Briefing für Personalverantwortliche

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Transkript:

Briefing für Personalverantwortliche Vanessa Klesy Jörg Salzmann Rechtsanwältin/Counsel Rechtsanwalt/Senior Associate T +49 69 7941 1283 T +49 69 7941 1072 vklesy@mayerbrown.com jsalzmann@mayerbrown.com Q1/2018 8. März 2018 Mayer Brown is a global legal services provider comprising legal practices that are separate entities (the "Mayer Brown Practices"). The Mayer Brown Practices are: Mayer Brown LLP and Mayer Brown Europe-BrusselsLLP, both limited liabilitypartnerships establishedin IllinoisUSA; Mayer Brown International LLP, a limited liabilitypartnership incorporated in England and Wales (authorized and regulated by the Solicitors Regulation Authority and registered in England and Walesnumber OC 303359); Mayer Brown, a SELASestablished in France; Mayer Brown JSM, a Hong Kong partnership and its associated legal practices in Asia; and Tauil & Chequer Advogados, a Brazilianlaw partnership with which Mayer Brown is associated. Mayer Brown Consulting (Singapore) Pte. Ltd and its subsidiary, which are affiliatedwith Mayer Brown, provide customs and trade advisory and consultancy services, not legal services. "Mayer Brown" and the Mayer Brown logo are the trademarks of the Mayer Brown Practices in their respective jurisdictions.

Agenda Unbegrenzte Übertragbarkeit von Urlaubsansprüchen bei Scheinselbstständigkeit Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang Berechnung des Nachtarbeitszuschlags auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns Steuerfreiheit einer Entschädigung nach dem AGG 2

Unbegrenzte Übertragbarkeit von Urlaubsansprüchen bei Scheinselbstständigkeit (1/4) Kontext der Entscheidung: Scheinselbstständigkeit Definition Wenn Erwerbstätige wie Selbstständige behandelt werden, tatsächlich jedoch wie abhängig Beschäftigte arbeiten und sich auch wegen ihrer sozialen Schutzbedürftigkeit nicht von diesen unterscheiden Risiken, u.a.: Nachforderungen von Beiträgen durch Sozialversicherungsträger Mögliche Regressansprüche der Unfallversicherungsträger bei Arbeitsunfällen Drohende Strafbarkeit gemäß 266 a StGB wegen nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit allen Rechten und Pflichten 3

Unbegrenzte Übertragbarkeit von Urlaubsansprüchen bei Scheinselbstständigkeit (2/4) Sachverhalt der Entscheidung (EuGH vom 29.11.2017 C-214/16) Arbeitnehmer über 13 Jahre auf Provisionsbasis als selbstständiger Verkäufer beschäftigt, teilweise wurde unbezahlter Urlaub genommen Klage gegen ehemaligen Arbeitgeber auf Zahlung von Urlaubsvergütung für unbezahlten Urlaub und Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub während der 13 Jahre; Betrag von ca. EUR 30.000,00 Begründung: Keine Selbstständigkeit, sondern Arbeitnehmer Arbeitgeber ist der Auffassung, dass Ansprüche auf Urlaubsvergütung für unbezahlten Urlaub und Urlaubsabgeltung jedenfalls verfallen sind Britisches Berufungsgericht gibt dem Kläger Recht er ist Arbeitnehmer. Es legt dem EuGH die Fragestellung bzgl. der Urlaubsvergütung bzw. -abgeltung vor 4

Unbegrenzte Übertragbarkeit von Urlaubsansprüchen bei Scheinselbstständigkeit (3/4) Inhalt der Entscheidung (EuGH vom 29.11.2017 C-214/16) Fortführung der Urlaubsrechtsprechung des EuGH Schultz-Hoff -Entscheidung vom 20.01.2009 (C-350/06): Vierwöchiger Mindesturlaub verfällt im Fall von Krankheit nicht Urteil vom 22.11.2011, C-214/10 : Im Fall von Krankheit verfällt der Urlaub nach einem Übertragungszeitraum von 15 Monaten Entscheidung In diesem Fall zeitlich unbegrenzte Übertragung von Urlaubsansprüchen Keine Begrenzung auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten, da Arbeitgeber den Status seiner Mitarbeiter ordnungsgemäß feststellen muss Arbeitgeber ist nicht schutzwürdig, denn er profitiert auch von der Scheinselbstständigkeit und muss daher die finanziellen Folgen tragen. 5

Unbegrenzte Übertragbarkeit von Urlaubsansprüchen bei Scheinselbstständigkeit (4/4) Konsequenzen für die Praxis (EuGH vom 29.11.2017 C-214/16) Grundsatz: Gemäß 7 Abs. 3 BUrlG verfällt der Urlaubsanspruch zum Jahresende bzw. nach den ersten drei Kalendermonaten des Folgejahres, wenn er nicht rechtzeitig beantragt wird Bei Scheinselbstständigkeit: Arbeitgeber können Scheinselbstständigen nicht mehr entgegenhalten, dass sie keinen Urlaub beantragt haben und dieser daher verfallen ist Bei Scheinselbstständigkeit entsteht damit ein weiteres finanzielles Risiko für den Arbeitgeber 6

Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang (1/4) Kontext der Entscheidung: 613a BGB Inhalt der Unterrichtung: Zeitpunkt und Grund des Betriebsübergangs Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Betriebsübergangs In Aussicht genommene Maßnahmen Widerspruchsfrist: Ein Monat nach Zugang der Unterrichtung bei vollständiger und formgerechter Unterrichtung Unbefristetes Widerspruchsrecht bei fehlender, formwidriger oder unvollständiger Unterrichtung: Grenzen: Grundsatz der Verwirkung Voraussetzungen: Zeitmoment und Umstandsmoment 7

Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang (2/4) Sachverhalt der Entscheidung (BAG vom 24.08.2017 8 AZR/ 265/16) Betriebsübergang 2007: Der Betrieb des Veräußerers geht auf den Erwerber über Die Arbeitnehmerin wird über den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses unterrichtet Die Arbeitnehmerin widerspricht dem Betriebsübergang nicht und erbringt ihre Arbeitsleistung fortan bei dem Erwerber Widerspruch 2014: Die Arbeitnehmerin widerspricht dem Betriebsübergang und bietet dem Veräußerer ihre Arbeitsleistung wieder an Die Widerspruchsfrist von einem Monat wurde aufgrund einer fehlerhaften Unterrichtung nicht in Kraft gesetzt 8

Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang (3/4) Inhalt der Entscheidung (BAG vom 24.08.2017 8 AZR/265/16) Umstandsmoment: Widerspruchslose Weiterarbeit Unterrichtung über: Zeitpunkt oder geplanter Zeitpunkt des Betriebsübergangs Gegenstand des Betriebsübergangs Erwerber Widerspruchsrecht Zeitmoment: Sieben Jahre frühestens ab Betriebsübergang 9

Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang (4/4) Konsequenzen für die Praxis (BAG vom 24.08.2017 8 AZR 265/16) Erstmals zeitliche Höchstgrenze für mögliche Verwirkung Weiterhin höchste Sorgfalt bei der Erstellung von Unterrichtungsschreiben Besondere Aufmerksamkeit bei der Unterrichtung über Zeitpunkt oder geplanter Zeitpunkt des Betriebsübergangs Gegenstand des Betriebsübergangs Erwerber Widerspruchsrecht 10

Berechnung des Nachtarbeitszuschlags auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns (1/4) Kontext der Entscheidung: Mindestlohn nach MiLoG Seit 01.01.2015 Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn, der weder einseitig noch einvernehmlich unterschritten werden darf Seit dem 01.01.2017 - EUR 8,84 je Zeitstunde Mindestlohnanspruch tritt als eigenständiger gesetzlicher Anspruch neben die vertraglich vereinbarte Vergütung Mindestlohnanspruch ist pro Arbeitsstunde festgelegt, ist aber als Entgeltsumme für den Abrechnungszeitraum (i.d.r. ein Kalendermonat) zu ermitteln. Dem ist gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer tatsächlich im Austauschverhältnis für die geleisteten Arbeitsstunden erhalten hat. Ggf. besteht ein Differenzlohnanspruch nach dem MiLoG 11

Berechnung des Nachtarbeitszuschlags auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns (2/4) Sachverhalt der Entscheidung (BAG vom 20.09.2017 10 AZR 171/16) Gemäß Tarifvertrag Nachtarbeitszuschlag i.h.v. 25 % des tatsächlichen Stundenlohns und Urlaubsentgelt i.h.d. 1,5-fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes Für Januar 2015 erhielt die Arbeitnehmerin: Stundenlohn von EUR 7,00 und Zulage nach MiLoG, um den damaligen Mindestlohn i.h.v. EUR 8,50 zu erreichen; Vergütung für Feiertag, Urlaubstag und Nachtarbeitszuschlag, berechnet auf Grundlage des Stundenlohns von EUR 7,00; Gezahltes Urlaubsgeld wurde auf Mindestlohnansprüche der Arbeitnehmerin angerechnet. Arbeitnehmerin verlangt (1) Vergütung aller Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden auf der Grundlage eines Stundenlohns von EUR 8,50 und (2) Berechnung des Nachtarbeitszuschlags auf Grundlage dieses Mindestlohns 12

Berechnung des Nachtarbeitszuschlags auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns (3/4) Inhalt der Entscheidung (BAG vom 20.09.2017 10 AZR 171/16) BAG gibt der Arbeitnehmerin Recht: Arbeitgeber müssen gemäß 2 EFZG für Arbeitszeiten, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfallen, das Arbeitsentgelt zahlen, welches der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Bestimmt sich diese Vergütung nach dem MiLoG, muss der Mindestlohn auch für Zeiten gezahlt werden, in denen tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wurde Nachtarbeitszuschlag und Urlaubsentgelt müssen nach dem Tarifvertrag ebenfalls auf Grundlage des damaligen Mindestlohns von EUR 8,50 berechnet werden, denn dieser ist tatsächlicher Stundenverdienst i.s.d. tariflichen Regelung Es erfolgt keine Anrechnung des gezahlten Urlaubsgeldes auf Ansprüche nach dem MiLoG, da der Tarifvertrag hierauf einen eigenständigen Anspruch gibt und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handelt 13

Berechnung des Nachtarbeitszuschlags auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns (4/4) Konsequenzen für die Praxis (BAG vom 20.09.2017 10 AZR 171/16) Es muss für jeden Entgeltbestandteil geprüft werden, (1) auf welcher Grundlage er zu berechnen ist und (2) ob er eventuell auf den Mindestlohn angerechnet werden kann. Die BAG-Rechtsprechung ist zu beachten Das BAG wendet im Allgemeinen folgende Grundsätze an: Haben Ansprüche auf Entgeltbestandteile (z.b. Zuschläge, Prämien oder Einmalzahlungen) den Zweck, die normale Arbeitsleistung zu vergüten, erfüllt der Arbeitgeber mit ihrer Zahlung zugleich den gesetzlichen Mindestlohnanspruch. Folglich besteht eine Anrechenbarkeit Sollen Entgeltbestandteile (vorliegend: tarifliches Urlaubsgeld, welches zusätzlich zum Urlaubsentgelt gewährt wurde) dagegen ihrer rechtlichen Konzeption nach außerhalb des Austauschverhältnisses (Arbeit/Entgelt) stehen, sind sie zusätzlich zum Mindestlohn zu zahlen und auf diesen folglich nicht anrechenbar 14

Steuerfreiheit einer Entschädigung nach dem AGG (1/4) Kontext der Entscheidung: 15 AGG 15 Abs. 1 AGG Schadensersatzzahlungen wegen materieller Schäden Steuerpflichtig 15 Abs. 2 AGG Entschädigungszahlungen wegen immaterieller Schäden Steuerfrei Problem: Handelt es sich auch um eine steuerfreie Entschädigung nach 15 Abs. 2 AGG, wenn offen bleibt, ob eine Diskriminierung tatsächlich stattgefunden hat? 15

Steuerfreiheit einer Entschädigung nach dem AGG (2/4) Sachverhalt der Entscheidung (Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 21.03.2017 5 K 1594/14) Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Klageerweiterung auf Zahlung einer Entschädigung wegen angeblicher Diskriminierung Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs: Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung bis zur Beendigung Zahlung einer Entschädigung nach 15 AGG Zahlung einer Abfindung bei vorzeitigem Ausscheiden Entschädigung wird nicht versteuert in der Lohnsteuererklärung angegeben Finanzamt erachtet die Zahlung der Entschädigung als steuerpflichtige Schadensersatzleistung nach 15 Abs. 1 AGG 16

Steuerfreiheit einer Entschädigung nach dem AGG (3/4) Inhalt der Entscheidung (Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 21.03.2017 5 K 1594/14) Steuerfreie Entschädigungen nach dem AGG sind auch bei strittigen Diskriminierungen möglich Die Diskriminierung muss wesentlicher Bestandteil des Arbeitsgerichts- prozesses gewesen sein: Wortlaut des Vergleichs, z.b.: Unabhängig voneinander zu beurteilende Zahlungsverpflichtungen (reguläre Vergütung, Abfindung, Entschädigung) Gesamtumstände des Arbeitsgerichtsprozesses, z.b.: Klageerweiterung Schriftverkehr 17

Steuerfreiheit einer Entschädigung nach dem AGG (4/4) Konsequenzen für die Praxis (Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 21.03.2017 5 K 1594/14) Bei Kündigungsrechtsstreitigkeiten mit Diskriminierungstatbeständen steuerfreie Teilzahlungen nach 15 Abs. 2 AGG prüfen Ernsthafter Vorwurf einer Diskriminierung Diskriminierung stellt wesentlichen Teil des Arbeitsgerichtsprozesses dar Vorwurf der Diskriminierung bei Vergleichsabschluss nicht ausgeräumt Getrennte Regelungen für Entschädigung, Abfindung, Entgeltfortzahlung Angemessenheit der Entschädigung im Vergleich zur Abfindung Zahlung der Entschädigung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und nur im Hinblick auf eine mögliche, aber nicht erwiesene Diskriminierung Problem: Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf außergerichtlichen Vergleich? 18

Ihre Ansprechpartner Vanessa Klesy Rechtsanwältin/Counsel, Frankfurt am Main +49 69 7941 1283 vklesy@mayerbrown.com Jörg Salzmann Rechtsanwalt/Senior Associate, Frankfurt am Main +49 69 7941 1072 jsalzmann@mayerbrown.com Vielen Dank! 19