78462 Konstanz

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Transkript:

Sozialgericht Webersteig 5 78462 Konstanz 9.8.2011./. Jobcenter Landkreis Konstanz Ihr Vergleichsvorschlag vom 1.7.2011 Sehr geehrter Herr, ich bedanke mich für Ihren Vorschlag vom 1.7.2011 bezüglich 11 der bei Ihnen anhängigen Verfahren gegen das Jobcenter Landkreis Konstanz. Nachdem der 3. Senat des Landessozialgerichts Stuttgart sich in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2011 - an der ich nicht teilnehmen konnte, weil mir die Reisekostenerstattung vom LSG versagt wurde - meinen Feststellungsersuchen verweigert hat, ist eine Änderung der diskriminierenden Vorgehensweise des Jobcenters nicht in Sicht, da diese so lange andauern wird, wie die Gerichte ihr Schutz bieten, anstatt die betroffenen Bürger vor der staatlichen Diskriminierung zu schützen, wie es im Sinne von Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes wäre. Ich lehne Ihren Vergleichsvorschlag (Rücknahme aller Sanktionen gegen Rücknahme der 11 Klagen) ab, weil er für mich weder eine Entlastung noch eine Entschädigung für die Schikanen hauptsächlich aus den Jahren 2008 und 2009 bringt. Für Ihre weiteren Entscheidungen möchte ich darauf aufmerksam machen, dass Art. 1 Abs. 3 des Grundgesetzes wie folgt lautet: Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Im Widerspruch zu dieser Verpflichtung, die Grundrechte unmittelbar anzuwenden, also auch gegen bestehende Gesetze, heißt es in Art. 100 Abs. 1 GG: Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, [ ] wenn es sich um die Verletzung des Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

Vor dieser Mühe eines Normenkontrollverfahrens haben Sie es vorgezogen, die Sanktionsregelungen des SGB II, die verantwortlich sind für all meine Verfahren gegen das Jobcenter Landkreis Konstanz, nicht für verfassungswidrig anzusehen, so dass Ihnen nichts anderes übrig blieb, als deren Anwendung zu unterstützen. Die Verhinderung des unmittelbaren Grundrechtsschutzes (und damit des Schutzes der Abwehrrechte des Bürgers gegen die Staatsführung) durch Art. 100 GG verstößt aber nicht nur gegen Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes, sondern auch gegen Europäisches Recht (im Internet unter http://curia.europa.eu ): Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg hat in ihrem Urteil vom 22.11.2005 zur Rechtssache Werner Mangold./. Rüdiger Helm (C-144/04) unter Randnummer 77 festgestellt: Es obliegt [ ] dem nationalen Gericht, bei dem ein Rechtsstreit über das Verbot der Diskriminierung [ ] anhängig ist, im Rahmen seiner Zuständigkeit den rechtlichen Schutz, der sich für den Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht ergibt, zu gewährleisten und die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu garantieren, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt. In dem weiteren Urteil der Großen Kammer vom 19.1.2010 zur Rechtssache Seda Kücükdeveci./. Swedex GmbH & Co.KG (C-555/07) wird unter Randnummer 54 auf den grundsätzlichen Vorrang des Unionsrechts hingewiesen und ausdrücklich die Regelung des Art. 100 GG genannt, die unangewendet zu lassen ist, wenn es um die Auslegung einer unionsrechtswidrigen nationalen Bestimmung geht. Diese Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss 2 BvR 2661/06 vom 6.7.2010 anerkannt, als es z.b. unter Randnummer 59 schrieb: Nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland ist der Anwendungsvorrang des Unionsrechts anzuerkennen und zu gewährleisten, dass die dem Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich vorbehaltenen Kontrollbefugnisse nur zurückhaltend und europarechtsfreundlich ausgeübt werden. In diesem Beschluss hat das BVerfG das Urteil des Bundesarbeitsgerichts 7 AZR 500/04 vom 26.4.2006 bestätigt, das unter Hinweis auf das Mangold-Urteil des Europäischen Gerichtshofes die Anwendbarkeit des 14 TzBfG wegen Unvereinbarkeit mit dem Diskriminierungsverbot in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verneint hatte. Das Bundesarbeitsgericht hat also ohne vorhergehendes Normenkontrollverfahren ein deutsches Gesetz nicht angewendet, weil es der Meinung war, dass dieses Gesetz möglicherweise gegen die Grundrechte der Europäischen Union verstößt, und wurde in seiner unmittelbaren Anwendung Europäischen Rechts vom Bundesverfassungsgericht nachträglich bestätigt. Der Europäische Gerichtshof fordert als Voraussetzung für die Nichtanwendung keine volle Überzeugung, dass ein nationales Gesetz gegen europäisches Recht verstößt, sondern es genügt, dass das nationale Gesetz dem Unionsrecht möglicherweise entgegensteht, um es unangewendet zu lassen. 2

Wenn ein nationales Gericht, wie das Sozialgericht, über die Frage der Unvereinbarkeit eines nationalen Gesetzes mit dem Unionsrecht nicht selbst entscheiden möchte, kann es dem Europäischen Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen im Rahmen des Art. 267 AEUV vorlegen. Hinweise zur Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen wurden im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28.5.2011 veröffentlicht (siehe Anlage bzw. http://curia.europa.eu/jcms/jcms/jo2_7031 ). Danach ist jedes Gericht befugt, dem Gerichtshof eine Frage nach der Auslegung einer Norm des Unionsrechts vorzulegen. Ein Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit nationalen Rechtsmitteln angefochten werden können, ist jedoch verpflichtet, dem Gerichtshof eine solche Frage vorzulegen, wenn die richtige Auslegung der fraglichen Rechtsnorm nicht offenkundig ist. Unter Punkt 16 dieser Hinweise heißt es: Jedes nationale Gericht muss sich mit einer Frage an den Gerichtshof wenden, wenn es Zweifel an der Gültigkeit eines Rechtsaktes hat. Anders kann sich eine einheitliche Rechtsprechung in der Europäischen Union auch nicht entwickeln. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in dem bereits genannten Beschluss unter Randnummer 53 ausgeführt: Das Recht der Europäischen Union kann sich nur wirksam entfalten, wenn es entgegenstehendes mitgliedstaatliches Recht verdrängt. [ ] Der Anwendungsvorrang folgt aus dem Unionsrecht, weil die Union als Rechtsgemeinschaft nicht bestehen könnte, wenn die einheitliche Wirksamkeit des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten nicht gewährleistet wäre. [ ] Der Anwendungsvorrang entspricht auch der verfassungsrechtlichen Ermächtigung des Art. 23 Abs. 1 GG, wonach Hoheitsrechte auf die Europäische Union übertragen werden können. Art. 23 Abs. 1 GG erlaubt mit der Übertragung von Hoheitsrechten [ ] zugleich deren unmittelbare Ausübung innerhalb der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen. Er enthält somit ein Wirksamkeits- und Durchsetzungsversprechen, dem der unionsrechtliche Anwendungsvorrang entspricht. Diese Rechtsprechung soll europaweit verhindern, dass wie in Deutschland Grundrechte werbeträchtig als unmittelbar geltendes Recht verkündet werden, deren Anwendung dann aber in Artikel 100 verhindert wird, indem vor der Anwendung ein Normenkontrollverfahren vor dem BVerfG vorgeschrieben wird, das solche Verfahren aber durch hohe Auflagen erschwert und sich die Nichtannahme vorbehält, so dass in der Praxis nicht die grundrechtswidrigen Gesetze, sondern die Grundrechte in Deutschland unangewendet bleiben. Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wie sie im Amtsblatt der Europäischen Union vom 30.3.2010 veröffentlicht wurde, besagt: Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten. 3

4 Das Sozialgericht ist aufgerufen, die Wirksamkeit dieses Europäischen Diskriminierungsverbotes zu gewährleisten, vorliegend gegen das Jobcenter als deutsche Diskriminierungsbehörde. Was unter Diskriminierung zu verstehen ist, hat der Gerichtshof der Europäischen Union in dem bereits genannten Urteil C-555/07 unter Randnummer 5 definiert. Danach liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 [der Richtlinie 2000/78, bzw. Art. 21 Abs. 1 der Grundrechte-Charta] genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Nach Art. 2 der Richtlinie 2000/78 darf es weder unmittelbare noch mittelbare Diskriminierung geben. In Bezug auf das Jobcenter und die Sanktionsregelungen des SGB II mache ich vor allem auf das Verbot der Diskriminierung wegen des Vermögens (bzw. fehlenden Vermögens) und wegen der sozialen Herkunft (vor allem in Bezug auf Jugendliche) aufmerksam. Hartz IV diskriminiert die Erwerbslosen nur aus einem Grund: weil sie kein ausreichendes Vermögen haben und deshalb auf Unterstützung aus Steuermitteln angewiesen sind, aus denen sich die zweifelhafte Politik selbst zum Großteil finanziert. Dass sich jemand der Nötigung und Erpressung durch die Jobcenter aussetzen muss, hat als einzigen Grund, dass er über kein ausreichendes Vermögen verfügt, um finanziell unabhängig selbst für den Schutz seiner Menschenwürde und die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit sorgen zu können. Nach Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist diese weniger günstige Behandlung im Vergleich zu Personen mit ausreichendem Vermögen ein Verstoß gegen das europaweit geltende Diskriminierungsverbot. Da die Diskriminierung durch die Jobcenter nur durch die Sanktionsregelungen möglich ist, verstoßen diese Regelungen in 31-32 SGB II gegen Europäisches Recht und dürfen von den deutschen Gerichten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union nicht angewendet werden. Die Entrechtung von Menschen ohne Vermögen ist auch nicht deshalb zulässig, weil sie angemessen und erforderlich wäre, um ein legitimes Ziel zu erreichen. Die Entrechtung der Betroffenen durch Hartz IV und der auf sie durch die Jobcenter gezielt ausgeübte Leidensdruck sollte ursprünglich durch das Ziel gerechtfertigt werden, die Verweildauer in Arbeitslosigkeit zu verkürzen. Dieses Ziel kann mit solchen Methoden jedoch nicht erreicht werden und wurde inzwischen nachweislich verfehlt. Dazu verweise ich auf die in den WSI-Mitteilungen 5/2011 veröffentlichte Untersuchung des Soziologieprofessors Vobruba und der Soziologin Fehr vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg unter dem Titel Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-IV-Reform. Diese Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Verweildauer in Arbeitslosigkeit durch Hartz IV eher verlängert als verkürzt hat!

5 Da somit keine legitime Rechtfertigung gegeben ist für die Ungleichbehandlung von Menschen, die ihren verfassungsrechtlichen Anspruch auf staatliche Sicherung ihres Existenzminimums wahrnehmen einerseits, und Vermögenden, die nicht auf staatliche Sicherung ihres Existenzminimums angewiesen sind andererseits, handelt es sich bei dem Umstand, dass jeder Leistungsempfänger nach dem SGB II durch die Sanktionsregelungen der staatlichen Diskriminierung ausgesetzt wird, um einen Verstoß gegen das europäische Diskriminierungsverbot. Ich beantrage deshalb die Nichtanwendung der Sanktionsregelungen des SGB II und der damit gekoppelten Regelungen durch das Sozialgericht, weil diese Regelungen gegen Europäisches Recht verstoßen. In dem vorliegenden Verfahren geht es um die Klage gegen einen Alg-II- Bewilligungsbescheid. Dieser enthält eine zusätzliche Diskriminierung dadurch, dass die rechtswidrigen Sanktionen darin stigmatisierend als Minderungsbeträge aufgeführt sind. Diese Praxis verstößt zumindest auch gegen das europäische Recht und ist nach meinem Verständnis von Ihnen schon deshalb für rechtswidrig zu erklären. Mit freundlichen Grüßen