Wachstum und Wohlstand im (demografischen) Wandel

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Transkript:

Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität Wachstum und Wohlstand im (demografischen) Wandel Produktivitätsentwicklung und demografische Entwicklung in Deutschland Priv.Doz. Dr. Norbert Reuter - ver.di-bundesvorstand / Bereich Wirtschaftspolitik - 4. Juli 2011 / Berlin

Das Problem 2

3

Quelle: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Begleitmaterial zur Pressekonferenz am 18. November 2009 in Berlin, S. 15. 4

5

6

Berücksichtigung der Produktivitätsentwicklung notwendig! 7

Berechnung von Szenarien zugrunde liegt jeweils die mittlere Variante 1-W-1 der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung 8

9

Variante 1-W1 10

Varianten der Szenarien zugrunde liegt jeweils die mittlere Variante 1-W-1 der 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung variiert werden: Grad der Erwerbstätigkeit 75% der 15-65jährigen ( Niveau von 2010) Steigerung auf 80% der 15-65jährigen Entwicklung der Erwerbstätigenproduktivität kein Produktivitätsfortschritt (61.700 /Erwerbstätigem in 2010) 1% / Jahr 0,5% / Jahr 11

Produktivitätsentwicklung Veränderung der Arbeitsproduktivität* je Erwerbstätigenstunde ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 5% Produktivitätsanstieg gegenüber Vorjahr 4% 3% 2% Ø1,8% 1% % -1% -2% 2,6 3,5 4,0 3,8 2,5 1,6 2,9 2,6 2,3 2,5 1,2 1,4 2,6 1,8 1,5 1,2 0,6 1,4 2,9 0,7 0,0 Prognose 1,7 1,1 0,8-3% -2,2 *Bruttoinlandsprodukt in realen Preisen je Erwerbstätigenstunde Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, 2011/2012 aktuelle Prognosen 12

45.000 Produktivität und demografischer Wandel* Deutsches Bruttoinlandsprodukt insgesamt und pro Kopf 3.000 40.000 2.499 Mrd. 2.379 Mrd. Bruttoinlandsprodukt 2.113 Mrd. 2.500 in Euro 35.000 30.000 30.643 29.768 1.932 Mrd. 1.792 Mrd. 1.636 Mrd. 2.000 1.500 Mrd. Euro 27.316 1.000 25.000 20.000 Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 26.162 25.816 25.305 *Annahmen: - Variante 1 - W1 der 12. koord. Bev.v.berechng. - Erwerbstätigkeit: 75% der 15-65jährigen; - keine Steigerung der Erwerbstätigenproduktivität 2010 2020 2030 2040 2050 2060 500 0 Datengrundlage: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Wiesbaden 2009 Grafik 1 13

45.000 Produktivität und demografischer Wandel* Deutsches Bruttoinlandsprodukt insgesamt und pro Kopf 3.000 2.628 Mrd. 2.578 Mrd. 2.603 Mrd. 2.668 Mrd. 2.691 Mrd. 40.000 2.499 Mrd. Bruttoinlandsprodukt 38.437 41.618 2.500 in Euro 35.000 30.000 30.643 32.882 33.331 35.262 2.000 1.500 Mrd. Euro Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 1.000 25.000 20.000 *Annahmen: Variante 1 - W1 der 12. koord. Bev.v.berechnung Erwerbstätigkeit: 75% der 15-65jährigen Erwerbstätigenproduktivität: 1,0% / Jahr 2010 2020 2030 2040 2050 2060 500 0 Datengrundlage: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Wiesbaden 2009 Grafik 2 14

45.000 Produktivität und demografischer Wandel* Deutsches Bruttoinlandsprodukt insgesamt und pro Kopf 3.000 40.000 2.499 Mrd. 2.501 Mrd. Ø 0,0% / Jahr 2.335 Mrd. 2.243 Mrd. 2.188 Mrd. 2.099 Mrd. 2.500 35.000 Bruttoinlandsprodukt 2.000 in Euro 30.000 30.643 31.290 30.181 30.384 31.517 32.472 1.500 Mrd. Euro 1.000 Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 25.000 20.000 *Annahmen: Variante 1 - W1 der 12. koord. Bev.v.berechnung Erwerbstätigkeit: 75% der 15-65jährigen Erwerbstätigenproduktivität: 0,5% / Jahr 2010 2020 2030 2040 2050 2060 500 0 Datengrundlage: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Wiesbaden 2009 Grafik 3 15

45.000 Produktivität und demografischer Wandel* Deutsches Bruttoinlandsprodukt insgesamt und pro Kopf 3.000 40.000 2.493 Mrd. 2.660 Mrd. 2.484 Mrd. 2.386 Mrd. 2.327 Mrd. 2.233 Mrd. 2.500 Bruttoinlandsprodukt 2.000 in Euro 35.000 30.000 30.574 33.287 32.108 32.324 33.528 34.545 1.500 Mrd. Euro Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 1.000 25.000 20.000 *Annahmen: Variante 1 - W1 der 12. koord. Bev.v.berechnung Erwerbstätigkeit: 80% der 15-65jährigen ab 2020 Erwerbstätigenproduktivität: 0,5% / Jahr 2010 2020 2030 2040 2050 2060 500 0 Datengrundlage: Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Wiesbaden 2009 Grafik 4 16

Ergebnisse Unter der Annahme eines zukünftig gänzlich ausbleibenden Produktivitätsfortschritts würden BIP und BIP/Kopf stark zurückgehen (Grafik 1); bereits unter der Annahme eines Anstiegs der Erwerbstätigenproduktivität von nur einem Prozent steigt das BIP leicht, das BIP/Kopf jedoch deutlich (Grafik 2); 17

Ergebnisse unter der Annahme, dass sich der Produktivitätsfortschritt drastisch auf nur noch 0,5%/Jahr reduziert, sinkt das BIP leicht, das BIP/Kopf bleibt jedoch in etwa konstant (Grafik 3); würde gleichzeitig die Erwerbstätigkeit auf 80% der 15-65jährigen gesteigert, bleibt das BIP/Kopf deutlich über dem Ausgangsniveau und steigt langfristig stetig an (Grafik 4). 18

Konsequenzen Ein demografiebedingter Sachzwang, der zu allgemeinen Kürzungen etwa bei der Rente oder zur Rente mit 69 zwingt, ist nicht zu erwarten. Aus der demografischen Entwicklung ergibt sich aber ein sich in Zukunft verschärfendes Verteilungsproblem. Es ist jedoch ein grundsätzlich unterschiedliches Problem, ob etwas nicht da ist (= Sachzwang), oder wir es mit einem Verteilungsproblem (= politische Aufgabe) zu tun haben. Notwendige Voraussetzung zur Änderung der Verteilung ist ein entsprechender politische Wille. 19

Zentrale Frage: Ist die politische Aufgabe lösbar oder nicht? 20

Handlungsmöglichkeiten Bessere Bildungschancen für alle; Beschäftigungsquote älterer Beschäftigte erhöhen (u.a. altersgerechte Arbeitsbedingungen, Fort- und Weiterbildung verbessern); familienfreundliche Arbeitsbedingungen; Einkommenssituation der Beschäftigten verbessern (u.a. Re-Reform der Arbeitsmarktgesetze, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gesetzlicher Mindestlohn); Steuerreform zur Korrektur der Primärverteilung (u.a. höherer Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer, höherer Körperschaftsteuersatz, Wiedereinführung der Vermögensteuer, höhere Erbschaftsteuer, 21 Finanztransaktionsteuer).

Vielen Dank! 22