erstellt am: 29.07.2016 - öffentlich - Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge Ressort 3: Vorlage erstellt: Beratungsfolge: Beigeordneter Welzel 59 Kommunales Jobcenter Solingen, 33-2 Ausländer- und Integrationsbüro, 50 Soziales Gremium: Datum ASGWSB 14.09.2016 1. Aktuelle Ausgangslage Die Integration auf dem Arbeitsmarkt ist einer der Kernpfeiler für gesellschaftliche Integration - das gilt für Flüchtlinge ebenso wie für andere Menschen, die zu uns kommen und bei uns leben. Daher hält das in Kürze in Kraft tretende Integrationsgesetz des Bundes einen Fächer an Maßnahmen bereit, welche für Flüchtlinge den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern und gleichzeitig mehr Rechtssicherheit für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber schaffen sollen. Das neue Integrationsgesetz eröffnet den Flüchtlingen neue Perspektiven für einen beruflichen Start in Deutschland. Die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt wird durch folgende Maßnahmen gefördert: verbesserte Regeln für die Ausbildungsförderung, Rechtssicherheit bzgl. des Aufenthaltsstatus während und nach der Ausbildung befristete Aussetzung der Vorrangprüfung in Regionen mit einer unterdurchschnittlichen Arbeitslosenquote für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive. Es ist noch endgültig zu klären, ob Solingen zu den Kommunen gehört, in denen die Vorrangprüfung entfällt. niedrigschwellige Heranführung an den Arbeitsmarkt durch Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen. 2. Möglichkeiten der Integration in den Arbeitsmarkt 2.1 Hospitation Um Hospitanten handelt es sich nur, wenn Personen ohne Eingliederung in den Betriebsablauf lediglich als Gast Kenntnisse über den betrieblichen Ablauf erlangen wollen, ohne dabei betriebliche Arbeitsleistungen von wirtschaftlichem Wert zu verrichten. Ein Hospitant sieht sich den Betrieb und die Arbeitsabläufe an. Er arbeitet nicht aktiv mit. Er schaut den im Betrieb regulär Beschäftigten lediglich über die Schulter. Eine Hospitation stellt keine Beschäftigung dar. Deshalb muss für eine reine Hospitation keine Informationsvorlage Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge Seite 1/5
Genehmigung bei der Ausländerbehörde beantragt werden. Es ist auch keine Zustimmung der BA erforderlich. Eine vorgeschriebene Höchstdauer für Hospitationen gibt es nicht. Daher ist insbesondere bei längerer Verweildauer im Betrieb darauf zu achten, dass die Hospitation nicht in eine Probebeschäftigung übergeht. Im Zweifel sollten sich Betriebe vorher bei der Ausländerbehörde informieren. 2.2 Praktika Praktikanten sind Personen, die ihre erworbenen oder noch zu erwerbenden Kenntnisse in praktischer Anwendung in einem Unternehmen zur Vorbereitung auf eine künftige berufliche Tätigkeit oder Ausbildung vertiefen möchten. Mit einem Praktikumsverhältnis ist grundsätzlich ein Mindestmaß an Eingliederung in den Betriebsablauf verbunden. Insofern handelt es sich bei Praktikumsverhältnissen grundsätzlich um Beschäftigungsverhältnisse. Für jedes Praktikum (ausgenommen Pflichtpraktika) muss deshalb immer vor Antritt die Erlaubnis der Ausländerbehörde beantragt werden. Noch bis 2015 war für ein Praktikum auch immer die Zustimmung der BA erforderlich. Nach der am 1. August 2015 in Kraft getretenen Änderung der Beschäftigungsverordnung (BeschV) sind nun bestimmte Praktika vom Zustimmungserfordernis der BA ausgenommen ( 32 Abs. 2 Nr. 1 BeschV). 2.3 Pflichtpraktika Ein Praktikum bedarf keiner Zustimmung der BA, wenn es verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie geleistet wird. Als Pflichtpraktikum zählt auch ein Praktikum, welches nach einer Entscheidung der für die Anerkennung zuständigen Stelle zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses obligatorisch zu leisten ist. Ein solches Praktikum unterliegt nicht dem gesetzlichen Mindestlohn. 2.4 Berufsorientierung Praktika von bis zu drei Monaten zur Berufsorientierung auf eine Ausbildung oder ein Studium sind von der Zustimmungspflicht der BA ausgenommen. Sie unterliegen nicht dem gesetzlichen Mindestlohn. Asylbewerber und Geduldete erlangen durch diese vorübergehende betriebliche Tätigkeit praktische Kenntnisse und Erfahrungen. Von einer beruflichen Orientierung ist insbesondere auszugehen, wenn noch keine abgeschlossene Berufsausbildung vorliegt. Das betriebliche Orientierungspraktikum muss einen Bezug zu der angestrebten Ausbildung aufweisen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ausbildung im Anschluss tatsächlich angetreten wird. Es können daher mehrere Orientierungspraktika zustimmungsfrei sein, wenn sich Asylsuchende und Geduldete auf verschiedene Ausbildungen orientieren wollen. Auch nach abgeschlossener Berufsausbildung kann ein Praktikum der beruflichen Umorientierung oder der Orientierung für die Aufnahme eines Studiums dienen. Ein Orientierungszweck ist auch gegeben, wenn ein ausländischer Ausbildungsabschluss in Informationsvorlage Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge Seite 2/5
Deutschland (noch) nicht anerkannt wurde und im Anschluss an das Praktikum in Deutschland eine (erneute) Berufsausbildung aufgenommen werden soll. Für ein Orientierungspraktikum von mehr als drei Monaten ist weiterhin die Zustimmung der BA erforderlich; es unterliegt grundsätzlich dem gesetzlichen Mindestlohn. 2.5 Ausbildungsbegleitende Praktika Ein Praktikum von bis zu drei Monaten, das begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung absolviert wird, ist zustimmungsfrei, soweit ein inhaltlicher Bezug zur Ausbildung gegeben ist und zuvor kein ausbildungsbegleitendes Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat. Ein solches Praktikum unterliegt nicht dem gesetzlichen Mindestlohn. Für ein ausbildungsbegleitendes Praktikum von mehr als drei Monaten ist weiterhin die Zustimmung der BA erforderlich; es unterliegt grundsätzlich dem gesetzlichen Mindestlohn. 2.6 Probebeschäftigung Sollen Asylbewerber oder Geduldete vorübergehend eine betriebliche Tätigkeit ausüben, weil der Arbeitgeber feststellen möchte, ob sie sich für eine anschließende, längerfristige Beschäftigung eignen, dann handelt es sich in der Regel um eine Probebeschäftigung und zwar unabhängig davon, wie die Tätigkeit bezeichnet wird. Bei einer Probebeschäftigung soll die Eignung für eine Arbeitsstelle getestet werden, indem die/der Betroffene für eine bestimmte Dauer die später angestrebte Tätigkeit tatsächlich probeweise verrichtet und dabei in die Arbeits- und Produktionsabläufe des Betriebes eingegliedert ist. Die in der Praxis oft fälschlicherweise als Schnupperpraktika bezeichneten Tätigkeiten sind daher in aller Regel abhängige Beschäftigungsverhältnisse (s. oben zu den Merkmalen einer Beschäftigung). Für eine (Probe-) Beschäftigung ist eine Genehmigung der zuständigen Ausländerbehörde einschließlich der Zustimmung der BA erforderlich. Probebeschäftigungen sind mit dem tariflichen bzw. ortsüblichen Entgelt zu vergüten. 2.7 Ausbildung Um eine Ausbildung aufnehmen zu dürfen, ist grundsätzlich eine Beschäftigungserlaubnis notwendig, die bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden kann. Ist die Beschäftigungserlaubnis bereits erteilt, ist sie in die Nebenbestimmungen im Ausweis eingetragen. Flüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis haben einen uneingeschränkten Zugang zum Ausbildungsmarkt. Nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland ist auch für Asylbewerber und Geduldete der Zugang zu Ausbildung möglich, bedarf jedoch der Zustimmung der Ausländerbehörde. Das neue Integrationsgesetz beinhaltet weitere Erleichterungen. Wer als Flüchtling eine Lehre beginnt, soll während der gesamten Dauer in Deutschland geduldet werden und danach weitere sechs Monate für die Jobsuche. Diese Duldung wird nicht erteilt bzw. erlischt bei Straftaten. Sie erlischt auch wenn die Ausbildung ohne wichtigen Grund nicht mehr betrieben oder abgebrochen wird. Informationsvorlage Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge Seite 3/5
Wer nach der Ausbildung übernommen wird oder anderswo eine Stelle findet, bekommt eine Aufenthaltserlaubnis für zwei weitere Jahre. Eine Altersgrenze soll es für diese Fälle nicht mehr geben. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Erwerbstätigkeit (s. Punkt 2.8) gelten entsprechend. Für die Aufnahme einer Ausbildung ist eine Genehmigung der zuständigen Ausländerbehörde erforderlich. 2.8 Arbeitsaufnahme Der Aufenthaltstitel von Flüchtlingen entscheidet darüber, ob jemand in Deutschland arbeiten darf. Eine Aufenthaltserlaubnis erhalten zum Beispiel Ausländer aus Nicht-EU-Ländern, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt wird. So wird einem anerkannten Flüchtling eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, diese berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Flüchtlinge, deren Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist (z. B. Passlosigkeit oder Reiseunfähigkeit) erhalten eine Duldung. Asylbewerber und geduldete Personen dürfen grundsätzlich nur dann eine Beschäftigung aufnehmen, wenn die Ausländerbehörde dies genehmigt und in der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung bzw. Duldung vermerkt hat. Vor Beginn einer Beschäftigung müssen Asylbewerber und geduldete Personen deshalb die Erlaubnis der Ausländerbehörde beantragen. Asylbewerbern und Geduldeten kann die Ausübung einer Beschäftigung nach Ablauf einer Wartefrist von mindestens drei Monaten erlaubt werden. Die Ausländerbehörde muss sodann die Zustimmung der BA einholen, welche eine Arbeitsmarktprüfung (Vorrangprüfung und Prüfung der Arbeitsbedingungen) vornimmt. Die Vorrangprüfung hängt bisher von der Arbeitsmarktsituation des jeweiligen Berufes ab. Daher musste bisher erst ermittelt werden, ob sich nicht auch ein geeigneter Kandidat mit deutschem oder EU-Pass für den Job findet. Wenn das der Fall war, dann verweigerte die zuständige Bundesagentur die Zustimmung. Der Unternehmer durfte dann den Flüchtling nicht einstellen. Erst nach 15 Monaten fiel bislang diese Vorrangprüfung weg. Nach dem Willen der Bundesregierung soll sich das nun ändern: Die Regierung hat sich darauf geeinigt, diese Regelung befristet in bestimmten Regionen für drei Jahre auszusetzen. Wo überall das können die Länder je nach Arbeitsmarktsituation entscheiden. Solingen gehört möglicherweise zu den Kommunen in denen diese Vorrangprüfung ausgesetzt ist. Eine endgültige Zusicherung darüber steht noch aus. Damit würde zukünftig die Vorrangprüfung entfallen; die Prüfung der Arbeitsbedingungen durch die BA bleibt jedoch weiterhin bestehen. Informationsvorlage Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge Seite 4/5
Das entsprechende Integrationsgesetz ist am 06.08.2016 in Kraft getreten. Eine Erwerbstätigkeit von geduldeten Ausländern ist nicht zulässig, wenn der Ausländer sich nach Deutschland gegeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu erlangen oder aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können aus Gründen, die der Ausländer zu vertreten hat (Falsche Angaben, Täuschung über der Identität oder Staatsangehörigkeit) oder der Ausländer Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik, Montenegro, Senegal, Serbien) ist und sein nach dem 31.08.2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde. Nach 48 Monaten Aufenthalt in Deutschland entfällt für Asylbewerber und Geduldete das Zustimmungserfordernis der BA. 2.9 Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) Erste Schritte auf den deutschen Arbeitsmarkt wird für viele Geflüchtete in Zukunft ein neues Arbeitsmarktprogramm ermöglichen. Die 100.000 Arbeitsgelegenheiten in Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) erfüllen dabei eine doppelte Funktion: Bereits vor Abschluss des Asylverfahrens können Flüchtlinge damit niedrigschwellig an den deutschen Arbeitsmarkt herangeführt werden und erste Erfahrungen sammeln. Gleichzeitig werden dabei sinnvolle und gemeinnützige Beschäftigungen in und um Aufnahmeeinrichtungen geschaffen, ohne dass es sich um ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis handelt. Dies trägt auch konkret zur Teilhabe und zur Akzeptanz von Schutzsuchenden vor Ort bei. Ebenso wurde Einigung darüber erzielt, dass die Pflicht zur Mitarbeit bei angebotenen Integrationsmaßnahmen (FIM) sichergestellt und eingefordert werden kann. Dazu wird gesetzlich geregelt, dass die Teilnahme an FIM und an Integrationskursen verpflichtend ist. Wird diese Pflicht verletzt, führt dies zu einer Leistungsabsenkung im Asylbewerberleistungsgesetz. 3. Ausblick Die Möglichkeiten für Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert zu werden haben sich insbesondere durch das Integrationsgesetz verbessert. Es gilt nun, diese in Zusammenarbeit aller Beteiligten voll auszuschöpfen. Bezüglich der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen wird sich die Stadt mit der Bundesagentur für Arbeit über die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben abstimmen. Informationsvorlage Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge Seite 5/5