Wolfgang Till
psychoanalytische Konzepte und psychoanalytische Methode als Bereicherung und Spezifizierung für KI als Hilfe bei schwierigen Kriseninterventionen Hauptgegenstand: Übertragung und Gegenübertragung in der KI Wichtigkeit eines psychoanalytischen Nachdenkens versus Handlungsdruck bei Kriseninterventionen 2
die Halt gebende Dimension der therapeutischen Beziehung ist Basis und zentraler Wirkfaktor jeglicher KI das Konzept Container-Contained von Bion Der emotional überforderte Krisenklient braucht die Psyche des Therapeuten als Container, als ein spiegelndes Gegenüber. Containing ist eine spezielle, sehr präzise und für den Therapeuten anstrengende mentale Aktivität. 3
psychodynamischer Fokus = Zentrierung auf fokal eingegrenzte unbewusste Zusammenhänge Fokalsätze als Orientierungshilfe für den Therapeuten Methode der Fokalsatzbildung von Lachauer erster Satzteil: das aktuelle, bewusste bzw. bewusstseinsnahe Problem (Krisenproblematik) zweiter Satzteil: eine Hypothese über die zentralen unbewussten Motive und Hintergründe (Verbindung zur unbewussten Bedeutung der Krise) Zusatz: innere Lösungsphantasie 4
! " Beziehung und Interaktion zwischen Klient und Therapeut können in der KI unproblematisch sein, sie können sich aber auch sehr schwierig gestalten. funktionierende psychische Strukturen sind geschwächt oder zusammengebrochen Rückgreifen auf alte, vertraute Beziehungsmuster Affekte und innere Konflikte werden öfter indirekt, szenisch oder mittels projektiver Mechanismen mitgeteilt 5
Die Art, wie der Klient seinen Therapeuten erlebt, in welche Haltung er sich ihm gegenüber begibt, welche Wünsche er an ihn richtet oder welche Gefühle er für ihn empfindet, wie er also zu ihm in Beziehung tritt das kann alles aus anderen Beziehungen des Klienten in seine momentane Beziehung zum Therapeuten übertragen sein. 6
Die Summe aller Gefühle, Gedanken und Phantasien, die der Therapeut in seiner Beziehung zum Klienten erlebt Die Wahrnehmung seiner eigenen Reaktion kann dem Therapeuten einen zusätzlichen Weg zum Verständnis der unbewussten seelischen Vorgänge des Klienten ermöglichen. 7
! komplexes Interaktionsmuster 1. Wunsch des Klienten sich eines unerträglichen Selbstanteils zu entledigen; dieser wird dem Therapeuten zugeschrieben. 2. Ausübung von Druck seitens des Klienten auf den Therapeuten, der Projektion zu entsprechen. 3. Verarbeitung der Projektion durch den Therapeuten Wird dem Klienten in verarbeiteter Form wieder zur Verfügung gestellt. 8
#" objektive Informationen subjektive Informationen szenische Informationen - sind oft am aufschlussreichsten 9
$ %&!' heftige Gefühle in Krisen werden interaktionell entfacht lösen im Therapeuten heftige Gegenübertragungsgefühle aus was will der Klient von mir, was tut er mit mir, wozu drängt er mich, was löst er in mir aus? wahrnehmen und dem Druck standhalten Gefahren: Gegenübertragungswiderstand Gegenübertragungsagieren notwendige Klärungs- und Differenzierungsarbeit, die der Therapeut leistet 10
Fallbeispiel Marianne 11
( Die Klientin hat vieles über ihr Krisenerleben nicht nur erzählt, sondern indirekt vermittelt, gleichsam in Szene gesetzt. in Verbindung mit ihrem vermuteten inneren Erleben in der kränkenden Mobbing-Situation verstehen Gegenübertragung des Therapeuten: Mitgefühl für und Sorge um die Klientin ohnmächtige Wut, sich von der Klientin schlecht behandelt fühlen 12
( projektive Identifikation Die Klientin hat den Therapeuten spüren lassen, was in ihr vorging, hat ihn in ihr Erleben hineingezogen und er hat sich damit identifiziert. abgespaltene Aggression Sich-Schlecht-Behandelt-Fühlen durch die Mutter ein lebensbiographischer, psychodynamischer Zusammenhang Gegenübertragungsagieren konnte hintangehalten werden Ein deutendes Bearbeiten war in dieser aufgeheizten Situation nicht möglich. 13
$ %) Eckhard Daser eine spezielle Deutungsform = Deutung aus der Gegenübertragung für KI besonders geeignet dient mehr der Beziehungsbildung als dem Einsichtsgewinn vom Erleben des Therapeuten aus eine Brücke zum Klienten schlagen 14
) Beginn eines ersten KI-Gesprächs mit einer 19jährigen hochschwangeren jungen Frau mit Deutungen aus der Gegenübertragung So kommt das Gespräch in Gang und führt von einer verstockten Feindseligkeit, von negativer Übertragung, zu Kooperation und Offenheit. 15
&!' * Zusammenfassung und Bogen zu institutionellen Bedingungen von KI-Arbeit schlagen. Die Stärke einer psychoanalytischen Sicht Reflexionen von Unbewusstem, Bezugnahme zu Lebensbiographie und Persönlichkeitsstruktur des Klienten Reflexionen des Beziehungsgeschehens zwischen Klient und Therapeut 16
&!' * Wert & Nutzen psychoanalytischen Reflektierens für KI 1. Nachdenken, das über nur Situations- und Krisenbezogenes hinausgeht, besseres Verstehen des Krisenklienten, bessere Einschätzung allfälliger Notwendigkeit nachfolgender Psychotherapie, 2. Chance Gegenübertragungswiderstände rechtzeitig zu erkennen und somit für den Klienten offen zu bleiben 3. Chance Eskalationen im Beziehungsgeschehen zwischen Klient und Therapeut hintan zu halten 17
&!' * Reflexionen können durch Handlungsdruck erschwert oder verunmöglicht werden. KI ist in mehrfacher Hinsicht mit Handlungsdruck verknüpft: Ein mehr oder minder großes Gefährdungspotential Appell an den Therapeuten, er solle etwas tun um einen unaushaltbaren Gefühlszustand zu verändern; Therapeut wird mittels projektiver Verwicklungen in unerträgliche Gefühlszustände hineingezogen Handlungsdruck, der von den institutionellen Rahmenbedingungen ausgeht 18
&!' * Es braucht Inneres (Selbstreflexionen, Offenheit ebenso wie Distanzierungsmöglichkeiten, Engagement und Kraft des Therapeuten) und Äußeres (Arbeitsbedingungen, die diese Reflexionen fördern oder zumindest nicht behindern und die dafür notwenigen organisatorischen Strukturen und finanziellen Ressourcen). Zur-Verfügung-Stellung der nötigen Reflexionsräume ist eine große, individuelle und institutionelle Herausforderung 19
+, Hoffnung und Wünsche 20
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