A. Allgemeine rechtliche Grundlagen

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Transkript:

Rechtsberatung und Rechtsverfolgung in Äthiopien (Stand: August 2017) Alle Angaben dieses Merkblattes beruhen auf den Erkenntnissen und Erfahrungen der Botschaft zum Zeitpunkt der Abfassung des Merkblatts. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere wegen zwischenzeitlich eingetretener Veränderungen, kann keine Gewähr übernommen werden. A. Allgemeine rechtliche Grundlagen Als einer der wenigen Staaten ist Äthiopien dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ( New Yorker Konvention ) von 1958 nicht beigetreten; multilaterale Übereinkommen für die Rechtshilfe in Zivilsachen gibt es daher nicht. Auf bilateraler Ebene ist als einziges das Deutsch-Äthiopische Investitionsschutzabkommen vom 19.01.2004, in Kraft seit 10.12.2005, zu nennen, das deutschen Investoren völkerrechtlich abgesicherten Rechtsschutz ihrer Kapitalanlagen gewährt und es kleinen und mittleren Unternehmen erleichtert, sich den äthiopischen Markt zu erschließen. B. Geltendmachen von Forderungen I. Außergerichtliche Einziehung von Forderungen 1. Aufenthaltsermittlung Mangels geregelten Meldewesens ist es nicht möglich, über die äthiopischen Behörden eine Anschriftenermittlung einzuleiten.die Anwälte helfen aber mit der Anschriftenermittlung. 2. Möglichkeiten der Botschaft Nur wenn die genaue Postanschrift (als Postfach (P.O.Box) Adresse) des Schuldners bekannt ist, kann die Botschaft ihn auf gütlichem Weg auffordern, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Der Gläubiger hat dazu gegenüber der Botschaft die Begründetheit seiner Forderung nachzuweisen. In einem Mahnschreiben wird der Schuldner vorgeladen bzw. schriftlich auf die Forderung hingewiesen und aufgefordert, seine Schulden zu begleichen. Die Gebühren für das erste Mahnschreiben betragen

10.- bis 50.- Euro, für jedes weitere Mahnschreiben werden 5.- Euro erhoben. Zwangsmittel zur Durchsetzung von außergerichtlichen Forderungen Dritter gegen in Äthiopien wohnhafte Schuldner stehen der Botschaft nicht zur Verfügung. 3. Handelskammern: In Äthiopien gibt es keine deutsche Handelskammer. Die nächste deutsche Handelskammer sitzt in Nairobi, ist für Äthiopien jedoch im Grundsatz nicht zuständig. 4. Mediation/Schlichtungsstellen Das Arbitration Institute der Addis Ababa Chamber of Commerce & Sectoral Associations (AACCSA Al) bietet Mediationen und Schlichtung für Mitglieder der Vereinigung sowie für lokale und ausländische Unternehmen an. Addis Ababa Chamber of Commerce Arbitration Institute P.O.Box. 2458 Addis Ababa, Ethiopia Phone: +251-115 518 055 Fax : +251-115 511 479 Email : aachamber1@ethionet.et 5. Inkassobüros Inkassobüros sind der Botschaft nicht bekannt. 6. Mahnverfahren Ein Mahnverfahren gibt es nach äthiopischem Prozessrecht nicht. II. Zivilrechtsweg (Einklagen von Forderungen) 1. Gesetzliche Grundlagen Die seit 1965 weithin unverändert gültige äthiopische Zivilprozessordnung (Civil Procedure Code CPC) enthält in den Abschnitten I bis V Regelungen zum Erkenntnisverfahren. Das materielle Zivilrecht ist überwiegend im Civil Code von 1960 normiert. 2. Sachliche, örtliche Zuständigkeit Das Bundesgericht ist für Klagen gegen Ausländer (nicht-äthiopier) zuständig. Für andere Klagen, also auch Klagen von Ausländern gegen Äthiopier, sind die Gerichte auf Länderebene zuständig. Deren örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus dem Ort, an dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, hilfsweise an dem er sein Geschäft betreibt oder seiner Arbeit nachgeht.

3. Formerfordernisse Die Dokumente müssen in der jeweiligen lokalen Sprache, regelmäßig in dreifacher Kopie eingereicht werden. 4. Anwaltszwang, Notare Das Notarswesen wird in Äthiopien durch das Acts and Documentation Office ausgeübt, das dem Justizministerium untersteht. 5. Prozesskostenhilfe C. Anerkennung und Vollstreckung deutscher Gerichtsentscheidungen Vorbemerkung: Grundzüge zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen enthält die äthiopische Zivilprozessordnung (CPC) aus dem Jahr 1965, deren Auslegung jedoch uneinheitlich und inkohärent ist. So enthält die CPC keine Legaldefinition, was unter einer ausländischen Entscheidung zu verstehen ist. Im Allgemeinen wird die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen bejaht, wenn folgende Voraussetzungen (kumulativ) erfüllt sind: 1. Gegenseitigkeit ist gewährleistet; 2. der ausländische Beschluss beruht auf einer gültigen Schiedsgerichtsvereinbarung oder wurde auf der Grundlage gültiger Gesetze erlassen; 3. Verfahrensvorschriften wurden beachtet, insbesondere die Anhörung aller Beteiligten gewährleistet; 4. die Zusammensetzung des Schiedsgerichts war ordnungsgemäß; 5. der Beschluss betrifft keine Angelegenheit, die in Äthiopien nicht der Schiedsgerichtsbarkeit unterliegen würde; 6. der Beschluss verstößt nich gegen den ordre public; 7. der Beschluss kann unter den geltenden äthiopischen Bestimmungen vollstreckt werden. Allerdings haben ausländische Titel, etwa solche aus Deutschland, einen hohen Stellenwert in Äthiopien. Ein solcher Titel reicht daher regelmäßig aus, um den Schuldner zur Leistung zu bewegen. Nur selten kommt es zu einem weiteren Verfahren in Äthiopien; die äthiopischen Gerichte verlassen sich dann jedoch meist auf das deutsche Urteil.

I. Anerkennung 1. Sachliche, örtliche Zuständigkeit Anträge auf Anerkennung ausländischer Urteile oder Entscheidungen sind vom Gläubiger an den Federal High Court oder an den Supreme Court, das in dem jeweiligen Bundesstaat anstelle des High Court zuständig ist, zu richten. 2. Formerfordernisse Der Antrag ist schriftlich, ansonsten formfrei zu stellen. Dem Antrag sind beizufügen: eine beglaubigte Kopie des Urteils eine Bescheinigung über die Rechtskraft, ausgestellt vom Gerichtspräsidenten eine beglaubigte Kopie der Unterlagen in die amharische Sprache eine Beglaubigung (Legalisation) der Unterlagen durch die äthiopische Auslandsvertretung, in deren Amtsbezirk das Urteil ergangen ist. 3. Anwaltszwang, Notarzwang 4. Prozesskostenhilfe II. Vollstreckung Die Vollstreckung aus einem ausländischen Titel findet nur statt, wenn Gegenseitigkeit besteht oder ein Rechtshilfeabkommen zwischen Äthiopien und dem ersuchenden Staat existiert. Bisher wurde nur mit Djibouti ein Rechtshilfeabkommen geschlossen, so dass aus deutschen Titeln nicht vollstreckt wird. 1. Gesetzliche Grundlagen Die seit 1965 weithin unverändert gültige äthiopische Zivilprozessordnung (Civil Procedure Code CPC) enthält im Abschnitt IV (Art. 371 ff.) Regelungen zum Vollstreckungsverfahren.

2. Sachliche, örtliche Zuständigkeit Wer einen äthiopischen Titel erstritten hat, kann diesen zusammen mit den Verfahrenskosten vom Vollstreckungsgericht (Execution Court) vollstrecken lassen. Für die Vollstreckung in eine Forderung händigt das Vollstreckungsgericht ein weiteres Urteil aus. Die Sachpfändung erfolgt durch Mitarbeiter des Vollstreckungsgerichts. 3. Anwaltszwang Anwälte des Erkenntnisverfahrens sind regelmäßig interessiert daran, auch das Vollstreckungsverfahren zu betreuen. 4. Prozesskostenhilfe D. Sonstige Ansprechpartner Die Anschrift der Standesvertretung für Rechtsanwälte in Äthiopien lautet: Ethiopian Lawyers Association PO Box 700 Addis Abeba Tel.: +251-(0)11-5 53 01 22 Fax: +251-(0)11-5 15 20 47 Internet: http://www.ethiopian-bar.org E-Mail: eba@ethionet.et