Integrierte Hochbautechnik IHT



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Transkript:

Integrierte Hochbautechnik IHT Technische Universität Kaiserslautern Fachbereich Bauingenieurwesen Bachelorstudiengang Skript Integrierte Hochbautechnik IHT

Seite 45 6 Rettungswege 6.1 Anforderungen an Rettungswege für geregelte Bauten 6.1.1 Selbstrettung Mögliche Verläufe: a) Nutzungseinheit / Wohnung / Aufenthaltsraum => Treppenraum => Ausgang ins Freie; b) Nutzungseinheit / Wohnung / Aufenthaltsraum => notwendiger Flur => Treppenraum => Ausgang ins Freie; c) Nutzungseinheit / Wohnung / Aufenthaltsraum => Treppe oder Notleiter => Übergang ins Freie. 6.1.2 Fremdrettung Mögliche Rettungsgeräte der Feuerwehr: - 4-teilige Steckleiter - 3-teilige Schiebleiter - DL(K) 23/12 (12/9; 16/4;18/12) 6.1.3 Planerisch / baurechtliche Anforderungen Anzahl, Lage und Art der Rettungswege: [LBauO 15 (4)] - 1 Treppenraum oder 2 Treppenräume? - 1 Sicherheitstreppenraum? - 1 Treppenraum und 1 Treppe oder Notleiter? [DIN 14094] - 1 Treppenraum und 1 anleiterbares Fenster? [LBauO 37 (2)] Rettungsweglänge, Rettungswegbreite, anleiterbare Stellen: Maximale Rettungsweglänge? [LBauO 34 (2)]Mindestbreiten von Rettungswegen? [LBauO 33 (2) + (5)]; [LBauO 34 (3) Nr.1]; [LBauO 35 (2)] Maximale Rauchabschnittslänge notwendiger Flure? [LBauO 35 (2)]

Seite 46 Lichte Öffnungsmaße und maximale Brüstungshöhen von anzuleiternden Stellen? [LBauO 37 (2)] Verwendung von Baustoffen und Bauteilen: - Brennbarkeit von Baustoffen? [LBauO 15 (2)]; [DIN 4102 Teil 1] - Bekleidungen, Unterdecken, Dämmstoffe notw. Flure [LBauO 35 (5)] - Bekleidungen, Putze, Dämmstoffe, Unterdecken, Einbauten; Treppenraum [LBauO 34 (7) Nr.1] - Bodenbeläge, Treppenraum [LBauO 34 (7) Nr.2] - Feuerwiderstand von Bauteilen? [DIN 4102 Teil 2] o Treppenraumwände [LBauO 34 (6)] o Tragende Teile notwendiger Treppen [LBauO 33 (4)] o Wände notwendiger Flure [LBauO 35 (3)] o Wände u. Decken Feuerwehrzufahrten [LBauO 7 (2)] Zu- oder Durchgänge, Zu- oder Durchfahrten, Flächen für die Feuerwehr: - Zu- oder Durchgänge, Breite, Höhe? [LBauO 7 (1)] - Zu- oder Durchfahrten, Breite, Höhe, [LBauO 7 (2), (4)] Neigung, Radius, Belastbarkeit? [Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr, RP]

Seite 47 6.1.4 Schutzziele: LBauO 15 (1) Bauliche Anlagen müssen so angeordnet und beschaffen sein, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren und wirksame Löscharbeiten möglich sind. (1) Entstehung eines Brandes vorbeugen (2) Ausbreitung von Feuer vorbeugen (3) Ausbreitung von Rauch vorbeugen (4) Rettung von Menschen und Tieren ermöglichen über Rettungswege! (5) wirksame Löscharbeiten ermöglichen LBauO 15 (4) Jede Nutzungseinheit mit einem oder mehreren Aufenthaltsräumen muss in jedem Geschoss über mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege erreichbar sein. Die Rettungsweg(e) müssen bei Nutzungseinheiten, die zu ebener Erde liegen, über notwendige Treppe(n) ( 33 Abs. 1) führen. Bei Gebäuden, die Hochhäuser sind, darf der zweite Rettungsweg über mit vorhandenen Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stellen (Oberkante der Brüstung eines notwendigen Fensters oder sonstige geeignete Stellen) führen; diese Stellen dürfen bei Gebäuden der Gebäudeklassen 2 und 3 mehr als 8 m über der Geländeoberfläche liegen. Abweichend von Satz 1 genügt ein Rettungsweg, wenn der Treppenraum der notwendigen Treppe so angeordnet und beschaffen ist, dass Feuer und Rauch eindringen können (Sicherheitstreppenraum).

Seite 48 Prinzip der Rettungswege / Angriffswege Nutzungseinheiten über zwei Rettungswege Rettungswege = Angriffswege! 1. Rettungsweg 2. Rettungsweg notwendige Treppe baulich erforderlich bei Sicherheitstrepoder 2. Rettungsweg über vorhandene Rettungsgeräte der oder 2. Rettungsweg LBauO 34 (2) Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraums sowie eines Kellergeschosses muss mindestens ein notwendiger Treppenraum oder ein Ausgang ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein. Sind mehrere notwendige Treppenräume erforderlich, so sind sie so zu verteilen, dass die Rettungswege möglichst kurz sind. Frage 1: Welche planerischen Faktoren bestimmen die Notwendigkeit von einem oder mehreren baulichen Rettungswegen? Antwort 1: - Höhenlage der NE über ebener Erde [LBauO 15 (4)] - Zulässige Rettungsweglänge [LBauO 34 (2)] Anzahl der Personen [AGBF, Sitzungsergebnis Nr.3/2000; näheres im Abschnitt Sonderbauten]

Seite 49 Frage 2: Wann müssen notwendige Flure hergestellt werden? Antwort 2: a) In Gebäuden der Gebäudeklasse 4 müssen in Geschossen mit mehr als vier Wohnungen oder Nutzungseinheiten vergleichbarer Größe vor Treppenräumen notwendige Flure angeordnet werden. [LBauO 34 (5)] b) In Nutzungseinheiten die einer Büro- oder Verwaltungsnutzung dienen und deren Nutzfläche in einem Geschoss mehr als 400 m² beträgt. [LBauO 35 (1) Nr.3] Abb. 1 Quelle: Stich / Gabelmann / Porger; Beispiel zu [LBauO 34 (2)]: Die Rettungswegführung zeigt beispielhaft einen oft geführten Nachweis bei fest installierten Einrichtungen und im Bestand. Planerisch wird i. d. R. die tatsächlich zurückgelegte Lauflänge ( durch Bauteile) ohne Einrichtungen nachgewiesen.

Seite 50 Beispiel Kellergeschoss zu [LBauO 34 (2)]: Abb. 2 Quelle: Stich / Gabelmann / Porger; ISBN 978-3-86115- Auch bei vorhandenen Aufenthaltsräumen in Kellergeschossen darf die Rettungsweglänge nur maximal 35 m betragen. Ohne Aufenthaltsräume ist ein zweiter Rettungsweg obsolet. Neben der maximalen Rettungsweglänge erhält im umgekehrten Fall der Angriffsweg der Feuerwehr besondere Bedeutung, da in Kellerräumen oft viele Risiken und Brandlasten sowie schlechte Wärme- und Rauchabzugsöffnungen vorhanden sind. Beispiel Notwendiger Flur Gebäudeklasse 4 [LBauO 34 (5)] Abb. 3 Quelle: Stich / Gabelmann / Porger; ISBN 978-3-86115-463-1 In Gebäuden der Gebäudeklasse 4 müssen in Geschossen mit mehr als vier Wohnungen oder Nutzungseinheiten vergleichbarer Größe vor Treppenräumen notwendige Flure angeordnet werden. Bei bis zu 4 Wohnungen oder Nutzungseinheiten ist eine direkte Anbindung an den Treppenraum zulässig. Die Abschlüsse der Wohnungen und Nutzungseinheiten (A < 200 m²) müssen mindestens dicht schließend sein. Die Abschlüsse anderer Nutzungen sind in [LBauO 34 (9)] geregelt.

Seite 51 Beispiel kein Notwendiger Flur Gebäudeklasse 3 [LBauO 34 (5)] Abb. 4 Quelle: Stich / Gabelmann / Porger; ISBN 978-3-86115-463-1 Im Vergleich zu den Regelungen der Gebäudeklasse 4 ist es in der Gebäudeklasse 3 möglich, mehr als 4 Nutzungseinheiten direkt an den Treppenraum anzubinden. Die Treppenraumwände sind gemäß [LBauO 34 (6)] feuerbeständig herzustellen. Abb. 5 Quelle: Stich / Gabelmann / Porger; ISBN 978-3-86115-463-1 Alternativ kann ein notwendiger Flur ohne zwingende Vorgabe angeordnet werden. Die Anforderungen an die Wände notwendiger Flure gemäß [LBauO 35 (3) 2] sowie des Abschlusses zwischen Treppenraum und notwendigem Flur gemäß [LBauO 34 (9) 2] sind zu berücksichtigen.

Seite 52 Beispiel zwei bauliche Rettungswege Abb. 6 Quelle: Studienbrief BS 201, TU KL, DISC Gemäß [LBauO 34 (2)] sind bei mehreren erforderlichen Treppenräumen die Anordnungen so zu wählen, dass die Rettungswege möglichst kurz sind. Die Notwendigkeit von zwei Treppenräumen in Abb.6 soll aufgrund der maximal zulässigen Rettungsweglänge von 35 m erfolgen. In Abhängigkeit der Tiefe des Gebäudes können i. V. mit [LBauO 30 (2) 3] ohne innere Brandabschnittsunterteilungen, maximale Gebäudelängen von 60 m erreicht werden. Der notwendige Flur soll gemäß [LBauO 35 (2)] in maximale Rauchabschnitte von 30 m unterteilt werden. Dies erfolgt durch abschließbare, rauchdichte und selbstschließende Türen. Gemäß [LBauO 35 (3)] müssen Türen in Flurwänden dicht schließend sein. Unter den v. g. Vorgaben des Verordnungsgebers lassen sich die Schutzziele und die baurechtlich kalkulierten Restrisiken ableiten. Da dicht schließende Türen keine Anforderungen an die Selbstschließung besitzen, ist es denkbar und zulässig, dass sie ständig offen stehen können. Für ein Brandereignis innerhalb eines Raumes in Abb.6 führt dies zu einer möglichen Verrauchung von Räumen und einem Flurabschnitt. Einer flüchtenden Person wird somit zugemutet, eine theoretisch verrauchte Rettungsweglänge von 35 m bis zum Treppenraum zu überwinden. Tatsächlich wird die maximal verrauchte Rettungsweglänge i. d. R. 30 m überschreiten, da davon ausgegangen werden kann, dass eine Person im maximal entferntesten Raum einen Entstehungsbrand noch vor Verrauchung des notwendigen Flures bemerkt. Frage 3: Welchen Sinn und Zweck ergeben Anforderungen an den Feuerwiderstand von Wänden notwendiger Flure, wenn die Öffnungen keine Anforderungen (außer dicht schließend), erfüllen müssen?

Seite 53 Antwort 3: Die Antwort erfolgt anhand des nachfolgenden Beispiels in dem ein Planer wissentlich mehrere Glastüren nebeneinander vorgesehen hat um Anforderungen an die Wand des notwendigen Flures zu umgehen. Geplant: Büro Nr.2 Abb. 7 Glastüren Doppelflügel Frage: Anforderungen an Glastüren im Büro Nr.2? In [LBauO 35] sind keine Anforderungen an Lichtöffnungen in den Wänden notwendiger Flure beschrieben. Gemäß [Rdschr.des MF vom 17.März 1989-61-3-459-(MinBl.S.155), geändert durch VwV vom 29.11.1996 (MinBl.1997 S.167)] Bauaufsichtliche Anforderungen an Rettungswege in Gebäuden (Treppenräume und allgemein zugängliche Flure) sind Lichtöffnungen in diesen Wänden zulässig, wenn sie durch Verglasungen in der Feuerwiderstandsklasse F 30 geschlossen werden. Der Brandschutz ist auch durch Verglasungen mindestens der Feuerwiderstandsklasse G 30 nach DIN 4102 Teil 5 gewährleistet, wenn sie mit ihrer Unterkante mindestens 1,80 m über dem Fußboden angeordnet sind. Abb. 8 Quelle: Stich / Gabelmann / Porger; ISBN 978-3-86115-

Seite 54 Ergebnis: Abb. 9 Notwendige Tür dicht schließend notwendige Glastüren Feuerwiderstandsklasse F 30/T30 Bei den geplanten Türen im Büro 2 muss zwischen einer notwendigen Tür und weiteren notwendigen Türen unterschieden werden. Für die Nutzung und Zugänglichkeit des Raums ist eine Tür mit der erforderlichen Mindestbreite notwendig. An alle weiteren Öffnungen müssen Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt werden. Für das Verhalten im Brandfall bedeutet dies für eine flüchtende Person, dass sie entlang von Flurwänden in durchschnittlicher Körpergröße vor Wärmestrahlung und direkter Flammeneinwirkung geschützt ist. Es wird ihr zugemutet, an einer potentiellen Mindestöffnung vorbei zu flüchten. Mit Kenntnis der v. g. Bedingungen lassen sich auch oft geführte Diskussionen hinsichtlich der Zulässigkeit / Zulässigkeit von Brandlasten in notwendigen Fluren in Form von Druckern bewerten. Da durch offen stehende Türen eines Raums die Verrauchung des notwendigen Flures denkbar und zulässig ist, stellt die Verrauchung eines brennenden Druckers im Flur, kein anderes Risiko im Vergleich zu einem Drucker in einem Raum mit offen stehenden Türen dar. Darüber hinaus wird oftmals weiterhin argumentiert, dass die verbleibende Mindestrettungswegbreite bei einem im notwendigen Flur stehenden Drucker eingehalten werden muss. Theoretisch mag dies stimmen, praktisch herrschen jedoch ungünstigere Verhältnisse in Bezug auf die direkte Wärmestrahlung und Flammeneinwirkung. Bei einem brennenden Drucker kann davon ausgegangen werden, dass keine Person mehr in der Lage sein wird, die Stelle zu passieren. Bei der Anordnung von Druckern in Räumen ist zu erwarten, dass aufgrund des erforderlichen Freiraums im

Seite 55 Bereich der Türen, zwar eine Verrauchung, jedoch eine geringere Wärmestrahlung und Flammeneinwirkung vorherrscht, welche die Nutzung des notwendigen Flures ermöglicht. Frage 4: Was bedeutet bei einer Tür dicht schließend? Antwort 4: Als dicht schließend gelten Türen mit stumpf einschlagendem oder gefalztem, vollwandigem Türblatt mit einer mindestens dreiseitig umlaufenden Dichtung; Verglasungen sind zulässig. Wohnungsabschlusstüren nach DIN 4109 erfüllen auch die Anforderung dicht schließend. Dicht schließende Türen können eine Brandschutzfunktion nur beschränkt und in geringem Umfange wahrnehmen. Hinsichtlich der Anordnung dieser Türen wird daher darauf hingewiesen, dass die Zahl und die Größe dicht schließender Türen auf das für die Nutzung erforderliche Maß zu beschränken ist. Stumpf einschlagendes Türblatt gefalztes Türblatt Abb. 10 Abb. 11 6.2 Sicherheitstreppenräume gemäß [LBauO 15(4)] Es genügt ein Rettungsweg, wenn der Treppenraum der notwendigen Treppe so angeordnet und beschaffen ist, dass Feuer und Rauch eindringen können (Sicherheitstreppenraum).

Seite 56 Frage 5: Was sind Sicherheitstreppenräume und wie wird das Eindringen von Feuer und Rauch in den Sicherheitstreppenraum verhindert? Antwort 5: [Bauaufsichtliche Anforderungen an Rettungswege in Gebäuden (Treppenräume und allgemein zugängliche Flure) Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 17. März 1989 (61-3 - 459)] Hinweis: Die Formulierung allgemein zugängliche Flure lautet in der aktuellen LBauO RP notwendige Flure. Es gibt zwei Möglichkeiten das Eindringen von Feuer und Rauch in den Sicherheitstreppenraum zu verhindern: a) über einen im freien Windstrom angeordneten offenen Gang oder b) durch eine Sicherheitsschleuse (S. Nr. 2.2.1 Satz 2 und 3) bei Überdruck im Treppenraum. Allgemein zugängliche Flure, die nur in eine Richtung zu einem Sicherheitstreppenraum führen, dürfen bis zum offenen Gang oder bis zur Sicherheitsschleuse länger als 10 m sein. 6.2.1 Sicherheitstreppenräume mit offenem Gang a) Der Sicherheitstreppenraum muss in jedem Geschoß über einen unmittelbar davor liegenden offenen Gang erreichbar sein. Dieser Gang ist so im Windstrom anzuordnen, dass Rauch jederzeit ungehindert und ohne in den Sicherheitstreppenraum zu gelangen ins Freie entweichen kann; er darf daher in Gebäudenischen oder - winkeln angeordnet sein. Ein Laubengang gilt nur in dem Bereich als offener Gang zum Sicherheitstreppenraum, wo er die Anforderungen der nachfolgenden Nrn. 2.1.3 und 2.1.4 erfüllt. Der Sicherheitstreppenraum und der offene Gang müssen in Gebäuden mit mehr als fünf Geschossen über der Geländeoberfläche eine von der allgemeinen Beleuchtung unabhängige Beleuchtung haben.

Seite 57 b) Die Wände des Sicherheitstreppenraums dürfen Öffnungen nur zu den offenen Gängen und ins Freie haben; alle anderen Öffnungen (z. B. zu weiterführenden Treppen, zu Kellergeschossen oder zu Aufzugs-, Installations- und Abfallschächten) sind unzulässig. Die Türen müssen dicht- und selbstschließend sein und in Fluchtrichtung aufschlagen. Die an den offenen Gängen angeordneten und zur Beleuchtung des Treppenraums erforderlichen Öffnungen müssen eine Verglasung der Feuerwiderstandsklasse G 30 nach DIN 4102 Teil 5, Fensterflügel eine Verglasung in der technischen Ausführung einer G-30-Verglasung erhalten; dies gilt auch für die Verglasung der Türen. Die erforderlichen Fenster dürfen geöffnet werden können; Ist eine Reinigung dadurch möglich, so sind mit Steckschlüsseln zu öffnende Fenster zulässig. Leitungen, die der Brandbekämpfung oder dem Betrieb des Sicherheitstreppenraums dienen, sowie Schächte dürfen eingebaut werden. c) 2.1.3 Der offene Gang muss mindestens so breit wie die Laufbreite der Treppe des Sicherheitstreppenraums, mindestens doppelt so lang wie breit und mindestens auf einer Längsseite offen sein. Er darf an seinen offenen Seiten nur durch eine geschlossene 1,10 m hohe Brüstung und durch einen Sturz eingeschränkt sein. Die Unterkante des Sturzes darf höchstens 20 cm unter der Unterkante der Decke und muss mindestens 30 cm über der Oberkante der Sicherheitstreppenraumtür liegen. Wetterschutzvorrichtungen können in der Deckenebene gestattet werden, wenn der Rauchabzug hierdurch behindert wird. d) 2.1.4 Die Wände, die die offenen Gänge begrenzen, sind feuerbeständig aus brennbaren Baustoffen herzustellen (F 90-A). Sie dürfen außer den für die Rettungswege erforderlichen Türen und den für die Beleuchtung des Sicherheitstreppenraums und der Innenflure erforderlichen Fenster keine Öffnungen haben; dies gilt für Öffnungen von Abfallschächten, wenn sie zwischen der Tür zum offenen Gang und der Tür zum Sicherheitstreppenraum liegen und im Übrigen so angeordnet sind, dass sie den Zugang zum Sicherheitstreppenraum gefährden. Die Türen des Sicherheitstreppenraums müssen bei dreiseitig offenen Gängen mindestens 1,50 m, bei weniger als dreiseitig offenen Gängen mindestens 3

Seite 58 m von den Türen der Innenflure bzw. den Einmündungen der Rettungswege in die offenen Gänge entfernt sein. Der seitliche Abstand zwischen Fenstern oder Fenstertüren anderer Räume und den Türen des Sicherheitstreppenraums oder den Türen bzw. Einmündungen nach Satz 3, muss mindestens 1,50 m betragen. Die Kragplatten und die Brüstungen der offenen Gänge sind feuerbeständig aus brennbaren Baustoffen (F 90-A) herzustellen. Öffnungen, mit Ausnahme von Entwässerungsöffnungen, sind zulässig. 6.2.2 2.2 Sicherheitstreppenräume mit Sicherheitsschleuse a) 2.2.1 Der Treppenraum darf in jedem Geschoß nur über eine Sicherheitsschleuse erreichbar sein. Die Sicherheitsschleuse muss feuerbeständige Wände und Decken aus brennbaren Baustoffen (F 90-A), feuerhemmende, selbstschließende Türen (T30) sowie einen brennbaren Fußbodenbelag haben. Sie muss mindestens 1,5 m breit sein; die Türen müssen mindestens 3 m voneinander entfernt sein. b) 2.2.2 Der Treppenraum mit den zugehörigen Sicherheitsschleusen muss eine eigene Lüftungsanlage haben, die so beschaffen ist, dass Feuer und Rauch in den Treppenraum eindringen können. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn die Lüftungsanlage folgende Anforderungen erfüllt: ba. Die Lüftungsanlage des Treppenraums ist so einzurichten oder durch eine zweite Lüftungsanlage für alle Schleusen zu ergänzen, dass im Brandfall bei geöffneten Schleusentüren in dem vom Brand betroffenen Geschoß und beim ungünstigen Druck im Treppenraum von der Schleuse in den der Schleuse vorgelagerten Raum ein Luftvolumenstrom [VL = k b h 1,5] in m3/s strömt. Darin sind b und h die Breite und Höhe der Tür in Meter. k ist ein Faktor, der von der Temperatur abhängig ist, die im Brandfall in dem der Schleuse vorgelagerten Raum auftreten kann. Ist der Schleuse ein allgemein zugänglicher Flur (notwendiger Flur) vorgelagert, so ist k mit 1,5, in allen anderen Fällen mit 1,8 anzusetzen.

Seite 59 bb. Die für diesen Volumenstrom erforderliche Druckdifferenz richtet sich nach der Art, wie die Rauchgase aus den möglichen Brandräumen ins Freie abgeführt werden. Werden die Rauchgase durch z. B. waagrechte Kanäle aus den Brandräumen gedrückt, so muss der Druck in der Schleuse entsprechend dem Strömungswiderstand der Kanäle erhöht werden. Sind z. B. Schächte angeordnet oder Abzugsventilatoren, die in den Brandräumen einen Unterdruck erzeugen, so kann bei fensterlosen Räumen der Druck in der Schleuse um den Betrag des erzeugten Unterdrucks im Brandraum verringert werden. Bei Räumen mit Fenstern ist die Lüftungsanlage für einen Druck in der Schleuse von mindestens 10 Pa auszulegen. Sind die Lüftungsverhältnisse der möglichen Brandräume unterschiedlich, so ist der ungünstigste Fall der Bemessung zugrunde zu legen. bc. Bei keiner Tür des Treppenraums oder der Sicherheitsschleuse darf ein höherer Druck als 50 Pa auftreten. Dies muss durch selbsttätig wirkende Vorrichtungen (z. B. Druckentlastungsklappen zum Freien oder zum Vorraum oder Flur mit Abluftöffnungen zum Freien, Regelung des Zuluftstromes) sichergestellt sein. bd. Das Druckbelüftungssystem muss sich in jedem Geschoß durch Rauchschalter selbsttätig in Betrieb setzen können. Es muss im Erdgeschoß auch von Hand eingeschaltet werden können. Die Rauchabzugsklappen in den Schächten oder Kanälen müssen im Brandgeschoß vom Rauchschalter geöffnet werden können. Die Schachtwände sind feuerbeständig aus brennbaren Baustoffen herzustellen (F 90-A). Die Klappen müssen im geschlossenen Zustand die Anforderungen der Feuerwiderstandsklasse K 90 nach DIN 4102 Teil 6 sinngemäß erfüllen. be. Die Lüftungsanlage ist an eine Ersatzstromversorgungsanlage anzuschließen. Die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Druckbelüftungssystems ist durch Gutachten einer sachverständigen Stelle nachzuweisen.

Seite 60 Die in den Abbildungen 12.1 bis 12.6 enthaltenen Beispiele über die Anordnung von Sicherheitstreppenräumen, erfüllen die Anforderungen nach LBauO 15 Abs. 4 Satz 4. Abb. 12.1 Abb. 12.2 Abb. 12.3 Abb. 12.4 Abb. 12.5 Abb. 12.6 Abb.12.1-12.6: Beispiele über die Anordnung von Sicherheitstreppenräumen; Quelle: Kommentar LBauO Rhld.- RP., Stich / Gabelmann / Porger; ISBN 978-386115-463-1

Seite 61 Möglichkeiten zur Sicherstellung des 2.Rettungsweges Wie bereits in Kapitel 3.2 beschrieben, können zur Fremdrettung nachfolgende Rettungsgeräte zum Einsatz kommen. Voraussetzung ist das Vorhandensein und das in Einsatz bringen innerhalb der Hilfsfrist von 8 Minuten gemäß [FwVO RP]. - 4-teilige Steckleiter - 3-teilige Schiebleiter - DL(K) 23/12 (12/9; 16/4; 18/12) Anforderungen an die anzuleiternden Stellen Abb.13 Quelle: Kommentar LBauO RP 15, Gemäß [LBauO 37 (2)] müssen Öffnungen in Fenstern, die als Rettungswege dienen, im Lichten 0,90 m x 1,20 m groß sein; ihre Brüstungshöhe darf 1,20 m überschreiten. Liegen diese Öffnungen in Dachschrägen oder Dachaufbauten, müssen sie so angeordnet und beschaffen sein, dass Personen sich von diesen Öffnungen aus bemerkbar machen und über die Rettungsgeräte der Feuerwehr gerettet werden können. Ein weiteres wesentliches Kriterium zur Sicherstellung des 2. Rettungsweges, ist die unter [LBauO 15 (4)] geforderte Erreichbarkeit. Um diese jederzeit auch für Hubrettungsgeräte der Feuerwehr zu gewährleisten, ist die Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr [Anlage E zur Liste der Technischen Baubestimmungen; Ministerialblatt vom 15. August 2000, S. 234] einzuhalten. Nähere Angaben zur Planung der Flächen für die Feuerwehr erfolgen im Kapitel 10 Abwehrender Brandschutz.

Seite 62 Abb.14 Abb.15 Abb.16 Quelle: Feuerwehr Kaisers- Quelle: Feuerwehr Kaisers- Quelle: Feuerwehr Kaisers- Die Abbildungen 14 bis 16 zeigen die Schwierigkeiten innerstädtischer Verhältnisse. Ungünstige Witterungsverhältnisse (Dunkelheit, Schnee) erschweren zusätzlich die Anfahrt. Unter Umständen wird es erforderlich, bestehende Parkraumbewirtschaftungen durch absolute Halteverbotszonen zu ersetzen. Dies sollte schon im Zuge der Planung berücksichtig werden, da sowohl die zuständige Behörde zustimmen muss als auch die Kosten für entgangenen Gewinn einer Parkraumbewirtschaftung zu Lasten des Bauherren beziffert werden müssen.

Seite 63 7 Bauteile 7.1 Bauteile Bauteilen im Sinne des Bauordnungsrechts kommen aus brandschutztechnischer Sicht zwei grundsätzliche Anforderungen zu. Zum einen werden Bauteile gefordert, die unter Brandeinwirkung ihre Tragfähigkeit für eine gewisse Zeit verlieren und zum anderen werden Bauteile beschrieben, die im Stande sein müssen, während einer bestimmten Dauer einen entstandenen und fortentwickelten Brand, eingrenzen zu können. Man spricht ganz allgemein von tragenden und aussteifenden sowie von trennenden Bauteilen. Dabei kann ein trennendes Bauteil ebenso ein tragendes und aussteifendes Bauteil sein, während es tragende Bauteile wie Stützen und Unterzüge gibt, die keine separierende Funktion übernehmen können. In den folgenden Abschnitten werden die öffentlich rechtlichen Anforderungen an Bauteile, die sich aus den Landesbauordnungen ergeben prinzipiell erläutert, sowie die Prüf- und Klassifizierungssystematiken, unterschieden nach nationalen und europäischen Normen, dargelegt. Daran anschließend wird die Systematik des Bauteilekatalogs von DIN 4102 Teil 4 dargelegt und angewandt. 7.1.1 Öffentlich- rechtliche Anforderungen Hinsichtlich des Brandschutzes werden in 14 MBO bzw. 15 LBauO die grundlegenden Schutzziele definiert. Die Schutzziele: Ausbreitung von Feuer und Rauch vorzubeugen und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten zu ermöglichen, fassen die grundlegenden Anforderungen, die an Bauteile bezüglich des Brandschutzes gestellt werden, zusammen. Die Anforderungen an Bauteile zur Eindämmung eines Brandes und Sicherung der Rettungswege zur Selbstrettung und für den Rettungs- und Löscheinsatz der Feuerwehr werden in den 26 32 sowohl in der Muster- Bauordnung als auch in der Landesbauordnung Rheinland- Pfalz durch Formulierung materieller Eigenschaften von Seiten des Gesetzgebers dargestellt.

Seite 64 Dabei werden in der Landesbauordnung die dafür erforderlichen Bauteile mit zunächst unbestimmten Eigenschaften wie: feuerhemmend feuerbeständig umschrieben, die die Feuerwiderstandsfähigkeit definieren. Die Muster- Bauordnung verfolgt bei der Definition der Feuerwiderstandsfähigkeit eine andere Systematik, in der sie grundlegend feststellt, dass Bauteile allgemein ausreichend lange standsicher und widerstandsfähig gegen eine Brandeinwirkung sein müssen. Dieser Unterschied in der Systematik wurde bereits im Kapitel 3.1.2 angesprochen. Weiterhin definiert die Musterbauordnung im 2 Abs. 3 fünf Gebäudeklassen. Diese Gliederung enthält eine zusätzliche Gebäudeklasse, die Gebäude bis zu einer Höhe des obersten Fußbodens einer Nutzungseinheit von 13 m umfasst. Mit dieser Gebäudeklasse GK 4 sind separate Anforderungen verknüpft. In 2 Abs. 2 LBauO werden dagegen nur vier Gebäudeklassen festgelegt. Diese unterschiedliche Gebäudekategorisierung wird begleitet von einer zusätzlichen Leistungsklasse hinsichtlich des Feuerwiderstandes. So verfügt das System der MBO 2002 neben den bisher üblichen und auch in der gültigen LBauO enthaltenen Feuerwiderstandsanforderungen feuerhemmend und feuerbeständig, noch die neue Anforderungsklasse hochfeuerhemmend. Im Fall der MBO 2002 dient der 26 MBO zur weiteren Definition der Begriffe, denen direkt folgende Feuerwiderstandsdauern zugeordnet werden können: feuerhemmend: 30 Minuten; hochfereurhemmend: 60 Minuten; feuerbeständig: 90 Minuten. 7.1.2 Tragende Bauteile Zu den tragenden und aussteifenden Bauteilen zählen: Wände, Pfeiler und Stützen; 27 LBauO; 27 MBO Unterzüge; Decken; 31 LBauO; 31 MBO.

Seite 65 Die brandschutztechnischen Anforderungen an das Tragwerk eines Bauwerks werden in 27 LBauO festgelegt und sind mit den Anforderungen an Decken ( 31 LBauO) abgestimmt. Das Anforderungsniveau richtet sich nach der Höhe des Fußbodens des obersten Aufenthaltsraumes, wobei für Dachgeschosse, über denen keine Aufenthaltsräume möglich sind, geringere Anforderungen gestellt werden, da bei einem Brand im obersten Geschoss eines Gebäudes das Gesamtobjekt gefährdet ist. Übernehmen die tragenden Bauteile auch trennende Funktionen, müssen sie auch raumabschließende Eigenschaften aufweisen. 7.1.3 Trennende Bauteile Die trennenden Bauteile sind: Trennwände; 29 LBauO; 29 MBO; Brandwände; 30 LBauO; 30 MBO (siehe Kap. 4.1.4) Decken; 31 LBauO; 31 MBO; Treppenraumwände; 34 LBauO; 35 MBO (siehe Kap. 4.1.7); Trennwände notwendiger Flure; 35 LBauO; 36 MBO (siehe Kap. 4.1.7); Aufzugschachtwände; 36 LBauO; 39 MBO. Trennende Bauteile übernehmen die entscheidende Aufgabe der brandschutztechnischen Unterteilung eines Gebäudes auf dem Niveau eines Geschosses. Die Aufgabe der Ausbreitung von Feuer und Rauch entgegen zu wirken, wird bauordnungsrechtlich mit der Eigenschaft raumabschließend beschrieben. Insgesamt sind also die trennenden Bauteile Teilstücke des Abschottungsprinzips, das bauordnungsrechtlich das brandschutztechnische Grundprinzip ist. Kernstück des Abschottungsprinzips ist die Brandwand, welche im folgenden Kapitel 4.1.4 näher beleuchtet wird. Decken sind horizontale raumabschließende Bauteile, die Geschosse nach oben und unten separieren. Damit übernehmen sie auch die Funktion, der Feuer- und Rauchausbreitung zu begegnen und erfüllen damit eine ähnliche Funktion wie Trennwände und Brandwände. Darüber hinaus übernehmen sie aber auch tragende und aussteifende Funktionen, so dass sie auch dieser Bauteilfamilie (tragende Bauteile) zugeordnet werden können.

Seite 66 Dächer bilden den oberen Abschluss von Gebäuden, an die zunächst keine Anforderungen hinsichtlich des Raumabschlusses gestellt werden. Es muss lediglich eine Brandübertragung verhindert werden; dafür werden Baustoffanforderungen an die Bedachung gestellt (siehe Kap. 2). Allerdings werden an Teilbereiche von Dächern brandschutztechnische Anforderungen hinsichtlich des Feuerwiderstandes gestellt; z.b. im Bereich giebelständiger Gebäude oder an Dächer vor aufragenden Fassaden mit Öffnungen. Bauteilen, die die Rettungswege sichern und dazu gegenüber den restlichen Nutzungen eines Gebäudes separieren, kommt eine besondere Bedeutung zu. Deshalb werden diese trennenden Bauteile im folgenden Kapitel 4.1.7 eigenständig betrachtet. 7.1.4 Brandwand Die Brandwand ist ein Bauteil, dass sowohl der Kategorie der tragenden als auch der trennenden Bauteile zuzuordnen ist. Sie ist das Kernstück des bauordnungsrechtlichen Abschottungsprinzips. Dieses spezielle Bauteil übernimmt die Unterteilung ausgedehnter Gebäude in innere Brandabschnitte, mit dem Ziel die Brandausbreitung über eine gewisse Gebäudegröße hinaus zu verhindern. Diese inneren Brandwände sind gemäß 30 Abs. 2 Nr. 2 MBO in Abständen von weniger als 40 m zu errichten. Im Unterschied dazu lässt 30 Abs. 2 Nr. 3 LBauO einen maximalen Abstand zweier Brandwände von 60 m zu, wenn das Gebäude in der entgegengesetzten Richtung eine maximale Ausdehnung von 40 m aufweist. Eine weitere Aufgabe der Brandwand ist die Verhinderung einer Brandausbreitung auf ein benachbartes Grundstück trennende Wirkung. Diese Wand wird erforderlich, wenn der Abstand zur Grenze und zum benachbarten Gebäude ausreicht. Schließlich muss die Brandwand per Definition auch ein spezielles tragendes Bauteil sein, das so ausgesteift sein muss, dass sie bei Versagen anderer Bauteile ihre Funktion wahrt. 7.1.5 Außenwände Die Außenwände werden in 28 LBauO beschrieben. Anforderungen hinsichtlich des Feuerwiderstandes werden ausschließlich an Außenwände von Gebäuden der

Seite 67 Gebäudeklasse 4 gestellt, wenn sie aus brennbaren Baustoffen bestehen, müssen sie feuerhemmend sein. Mit den Anforderungen an die Außenwände wird das Ziel verfolgt, eine Brandweiterleitung über die Fassade zu verhindern. Dabei wird als günstige Voraussetzung in Rechnung gestellt, dass ein Außenlöschangriff der Feuerwehr jederzeit möglich sein sollte und aufgrund der Gebäudeabstände, die auch bauordnungsrechtlich geregelt sind, eine Brandweiterleitung auf Nachbargebäude ausgeschlossen wird. Das Argument des von außen vortragbaren Löschangriffs ist auch Grundlage dafür, dass die durchaus theoretisch, physikalisch und praktisch nachweisbare Gefahr der Brandübertragung von Geschoss zu Geschoss über Öffnungen in der Außenwand im Bauordnungsrecht keine weitergehenden Anforderungen zur Folge hat. 7.1.6 Dächer Das Dach ( 32 LBauO; 32 MBO) ist ähnlich wie die Außenwand ein Bauteil, dem trotz seiner raumbildenden Funktion aus brandschutztechnischer Sicht keine besondere Bedeutung beigemessen wird. Dabei wird in gleicher Weise wie bei der Außenwand hauptsächlich Wert darauf gelegt, dass eine Brandübertragung aufgrund von Brandemissionen (Flugfeuer = Glutflug und Wärmestrahlung) weitgehend ausgeschlossen werden. Dazu werden materielle Anforderungen an die Bedachung gestellt, welche in technischen Regeln (z.b. DIN 4102 oder DIN 18234) weiter Konkretisiert wird. Im Unterschied zur Fassade (Außenwand) werden für das Dach auch Anforderungen festgelegt, die verhindern sollen, dass eine Brandweiterleitung innerhalb eines Gebäudes von einem niedriger gelegenen Teil in den höher gelegenen Teil erfolgt. Dabei wird eine Verbindung zur Außenwand hergestellt, in dem besondere Anforderungen an das Dach davon abhängig gemacht werden, ob in der Außenwand des aufragenden Gebäudeteils Öffnungen vorhanden sind. 7.1.7 Rettungswege Die Bauteilanforderungen, die bei der Ausbildung von Rettungswegen zu beachten sind, werden in der Musterbauordnung in den 34 bis 36 MBO 2002 und in der Landesbauordnung Rheinland- Pfalz in den 33 bis 35 LBauO definiert. Dabei ist eine Abstufung der Anforderungen vom vertikalen in Richtung horizontalen Rettungsweg festzustellen und zwar in allen Gebäudeklassen. D.h. der vertikale

Seite 68 Rettungsweg Treppenraum wird durch Trennwände gebildet, die höhere Anforderungen zu erfüllen haben als die Trennwände von notwendigen Fluren. Die Muster- Bauordnung definiert diese Trennwände als raumabschließend. Dagegen legt die Landesbauordnung Rheinland- Pfalz fest, dass diese Trennwände von der Rohdecke bis zum oberen Raumabschluss zu führen sind. Faktisch entsprechen diese beiden Definitionen einander, wobei die MBO das Abschottungsprinzip mit der Eigenschaft raumabschließend deutlicher beschreibt und damit die hohe Bedeutung der Rettungswege zusätzlich unterstreicht. Den Treppenraumwänden kommt neben dem Schutz des Rettungsweges noch eine andere Bedeutung zu. Sie dienen als Kompensation für Deckenöffnungen in jedem Geschoss eines Gebäudes, die grundsätzlich im Sinne des bauordnungsrechtlichen Abschottungsprinzips zulässig sind. Die Treppenraumwände kompensieren also die gebäudehohe Geschossverbindung und verhindern die Ausbreitung von Feuer und Rauch. Die folgende Tabelle fasst die Anforderungen, die an Bauteile gestellt werden, die Rettungswege bilden, zusammen. Dabei wird nach den Vorgaben der LBauO und der MBO unterschieden. Tabelle 7.1: Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen in Rettungswegen Bauteil GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5 Treppenraumwand 34 Abs. 6 LBauO erforderlich erforderlich feuerbeständig 1) feuerbeständig in der Bauart von Brandwänden Trennwand notwendiger Flur 35 Abs. 3 LBauO erforderlich erforderlich feuerhemmend feuerhemmend und in wesentlichen Teilen aus brennbaren Baustoffen 2) Treppenraumwand 35 Abs. 4 MBO erforderlich erforderlich feuerhemmend hochfeuerhemmend und Widerstandsfähig gegen mechanische Beanspruchungen Bauart von Brandwänden Trennwand notwendiger Flur 36 Abs. 4 MBO feuerhemmend feuerhemmend feuerhemmend 3) feuerhemmend 3) feuerhemmend 3) Legende:

Seite 69 1) in Wohngebäuden F 90 B mit einer gegen Brandeinwirkung widerstandsfähiger Bekleidung aus brennbaren Baustoffen; 2) oder feuerhemmend und mit einer gegen Brandeinwirkung widerstandsfähiger Bekleidung aus brennbaren Baustoffen; 3) in Kellergeschossen feuerbeständig; 7.2 Bauteilprüfung Bereits bei der Prüfung von Baustoffen wurden die noch gültigen nationalen und die bereits gültigen europäischen Normen nacheinander dargelegt. Diese Vorgehensweise wird auch bei der Beschreibung der Prüfverfahren für die Bauteile gewählt. Allerdings können und sollen hier alle Prüfverfahren im Detail dargelegt werden. Es ist vielmehr beabsichtigt einen ersten Überblick zu schaffen und die grundlegende Systematik aufzuzeigen. Dabei werden die jeweiligen Prüfnormen benannt, mit deren Hilfe jedes Prüfverfahren nachvollzogen werden kann. Für den Bereich der europäischen Prüfnormen wird dabei versucht die wesentlichen Unterschiede zur bisherigen Prüfpraxis nach der nationalen Normenreihe DIN 4102 darzulegen, da auf diese Weise das europäische Prüfsystem am effektivsten verdeutlicht werden kann. 7.2.1 Nationale Prüfverfahren Die konkreten brandschutztechnischen Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen sind für Deutschland in der DIN 4102, Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen in ihren 17 Teilen formuliert. Obwohl DIN 4102 aufgrund des europäischen Harmonisierungsprozesses ein Auslaufmodell ist, wird sie in der Praxis bestimmt noch einige Jahre (5 bis 7) angewandt werden. Aus diesem Grund werden in der folgenden Tabelle die Kurzbezeichnungen und der jeweilige Normenteil aufgelistet:

Seite 70 Tabelle 7.2: Kurzbezeichnungen nach DIN 4102 Kurzzeichen Norm Anwendung F DIN 4102-2 DIN 4102-13 Diverse Bauteile (tragende, tragende, raumabschließende, raumabschließende) Verglasungen mit begrenzter Oberflächentemperatur G DIN 4102-13 Verglasungen ohne begrenzte Oberflächentemperatur W DIN 4102-3 Nichttragende Außenwände BW DIN 4102-3 Brandwände T DIN 4102-5 Brandschutzverschlüsse L DIN 4102-6 Lüftungsleitungen K DIN 4102-6 Lüftungsklappen S DIN 4102-9 Kabelabschottungen R DIN 4102-11 Rohrabschottungen I DIN 4102-11 Installationsschächte / -kanäle E DIN 4102-12 Funktionserhalt Über diese Normenteile der DIN 4102 hinaus existiert noch DIN 18095 nach der Rauchschutztüren und tore geprüft werden. Diese nationalen Prüfnormen enthalten auch Klassifizierungskriterien, die in Prüfzeugnissen der jeweiligen Bauteile zur Auswertung und Klassifizierung angewandt werden können. Allerdings können nach den gültigen bauordnungsrechtlichen Vorgaben in Verbindung mit der Bauregelliste diese Prüfzeugnisse als Verwendbarkeits- bzw. Anwendbarkeitsnachweis gesehen werden, da ausschließlich Bauteile und Bauarten des Katalogs in DIN 4102 Teil 4 durch das Aufführen in dieser Norm über den erforderlichen Nachweis verfügen. Andere Bauteile und Bauarten, die nach den o. g. Normenteilen geprüft wurden, bedürfen einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses oder einer Zustimmung im Einzelfall.

Seite 71 DIN 4102 beschreibt im 2. Teil die grundlegenden Prüfanforderungen, die bei der Bauteilprüfung eingehalten werden müssen. Es werden die Feuerwiderstandsklassen und die dazugehörenden Anforderungen definiert. Außerdem wird die Durchführung einer Prüfung genau festgelegt. Dabei werden auch die Bedingungen im Brandraum respektive Brandofen vorgeschrieben. Gemäß DIN 4102 Teil 2 werden die Bauteile in einem Brandprüfofen durch eine Temperaturbelastung nach der international festgelegten Einheitstemperatur-Zeitkurve (ETK; ISO 834), die die folgende Abbildung zeigt, geprüft. 1200 1100 1000 Temperaturerhöhung T - To [K] 900 800 700 600 500 400 300 200 100 Einheits-Temperaturzeitkurve nach ISO 834 1029 1062 986 925 822 658 556 425 1090 0 0 30 60 90 120 150 180 Branddauer in [min] Bild 7.1: Einheits- Temperaturzeitkurve Bei allen Brandprüfungen sollen die Bauteile in ihrer natürlichen Größe und in einer der praktischen Verwendung entsprechenden Einbauart einem voll entwickelten Brand ausgesetzt werden. Es sind in der Regel zwei gleichartige Proben zu testen. Dabei wird beobachtet, wie viel Minuten die Bauteile in der Lage sind, die ihnen zugedachten Anforderungen zu erfüllen. Die Funktion der ETK lautet: T T 345lg8t 1 0

Seite 72 Die geprüften Bauteile werden nach der Zeitdauer, die sie dieser Belastung nach der ETK standgehalten haben in unterschiedlichen Feuerwiderstandklassen eingestuft. Für verschiedene Bauteile gelten nach den Prüfvorschriften von DIN 4102 auch andere Einwirkungen wie z.b. für Außenwände, die nach der abgeminderten Einheits- Temperaturzeitkurve (DIN 4102, Teil 3, Bild 1) geprüft werden. Ein wesentlicher Teil der nationalen Normenreihe zur brandschutztechnischen Prüfung und Klassifizierung ist der Baustoff- und Bauteilekatalog in DIN 4102 Teil 4. Dieser hat eine lange Tradition und bietet eine akribische Auflistung aller genormten Bauteile und Baustoffe (Bauarten und Bauprodukte), die in der täglichen Praxis eine große Bedeutung haben. Im Sinne der europäischen Harmonisierung wird dieser Katalog nach einer Übergangsfrist zurückgezogen. Allerdings wird die Restlaufdauer wegen der hohen Zuverlässigkeit dieses Normenteils lange andauern. Aus diesem Grund wurde DIN 4102 Teil 22 erarbeitet, der Korrekturfaktoren für bestimmte Tabellenwerte aus DIN 4102 Teil 4 beinhaltet, die anzuwenden sind, wenn nach dem System der Eurocodes mit Teilsicherheitsbeiwerten die Kaltbemessung durchgeführt wird. Damit wird es möglich die neuen Produktbemessungsnormen (z.b. DIN 1045, DIN 18800 etc.) auch unter brandschutztechnischen Gesichtpunkten anzuwenden. 7.2.2 Europäische Prüfverfahren Auf internationaler Basis lag bereits vor der europäischen technischen Harmonisierung ein anerkanntes Prüfverfahren vor. Dieses ISO 834 Brandverhalten von Bauteilen beschreibt in groben Zügen die Prüfgeräte und Versagenskriterien. Außerdem wurde die Temperaturbeanspruchung festgelegt. Darauf basierend hatten die Mitgliedsstaaten der EU eigene Prüfverfahren und Klassifizierungen festgelegt, die eine einfache Übertragung in ein harmonisiertes, europäisches Prüfverfahren zuließen. Die große Zahl von Einflussgrößen bei Brandprüfungen von Bauteilen: Prüfofen und Heizmedium; Messung von Temperaturen; Druckverhältnisse im Prüfofen, etc. führte zu der Erkenntnis, dass ein Vielzahl von Prüfnormen erarbeitet werden mussten, um die Verfahren für verschiedene Bauteile möglichst genau beschreiben

Seite 73 zu können. Dabei wurde anders als im bisherigen nationalen Normsystem von DIN 4102, auf eine strikte Trennung von Prüf- und Klassifizierungsnormen wertgelegt. Als Übersicht werden in der folgenden Tabelle die europäischen Prüfnormen aufgeführt. Tabelle 7.3: europäische Prüfnormen Norm Titel Beschreibung DIN EN 1363-1 Allgemeine Anforderungen Allgemeine Grundlagen DIN EN 1363 2 Alternative und ergänzende Verfahren der Bauteileprü- fung. DIN V ENV 1363 3 Nachweis der Ofenleistung DIN EN 1364 1 Wände Prüfverfahren für DIN EN 1364 2 Unterdecken tragende Bauteile DIN EN 1364 3 DIN EN 1364 4 Vorhangfassaden - Gesamtausführung Vorhangfassaden - Teilausführung DIN EN 1365 1 Wände Prüfverfahren für tragende DIN EN 1365 2 Decken / Dächer Bauteile DIN EN 1365 3 DIN EN 1365 4 DIN EN 1365 5 DIN EN 1365 6 Balken Stützen Balkone und Laubengänge Treppen DIN EN 1366 1 Lüftungsleitungen Prüfverfahren für Installationen DIN EN 1366 2 Brandschutzklappen für Lüftungsanlagen DIN EN 1366 3 DIN EN 1366 4 DIN EN 1366 5 DIN EN 1366 6 DIN EN 1366 7 DIN EN 1366 8 Abschottungen Abdichtungssysteme Installationskanäle und schächte Doppel- und Hohlböden Förderanlagen und ihre Abschlüsse Entrauchungsleitungen

Seite 74 Norm Titel Beschreibung DIN EN 1366 9 DIN EN 1366 10 Entrauchungsleitungen für Einzelabschnitte Entrauchungsklappen DIN CEN/TS 13381 1 Horizontal angeordnete Brandschutzbekleidungen - Unterdecken DIN V ENV 13381 2 Vertikal angeordnete Brandschutzbekleidungen Prüfverfahren für Brandschutzbekleidungen DIN V ENV 13381 3 DIN V ENV 13381 4 DIN V ENV 13381 5 DIN EN 13381 6 DIN V ENV 13381 7 DIN EN 13381 8 DIN EN 1634 1 DIN EN 1634 2 DIN EN 1634 3 Brandschutzmaßnahmen für Betonbauteile Brandschutzmaßnahmen für Stahlbauteile Brandschutzmaßnahmen für Stahlblech / Beton Verbundkonstruktionen Brandschutzmaßnahmen für Stahlverbund- Hohlstützen Brandschutzmaßnahmen für Holzbauteile Reaktive Ummantelung von Stahlbauteilen Feuerschutzabschlüsse; Tür, Tore Abschlüsse und Fenster Baubeschläge Rauchschutzabschlüsse Prüfverfahren für Türen Die Allgemeinen Prüfbedingungen wie: Beheizung; Beanspruchung; Prüfkriterien etc. werden in der Normenreihe DIN EN 1363 aufgelistet. Dabei ist eine relativ gute Deckung mit den bisher gültigen Bedingungen der Normenreihe DIN 4102 festzustellen. Allerdings besteht eine deutliche Differenz zu bisherigen Prüfungsrandbedingungen hinsichtlich:

Seite 75 des Ofendrucks, der größer ist als bisher und bei Bauteilen mit erhöhtem Fugenanteil zu anderen Ergebnisse führen kann, als bei einer Prüfung nach DIN 4102; der verwendeten Messinstrumente zur Regelung der Ofentemperatur und Überprüfung des Raumabschlusses führen zu verschärften Bedingungen gegenüber der DIN 4102: o o Plate- Thermometer zur Messung der Ofentemperatur, was zu einer trägeren Messung der Temperatur und damit ggf. erhöhten Einwirkung führt; Spaltlehre zur Feststellung von Öffnungen, die sich im Verlauf des Versuches bis zu einem gewissen Grad einstellen dürfen der verwendeten Messinstrumente zur Messung der Bauteiloberflächentemperatur und die Anzahl der Proben können zu Erleichterungen gegenüber der DIN 4102 führen: o o Thermoelemente zur Bestimmung der Temperatur auf der vom Feuer abgewandten Oberflächen führen aufgrund der höheren Rohdichte zu anderen Messergebnissen als nach DIN 4102; teilweise muss zur Klassifizierung nur eine Probe nach DIN EN 1363 getestet werde, wohingegen nach DIN 4102 grundsätzlich zwei Proben gleicher Bauart zu testen sind; Bei den tragenden Bauteilen, die nach DIN EN 1365 geprüft werden, sind gegenüber den Prüfbedingungen nach DIN 4102 keine deutlichen Veränderungen bei den Ergebnissen zu erwarten. Eine Ausnahme davon bilden die Unterdecken abgehängten Decken, für die eine Veränderung des Versuchsaufbaus zu: möglicherweise vergrößerten Feuerwiderstandsdauern führt, da eine Ofenabdeckung mehr vorhanden ist; einer Reduzierung der Feuerwiderstandsdauern beträgt, da fehlende Abdeckung im Fugenbereich zu einer größeren Durchlässigkeit führt. Für die Prüfung tragender Bauteile nach DIN EN 1365 und die daraus erzielten Ergebnisse werden keine großen Differenzen gegenüber den bekannten Ergebnissen nach DIN 4102 festgestellt. Hier wird allerdings die Wahl der Klassen und Leis-

Seite 76 tungsmerkmale für die nationale Anwendung, die über die Bauregelliste an die Anforderungen des nationalen Bauordnungsrechts zu koppeln sind, eine entscheidende Rolle spielen, da z.b. der Nachweis und die Klassifizierung der Brandwand nach DIN EN 1663 1 und 2 sowie DIN EN 1364 1 bzw. DIN EN 1365 1, so eindeutig ableiten lässt, wie das nach DIN 4102 3 möglich war. Für die Prüfung von Leitungsanlagen, die nach der Normenreihe DIN EN 1366 sehr vielschichtig ist, werden sich zum Teil große Änderungen im Vergleich zur bisherigen Prüfung nach DIN 4102 ergeben. Dies ist insbesondere auf den veränderten Prüfaufbau und die veränderten Druckverhältnisse im Prüfofen zurückzuführen. 7.3 Bauteilklassifizierung 7.3.1 Nationales Klassifizierungssystem Aus den verschiedenen nationalen Prüfnormen, die in Tabelle 4.2 aufgelistet sind, lassen sich die bisher verwendeten Klassifizierungen ableiten. Dabei besteht die Schwierigkeit, dass die verwendeten Kurzbezeichnungen für ein bestimmtes Bauteil verwendet werden und die Feuerwiderstandsklasse F über DIN 4102 Teil 2 eine Verknüpfung mit den Baustoffklassifizierungen vorgenommen wurde. Die folgende Tabelle listet die national zur Verfügung stehenden Klassen auf.

Seite 77 Tabelle 7.4: Bauteilklassifizierung nach DIN 4102 Bauaufsichtliche Abforderung Klasse nach DIN 4102-2 Kurzbezeichnung feuerhemmend Feuerwiderstandsklasse F 30 F 30- B feuerhemmend und in wesentlichen Teilen aus brennbaren Baustoffen feuerhemmend und aus brennbaren Baustoffen hochfeuerhemmend und in wesentlichen Teilen aus brennbaren Baustoffen hochfeuerhemmend und aus brennbaren Baustoffen feuerbeständig feuerbeständig und aus brennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 30 in wesentlichen Teilen aus brennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 30 aus brennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 60 in wesentlichen Teilen aus brennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 60 aus brennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 90 in wesentlichen Teilen aus brennbaren Baustoffen Feuerwiderstandsklasse F 90 aus brennbaren Baustoffen nach DIN 4102-2 F 30- AB F 30- A F 60- AB F 60- A F 90- AB F 90- A Die Klassifizierung im nationalen System erfordert schon vor der Durchführung der Versuche einige Festlegungen bezüglich der erwünschten Einstufung, die auch von der Art des zu prüfenden Bauteils abhängen. So kann eine Wand (raumabschließend) genauso als F- Bauteil klassifiziert werden wie eine Stütze (tragend) ohne, dass die bauordnungsrechtlichen Eigenschaften raumabschließend und/oder tragend zum Ausdruck kommen. Außerdem wird es für Wände, die sowohl raumabschließend als auch tragend sind keine Differenzierung beider Leistungskriterien geben, zumindest in Bezug auf den Anwendbarkeits- / Verwendbarkeitsnachweis. Darin liegt der grundlegende Unterschied zum europäischen Klassifizierungssystem. 7.3.2 Europäisches Klassifizierungssystem Die Ergebnisse der Bauteilprüfung nach den europäischen Prüfnormen (siehe Kapitel 4.2.2) führen durch Anwendung der DIN EN 13501 Teil 2 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen zur Klassifizierung der

Seite 78 Probe. Das Klassifizierungssystem von DIN EN 13501 2 erscheint zunächst deutlich komplizierter als das bisher bekannte nach DIN 4102. Allerdings wird bei näherem Betrachten deutlich, dass die Bewertung der Bauteile vereinfacht wird, da aus der Klassifizierung alle Leistungsmerkmale eines Bauteils unmittelbar abgeleitet werden können. Das wird durch die Kombination der Symbole für die Leistungsmerkmale erreicht, weil jedes Kriterium mit einer eigenen Kennzeichnung versehen wird, und das unabhängig von der Art des Bauteils. Das differenzierte Klassifizierungssystem wird in der folgenden Tabelle zusammenfassend dargelegt.

Seite 79 Tabelle 7.5: europäisches Klassifizierungssystem Kurzzeichen und Erläuterung Kriterium Anwendung R= Resistance Tragfähigkeit E = Etanchéité Raumabschluss I = Isolation Wärmedämmung (unter Brandeinwirkung) Beschreibung der Feuerwiderstandsfähigkeit W = Radiation Begrenzung des Strahlungsdurchtritts M = Mechanical Mechanische Einwirkung auf Wände (Stoßbeanspruchung) C = Closing Selbstschließende Eigenschaften - Rauchschutztüren - Feuerschutzabschlüsse - Abschlüsse für Förderanlagen S = Smoke Begrenzung der Rauchdurchlässigkeit - Rauchschutztüren - Zusatzanforderungen für Feuerschutzabschlüsse - Lüftungsanlagen inkl. Klappen P Aufrechterhaltung der Energieversorgung Elektrische Kabelanlagen G Rußbrandbeständigkeit Schornsteine K 1, K 2 I 1, I 2 200,300, ( C) io io io (in out) ab (above below) f (full) V e, h o (vertical, horizontal) Brandschutzvermögen unterschiedliche Wärmedämmkriterien Angabe der Temperaturbeanspruchung Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsdauer Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsdauer Beanspruchung durch volle ETK (Vollbrand) für vertikalen / horizontalen Einbau klassifiziert u/u Rohrende offen innerhalb des Prüfofens / Rohrende offen außerhalb des Prüfofens c/u Rohrende geschlossen innerhalb des Prüfofens / Rohrende offen außerhalb des Prüfofens - tragende Außenwände - Installationsschächte/ -kanäle - Lüftungsanlagen/ -klappen Unterdecken Doppelböden Lüftungsleitungen und Klappen Rohrabschottungen

Seite 80 7.3.3 Übertragung nationaler in europäische Klassifizierung In der Bauregelliste wird die Verknüpfung der europäischen Bauteilklassen mit den bauordnungsrechtlichen Anforderungen vorgenommen. Dazu ist in der Anlage 0.1.2 zur Bauregelliste A Teil 1 eine Äquivalenztabelle dargelegt, in der die Zuordnung der europäischen Bauteilklassen zu den bauordnungsrechtlichen Begriffen vorgenommen wurde. Der Vollständigkeit halber und um den praktischen Nutzen des differenzierten europäischen Klassifizierungssystems zu verdeutlichen wird diese Tabelle hier aufgenommen. Tabelle 7.6: Anlage 0.1.2 Bauregelliste A Teil 1 Bauordnungsrechtliche Anforderung Tragende Bauteile Raumabschluss ohne mit Nichttragende Innenwände Nichttragende Außenwände feuerhemmend R 30 REI 30 EI 30 E 30 (io) und E 30 (io) hochfeuerhemmend R 60 REI 60 EI 60 E 60 (io) und E 60 (io) feuerbeständig R 90 REI 90 EI 90 E 90 (io) und E 90 (io) Feuerwiderstandsfähigkeit 120 Min. R 120 REI 120 Brandwand REI 30 EI-M 90 Doppelböden REI 30 ETK (f) Selbständige Unterdecken EI 30 (ab) EI 60 (ab) EI 90 (ab) Beispiel: Eine tragende Wand wurde nach den Vorgaben von DIN EN 1365 1 geprüft und hat folgende Eigenschaften aufzuweisen: Tragfähigkeit: 102 Minuten; Raumabschluss: 83 Minuten; Wärmedämmung: 36 Minuten;