234 4 Umsatzsteuer Leistung zu erhalten (vgl. BFH-Urteile vom 01.08.2002, V R 21/01, BStBl 2003 11 S. 438). Soweit der Leistungsempfänger konkrete Aufwendungen für die von ihm erbrachte Gegenleistung getätigt hat, ist daher der gemeine Wert ( 9 BewG) dieser Gegenleistung nicht maßgeblich. Hat er keine konkreten Aufwendungen für seine Gegenleistung getätigt, ist als Entgelt für die Leistung der gemeine Wert dieser Gegenleistung anzusetzen; die Umsatzsteuer ist stets herauszurechnen. Soweit der Wert des Entgelts nicht ermittelt werden kann, ist er zu schätzen (Abschn. 10.5 Abs. 1 UStAE). Die OFD Karlsruhe hat in Ihrer Verfügung vom 15.01.2013 (Az.: S 7100) zur Überlassung von Fahrzeugen (Werbemobilien) an Verein Stellung genommen. Nach dem BFH-Urteil vom 01.10.1970 (V R 49/70, BStBl II 1971 S. 34) erbringt die Werbefirma mit Übergabe des Fahrzeugs in den Fällen eine Lieferung, in denen die Grundmietzeit und die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer annähernd gleich sind. Die Lieferung erfolgt dann im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes, wenn das Entgelt für die Lieferung in einer Werbeleistung des Vereins besteht. Wenn der Verein nicht aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt, liegt grundsätzlich kein Leistungsaustausch vor (Abschn. 1.1 Abs. 23 Satz 1 und 2 UStAE i.d.f. des BMF-Schreibens vom 13.11.2012, BStBl I 2012 S. 1169). Die Bemessungsgrundlage für den tauschähnlichen Umsatz bestimmt sich nach 10 Abs. 2 Satz 2 UStG und Abschn. 10.5 Abs. 1 UStAE. Bemessungsgrundlage für die Lieferung des Fahrzeugs ist der Wert des anderen Umsatzes (Werbeleistung). Der als Entgelt anzusetzende subjektive Wert, den die Werbeleistung hat, bestimmt sich nach dem Betrag, den der leistende Unternehmer hierfür aufgewendet hat (Abschn. 10.5 Abs. 1 Satz 3 bis 5 UStAE). Soweit der Leistungsempfänger der Werbeleistung konkrete Aufwendungen für die von ihm erbrachte Gegenleistung (Werbemobil) getätigt hat, ist der gemeine Wert dieser Gegenleistung nicht maßgeblich. Anzusetzen sind daher die ungekürzten Anschaffungskosten des Fahrzeugs ohne die Kosten für die Anbringung der Werbung (OFD Karlsruhe vom 15.01.2013, S 7100 unter Tz. 1.2). 4.6 Mitgliederbeiträge 4.6.1 Allgemeines Mitgliederbeiträge sind alle Beiträge, die Mitglieder an eine steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaft erbringen, um den gemeinschaftlichen Zweck zu fördern. Die Beiträge können sowohl in Geldleistungen als auch in Sachleistungen erbracht werden. Wegen der Höchstgrenzen von Mitgliederbeiträgen s. 3.4.2.1.
4.6 Mitgliederbeiträge 235 Nach dem EuGH-Urteil vom 21.03.2002 (C-174/00, UR 2002 S. 320) erbringt ein Verein, der seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, entgeltliche Leistungen, die die Mitglieder z.b. durch ihre Jahresbeiträge vergüten, ohne dass es für die Steuerbarkeit dieses Leistungsaustausches darauf ankommt, ob der Verein»auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt«. Mit Urteilen vom 09.08.2007 (V R 27/04, DStR 2007 S. 1719, LEXirrform 0585736) und vom 11.10.2007 (V R 69/06, BFH/NV 2008 S. 322, LEXinform 0588096) hat sich der BFH det EuCH-Rechtsprechung angeschlossen. Danach können Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren Entgelt für die Leistungen eines Sportvereins an seine Mitglieder sein. Mit dieser Rechtsprechung ist die Verwaltungsauffassung, nach der es bei»echten Mitgliederbeiträgen«allgemein an einem Leistungsaustausch fehlt (Abschn. 1.4 Abs. 1 Satz 1 UStAE) nicht vereinbar. Mit Urteil vom 20.03.2014 (V R 4/13, BFH/NV 2014 S. 1470; Anmerkung von Walkenhorst, UStB 2014, 224) bestätigt der BFH seine o.g. Rechtsprechung. 4.6.2 Echte Mitgliederbeiträge Echte Mitgliederbeiträge werden aufgrund der Satzung des jeweiligen Vereins erhoben und sind dem außerunternehmerischen Bereich des Vereins zuzuordnen. Echte Mitgliederbeiträge sind nicht steuerbar und unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Beweisanzeichen für echte Mitgliederbeiträge ist die Gestaltung der Mitgliederbeiträge, die für alle Mitglieder gleich hoch sein, oder nach einem für alle Mitglieder verbindlichen Bemessungsmaßstab gleichmäßig berechnet werden müssen. Gleichheit der Mitgliederbeiträge liegt auch dann vor, wenn die Beiträge nach einer für alle Mitglieder einheitlichen Staffel erhoben werden (z.b. alle Jugendlichen von 10-18 Jahren zahlen einen anderen Beitrag als die erwachsenen Mitglieder). 4.6.3 Unechte Mitgliederbeiträge (Leistungen gegen Zahlungen eines Sonderentgelts) Vereinsbeiträge, die ein Entgelt für bestimmte Leistungen des Vereins zugunsten seiner Mitglieder darstellen, sind keine Mitgliedsbeiträge (s. Urteil des BFH vom 28.06.1989, BStBl II 1990 S. 550). Wird der Verein nicht nur im Gesamtinteresse aller Mitglieder tätig, sondern erbringt er Sonderleistungen im Interesse der einzelnen Mitglieder gegen Sonderleistungsentgelte oder Anteile an Mitgliedsbeiträgen, so erfolgt ein Leistungsaustausch zwischen dem Verein und dem Mitglied (s. Urteil des BFH vom 12.04.1962, BStBl III 1962 S. 260). Die vom Verein für die Sonderleistungen vereinnahmten Beiträge sind steuerbar, auch wenn sie als Mitgliedsbeiträge bezeichnet werden.
236 4 Umsatzsteuer Gemäß Abschn. 1.4 UStAE liegen unechte Mitgliedsbeiträge dann vor, wenn: ein Verein Leistungen erbringt, die den Sonderbelangen der einzelnen Mitglieder dienen, und der Verein dafür Beiträge erhebt, die der tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme durch die Mitglieder entsprechen. Beispiele für unechte Mitgliedsbeiträge sind: Benutzungsgebühr für die Kegelbahn von Vereinsmitgliedern, Kostenbeiträge zu Filmvorführungen von Filmklubs, Vermietung abschließbarer Fächer in Umkleidekabinen gegen Entgelt, Erhebung von Gebühren bei Mitgliedern eines Reit- und Fahrvereins für Reitstunden und die Einstellung der Pferde in die Pferdeboxen der Vereinsställe. 4.6.4 Aufteilung von Mitgliederbeiträgen in echte und in unechte Mitgliederbeiträge Gern. Abschn. 1.4 Abs. 7 UStAE sind Beitragszahlungen in Entgelte für steuerbare Leistungen und in echte Mitgliederbeiträge aufzuteilen, wenn ein Verein Leistungen erbringt, die zum Teil den Einzelbelangen und zum Teil den Gesamtbelangen der Mitglieder dienen. Erbringt ein Verein an seine Mitglieder Sonderleistungen gegen Entgelt, ist die Aufteilung dann vorzunehmen, wenn die Entgelte offensichtlich nicht kostendeckend sind und wenn kein Tatbestand der Umsatzsteuerbefreiung des 4 UStG greift. Dies ist nach der Verfügung der OFD Karlsruhe vom 25.08.2011 (Az.: S 7200, UR 2012 S. 72) dann der Fall, wenn die Entgelte für Sonderleistungen nicht mindestens 50 % der Aufwendungen betragen. Zu den anzusetzenden Kosten gehören dabei auch Ausgaben, die aus Zuschüssen finanziert werden. Die Umsatzsteuer ist in diesen Fällen gemäß 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG nach der Mindestbemessungsgrundlage zu ermitteln. Gelten bei Vereinen pauschale Sätze für die Aufteilung der Mitgliederbeiträge in echte und unechte Mitgliederbeiträge (z.b. bei Obst- und Gartenbauvereinen ist 1 / 5 der der Beitragseinnahmen körperschaftsteuerpflichtig) ist diese Aufteilung auch für die Umsatzsteuer verpflichtend. 4 7 Unentgeltliche Wertabgaben feigenverbrauch Der Begriff der unentgeltlichen Wertabgabe umfasst: die einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellte Entnahme von Gegenständen aus dem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, soweit der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzugberechtigt haben (s. 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG und 4.7.1),
4 7 Unentgeltliche Wertabgaben/Eigenverbrauch 237 die einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellte Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzugberechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen, dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach 15 Abs. 1 b UStG ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach 15a Abs. 6a UStG durchzuführen ist (s. 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG und 4.7.2), die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen (s. 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG und 4.7.2). 4.7.1 Entnahme von Gegenständen Gemäß 3 Abs. 1 b UStG liegt eine gleichgestellte Lieferung gegen Entgelt vor, wenn: eine Entnahme von Gegenständen durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke die außerhalb des Unternehmens liegen erfolgt. Ob ein Gegenstand zum Unternehmen gehört oder nicht, bemisst sich danach, ob der Unternehmer den Gegenstand nach der Anschaffung oder Herstellung umsatzsteuerlich dem Unternehmerischen oder dem nichtwirtschaftlichen Tätigkeitsbereich seines Unternehmens zugewiesen hat. Bei zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzten Gegenständen kann eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen nicht erfolgen( 15 Abs. 1 Satz 2 UStG; Abschn. 15.2c Abs. 5 UStAE). eine unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf (mit Ausnahme von Aufmerksamkeiten) erfolgt, eine andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands (mit Ausnahme von Geschenken von geringem Wert d.h. nicht mehr als 35 netto je Empfänger und Warenmuster) für Zwecke des Unternehmens erfolgt. Beispiele für Geschenke mit einem nicht geringen Wert sind: Sachzuwendungen an Vereine, höherwertige Geschenke an Geschäftsfreunde. Leistungen, die unmittelbar deshalb bezogen werden, um für eine dem Grunde nach unentgeltliche Wertabgabe verwendet zu werden, sind nicht vorsteuerabzugsfähig, weil die Leistung nicht für die wirtschaftliche Tätigkeit bezogen wurde. Aus diesem Grund ist auch die unentgeltliche Wertabgabe nicht zu besteuern (Abschn. 15.15 UStAE).
4 Umsatzsteuer Für alle Tatbestände des 3 Abs. 1 b UStG gilt, dass eine Lieferung gegen Entgelt nur vorliegt, wenn: die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des entnommenen bzw. abgegebenen Gegenstandes oder seine Bestandteile mit Umsatzsteuer belastet waren und der Unternehmer hinsichtlich der Steuer zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzugberechtigt war. Beispiel: Fahrzeugentnahme Der Verein FC Dinsenweiler kauft im Jahr 20l4 einen gebrauchten Pkw von einer Privatperson, den er im Jahr 2015 wieder verkauft. Lösung: Die nach dem Kauf erfolgende Entnahme des Fahrzeugs unterliegt nicht der Umsatzsteuer, da der Verein beim Kauf nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Der Ort der unentgeltlichen Lieferung ist der Ort von dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt( 3f UStG). Die Entnahme von Gegenständen wird gemäß 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten, oder wenn kein Einkaufspreis vorliegt, zu den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes bemessen. Veräußerung und Entnahme eines Pkw ohne vorherigen Vorsteuerabzug Nach dem BFH-Urteil vom 18.10.2001 (V R 106/98, BStBl II 2002 S. 551) ist die Entnahme eines Pkw, für den der Verein keinen Vorsteuerabzug erhalten hat (z.b. Kauf von Privatperson) nicht steuerbar. Werden aber in den Pkw nachträglich Bestandteile eingebaut, für die der Verein zum Vorsteuerabzug berechtigt war, ist die Entnahme i.h.d. Werts der in den Pkw eingebauten Bestandteile zum Zeitpunkt der Entnahme steuerbar und steuerpflichtig. Bestandteile eines Pkw sind diejenigen gelieferten Gegenstände, die: aufgrund ihres Einbaus in den Pkw ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren haben, und die ferner, zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung des Gegenstands geführt haben. Nicht dazu gehören sonstige Leistungen (Dienstleistungen) einschließlich derjenigen, für die zusätzlich kleinere Lieferungen von Gegenständen erforderlich sind (Abschn. 3.3 Abs. 2 ff. UStAE). Besteuerungsgrundlage (Bemessungsgrundlage) im Falle einer steuerpflichtigen Entnahme eines Pkw ist der Wert des Pkw bzw. seiner Bestandteile im Zeitpunkt der Entnahme. Eine Korrektur der Vorsteuer gemäß 15a UStG ist nicht vorzunehmen.
4 7 Unentgeltliche Wertabgaben/Eigenverbrauch 239 4.7.2 Verwendung von Gegenständen/Unentgeltliche Erbringung Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gemäß 3 Abs. 9a UStG folgende Sachverhalte gleichgestellt: gemäß 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen (z.b. Nutzung eines Unternehmerischen Pkw für Privatfahrten, private Nutzung des Unternehmenstelefons, etc.) wobei dies nicht gilt, wenn der Vorsteuerabzug nach 15 Abs. 1b UStG ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach 15a Abs. 6a UStG durchzuführen ist, gemäß 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen (unentgeltliche Dienstleistungen oder die Verwendung unternehmefiseher Gegenstände). Der Ort der Leistungsentnahme ist der Ort, von dem aus der Verein sein Unternehmen betreibt ( 3f UStG). Bemessungsgrundlage für die sonstigen Leistungen i.s.d. 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG sind gemäß 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG die bei der Ausführung der unentgeltlichen Wertabgaben entstandenen Kosten, die den Unternehmer zum vollen oder zumindest teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, d.h. Kosten ohne Vorsteuerabzugsrecht fallen nicht unter die Bemessungsgrundlage. Bemessungsgrundlage für sonstige Leistungen i.s.d. 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 2 UStG sind gemäß 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG alle bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten, d.h. auch Kosten die nicht mit Umsatzsteuer belastet sind. Erbringt der Verein an seine Arbeitnehmer sonstige Leistungen, für die diese kein besonders berechnetes Entgelt entrichten (z.b. bei der Überlassung von Fahrzeugen), ist zu prüfen, ob nicht ein tauschähnlicher Umsatz gemäß 3 Abs. 12 UStG vorliegt. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn der Verein (Arbeitgeber) dem Vereinsmitglied (Arbeitnehmer) als Vergütung für geleistete Dienste einen Sachlohn (Pkw) zuwendet und der Arbeitnehmer dafür zumindest einen Teil seiner Arbeitsleistung als Gegenleistung aufwendet (Abschn. 1.8 Abs. 1 UStAE).