Y C Einkommen im laufenden Jahr, Y 66 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.2 Expansive Geldpolitik Expansive Geldpolitik Effekte von expansiver Geldpolitik, M Die EZB erhöht in einer Rezession die Geldmenge. Erwartungen verändern sich nicht (temporärer Schock): LM nach LM und Y A nach Y B geringer Output-Effekt Erwartungen verändern sich (permanenter Schock): Wenn die Wirtschaftsagenten aufgrund der expansiven Geldpolitik auch in Zukunft niedrige Realzinsen (r e ) und dadurch eine höhere Nachfrage (Y e ) erwarten, verschiebt sich die IS-Kurve schon heute von IS nach IS r A r C, Y A Y C großer Output-Effekt Die Auswirkungen der Geldpolitik hängen fundamental von ihrem Einfluss auf die Erwartungen ab. 67 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.4 Kontraktive Fiskalpolitik Kontraktive Fiskalpolitik 68 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.4 Kontraktive Fiskalpolitik Kontraktive Fiskalpolitik Aufgabe: Der Staat entschließt sich, das Budgetdefizit dauerhaft abzubauen (G ). Welche Effekte ergeben sich im IS-LM Modell mit Erwartungen? 69 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.4 Kontraktive Fiskalpolitik Aktueller Zinssatz, r Kontraktive Fiskalpolitik Die Effekte eines Abbaus des Defizits auf die gegenwärtige Produktion LM r A A Y A IS Einkommen im laufenden Jahr, Y 70 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.4 Kontraktive Fiskalpolitik Kontraktive Fiskalpolitik Die Effekte eines Abbaus des Defizits auf die gegenwärtige Produktion Aktueller Zinssatz, r r C r A r B B A C LM IS ( r e < 0, Y e > 0) IS IS ( G < 0) Y B Y A Y C Einkommen im laufenden Jahr, Y 71 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.4 Kontraktive Fiskalpolitik Kontraktive Fiskalpolitik Kontraktive Fiskalpolitik: Kurzfristig führt ein (permanenter) Abbau des Budgetdefizits zu einem Produktionsrückgang IS-Kurve verschiebt sich nach links/innen. Mittelfristig hat der Abbau des Budgetdefizits keine Auswirkungen auf die Produktion, senkt aber die Zinsen und induziert damit private Investitionen (crowding-in). Langfristig erhöht dieses höhere Investitionsniveau den Kapitalstock und ermöglicht damit ein höheres Produktionsniveau. 72 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.4 Kontraktive Fiskalpolitik Kontraktive Fiskalpolitik Rationale Erwartungen Kurzfristige Effekte mit Erwartungsanpassung: Tatsächlich kann ein Abbau des Budgetdefizits theoretisch auch kurzfristig zu einem Anstieg von privaten Ausgaben und Produktion führen, wenn die Wirtschaftssubjekte die zukünftigen Vorteile des Defizitabbaus bereits heute in ihren Erwartungen berücksichtigen. Annahme: rationale Erwartungen Der Effekt einer angekündigten Defizitreduktion umfasst: Einen Abfall der gegenwärtigen Ausgaben - die IS-Kurve verschiebt sich nach links. Die erwartete zukünftige Produktion steigt und erwartete zukünftige Realzinsen fallen - die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts. Der Nettoeffekt der Staatsausgabenreduzierung ist unklar a priori! 73 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.4 Kontraktive Fiskalpolitik Kontraktive Fiskalpolitik Rationale Erwartungen Einwände/Anmerkungen: Die Annahme perfekt rationaler Erwartungen ist unrealistisch und bestenfalls ein benchmark. Daher sind in der Realität keine kurzfristig positiven Effekte einer Ausgabenkürzung zu beobachten. Kurzfristig führen Ausgabenkürzungen immer zu einem Rückgang der Produktion und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Auch staatliche Investitionen (z.b. in Bildung und Infrastruktur) können den Kapitalstock erhöhen. 74 / 75

17. Erwartungen, Wirtschaftsaktivität und -politik 17.4 Kontraktive Fiskalpolitik Nächste Woche Thema: Offene Güter- und Finanzmärkte Kapitel 18 & 19 in Blanchard/Illing (2014) vorbereiten 75 / 75