Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2013/14 Prof. Dr. phil. habil. Udo Thiedeke 1) Was interessiert die Soziologie? 2) 3) Überblick über die Themen der Vorlesung
1) Was interessiert die Soziologie? Folie 1 Klaus Feldmann versucht z.b. 2006 in seinem Buch die Frage, was moderne Soziologie ist mit einem,rundumschlag zu beantworten: Die wissenschaftlich kontrollierte Betrachtung und Analyse des Zusammenlebens vieler Menschen, der Gesellschaft, des sozialen Handelns, der Interaktion und Kommunikation, der Institutionen und der eigenartigen Perspektiven, die von Soziologen eingenommen werden. (Soziologie kompakt: Eine Einführung, Wiesbaden, S. 10)
1) Was interessiert die Soziologie? Folie 2 Will die Soziologie eine eigenständige Wissenschaft sein, so muss sie eine eigene Fragestellung verfolgen, die nicht nur ein Teilproblem der sozialen Wirklichkeit erfasst und die nur von der Soziologie bearbeitet werden kann.
1) Was interessiert die Soziologie? Folie 3 Der 1998 verstorbene Soziologe Niklas Luhmann hat 1981 interessanten Vorschlag gemacht, davon auszugehen, grundsätzlich nach den Möglichkeiten für das Zustandekommen des Sozialen zu fragen. Soziologie fragt nach Luhmann deshalb grundsätzlich nicht zuerst nach Menschen, Intentionen oder Institutionen, sondern danach: wie soziale Ordnung möglich ist. (Gesellschaftsstruktur und Semantik. Bd. 2, Frankfurt/M. 1981: 195)
1) Was interessiert die Soziologie? Folie 4 Die Soziologie interessiert sich dafür, wie Sozialität möglich ist, wobei mit Sozialität jede Form des Miteinanderseins, angefangen von der flüchtigen Interaktion, über die Zweierbeziehung, Familie, Gruppen, Organisationen, Funktionssysteme bis hin zur Gesellschaft gemeint ist, in der es um soziale Sinnunterscheidungen geht.
2) Folie 5 Die Soziologie tut sich grundsätzlich schwer mit der soziologischen Erforschung der Medien. So ist die Mediensoziologie als spezielle Soziologie nicht eindeutig definiert und in Deutschland nur unzureichend an Universitäten institutionalisiert. Zumeist wird sie auf theoretische Ansätze der Kommunikations und Medienwissenschaft, vornehmlich der Publizistik, und methodisch auf eine medienpsychologisch inspirierte Medienwirkungsforschung bezogen.
2) Folie 6 Grundsätzlich fehlt der Mediensoziologie bereits ein ausreichend tragfähiger Medien Begriff.
Einführung in Mediensoziologie 2) Folie 7 Die Mediensoziologie hat sich im einzigen Lehrbuch zur Mediensoziologie auf den Standpunkt gestellt, Medien mit Massenmedien in eins zu setzen. So lesen wir in Michael Jäckels Mediensoziologie in der Einführung, das Programm der Mediensoziologie bestehe darin: (...) nach Strukturmerkmalen zu suchen, die dem Vorhandensein von über Massenmedien verbreiteten Angeboten zuzuschreiben sind. (2005: 10). (Michael Jäckel, 2005: Mediensoziologie. Grundfragen und Forschungsfelder. Wiesbaden: VS)
2) Folie 8 Die Festlegung von Medien auf Massenmedien in der Mediensoziologie erscheint aber unzureichend, schließt sie doch Medien wie die Sprache, die (Hand )Schrift aber auch das Telefon sowie symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien (SGKM) wie Macht, Liebe, Geld, Wahrheit etc. von der mediensoziologischen Beobachtung aus. Sie erscheint auch angesichts der Kommunikationscharakteristika der sog. Neuen Medien, wie Computer und Internet, die eben nicht nur massenmedial operieren, völlig veraltet.
2) Folie 9 Die Fixierung der Soziologie auf Massenmedien und eine kausaldeterministische Wirkungsperspektive scheint zumindest im deutschsprachigen Raum aus Max Webers handlungstheoretischer Perspektive auf die Presse zu resultieren.
2) Folie 10 Weber hatte 1910 auf gesellschaftliche Bedeutung von Massenme- dien hingewiesen Zu untersuchen sei demnach die: (...) Art der Bildung jenes Apparats von psychischen Suggestionsmitteln (...), durch welche die moderne Gesellschaft kontinuierlich den einzelnen sich einzufügen und anzupassen trachtet: die Presse als eins der Mittel zur Prägung der subjektiven Eigenart des modernen Menschen. (Hervorh. im Orig.; 2001: 316). (Max Weber, 2001: Vorbericht über eine vorgeschlagene Erhebung über die Soziologie des Zeitungswesen, in: Horst Pöttker (Hrsg.): Öffentlichkeit als gesellschaftlicher Auftrag. Klassiker der Sozialwissenschaft über Journalismus und Medien. Konstanz. S. 316 325 (1910).)
2) Folie 11 Engführungen der Mediensoziologie: Ungenauer bzw. fehlender soziologischer Medien Begriff. Instrumentelles Verständnis von Medien und Medientechniken. Gleichsetzung von Medien mit Massenmedien. Kausaldeterministische Annahme einer subjektiven Verhaltenswirkung von Medien. Methodische Verengung auf den methodologischen Individualismus und die Medienpsychologie. Vernachlässigung gesellschaftlicher Bedingungen und Konsequenzen für das Auftreten und die Entfaltung von Medien.
2) Folie 12 Wir wollen diese Engführungen vermeiden und zunächst einen soziologischen Medienbegriff zu Grunde legen, der alle Kommunikationsmedien umfasst und sich an der Strukturierung von Sinn anhand von technisch und sozial auf Medien bezogenen Erwartungen orientiert.
2) Folie 13 Kommunikationsmedien sollen daher definiert werden als: Sozio technisch operierende Strukturmechanismen des Sinns. (Thiedeke, 2012: 145) (Udo Thiedeke, 2012: Soziologie der Kommunikationsmedien. Medien - Formen - Erwartungen. Wiesbaden: VS)
2) Folie 14 Das schließt einen Wechsel der wissenschaftlichen Beobachtungsperspektive ein. Hier werden Medien und die mit ihnen mögliche mediale Kommunikation nicht als spezielle Soziologie, sondern aus dem Blickwinkel der allgemeinen Soziologie mit ihrem Inventar an Theorien und Methoden betrachtet. Es geht daher nicht mehr um Mediensoziologie, sondern um eine Soziologie der Medien.
2) Folie 15 Die leitende Fragestellung unserer Beobachtungen lautet: Wie ist Sozialität durch mediale Kommunikation möglich?
3) Überblick über die Themen der Vorlesung Folie 16 Vorlesungsprogramm 24.10.13 31.10.13 Fakten, Fakten, Fakten - neue mediale Kommunikation 07.11.13 Was sind Medien? 14.11.13 Medien als Problemlösungen 21.11.13 Mediendifferenzierung 28.11.13 Alte Medien 05.12.13 Neue Medien 12.12.13 Cyberspace als Sinnhorizont 19.12.13 Virtualisierung als Normalität 09.01.14 Virtualisierte Vergesellschaftung I: Identität 16.01.14 Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 23.01.14 Virtualisierte Vergesellschaftung III: Zeit 30.01.14 Virtualisierte Vergesellschaftung IV: Raum 06.02.13 - Abschlussklausur -