Kreislaufstabilisierung an der Hämodialyse - Dialysattemperaturen

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Transkript:

29. Berliner DialyseSeminar 2. Dezember 2016 Kreislaufstabilisierung an der Hämodialyse - Dialysattemperaturen Alexander R. Rosenkranz Universitätsklinik für Innere Medizin Medizinische Universität Graz alexander.rosenkranz@medunigraz.at

Problemstellung Das Ziel der Individualisierung der Dialysattemperatur sollte die Herstellung eines Temperaturgleichgewichtes ohne die Einleitung von physiologischen Gegenregulationen sein Die Selektion von z.b. 36.5-37ºC als Dialysattemperatur geht davon aus, dass dies auch die durchschnittliche normale Körpertemperatur der meisten Patienten darstellt Allerdings ist die Körpertemperatur von Dialysepatienten im Durchschnitt niedriger als die der Allgemeinbevölkerung Dialysepatienten haben zusätzlich signifikante Temperaturunterschiede abhängig von Geschlecht und Rasse sowie circadiane Temperaturschwankungen Daher allen Patienten 36.5-37ºC als Dialysattemperatur vorzuschreiben, würde zu einer positiven thermalen Balance während der Dialyse, und in der Folge zur reflektorischen Vasodilatation der Hautgefäße, reduziertem peripheren Widerstand und u.u. zu einer intradialytischen Hypotension (IDH) führen Roumelioti & Unruh, Clin J Am Soc Nephrol 2015

Roumelioti & Unruh, Clin J Am Soc Nephrol 2015

Definition der intradialytischen Hypotension (IDH) Flythe, J Am Soc Nephrol 2015

Häufigkeit der IDH abhängig von der Definition Flythe, J Am Soc Nephrol 2015

Die Folge davon Volumsexpansion Durch frühes Stoppen der Ultrafiltration und Plasmarefilling/Zunahme des Extrazellulärvolumens Unter-Dialyse Stoppen der UF- Flüssigkeitsbolus-bei fehlendem Ansprechen-Abbruch der Dialyse Hayes & Hothi, Pediatr Nephrol 2011

Die Folge davon erhöhte Mortalität Shoji, Kidney Int 2004

Die Folge davon erhöhte Mortalität HEMO-Kohorte LDO-Kohorte Flythe, J Am Soc Nephrol 2015

Mortalität auch abhängig von der Frequenz der Episoden HEMO-Study Flythe, J Am Soc Nephrol 2015

Diese negative Outcome wird in Zusammenhang mit den häufigen Kardiale Ischämien Cerebrale Ischämien Gastrointestinale Angina Veränderungen an den Hautgefäßen Verlust der Restnierenfunktion Shoji, Kidney Int 2004

Regionale kardiale Wandbewegungsstörungen bei IDH als Ausdruck subklinischer Ischämien Selby, Clin J Am Soc Nephrol 2006

Eldehni, J Am Soc Nephrol 2015

Diskutierte Mechanismen der IDH Hayes & Hothi, Pediatr Nephrol 2011

Mögliche hämodynamikfreundliche" Vorschreibungen Vermeidung von Hypokalziämie Natriumprofil Ultrafiltrationsprofil Kombiniertes Na- und UF-Profil Sequentielle Dialyse Hämodiafiltration Midodrin (Gutron ) Tägliche Dialyse Senken der Dialysattemperatur Simpel Erscheint logisch Universell anwendbar Ökonomisch Hayes & Hothi, Pediatr Nephrol 2011

Gepoolte Ereignisse für Auftreten von intradialytischer Hypotension Mustafa, Clin J Am Soc Nephrol 2016

Gepoolte Ereignisse für das Blutdruckverhalten Änderung des MAP Mustafa, Clin J Am Soc Nephrol 2016

Gepoolte Ereignisse bzgl thermaler Nebenwirkungen Mustafa, Clin J Am Soc Nephrol 2016

Gepoolte Ergeignisse hinsichtlich Auswirkung auf kt/v Mustafa, Clin J Am Soc Nephrol 2016

Was zeigen uns diese Studien? Reduktion der Dialysattemperatur ist eine effektive Intervention, um die Frequenz der IDH zu senken Die Dialysequalität (evaluiert anhand des kt/v) wurde dadurch nicht wesentlich negativ beeinflusst Der positive Effekt wurde sowohl bei einem Regime mit fixierter Reduktion der Dialysattemperatur beobachtet, also auch mit isothermer Dialyse (mittels Biofeedback-Temperaturkontrolle (BTM)) erreicht Selby, Nephrol Dial Transplant 2006

Beispiel der erfolgreichsten Studie Ayoub, Nephrol Dial Transplant 2006

Was haben die Patienten gesagt? Ayoub, Nephrol Dial Transplant 2006

Welche Patienten könnten profitieren? Frauen Patienten >55 Jahre Patienten mit kleiner Körperoberfläche Patienten mit kardiovaskulärer Erkrankung Ayoub, Nephrol Dial Transplant 2006

Was bleibt offen? Zu welchem Ausmaß induziert eine kalte Dialyse intolerable Kältesymptome während der Dialyse Es gibt keine Studien, die eine fixierte starre Temperaturreduktion mit einer isothermen Dialyse (BTM) vergleichen Es gibt keine Studien, die einen positiven Langzeiteffekt der Dialysatkühlung zeigen Selby, Nephrol Dial Transplant 2006

Erster moderner Versuch Surrogatparameter anstelle von kardiovaskulären Endpunkten Stoppt die Progression der Cardiomyopathie durch Reduktion der Dialysattemperatur Odudu, Clin J Am Soc Nephrol 2015

Was bleibt noch offen? Mustafa, Clin J Am Soc Nephrol 2016 Daugirdas, Nephrol Dial Transplant 2016

Reduktion der IDH durch high-volume-hdf? Maduell, J Am Soc Nephrol 2013

Tipps für die Praxis zur Behandlung der IDH IDH wird weiterhin eine Herausforderung für den Nephrologen aufgrund der zyklischen Expansion und Kontraktion der Extrazellulärvolumens mit Dialyseschema (3x/Woche) bleiben Die ideale Lösung stellt immer noch die Verlängerung der Dialysezeit und/oder Erhöhung der Dialysefrequenz dar (PRAXIS?) Salzrestriktion, um die intradialytische Gewichtszunahme besser in den Griff zu bekommen Reduktion der Dialysattemperatur auf 0.5ºC unter der Körpertemperatur, oder Absenkung um 0.5ºC bis maximal 35ºC abhängig davon, wie gut der Patient dies toleriert Keine Nahrungsaufnahme während der Dialyse Hämodiafiltration?Wechsel an die Peritonealdialyse?

Danke für die Aufmerksamkeit!